Bausatz

Dieser Bausatz der Tennessee (siehe Teil 1 und auch die Bausatzbesprechung hier) von Blue Ridge Models enthält einen Resinrumpf, Resinteile für die Aufbauten, Geschütztürme usw., mehrere Ätzteilsätze, Messingrohre für die Hauptartillerie und die 12,7 cm-Flakgeschütze, ein Holzdeck sowie zwei Kingfisher Flugzeuge in klarem Plastik. Dazu eine Bauanleitung.

An erster Stelle muss erwähnt werden, dass dieser Bausatz nur für erfahrene Schiffsmodellbauer ist, die auch Kenntnisse über die früheren amerikanischen Schlachtschiffe haben. Ausreichende Literatur, Bilder, Fotos oder Pläne des Schiffes sollten zusammengestellt sein, bevor man mit dem Bau beginnt. Das mag für viele unabhängig vom Schiffsmodell selbstverständlich sein. Hier muss man es betonen, denn bei der Tennessee kommt man schnell in Schwierigkeiten, wenn man sich ausschließlich auf die Bauanleitung verlässt. Diese enthält leider viele unklare und irreführende Informationen zum Bau. Nicht umsonst ist an mehreren Stellen der Hinweis „check your references“ gebracht. Wer an Bauanleitungen, wie zum Beispiel von Trumpeter oder Orange Hobby gewöhnt ist, muss sich hier umstellen!

Rumpf

Die Resinteile, inklusive Rumpf, sind wie es aussieht von einem älteren Bausatz (ich vermute Classic Warships aus den 1990er Jahren), ohne Überarbeitung übernommen worden. Der Rumpf ist gut gegossen, hat aber einen deutlichen Mangel: das Deck ist auf jeder Seite, dort wo die beiden oberen 12,7 cm-Zwillingstürme sitzen, nicht horizontal, sondern geht schräg hoch nach außen und ist nicht rechtwinklig zur Rumpfseite. Hier muss man beim Anbringen der 12,7 cm-Zwillingstürme aufpassen. Die Sockel unter den Türmen müssen so geschliffen werden, dass die Türme senkrecht sitzen und sich nicht nach innen neigen.

Holzdeck

Da die Beplankung auf dem Resinrumpf viel zu grob ist, habe ich das im Bausatz enthaltene Holzdeck verwendet. Viele der kleinen Details auf dem Resindeck müssen dann erhöht werden, um nicht in das Holzdeck zu verschwinden. Für die Lukendeckel kann man die passenden Ätzteile von der „Doors & Hatches“-Platine im Bausatz nehmen.

Bau der Aufbauten

Manche der Resinteile, z.B. Wannen für die leichten Flakgeschütze und 12,7 cm-Zwillingstürme, sind auf einer Resinplatte gegossen und müssen ausgeschnitten werden. Da diese Resinplatte bis zu 1 mm dick ist, hat man die schöne Aufgabe, die Unterseiten der Teile dünner zu schleifen.

Resin schleifen ist nicht meine Lieblingsbeschäftigung und deshalb habe ich die 12,7 cm-Zwillingstürme sowie die vier Mk.37 Feuerleitgeräte und manche der kleinen runden Wannen für die Mk.51 Feuerleitgeräte aus einem Trumpeter USS Massachusetts Bausatz genommen.

Eines der am schlimmsten verformten Resinteile ist der Teil für die zentralen Aufbauten (Teil R21 laut Bauanleitung). Die hintere Hälfte unter dem Schornstein war im Querschnitt nicht rechteckig sondern konisch, was optisch deutlich aufgefallen ist. Um dies zu korrigieren, habe ich die hintere Hälfte abgesägt und einen neuen Teil aus dicken Plastikcardplatten gebaut. Das hintere Ende musste ich dann auch rund schleifen, um dem neuen Teil die richtige Form zu geben.

Die genauen Positionen der verschiedenen Wannen für die leichten Flakgeschütze (20 mm und 40 mm) sind in der Bauanleitung manchmal schwer zu erkennen. Dies gilt auch für die Positionen der kleinen Wannen für die Mk.51 Feuerleitgeräte. Hier muss man unbedingt andere Referenzen – Fotos, Pläne usw. – studieren.

Für die 40 mm Bofors Vierlinge habe ich weder die Resinteile noch die Ätzteile im Bausatz verwendet sondern 40 mm Bofors Vierlinge von Fine Molds genommen. Meiner Meinung nach sind diese das Beste, was es zur Zeit auf dem Markt gibt. Die 20 mm Oerlikon-Geschütze habe ich aus verschiedenen Teilen zusammen gebaut. Die Stützen (Pedestals) sind aus dem Massachusetts Bausatz (Plastikrohr abgeschnitten!), die Schutzschilder sind aus dem GMM 20 mm Ätzteilsatz und die Geschützrohre sind aus der FiveStar-Ätzteilplatine, die im Bausatz enthalten ist. Und das alles 43-mal!

Geschütztürme - Hauptartillerie

Das Schlechteste in diesem Bausatz sind die Türme für die 35,6 cm Geschütze. Sie sind hinten viel zu flach – das Turmdach muss von vorne nach hinten schräg nach oben gehen. Die Rückseite des Turms müsste in 1/700 4 mm hoch sein. Um die Türme zu korrigieren, habe ich den hinteren Teil des Turmdaches mit Plastikcard erhöht und ein neues Turmdach aus 0,25 mm Plastikcard mit der richtigen Schräge darauf geklebt. Die Lücke zwischen dem alten und neuen Turmdach habe ich mit Spachtelmasse gefüllt und anschließend glatt geschliffen. Die kleinen Entfernungsmesser müssen auch höher angeklebt werden.

Die Pläne der Türme im Profile Morskie Nr. 6, USS California kann man als Maß benutzen, da die beiden Schiffe die gleichen Geschütztürme hatten.

Dann kommt das nächste Problem. Die Gesamtlänge der Messingrohre samt Blastbags ist ca. 2 mm zu lang, was deutlich auffällt. Was tun? Ich habe etwa 1 mm von der Rückseite der Resin-Blastbags abgeschnitten (mehr geht nicht!) und die Rückseite glatt geschliffen. Die verkleinerten Blastbags müssen alle gleich dick sein. Dann können sie an die Turmvorderseite geklebt werden. Der Trick dabei ist, die Blastbags an der richtigen Stelle so anzukleben, dass die Löcher für die Messingrohre alle in der gleichen Höhe sind und die Abstände zwischen den Löchern gleich groß sind. Anschließend können die Messingrohre eingeklebt werden, wobei die Abstände zwischen den Röhren wiederum gleich sein müssen. Nach diesen Arbeiten an den vier Türmen habe ich mir eine längere Pause gegönnt!

Ätzteile

Der Bausatz enthält eine schöne Auswahl an Ätzteilen – insgesamt sieben Platinen – viele davon werden aber für den Bau des Modells nicht benötigt. Von diesen Platinen habe ich unter anderem folgende Ätzteile verwendet: Flugzeugkatapult, Flugzeugkran am Heck, das Gestell für die beiden Motorboote, SK-Radarantenne und die Reling auf dem Hauptdeck. Die Mk.8, Mk. 4, und SG-Radarantennen habe ich verschiedenen GMM Sätzen für amerikanische Schiffe entnommen.

Masten und Takelage

Die Masten habe ich selbst aus 0,5 mm Messingrundstäben nach Fotos und Plänen gebaut, da die Information zum Mastbau auf Seite 14 der Bauanleitung auch nicht richtig ist. Die Tennessee hat nie eine runde SK-2 Radarantenne an Bord gehabt; und wie der hintere Mast (an der Vorderseite des hinteren Gefechtsturms) durch sehr dünne und flache Ätzteilstreifen gestützt werden soll, ist mir ein Rätsel. Ich habe den hinteren Mast unten an die Scheinwerferplattform geklebt und mit 0,2 mm Messingrundstäben gestützt. Das ist vielleicht nicht ganz richtig, aber effektiv und der Mast ist stabil.

Auch die Rahen auf beiden Seiten der vorderen und hinteren Gefechtstürme habe ich aus 0,3 mm Messingrundstab angefertigt, mit den oberen Stützen aus 0,15 mm Kupferdraht, anstatt die flachen Ätzteile zu nehmen. Die Leinen für die Signalflaggen sowie die andere Takelage sind aus 0,06 mm schwarz bemaltem Kupferdraht.

Flugzeuge

Die beiden Flugzeuge aus klarem Plastik (Trumpeter?) gefielen mir gar nicht. Beim Ausmessen der Spannbreite stellte ich fest, dass die Tragflächen zu breit sind – fast 2 mm – und ihre Form ist auch nicht ganz richtig. Außerdem sind die Tragflächen und Leitwerke zu dick. Stattdessen habe ich zwei Kingfisher aus der Airstrike Serie von WEM genommen, die maßstäblich genauer sind. Bei dem einen Flugzeug, das auf dem Katapult sitzt, habe ich die Kanzeln geöffnet – Resin ist leichter zu schneiden als Plastik ! Die „Klarsichtteile“ der Flugzeuge habe ich mit einer hellen, blaugrauen Farbe bemalt und anschließend zweimal mit klarem Glanzlack darüber gepinselt. Die Tarnung der Flugzeuge und die Hoheitszeichen entsprechen dem Schema von 1944 (siehe Referenz 7).

 

Tarnschema des Schiffes

Beim Tarnschema der Tennessee liegt Blue Ridge Models komplett falsch. Die Angaben auf Seite 18 der Bauanleitung beziehen sich auf die West Virginia und nicht auf die Tennessee!! Die Abbildung auf dem Bausatzkarton zeigt das richtige Tarnschema, aber nicht für 1945, wie angegeben.

1944 trug die Tennessee ein Tarnschema nach Measure 32/1D. Das Muster für dieses Tarnschema habe ich auf der Internetseite von Snyder & Short (Referenz 6) gefunden. Die Farben waren: Rumpf und Aufbauten 5-L Light Gray und Dull Black, mit Deck Blue 20-B auf dem Deck. Kleinere Flächen des Decks wurden mit 5-O Ocean Gray angestrichen. Für 5-L Light Gray habe ich Schattengrau von Testors genommen und mit Hellblau etwas angehellt. Für die Dull Black Farbe habe ich Humbrol H67 Panzergrau genommen. Die beiden Decksfarben sind von WEM Colourcoats. Das Holzdeck habe ich mit diesen beiden Farben ohne Probleme angestrichen.

Fazit

„Check your references“. Schade dass Blue Ridge Models dies nicht gemacht hat, bevor der Bausatz auf den Markt gekommen ist. Dann hätten viele der Fehler, insbesondere in der Bauanleitung, vermieden werden können. Heute genügt es nicht mehr den Ansprüchen der Schiffsmodellbauer einen alten Bausatz zu nehmen und den zusammen mit Ätzteilen, Messingrohren, Holzdeck usw. neu zu vermarkten. Eine Überarbeitung der alten Resinteile hätte einen viel besseren Bausatz ergeben.

Dennoch, mit viel Geduld, Arbeit und Erfahrung kann man aus diesem Bausatz ein sehenswertes Modell bauen.

Referenzen

  1. US Battleships in Action, Part 1, Robert C. Stern, Squadron Signal Warships No.3
  2. USS Tennessee in World War II, Clifton Simmons, Squadron Signal
  3. Profile Morskie No. 6, USS California
  4. Schlachtschiffe der U.S. Navy 1941-1981, Stefan Terzibaschitsch, Bernard & Graefe
  5. Photo Archives auf „navsource.org“
  6. Snyder & Short’s Ship Camouflage auf “shipcamouflage.com”
  7. U.S. Navy Floatplanes of WWII in Action, Al Adcock, Squadron Signal Aircraft No.203

Teil 1

Michael Delf

Nochmals Dank an Reiner für die Schiffsfotos.