Das Original
Die Arthur W. Radford war ein Zerstörer der Spruance-Klasse. 31 Schiffe dieser Klasse wurden zwischen 1970 und 1983 in Serie gebaut, um die umgebauten Zerstörer der Allen M. Sumner- und Gearing-Klasse aus dem Zweiten Weltkrieg zu ersetzen. Sie fielen für ihre Bewaffnung sehr groß aus, weshalb der Entwurf anfänglich als unterbewaffnet kritisiert wurde. Die Spruance-Klasse war als U-Jagdschiffe ausgelegt und hatte deshalb nur eine Nahbereichs-Flugabwehr. Später erhielten die meisten Schiffe mit Tomahawk auch eine sehr starke Bewaffnung gegen Landziele, ihre Flugabwehr blieb allerdings beschränkt. Wegen ihrer eingeschränkten Vielseitigkeit und ihrer großen Besatzung im Vergleich zu den neuen Zerstörern der Arleigh Burke-Klasse wurden alle Schiffe bis 2005 vorzeitig außer Dienst gestellt.
Die Arthur W. Radford gehörte zu den Schiffen, die einen 61fach-Senkrechtstarter (VLS) für Tomahawk und ASROC erhielten. Ihr Aussehen wurde 1997 durch einen Umbau zum Testschiff für einen verkleideten Mast (Advanced Enclosed Mast/Sensor System, AEM/S) stark verändert. Dieser Mast ersetzte den ursprünglichen Großmast, der als Gittermast konzipiert war. Der neue verkleidete Mast soll die Radarsignatur verringern, sowie die Haltbarkeit der Sensoren, die innerhalb der Verkleidung angebracht sind, verbessern.
Die Arthur W. Radford ist 171,6 m lang und 16,8 m breit. Mit 9100 ts (8190 t) Verdrängung war der Tiefgang 8,8 m. Die Gasturbinen, die hier erstmal in der U.S.-Marine verwendet wurden, leisten 80.000 PS, womit 33 kn erreicht werden konnten.
Bewaffnung 1977
2 x 12,7 cm L/54 Mk 45
2 x 2 cm Mk 15 Phalanx CIWS (zwei sechsrohrige Geschütze)
2 x Harpoon Mk 141 SSM-Starter (zwei Vierlings-Starter)
1 x Mk 29 NATO Sea Sparrow-SAM-Starter (Achtfach-Starter, NSSMS)
1 x Mk 16 ASROC-ASM-Starter (Achtfach-Starter)
6 x 32,4 cm Mk 32 Torpedorohre (zwei Drillinge)
1 x Kaman SH-2F Seasprite (theoretisch zwei Seasprite oder eine Seaking)
Bewaffnung 2003
2 x 12,7 cm L/54 Mk 45
2 x 2 cm Mk 15 Phalanx CIWS (zwei sechsrohrige Geschütze)
1 x Mk 41 VLS (61fach Senkrechtstarter für Tomahawk, ASCROC, möglich auch Sea Sparrow, SM-2)
2 x Harpoon Mk 141 SSM-Starter (zwei Vierlings-Starter)
1 x Mk 29 NATO Sea Sparrow-SAM-Starter (Achtfach-Starter, NSSMS)
6 x 32,4 cm Mk 32 Torpedorohre (zwei Drillinge)
2 x Sikorsky SH-60B Seahawk
Arthur W. Radford wurde zwischen 1974 und 1977 bei Ingalls Shipbuilding in Pascagoula gebaut und nach der Indienststellung in Norfolk an der Ostküste stationiert. Sie wurde für für Routineaufgaben im Atlantik, der Karibik und im Mittelmeer eingesetzt, die lediglich durch kurzen Einsätzen vor der Küste des Libanons im Mai und September 1983 unterbrochen wurde. Dort diente sie ready gunfire support ship für US-Truppen bis sie durch das Schlachtschiff New Jersey ersetzt wurde. 1985 wurden sie in den Persischen Golf verlegt, um Tanker im Iran-Irak-Krieg vor der iranischen Marine zu schützen. Anschließend folgten erneut Routineaufgaben im Atlantik, Karibik und dem Mittelmeer. 1997 erfolgte der Umbau zum Testschiff für das AEM/S-System. Am 5.2.1999 kollidierte Arthur W. Radford mit dem saudi-arabischen Frachtschiff Saudi Riyadh vor Virginia und wurde schwer beschädigt. Trotz ihres Alters wurde sie zwischen März und September 1999 wieder repariert und anschließend erneut im Atlantik, Mittelmeer und Karibik eingesetzt. Ihr letzter Einsatz war im Rahmen von Operation Enduring Freedom im östlichen Mittelmeer. Am 18.3.2003 wurde sie außer Dienst gestellt. Ab 2004 sollte Arthur W. Radford bei Northrop Grumman in Pascagoula zum Testschiff für Systeme der geplanten DD(X)-Klasse umgebaut werden. Dieser Umbau wurde aber gestrichen. Wahrscheinlich wird die Arthur W. Radford als Zielschiff für Übungen oder Test genutzt werden, aktuell (November 2008) liegt sie in Philadelphia im abgerüsten Zustand.
Das Modell
Dragon hat einen Bausatz der Arthur W. Radford herausgebracht, wobei sie als Testschiff für den AEM/S-Mast dargestellt wird. Zusätzlich können aus dem Bausatz, laut Anleitung, alle anderen Schiffe der Spruance-Klasse gebaut werden. Der Bausatz ist im Wesentlichen ein alter Bekannter: es ist der Pit-Road-Bausatz, der später, um einen Unterwasserrumpf ergänzt, von Revell und Dragon vertrieben wurde.
Der Bausatz stellte ursprünglich eine frühe Version der Spruance-Klasse dar. Arthur W. Radford wurde zwar modernisiert, aber nicht auf dem Niveau anderer Schwesterschiffe. Neben dem AEM/S-Mast erhielt sie den VLS-Starter, eine Verbreiterung des Hangars nach steuerbord, Modifikationen von Deckshäusern, den Austausch des Whalers gegen ein RHIB (Zodiac-Schlauchboot) und neue Satellitenantennen. Andere Schiffe erhielten zusätzlich eine Verbreiterung des Hangars nach backbord, neue Unterbauten für die Phalanx-Geschütze, die ECM-Geräte wurden umpositioniert und achtern ein RAM-Starter aufgestellt. Dragon hätte es also einfach gehabt, die für die Arthur W. Radford notwendigen zusätzlichen Teile beizulegen.
Es liegen auch zusätzliche Teile bei: der AEM/S-Mast, die VLS-Starter, ein paar Antennen und eine Ätzteilplatine. Diese reichen aber nicht aus – dazu später mehr.
Der Grundbausatz ist recht gut. Einzelne Einsinkstellen am Rumpf mussten verspachtelt werden. Beim Zusammenbau muss teilweise sorgfältig vorgehen, weil die Passgenauigkeit, z.B. beim achteren Aufbau um den Hangar, nicht optimal ist. Vor dem Zusammenbau kann man auch gleich die angegossenen Rettungsinseln entfernen, diese sind teilweise falsch positioniert. Auch das Deck backbord neben dem Hangar kann man gleich entfernen, da es hier keinen Laufweg gab. An dieser Stelle wird die Sorgfalt beim Zusammenbau besonders deutlich, da ohne diesen Laufweg eine eventuell entstehende Lücke zwischen Hangar und ersten Aufbaudeck nicht mehr verdeckt wird. Die Hangarverbreiterung nach steuerbord liegt als Ätzteil bei – was es nicht gerade erleichtert hat, das Teil anzupassen und zu verspachteln.
An den Deckshäusern auf den Aufbauten waren diverse Änderungen nötig. Die Schornsteine und der "Kasten" hinter dem Phalanx auf dem Hangar musstenen verspachtelt und verschliffen werden, zwei "Kästen" und ein kleines Deckshaus auf dem Hangar backbord neben dem Schornstein mussten entfernt werden. An der Stelle des letzten kam ein Deckshaus mit ähnlichen Abmessungen, was direkt an den Schornstein gebaut ist. Vor den achteren Schornstein kam ein zusätzliches Deckshaus, welches 4,5 mm lang, 5 mm breit und 3 mm hoch ist. Dessen Vorderkante folgt dem Verlauf des Decks. Auf Teil B52 kann man verzichten. Steuerbord neben den vorderen Schornstein wurde ein 10 mm langes, 3 mm breites und 4 mm hohes Deckshaus ergänzt. Diese Deckshäuser hätte Dragon leicht selbst beilegen können – so musste ich sie aus Polystyrolplatten selbst aufbauen. Auch die Recherche in Bezug auf den AEM/S-Mast hätte besser sein können. Der Mast selbst (Teile E1 bis E3) sind stimmig, aber der Unterbau fehlt im Bausatz! Dieser Unterbau ist 8 mm lang, 10 mm breit und 2 mm hoch und wurde direkt vor Teil B54 geklebt. Die Vorderkante folgt der Schräge der Basis des Masts (Teil E1). Der Unterbau hat abgerundete "Stützen" zu den Decks, die auf Photos gut erkennbar sind. Ansonsten musste nur noch der Kabelschacht auf dem Lüfter vor dem vorderen Schornstein (Teil B53) entfernt werden. Die beiden leiter-artig aussehenden Teile unterhalb des Großmasts dienen übrigens der See-See-Versorgung und haben deshalb auch keine Sprossen, weshalb ich diese entfernt habe.
Im Gegensatz zum Großmast, der in diesem Fall sehr einfach zu bauen war, musste ich am Fockmast sehr viel selbst machen. Wahrscheinlich wäre es am besten, wenn ich ihn komplett neu gebaut hätte. So habe ich nur die Gitterstrukturen auf der Vorderseite des Masts und ein paar Abstützungen aus gezogenen Gussästen ergänzt. Den oberen Teil des Masts musste stark modifiziert werden, da hier kaum Ähnlichkeiten zum Original vorhanden waren. Die Teile B39 und B58 habe ich durch selbst gebaute Teile ersetzt. Um die Abstützungen des oberen Rahs (an Teil B16) besser darstellen zu können, hat Dragon ein Ätzteil beigelegt. Dieses ist aber eine eindeutig Verschlimmbesserung. Ich habe stattdessen gezogene Gussäste verwendet und Ausbuchtungen an der Rah selbst ergänzt.
Ich wollte Arthur W. Radford im letzten Bauzustand darstellen. In diesem hatte sie zwei WSC-6-Satellitenantennen. Dragon hat nur die vor der Brücke beigelegt und die auf dem Hangar vergessen. Die vor der Brücke (Teile B60, MA1) ist aber auch noch zu klein – inklusive der geätzten Basis. Somit waren drei von drei Ätzteilen sinnlos. Also habe ich die Antennen aus runden Polystyrolstäben neu geschnitzt. Zusätzlich waren zwei OE-82B-Satellitenantennen vorhanden (die runde Version, Teil B33). Hier habe ich für die vordere eine neue Basis gebaut. Diese Antennen sind im Original immer auf die gleiche Richtung geschwenkt. Ein weiteres Versäumnis von Dragon ist das Fehlen eines Speedboats (RHIB). Dieses wurde auf den Schiffen der Spruance-Klasse zuletzt statt des Whalers (Teil A8) steuerbord gefahren. Ich habe es aus Polystyrolstäben und –platten selbst gebaut.
Zuletzt musste noch ein paar Kleinigkeiten erledigt werden: die Antennen am achteren Schornstein (die viel zu dicken Plattformen für diese habe ich neu gebaut); ein Aufzug steuerbord an der Außenseite des Brückenaufbaus bauen; dünnere Rohre für die Phalanx-Geschütze; haufenweise Rettungsinseln (aus einem Wrack der Abraham Lincoln von Italerie geborgen), Abstützungen der Galerien und diverse Peitschenantennen.
Der Anstrich erfolgte mit Humbrol-Farben, gealtert wurde mit Ölfarben. Die Abziehbilder sind teilweise von Dragon. Dragon hat allerdings keine Flugdeck- und VETREP-Markierungen als Abziehbilder beigelegt, der Modellbauer soll die erhabenen Markierungen an den Decks bemalen. Ich habe stattdessen Abziehbilder von Pit-Road (U.S. Navy Modern-Set, 700-013) verwendet.
Quellen
- Die Schiffe der U.S. Navy von Stefan Terzibatschitsch, Hamburg, 2002
- Seapower von John Gresham & Ian Westwell, London, 2004
- USS Arthur W. Radford
- Navsource: USS Arthur W. Radford
- DefenseImagery
Fazit
Insgesamt ist der Dragon-Bausatz der Arthur W. Radford zwar momentan der beste Bausatz, um eine späte Version der Spruance-Klasse zu bauen, aber es sind doch einige Änderungen notwendig. Dies gilt auch für den Bau der Arthur W. Radford selbst – dafür wird man mit einem Modell entschädigt, was durch seinen Großmast hervorsticht.
Lars