Titel: The Life and Ship Models of Norman Ough
Autor: Alistair Roach
Verlag: Seaforth Publishing
Erscheinungsjahr: 2016
ISBN: 978 1 4738 7947 8
Umfang: 168 Seiten
Preis: 25 Britische Pfund (ca. 28 €)
Norman Ough (1898-1965) war einer der bedeutendsten Schiffsmodellbauer des 20. Jahrhunderts. Er wurde in eine wohlhabende Familie geboren. Schon als Kind interessierte er sich für Schiffsmodelle. In der Schule fiel sein Zeichentalent und sein handwerkliches Geschick auf. Nach dem Schulabschluss verweigerte er den Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg und wurde deshalb inhaftiert. Nach Kriegsende besuchte er die Kunsthochschule in Exeter. Während dieser Zeit baute er seine ersten Modelle für Museen. In den Zwanziger Jahren zog er nach London und verbrachte den Rest seines Lebens mit dem Bau von Schiffsmodellen und dem Zeichnen von Plänen, die er selbst vertrieb. Er baute Schiffe aus allen Epochen, aber hauptsächlich zeitgenössische britische Einheiten. Seine Modelle waren komplette Eigenbauten, und er arbeitete in diversen Maßstäben. So stellte er für eine Ausstellung im Jahr 1925 die komplette Grand Fleet der Skagerrakschlacht im Maßstab 1/1200 her – 151 Schiffsmodelle. Im Zweiten Weltkrieg arbeitete er für die Filmindustrie und baute u.a. für den Film „Ships with Wings“ ein funktionsfähiges Modell des Flugzeugträgers Ark Royal im Maßstab 1/32.
Er gab sich stets die allergrößte Mühe bei der Recherche, sei es bei Besuchen in Bibliotheken oder direkt bei der Admiralität oder bei Besuchen auf den Schiffen, die er bauen sollte. Über die Jahre zeichnete er zahlreiche Schiffe, aber auch Pläne von Bewaffnung, Ausrüstungsgegenständen und Konstruktionsdetails. Er schrieb auch zahlreiche Artikel für Modellbauzeitschriften.
Sein Lebensstil war frugal bis exzentrisch. Er lebte und arbeitete in einer kleinen Wohnung und ordnete dem Modellbau alles andere in seinem Leben unter. Es wird erzählt, dass er zweimal über der Arbeit solange vergaß, etwas zu essen, dass er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Ough erkrankte in den Sechziger Jahren an Krebs und verstarb am 3. August 1965.
Seine Modelle finden sich heute in diversen Museen und Privatsammlungen. Leider stellen Museen heute deutlich weniger Modelle aus als früher, so dass viele davon in Magazinen aufbewahrt werden. Der große Schatz an Planzeichnungen wurde nach Oughs Tod vom Marinehistoriker David MacGregor übernommen und von ihm vertrieben. Nach MacGregors Tod gelangte sein Nachlass an die SS Great Britain – Stiftung in Bristol bzw. das ihr angeschlossene Brunel Institute. Dort wird er konservatorisch aufgearbeitet und digitalisiert.
Der Wikipedia-Eintrag zu Norman Ough: https://en.wikipedia.org/wiki/Norman_A._Ough
Die Website des Brunel Institute in Bristol: http://www.ssgreatbritain.org/brunel-institute
Hier eine Übersicht aller in Bristol vorhandenen Planzeichnungen. Etwa 300 davon sind von Norman Ough: http://www.ssgreatbritain.org/sites/default/files/kcfinder/files/david-macgregor-ship-plans-collection-july-2013.pdf
Inhalt
Dieses Buch von Alistair Roach gibt einerseits, gestützt auf zahlreiche Quellen auch aus der Familie, einen Überblick über Oughs Leben, Werdegang und Ansichten. Zudem werden in ihm zahlreiche Artikel, die Ough für Modellbauzeitschriften schrieb, wiedergegeben. Diese sind für Modellbauer hochinteressant und nützlich.
Dazu gibt es Wiedergaben von vielen von Ough gezeichneten Plänen, sei es von Geschützen oder anderen Ausrüstungsgegenständen, aber auch von ganzen Schiffen. Diese leiden natürlich unter dem kleinen Format der Wiedergabe im Buch, sind aber trotzdem schon ein guter Hinweis.
Neben vielen zeitgenössischen Fotos von Ough und aus seiner Werkstatt gibt es eine Auflistung nach Klassen und zahlreiche Bilder von Oughs Modellen, teils in Farbe.
Schließlich folgt eine Auflistung der im Brunel Institute vorhandenen Pläne von Ough. Laut der Website des Brunel Institute sind diese für Besucher auf Bestellung einzusehen, sofern der Erhaltungszustand dafür gut genug ist. Eine Möglichkeit, die Pläne in digitalisierter Form oder als Ausdrucke zu bestellen, habe ich nicht gefunden.
Fazit
Dieses Buch ist meiner Ansicht nach für an der Royal Navy interessierte Modellbauer ein guter Kauf, und zwar auf mehreren Ebenen. Es enthält in den Texten und Abbildungen eine Vielzahl an nützlichen Informationen für den Bau von Modellen. Es gibt Einblick in das Leben eines britischen Exzentrikers im besten Sinne, der alles seiner überwältigenden Leidenschaft für Schiffsmodelle untergeordnet und gelebt hat wie ein Mönch. Und es enthält viele Abbildungen von einfach wunderschönen, hochdetaillierten und komplett selbstgebauten Schiffsmodellen, die anzusehen einfach eine Freude ist.
Ich habe mein ersten Modell von Norman Ough im Fleet Air Arm Museum in Yeovilton gesehen. Dort steht sein beeindruckendes Modell des Flugzeugträger HMS Glorious im Maßstab 1/192 (oder britisch: 1 Inch am Modell entspricht 16 Fuß am Original, siehe Fotogalerie). Es war ein Erlebnis für mich, und hat auch alle meine Freunde, die das Museum besucht haben, beeindruckt. Es ist zu schade, dass Schiffsmodelle heute aus vielen Museen verschwinden. Gerade Norman Oughs Modelle verbinden handwerkliches Geschick auf allerhöchstem Niveau mit der Hand und dem Auge eines Künstlers.
empfehlenswert
Frank Spahr