Titel: Album de Colbert
Autor: Anonym
Sprache: Französisch, Englisch
Verlag: Editions Omega, 1988
ISBN: 2-906381-09-08
Preis: 70,- Euro bei Ancre

Über die Hintergründe der Zeichnungen


Unter Ludwig XIV wurde in Frankreich die Marine neu aufgebaut. Damit beauftragt war der Generalkontolleur Colbert (Finanz-, Innen-, Bau- und Marineminister in Personalunion). Im Rahmen dieses Flottenprogramms ist auch das sogenannte Album de Colbert zu sehen. Autor und Erscheinungsjahr sind unbekannt. Sicher scheint nur, daß es zu einer Serie ähnlicher Werke gehörte.
Bei dem Album handelt es sich um eine Sammlung von Tafeln, auf denen der Bau eines Schiffes bildlich dokumentiert ist. Auf der ersten Tafel ist die Werftanlage von Toulon zu sehen. Anhand der dargestellten Gebäude kann man das Entstehungsjahr vor 1677 datieren. Es existieren noch drei weitere Alben in ähnlicher Aufmachung. Zwei davon sind auf das Jahr 1679 datiert, sie beschäftigen sich mit Schiffen des Mittelmeerraumes und des Atlantiks. Das dritte zeigt den Bau einer Galeere, ist aber unvollendet.
Das hier vorgestellte Album zeigt den Bau eines Kriegsschiffes mit drei Decks. Auf 50 Tafeln wird der Bau Schritt für Schritt gezeigt. Mit der Kiellegung wird begonnen, die letzte Tafel zeigt das Schiff auf Reede bereit zum Auslaufen.

Aufbau des Albums


Vermutlich umfaßte der Zyklus ursprünglich 80 Tafeln, von denen diese 50 bis heute überdauert haben.
Im National Maritime Museum von England existiert eine Kopie des Albums. Diese Serie umfaßt zwar nur 32 Tafeln, einige Zeichnungen sind aber im französischen Exemplar nicht vorhanden.
Jede der Tafeln enthält eine Kartusche mit einer Beschreibung der Darstellung. Im separaten Textteil des Albums sind diese Begleittexte nochmals abgedruckt. Der Textteil ist zweisprachig, Französisch und Englisch, ausgeführt. Den größten Teil nehmen die Bildbeschreibungen ein, außerdem gibt es einen kurze Abhandlung zum historischen Hintergrund.
Die einzelnen Zeichnungen sind sehr sauber mit viel Liebe zum Detail ausgeführt. Allerdings waren wohl mehrere Künstler mit den Zeichnungen beschäftigt, denn es haben sich in den Details einige Fehler eingeschlichen und das Schiff verändert sich wenn man die Tafeln der Reihe nach betrachtet. Auf den Gesamteindruck hat das aber nur wenig Einfluß.
Der größte Teil der Tafeln ist etwas größer als DIN A3. Einige Tafeln sind mehrfach gefaltet und dadurch noch etwas größer.
Das hier vorgestellte Buch gibt es beim ancre – Verlag als gebundene Ausgabe und als Blattsammlung im Schuber.



Vom dargestellten Schiffstyp wurden zwischen 1663 und 1677 acht Schiffe in Frankreich gebaut, vier davon in Toulon. Das waren Le St. Philippe (1663), Le Lys (1669), Le Sceptre (1670) und La Royale Thérèse (1670). Das im Album dargestellte Schiff konnte keinem dieser Bauten zugeordnet werden. Wahrscheinlich sollte der Bauprozeß selbst dokumentiert werden, und nicht der Bau eines bestimmten Schiffes.
Die dargestellte Bewaffnung schwankt zwischen 80 und 84 Geschützen. Nach Regularien von 1669 und 1674 sollten sich die Geschütze wie folgt zusammensetzen:
Unteres Deck: 12x bronzene 24 Pfünder Bronze und 14x eiserne 18 Pfünder.
Mittleres Deck: 14x bronzene 12 Pfünder und 6x eiserne 12 Pfünder
Oberes Deck: 26x bronzene 8 Pfünder
Kampanje: 6x bronzene 4 Pfünder
Die Dimensionen des Rumpfes sollten ca. 48 m zwischen den Loten, 13 m Breite auf Spant und 6,5 m Raumtiefe betragen.

Welchen Einfluß hat das Album de Colbert auf den Modellbau?


Nun, zunächst werden einige der Tafeln oft in Sekundärliteratur abgedruckt. Neben der Bug und Heckansicht ist die Darstellung vom Setzen der Masten recht bekannt. Die Kalfaterarbeiten am auf der Seite liegende Rumpf sind ebenfalls bekannt.



Auf den Zeichnungen des Album de Colbert basiert der Bauplan Le Phenix der amis du musee de la marine und ein Bausatz von Heller gleichen Namens.
Bei den Rumpflinien des Bauplans wurden allerdings Fehler gemacht, so daß der Rumpf nun sehr viel völliger ist als beim Vorbild im Album de Colbert.
Heller brachte scheinbar sehr viele Modelle mit identischem Rumpf heraus. Die Modelle wurden dabei immer phantasievoller. Ein Beispiel ist die La Sirene.
Auf den Linien des Le Phenix Bauplans basiert auch der Modellbausatz der Le Mirage, der über Krick zu beziehen ist. Dieser Bausatz entfernt sich leider noch weiter von der Vorlage des Album de Colbert und hat im Grunde nur noch wenig mit einem realen Dreidecker aus der Zeit Ludwig XIV zu tun.
In Frankreich gab es ein Projekt, diesen Schiffstyp als Replik in Originalgröße aufzubauen. Was daraus geworden ist weiß ich nicht.

Fazit:


Eine wunderschöne Sammlung von zeitgenössischen Zeichnungen. Wenig Text, dafür um so mehr fürs Auge. Auch wenn man sich nicht in die Baumethode vertiefen will, kann man die Zeichnungen einfach nur genießen.
Die Sammlung ist eine sehr gute Quelle, um einen der vielen Ableger wie Baupläne und Modelle von Fehlern zu befreien.
Holger Baethies