Die MOSAIC-Expedition von 2019/20 war eine der aufwendigsten Arktisexpeditionen, die bisher durchgeführt wurde. Das Polarforschungsschiff Polarstern lies sich ein Jahr durch die Arktis an einer Eisscholle angefroren driften. Es wurde dabei von insgesamt sechs anderen Forschungsschiffen und Eisbrechern unterstützt.
Ziele der Expedition waren: Untersuchung der Wechselwirkung des Polarmeers und der Atmosphäre sowie der Gase und Aerosole in der Arktis; Untersuchung der Bildung und Schmelzen des Eis sowie dessen Eigenschaften; Untersuchung des Ozeans, u.a. in Bezug auf dessen Durchmischung; Untersuchung des Ökosystems im und unter dem Eis; Nutzung der Daten, um die Modellierung des arktischen Klimasystems zu verbessern. Hiervon erhofft man sich auch ein besseres Verständnis und bessere Vorhersagen des Klimawandels. Um die Polarstern wurden für diese Messung diverse Forschungsstationen und Sensoren auf einer Eisscholle aufgebaut. Beim Aufbau im Oktober 2019 wurde die Polarstern durch das russische Polarforschungsschiff Akademik Fedorow unterstützt. Die ersten beiden Versorgungsfahrten im Dezember 2019 und Februar 2020 erfolgten durch den russischen Eisbrecher Kapitan Dranitsyn. Letzterer verbrauchte wegen der schwierigen Eisverhältnisse bei der zweiten Fahrt so viel Treibstoff, dass er bei der Rückfahrt im Packeis durch den extra hierfür losgeschickten russischen Eisbrecher Admiral Makarow betankt werden musste. Die geplante Versorgung durch Flugzeuge im März und April musste wegen der COVID-19-Pandemie entfallen, da keine Flugplätze in Reichweite verfügbar waren. Wegen der Pandemie kamen auch das chinesische Polarforschungsschiff Xue Long 2 und der schwedische Eisbrecher Oden II nicht zum Einsatz. Die dritte Etappe musste bis Juni verlängert werden und die Versorgung konnte nur durch die deutschen Forschungsschiffe Maria S. Merian und Sonne erfolgen. Da diese nicht in der Lage waren ins Packeis zu fahren, musste Polarstern die Scholle verlassen und die beiden Versorgungsschiffe in Spitzbergen (Svalbard) treffen. Danach kehrte Polarstern zur der Scholle zurück und setzte die Untersuchungen fort, bis die Scholle an der Packeiskante in der Framstraße zerbrach. Die Expedition nahm darauf wieder Kurs nach Norden und wurde im August 2020 von dem russischen Polarforschungsschiff Akademik Tryoshnikow versorgt. Da im Sommer große Teile des Polarmeers eisfrei waren, konnte Polarstern danach nach nur in sechs Tagen am 19. August den Nordpol erreichen. Von dort ging es weiter nach Osten, wo die Bildung einer neuen Scholle untersucht wurde und von wo aus Polarstern nach Bremerhaven zurück kehrte, das am 12. Oktober 2020 erreicht wurde.
Leider gibt es von den beteiligten Schiffen noch kaum Bausätze. Von der Polarstern gibt es im Maßstab 1/250 einen Kartonbausatz von den Wilhelmshavener Modellen (Möwe Verlag/Heidelberger Modellbaubogen) und im Maßstab 1/500 einen Kartonbausatz vom Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven. Der Passat Verlag hat im Maßstab 1/250 einen Kartonbausatz des Forschungsschiffs Maria S. Merian (siehe Bausatzbesprechung) herausgebracht, der Oriel-Verlag im Maßstab 1/200 einen Bausatz des Eisbrechers Kapitan Khlebnikov (siehe Bausatzbesprechung), des Schwesterschiffs der Kapitan Dranitsyn. Kartonbausätze haben natürlich den Vorteil, dass man den Maßstab leicht ändern kann.
Eventuell erscheinen ja weitere Bausätze, aber immerhin sind zeitnah bereits zwei Bücher über die Expedition erschienen: Eingefroren am Nordpol und Expedition Arktis:
Markus Rex: Eingefroren am Nordpol
Titel: Eingefroren am Nordpol. Das Logbuch von der Polarstern
Autor: Markus Rex
Verlag: C.Bertelsmann
Erscheinungsjahr: 2020
ISBN: 978-3-570-10414-9
Seiten: 320 Seiten mit Farbfotos
Preis: 28 €
Eingefroren am Nordpol wurde von dem Expeditionsleiter, Markus Rex, geschrieben. Hier wird die Expedition chronologisch beschrieben. Der Text ist spannend und unterhaltsam, viele interessante Geschichten sind eingestreut, z.B. plötzlich auftauchende Eisbären oder Stürme, die Scholle neu anordnen. Dazu gibt es diverse Exkurse, sowohl über die Forschungsthemen, als auch technische Hintergründe, z.B. Eisbrecher oder Sicherheit auf dem Eis. Allerdings werden die Fahrtabschnitte, bei denen Rex an Bord der Polarstern waren, wesentlich genauer als der 2. und 3. Fahrtabschnitt (Dezember bis Juni 2020) beschrieben, als Rex an Land war. Das Buch ist in dieser Hinsicht mehr ein persönliches Tagebuch. Am Ende findet sich ein Fazit in Bezug auf den massiven Klimawandel, der aktuell in der Arktis zu beobachten ist und allgemein auf Maßnahmen, die notwendig sind, um den Klimawandel zu begrenzen.
Das Buch ist vom Format her etwas über DIN A5 und auf etwas rauem, aber guten Papier gedruckt. Obwohl es kein Bildband ist, findet man doch zahlreiche Farbfotos. Natürlich zeigen auch einige die Polarstern und einige der anderen beteiligten Schiffe (siehe Beispielseiten oben und unten). Für Modellbauer sind die Aufnahmen aber nicht ideal, da sie das Schiff oft zu klein zeigen. Im Einband findet sich vorne noch eine Karte mit der Route der Polarstern inklusive der verschiedenen Orte, an denen sie versorgt wurde. Hinten ist eine Übersicht über die Forschungseinrichtungen auf der Scholle enthalten.
Am Ende des Buchs findet man noch ein Stichwortverzeichnis (die verschiedenen Schiffe sind berücksichtigt) und ein Quellenverzeichnis für die Abbildungen.
Esther Horvath: Expedition Arktis
Titel: Expedition Arktis. Die größte Forschungsreise aller Zeiten
Autor: Esther Horvath, Sebastian Grote und Katharina Weiss-Tuider
Verlag: Prestel
Erscheinungsjahr: 2020
ISBN: 978-3-7913-8669-0
Seiten: 288 Seiten mit vielen Farbfotos
Preis: 50 €
Expedition Arktis ist im Gegensatz zu Eingefroren am Nordpol primär ein großformatiger Bildband, das Format ist etwas über DIN A4. Das Buch gliedert sich in drei Teile: die Vorbereitungen der Expedition (primär wird das Sicherheitstraining behandelt), den ersten Teil der Expedition im Winter in der Polarnacht und den zweiten Expeditionsabschnitt im Frühling. Die Texte sind hier relativ kurz, bieten aber eine Übersicht über den Verlauf der Expedition und die wissenschaftlichen Themen und Forschungsmethoden.
Die enthaltenen Fotos sind sehr eindrucksvoll. Bei manchen Aufnahmen denkt man, sie wären auf dem Mond aufgenommen worden. Viele der Fotos sind über zwei Seiten gedruckt. Sie zeigen die Polarstern und die Wissenschaftler bei der Arbeit. Von den anderen beteiligten Schiffe sind nur zwei Fotos der Akademik Fedorow enthalten. Die enthaltenen Fotos sind sehr gut wiedergegeben und für Modellbauer sowohl eine Inspiration als auch eine Quelle (siehe Beispielseiten oben und unten).
Vorne im Buch findet man noch eine Karte, die die Fahrroute und Drift der Polarstern von September 2019 bis Juni 2020 zeigt - der letzte Teil der Expedition ist hier noch nicht berücksichtigt.
Fazit
Die beiden Bücher über die MOSAIC-Expedition ergänzen sich gut. Eingefroren am Nordpol bietet eine chronologische Beschreibung der Expedition und viele Erklärungen der Hintergründe, enthält aber nur relativ kleine Fotos. Expedition Arktis ist ein beeindruckender Bildband, der kurze, aber informative Texte enthält. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich noch einige Hersteller inspirieren lassen, Bausätze der beteiligten Schiffe herauszubringen. Die beiden Bücher sind
empfehlenswert
Lars