Geschichte


Die Indienststellung von DD 449 Nicholas, dem ersten Schiff der Fletcher Klasse, stellte einen Meilenstein in der Entwicklung des Zerstörerbaus der USA dar. Es markierte den Einzug von weiteren 174 Fletcher Zerstörern bei der Amerikanischen Flotte in einem Zeitraum zwischen 1942 und 1944. Der Kriegsausbruch in Europa führte auch in den USA zu einer ständigen Zunahme der Rüstungsanstrengungen, da ein Kriegseintritt als sehr wahrscheinlich angesehen werden musste.
Aufgrund der gesammelten Erfahrungen mit den Zerstörern der Benson/Livermoore Klasse, wurden noch vor Ausbruch der Kämpfe im Pazifik die Einsatzparameter für eine noch neu zu bauende Zerstörerklasse erarbeitet. Nachdem die Benson und Livermoore Schiffe die im Washingtoner Vertrag festgelegten Höchsttonnage bereits um 120 Tonnen überschritten, lösten sich die USA 1940 von allen vertraglichen Beschränkungen.
Die neu entwickelte Fletcher Klasse setzte neue Maßstäbe in punkto Einsatzverdrängung und Stabilität. Sämtliche ältere Zerstörerklassen litten unter einem erhöhten Toppgewicht, das sich im weiteren Kriegsverlauf durch ständig folgende Zurüstungen noch steigerte, so dass es in einem Taifun 1944 zu einigen Totalverlusten bei den Zerstörerflottillen kam. Die Fletcher Zerstörer besaßen genügend Reserven, um an die sich ständig ändernden Verhältnisse während des Kriegsverlaufes angepasst zu werden.
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Bei einer Länge von 114m und Breite 12.2m verdrängten die Schiffe maximal 3036 Tonnen. Den Antrieb lieferten vier Babcock+Wilox Kessel auf zwei Getriebeturbinen mit einer Leistung von 60000 PS, bei einer Höchstgeschwindigkeit von 34 Knoten.
Die Bewaffnung bestand anfangs aus fünf 12,7cm Mehrzweckgeschützen, zwei 53.3cm fünffach Torpedosätzen, einem vierfach 1.1 inch Flakgeschütz sowie einigen 0.50 Maschinengewehren zur Luftabwehr. Ende 1941 Anfang 1942 wurden die 1.1inch Kanone sowie die Maschinengewehre durch ein zwei mal 40mm Bofors Geschütz und mehrere 20mm Oerlikon ersetzt. Die Anfangs montierten leichten Fla-Geschütze reichten einfach nicht aus, ein gegnerisches Flugzeug sicher zum Absturz zu bringen.
Durch das enorme Wirtschaftspotenzial, einer beschleunigten Produktion und Anwendung moderner Arbeitstechniken gelang es den USA noch 75 Fletcher Zerstörer im Jahr 1942 der Flotte zuzuführen.
1943 erfolgte eine weitere Zurüstung der Flugabwehrgeschütze in Höhe des achteren Schornsteins und auf dem Achterschiff direkt hinter dem Wabo Ablaufgestell.
Die Kiellegung des Typschiffs DD 445 Fletcher erfolgte am 02.10.1941, die Indienststellung am 30.06.1942. Nach einer beschleunigten Einfahrphase verlegte DD 445 Fletcher sofort in den Pazifik und bildete eine willkommen Verstärkung der moralisch und materiell angeschlagenen Zerstörerverbände.
Ein ebenfalls interessanter Aspekt betrifft die Baukosten. Kostete 1942 ein Fletcher im Schnitt 11 Mio. Dollar, so bringt es heute ein Zerstörer der Arleigh Burke Klasse auf die Kleinigkeit 1,1 Milliarden Dollar!!!!
Nach einer ereignisreichen Laufbahn von nahezu 30 Dienstjahren wurde DD 445 Fletcher für 500000 Dollar 1974 zum Verschrotten verkauft.
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Das Modell


Der im Maßstab 1:350 gefertigte Bausatz von Tamiya stellt eine gute Grundlage für einen Fletcher Zerstörer dar. Um dem Vorbild aber möglichst Nahe zu kommen, bedarf es noch einiger Ergänzungen und zusätzlicher Detaillierungen. Fotos und Pläne vom Original findet man im Internet unter www. Domeisland.com. Allein vom Schwesterschiff DD 449 Nicholas existieren über 600 Fotos, auf denen wirklich alle Details eingesehen werden können.
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Vor dem eigentlichen Zusammenbau der einzelnen Baugruppen beginnt in meinen Augen der wichtigste Arbeitschritt, um einen möglichst realitätsnahen Eindruck zu erzielen. Fertigungstechnisch bedingt fallen die Wandstärken von Schanzkleidern, Flakwannen und Podesten immer sehr dick aus. Entweder werden die Schanzkleider entfernt und durch entsprechende Messingprofile ersetzt, oder sie werden dünner geschliffen, sofern es die geringe Baugröße überhaupt zulässt. Nach den Vorbildfotos fixierte ich Rippen und Aussteifungen aus Messingprofilen in den Wandinnenseiten.
Um einige weitere optische Highlights zu erzielen, öffnete ich Türen, Fenster, Luken sowie Speigatten. In den 40er und 50er Jahren war das die einzige Möglichkeit, das Boot zu durchlüften, klimatisierte Räume waren damals noch nicht weit verbreitet. Luken und Türen wurden nur in Gefechtsbereitschaft oder schlechtem Wetter geschlossen gefahren.
Die im Brückenbereich fehlenden Flaggenkästen vervollständigte ich durch Eigenbauten aus Polystyrol. Leider sind diese im Bausatz überhaupt nicht vorgesehen, obwohl sie den achteren Abschluß der Brücke bilden. Den angegossenen Handlauf unter der Brückennock schliff ich plan und ersetze ihn durch eine geteilte Reling aus der Grabbelkiste.
Das Feuerleitgerät MK 37 wurde ebenfalls überarbeitet und mit dem Feuerleitradar MK 12 aus dem Ätzteilsatz von GMM ergänzt. Neu hergestellt wurden auch die Luken, Türen und Handläufe des Mk 37 aus Messingprofilen.
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Masten und Schornsteine verdienen besondere Beachtung, erhalten sie vom Betrachter als zentraler Punkt die meiste Aufmerksamkeit. Dementsprechend sollten sie mit größtmöglichem Detailreichtum wiedergegeben werden. Die Masten löte ich immer aus Messingrohren und diversen Profilen zusammen, um ein späteres Verziehen beim Auftakeln mit dünner Litze aus ausrangierten Relaisspulen zu umgehen. Alte Telefone, elektromagnetische Bauteile liefern unsere benötigte Litze in allen Stärken. Sie ist zudem strapazierfähig, reißfest und kann gut lackiert werden. Takelage ist aber nicht gleich Takelage, es muss zwischen stehendem und laufendem Gut unterschieden werden.
Dem stehenden Gut sind alle Leinen zuzuordnen die eine abstützende oder haltende Funktion haben. So sind die Leinen, die den Mast in seiner Position halten, stehendes Gut und somit stark gespannt, während laufendes Gut wie Signalleinen relativ locker in ihren Blöcken geführt werden. Das Auftakeln der Masten erfolgte von unten nach oben, sowie von innen nach außen. Den nötigen Zug auf den Leinen erreichte ich durch Verknoten der Litze am Mast und anschließender Fixierung mittels eines Tropfen Sekundenklebers. Danach zog ich die Fäden durch schon im Rohbau angebrachte Ösen, ebenfalls eine Schlaufe binden, vorsichtig straff ziehen ohne den Mast aus seiner Position zu drehen und mit Sekundenkleber sichern. Dabei immer auf beiden Seiten gleichmäßig vorgehen. Durch die geringe Dicke der Spulenlitze fallen die Schlaufen an Masten und Stengen nach der Lackierung nicht weiter auf.
Die Radarantennen SC und SG stammen ebenfalls aus dem GMM Ätzsatz.
Die Schornsteine superte ich durch neu verlegte Rohrleitungen aus Messingdraht, Leitern, Plattformstützen und Schornsteinbeetinge.
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Die Farbgebung erfolgte in dem zu Anfang des Krieges eingeführten Measures 12 splotch. Hier waren alle Vertikalflächen des Rumpfes vom Wasserpass aufwärts bis zum Hauptdeck ozeangrau (5-O) mit unregelmäßigen Farbklecksen in seeblau (5-S) gepönt. Alle den Aufbauten zuzuordnenden Vertikalflächen erhielten als Grundfarbe einen dunstgrauen Anstrich (5-H) mit unregelmäßigen Farbklecksen in ozeangrau (5-O). Gegen Fliegersicht wurden horizontale Flächen in decksblau (20-B) gestrichen.
Soweit so gut. Stellt sich nur noch die Frage wie sah das Farbschema aus? Measure 12 scheint ein freies Schema gewesen zu sein, an dem die Lackierer der Werft ihren künstlerischen Fähigkeiten freien Lauf lassen konnten! Jedes Schiff der Fletcher Klasse mit Measure 12 wies eine andere Geometrie der Farbkleckse auf. Glücklicherweise existieren einige sehr gute Backbord und Steuerbord Aufnahmen, aus denen sich der Tarnanstrich von DD 445 Fletcher rekonstruieren lässt. Achtung, das dem Bausatz beiliegende Lackierschema stimmt nicht mit dem Schema von DD 445 Fletcher überein!
Als Farbvorlage verwendete ich Bilder aus dem Warship Pictorial 9 über die Flugzeugträger der Yorktown Klasse. Diese Farbfotos wurden an einem hellen Tag ohne direkte Sonneneinstrahlung aufgenommen, so dass sie die Farbtöne von Measure 12 am besten wiederspiegeln. Für den Rumpf kamen von Modellmaster Flat Sea Blue und US Gunship Gray von Aero Master zum Einsatz, für die Aufbauten verwendete ich zum Gunship Gray von Aero das Möwengrau von Modellmaster.
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Das Aufbringen des Farbschemas erwies sich als etwas heikel, mussten doch etliche Schablonen aus Maskierfilm ausgeschnitten werden.
Allzu großen Abklebearbeiten kann man aus dem Wege gehen, in dem alle einzelnen Baugruppen wie Brücke, Rumpf, Mittelaufbau und achtere Deckshütte komplett montiert, lackiert, Sektion für Sektion auf den Rumpf aufgeschraubt werden!
Einfach unter jedem Geschütz, Torpedosatz oder Feuerleitgerät ein 1,2mm Gewinde in das darunter liegende Deck schneiden, Bauteil aufsetzen, verschrauben und die Schraube mit Sekundenkleber sichern. Vorraussetzung ist natürlich ein vorheriges exaktes Anpassen der Baugruppe. So entstand ein sauberer Farbübergang zwischen Deck und Seitenwand, ohne das Klebstoff störend zwischen den Bauteilen heraus quellen kann.
Zum Altern des Modells hellte ich die Grundfarben mit einem Mattweiß auf. Danach wird im Trockenmalverfahren die noch gleichmäßige Farbfläche aufgebrochen. Lieber etwas zu wenig als zuviel. Den Abschluss bildete das Aufhellen aller Kanten an Rumpf, Aufbauten und Geschützen. Auf das Schattieren mit schwarzer Farbe verzichte ich ohnehin, daraus ergeben sich im Maßstab 1/350 oder kleiner viel zu harte Kanten die den Gesamteindruck eher stören als betonen.
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Die Abschlussarbeiten bestehen aus dem Anbringen diverser Kleinteile wie Treppen, Waboracks und K-Gun Werfern. Zur weiteren Belebung des Modells heuerte ich einige Preiserfiguren als Besatzung für meinen Fletcher an. Ihre Rekrutierung verlief ohne Schwierigkeiten, lediglich ihren ursprünglich gelben Ostfriesennerzen rückte ich mit Pinsel und brauner Lederfarbe zu Leibe. Es sind sehr schöne dreidimensionale Figuren, aber der Preis hat es wirklich in sich. Sechs Figuren kosten stolze 12 Euro!
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Fehlt nur noch das Wasser. Was tun? Aus Gips oder geknüllter Alufolie herstellen?
Jeder dieser Methoden fehlt es an Tiefe und fließender Oberfläche. Die bessere, aber aufwändigere Alternative stellt Gießharz dar. Am besten eignet sich für unsere Belange ein durchsichtiges Harz aus dem Bastelbedarf um Schmetterlinge, Fliegen und anderes Getier dauerhaft der Nachwelt zu erhalten.
Im ersten Arbeitsschritt profilierte ich die Kanten der Grundplatte aus Buchenholz mit einer Oberfräse. Im zweiten Schritt legte ich die Größe der Wasserfläche anhand des Schiffsmodells fest und fräste so die Kontur 5mm tief vollflächig in die Oberfläche der Grundplatte. Die so entstandene Vertiefung erhielt einen Farbauftrag aus mehreren Grautönen. Bevor mit dem eigentlichen gießen begonnen werden kann, muss das Unterwasserschiff mit einem Trennlack behandelt werden! Zur späteren Darstellung der Wellenbewegung am Rumpf ist es nötig das Modell aus dem getrockneten Harz herauszulösen, ohne Trennmittel ist der Rumpf aber fest mit der Grundplatte verbunden. Das Trennmittel ist wasserlöslich und lässt sich später ohne Probleme wieder entfernen.
Im nächsten Schritt wird die Grundplatte mit einer Wasserwaage ausgerichtet, Fenster geöffnet (Geruchsbelästigung) und das Harz angerührt. Unbedingt auf die Herstellerangaben für das Mischungsverhältnis achten. Der zuvor mit zweiseitigem Klebeband fixierte Rumpf wird dann zügig auf der Grundplatte eingegossen.
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Hier beginnt der spannende Teil der Geschichte. Um eine bewegte Wasserfläche darzustellen muss das Harz aushärten. Erst wenn es anfängt zu gelieren lassen sich Wellen formen.
Dazu wird das Grundbrett immer wieder angekippt und bewegt. Mit einem ausrangierten Pinsel wird die Hecksee geformt. Es erfordert etwas Übung und Geduld den richtigen Zeitpunkt abzupassen. Lieber erst mal an einer Probefläche einige Versuche durchführen. Natürlich wird sich das Harz durch seine Oberflächenspannung 2-3mm am Rumpf hochziehen. Keine Panik. Diesen Effekt nutzte ich für die an den Rumpf auftreffenden Wellen. Ist das Harz ausgehärtet, wird der Rumpf ausgeformt. War der Rumpf richtig mit dem Trennmittel behandelt, lässt er sich mit sanfter Gewalt lösen. Ein Teil des Harzes das sich am Rumpf hochgezogen hat wird dabei abbrechen, ist aber nicht weiter schlimm.
Um die Wellen am Rumpf herzustellen, wird das Harz ohnehin mit einer kleinen Flachzange abgebröckelt. Immer schön vorsichtig bis das Ergebnis einen zufrieden stellt. Nur noch Schaumkronen auf die Wasseroberfläche aufmalen, fertig.
Der gute Effekt rechtfertigt den hohen Arbeitsaufwand. Es entstand so eine durchsichtige spiegelnde Oberfläche. Die auf dem Grundbrett aufgebrachte graue Farbe schimmert so aus der Tiefe heraus. Insgesamt ein sehr schöner Bausatz der noch viele Variationen für andere Schwesterschiffe bereit hält. Vielleicht kann sich Tamiya noch dafür Erwärmen einen Fletcher mit eckiger Brücke aufzulegen, wie schon im Maßstab 1:700 mit USS Cushing geschehen.

Dirk Mennigke
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