Michael Keller
Eigentlich hatte ich mich ja dem Bau von Zivilschiffen verschrieben. Dann allerdings besuchte ich mit meinem Sohn das deutsche Marinemuseum in Wilhelmshaven. Absolutes Highlight war natürlich die Besichtigung und Begehung des Zerstörer Mölders. Aus der Begeisterung heraus keimte der Wunsch, mich auch einmal an dem Bau eines Schiffes der "grauen Flotte" zu versuchen. Und da ich gerne in den etwas größeren Maßstäben baue, wurde es dann die Klasse 119 (die deutsche Variante der Fletcher-Klasse, siehe auch Wikipedia) in 1:144 von Revell.
Weiterlesen: Zerstörer Z 5 (Revell, 1/144) von Michael Keller
Das Original
Das erste Modell aus meiner neuen Werft ist der Notfallschlepper der niederländischen Küstenwache. Mehr zum Thema Notfallschlepper findet man auf Wikipedia, Informationen zur Waker gibt es auf der hervorragenden Seite www.fire-rescue.nl.
Weiterlesen: ETV Schlepper Waker in 1/200 von Michael Keller
Ich möchte euch heute ein Modell vorstellen, daß ich vor einigen Jahren gebaut habe, noch bevor ich das Modellboard kannte. Es handelt sich um einen typischen dänischen Fischkutter der 45-Tonnen Klasse, die man überall z.B. an der Westküste antreffen kann.
Das Vorbild wurde 1955 in Esbjerg im Westen Jütlands gebaut und war damals mit einem Einzylinder-Glühkopfdieselmotor (ähnlich einem Lanz-Bulldog) ausgerüstet. Im Laufe der Jahre wurden die Kutter modernisiert und oft der Bug und die Mittelsektion zum Schutz der Fischer überbaut. Auch das Steuerhaus musste in vielen Fällen einem Größeren aus Stahl weichen. Manchmal sind nur noch die Rümpfe Original. Aber auch heute noch kann man vereinzelt Kutter mit Originalaufbauten sehen.
Es gab Zeiten, da lagen mehrere hundert dieser Kutter in Esbjerg und anderen Häfen. Heute verdrängen große Trawler die hübschen Schiffe. Dennoch gehören sie immer noch zum gewohnten Bild in Dänemark.
Der Modellbausatz stammt von der dänischen Firma "Billing Boats" und ist das Erste jemals von dieser Firma entwickelte Modell. Das merkt man beim Bau. Während man bei späteren Modellen vor allem eine einfache Bauweise in den Vordergrund stellt, ist dieses Modell nach den original Werftunterlagen entwickelt worden. So besteht z.B. der Kiel aus mehreren Teilen, die Spanten sind "hohl" und es gibt einen Beplankungsplan, der sämtliche Stöße vorgibt. Der Bau war nicht ganz einfach, aber insgesamt ist das Modell sicher auch anfängerfreundlich. Ein RC Ausbau ist möglich, mit entsprechender Behandlung des Rumpfes.
Ich habe mich beim Bau genau an den Plan gehalten. Das Schiff sollte aussehen wie in etwa Ende Mitt der 70er Jahre. Ich habe dafür ein Radargerät und eine modernere Funkantenne gescratched.
Heutzutage, vor allem nach drei Jahren im Modellboard, würde ich sicher Einiges anders machen. Dennoch gehört dieses Modell für mich persönlich zu den Schönsten die ich jemals gebaut habe. Und ein Blickfang ist es sowieso, weshalb es auch im Wohnzimmer stehen "darf".
Und hier ein Original, fotografiert 2003 im Hafen von Hirtshals:
Und hier noch der Hafen in Esbjerg, mit ein paar 45-Tonnern:
Michael "Dannebrog" Keller
Der neueste Seenotrettungskreuzer der DGzRS (Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger), die "Hermann Marwede", wurde von Revell als Bausatz schon vor längerer Zeit angekündigt und die Modellbaugemeinde fieberte dem Erscheinungstermin entgegen. Da ich die "Arkona" schon im gleichen Maßstab 1:72 (ebenfalls von Revell) gebaut hatte, konnte auch ich mich der Faszination dieses Modells nicht entziehen. Als Revell den Bausatz dann im Herbst 2005 auf den Markt brachte, gehörte eines der ersten Modelle mir.
Ein paar kurze Worte zum Vorbild: Bei der "Hermann Marwede" handelt es sich um den derzeit größten und modernsten Seenotrettungskreuzer der DGzRS. Bei 46m Länge, einer Breite von 10,6m und einem Tiefgang von 2,8m erreicht das 404 t verdrängende Schiff eine Geschwindigkeit von 25 Knoten (ca. 46 km/h). Eine Mittelmaschine sowie zwei Seitenmaschinen liefern eine Gesamt-Motorleistung von 6800 kW entsprechend 9250 PS. Das in der Heckwanne mitgeführte Tochterboot VERENA basiert auf dem 9,5 m-Seenotrettungsboot. Es läuft bei 9,4m Länge, einer Breite von 3,6m und einer Motorleistung von 243 kW/330 PS eine Höchstgeschwindigkeit von 18 Knoten (ca. 33 km/h). Dank des geringen Tiefgangs von 0,96 m kann das Tochterboot auch in flachen Gewässern, beispielsweise um Sandbänke und Untiefen herum, eingesetzt werden. Die "Hermann Marwede" ist auf Helgoland stationiert.
Kommen wir zum Modell: der sehr voluminöse Karton enthält die gigantischen, in weiß eingefärbten Spritzlinge sauber in Plastiktüten verpackt, sowie einen großen Spritzling mit Klarsichtteilen. Der einteilige, über 60cm lange Rumpf liegt separat in einer Bettung aus Karton und kann so nicht beschädigt werden. Die revelltypische Bauanleitung mit Baustufenzeichnungen, ein kleiner Satz Decals und eine Broschüre über die DGzRS vervollständigen den Inhalt. Der Aufbau des Modells, und vor allem der einteilige Rumpf, lassen es durchaus zu, das Schiff auch als RC-Fahrmodell zu bauen. Ich jedoch habe mich für ein reines Standmodell entschieden. Die Qualität des Bausatzes macht auf Anhieb einen sehr guten Eindruck. Revell hat mit seinen Modellen aus neuen Bausatzformen qualitativ einen Riesensprung nach vorne gemacht - das sollte sich auch bei diesem Modell bestätigen.
Beim Bau meines Modells war mir saubere Arbeit, feine Lackierung und elegantes Erscheinungsbild wichtiger als genaue Vorbildtreue. D.h. dass Details in Lackierung und Detaillierung nicht unbedingt dem Vorbild entsprechen, sondern meine eigene Interpretation des Themas darstellen.
Als Eingewöhnung und sozusagen Einstieg habe ich zuerst das Tochterboot "Verena" gebaut. Dieses ist ein kleines Schmuckstück für sich.
Interessanterweise ist "Verena" baugleich mit den DGzRS-Einheiten der 9,5 Meter Klasse. Da Revell das Tochterboot auf einem eigenen Spritzling realisiert hat, öffnen sich dem Dioramenbauer hier ganz eigene Möglichkeiten, da das Boot problemlos nachbestellt werden kann. Schwierigkeiten gab es beim Bau von "Verena" nicht, lediglich das Deck steht etwas unter Spannung, das kann aber durch ein paar Gummiringe während der Trockenzeit des Klebers problemlos gemeistert werden. Ein paar Details an Bergungspforte, Positionslaternen und Mast hat Revell vereinfacht dargestellt, meiner Meinung nach kann das aber vernachlässigt werden. Apropos Mast: dieser lässt sich gemäß Bauanleitung nur in aufgerichteter oder geklappter Version darstellen. Das hat mir nicht gefallen, weshalb ich den Mast klappbar gestaltet habe. Mit einer Schlüsselfeile und den Cutter habe ich die Scharnierstelle vertieft und vorsichtig per Hand mit einem 0,5mm Bohrer durchbohrt. Die (Steck-)Achse habe ich aus einer 0,8mm Stecknadel gefertigt. Die dadurch entstehende Reibung genügt, um den Mast aufrecht zu halten.
Beeindruckend hier die Präzision des Bausatzes. Beim Tochterboot musste trotz einiger komplexer Strukturen nicht gespachtelt werden!
Kurz ein Wort zum Kunststoff: der hier verwendete ist von einer viel besseren Qualität als der des "Arkona" Bausatzes. Er ist relativ flexibel, lässt sich erhitzt wunderbar ziehen, bricht nicht beim Feilen und schneiden und wird von Flüssigkleber geradezu verschweißt! Also besser geht´s kaum!
Kommen wir nun zur "Hermann Marwede" selbst. Das Modell ist so groß, dass es schon fast unhandlich wirkt... Man sollte beim Bau etwas mehr Platz haben als üblich. Ich hatte damit nämlich so meine Probleme. Auch die Spritzlinge sind in einem sehr unhandlichen Format gehalten, was den Bausatz aber keinesfalls abwerten soll. Die Bauanleitung sollte man nur als "Leitfaden" ansehen und sich seine Schritte selber planen. Ich halte es z.B. für etwas vermessen, die sehr filigranen Relings direkt am Anfang aufzukleben... Der Bau selbst bereitet erstaunlich wenige Probleme. Ein paar Fußangeln gibt es dennoch. Das rückwärtige Schott der Tochterbootwanne (B211) hat unten einen zu dicken Steg. Hier ist den Formenbauern schlichtweg ein Fehler unterlaufen. Dieser Steg muss dünner gefeilt werden, sonst passt die ganze Wanne nicht. Die Decks selber weisen fast keine Krümmung (Decksprung) auf, das Querschott (E70) jedoch wohl. Daher müssen die beiden Teile während der Trockenzeit gut mit Klebeband fixiert werden, da sonst ein unschöner Spalt entsteht. Bei den Rumpfseitenteilen (B7/B8) lässt sich ganz vorne am Bug ein Spalt kaum vermeiden. Hier muss tatsächlich zur Spachtelmasse o. Ä. gegriffen werden. Bei den unteren Aufbauten (G91/G92/G93) wollte das Vorderteil nicht so recht passen... Es stand extrem unter Spannung. Am besten man schleift die Führungsnasen auf dem Deck weg, dann lässt es sich individueller anpassen. Außerdem macht man das besser VOR dem Lackieren des Decks. Bei mir war´s zu spät und ich musste schauen, wie ich den Fehler wieder ausmerzte... Beim Brückenaufbau oben gab es das gleiche Problem noch einmal, allerdings nicht in so ausgeprägter Form - außerdem war ich dieses Mal vorgewarnt. Der Rest lässt sich problemlos zusammenbauen. Die Relings sind diesmal im Gegensatz zur "Arkona" alle vorgebogen, so dass man sie sofort ankleben kann. Sie bestechen außer der perfekten Passform auch durch ihr filigranes Aussehen, was bei einem Modellschiff leider nicht selbstverständlich ist. Das Innere der Decksaufbauten habe ich dunkel ausgemalt, um beim Blick durch die Bullaugen eine bessere Tiefenwirkung zu bekommen. Im Brückenaufbau habe ich ein paar Pulte scratch gebaut, sie sind aber im Nachhinein kaum noch zu erahnen, so dass man sie auch eigentlich weglassen kann. Das Schlauchboot ist stark vereinfacht dargestellt, so dass ich eigentlich vorhatte es unter einer Plane zu verstecken. Dann habe ich es aber mit einem Außenbordmotor (von einem Schuco-Feuerwehrzug mit Boot) und einem Lenkrad (ein Rad von einem 1:144 Militärjet, dünner gefeilt und gebohrt) aufgepeppt.
So kann es sich sehen lassen. Der Kran ist ebenfalls stark vereinfacht dargestellt, hier sah ich allerdings keinen Handlungsbedarf. Schlichtweg vergessen haben die Formenbauer die Nischen der Positionslaternen samt Laternen selber. Die Nischen hab ich mir erspart, aber die Laternen waren schnell aus gehälfteten Stückchen Gußast gefertigt und aufgeklebt. In den richtigen Farben lackiert fällt das Fehlen der Nischen kaum auf!
Einen größeren Umbau bescherte mir die Hubschrauberarbeitsplattform. Diese ist bei Revell als geprägte Platte dargestellt. Eigentlich kein Problem, aber im Original besteht sie aus Gitterrosten, die einen Blick auf das darunter liegende Tochterboot zulassen. Das wollte ich bei meinem Modell auch realisieren. Entsprechende Ätzteile waren mir zu teuer, weshalb ich eine andere Lösung gewählt habe. Zuerst wurde das Originalteil ausgefräst, damit nur die "Dächer" der seitlichen Stores und ein umlaufender Steg übrig blieben. Dann habe ich aus Holzleisten das Stahlträgergerüst nachgebaut, auf dem im Original die Gitterroste liegen.
Da absolute Vorbildtreue nicht mein Ziel war, habe ich die Anordnung der Streben etwas freier ausgewählt. Nach dem Lackieren konnte der Rost angepasst werden, das bei mir aus Fliegengitter aus dem Baumarkt besteht. Und zwar von der Sorte, die NICHT geflochten ist (ich fand das sah sonderbar aus), sondern aus miteinander verschweißten Kunststofffäden besteht. Dieses wurde zurechtgeschnitten, lackiert und sparsam mit UHU-Kraft aufgeklebt. Das Resultat empfinde ich als sehr zufrieden stellend. Man kann durch den Gitterrost hindurch die Stahlträgerkonstruktion und das Tochterboot sehen - genau wie beim Original.
Das große, weiße "H" auf dem Hubschrauberarbeitsdeck wurde von der DGzRS übrigens schon nach kurzer Zeit wieder entfernt, da es sich als zu rutschig im Alltagsbetrieb erwiesen hatte.
Zum Schluss fertigte ich den Mast. Die Flaggenleinen stellte ich aus 0,5mm Silberdraht aus dem Elektronikbedarf her. Er wurde gezogen, so dass er absolut gerade ist. Im Mast bohrte ich an den entsprechenden Stellen 0,5mm Löcher und klebte den Draht mit Sekundenkleber ein. Schon hatte ich recht brauchbare Flaggenleinen. Die Flaggen selber habe ich auf Alufolie gezogen und randfrei ausgeschnitten. Mit etwas UHU konnte ich sie dann an den Draht kleben. Nach dem Aushärten konnte man die Flaggen so biegen, als wenn sie im Wind flattern - eine einfache und geniale Lösung!
Den kleinen Flaggenmast am Bug (für die so genannte "Bremer Speckflagge" muss man aus gezogenem Gußast herstellen, denn er ist im Bausatz nicht vorgesehen. Zum Schluss wurden die Decals aufgebracht. Sie sind hauchdünn und sehr anschmiegsam. Mit etwas Essigwasser aufgebracht kann man völlig auf die Benutzung von Weichmachern verzichten.
Die "www.dgzrs.de" Schriftzüge an den Relings des Hubschrauberarbeitsdecks habe ich am PC auf Transparentfolie gelasert. Leider haftet die Folie nicht richtig, so dass ich mir hier noch etwas Anderes überlegen muss.
Mein Fazit fällt sehr positiv aus! Ein Bausatz aus neuen Formen, sehr passgenau und für Revell richtungweisend! Einige Vereinfachungen trüben nicht den Gesamteindruck und lassen Raum für eigene kreative Umbauten oder den Gebrauch von Zurüstteilen. Es hat wirklich Spaß gemacht dieses Modell zu bauen und das Resultat spricht für sich! Alleine die Stützen sind nicht allzu dekorativ...
... aber auch hier findet man bei Fremdherstellern sicher eine schöne Lösung.
Mike "Dannebrog" B. Keller im März 2006