Ich weiß nicht, was die Bausatzhersteller gegen die italienische Flotte haben. Tatsache ist aber, dass es bis vor kurzem nur zwei Bausätze von italienischen Schiffen in Maßstab 1/350 gab: Die Roma und die Pola. Die hatte ich schon gebaut und da ich weitere italienische Schiffe bauen wollte, blieb es mir nicht anderes übrig, als meinen ersten Eigenbau zu versuchen.
Das Original
Die Saetta war einer der vier Zerstörer der Dardo-Klasse. Sie lief am 17. Januar 1932 vom Stapel und wurde am 5. Oktober dasselbe Jahr fertig gestellt. Während des Spanischen Bürgerkriegs versenkte sie am 11.08. 1937 den spanisch-republikanischen Tanker Campeador. Während des Zweiten Weltkrieges nahm sie an den Schlachten von Punta Stilo und Capo Teluada teil. Danach nahm sie an einer Reihe von Begleitungseinsätzen teil. Beim Jahreswechsel 1942 -43 wurde sie modernisiert, wobei die drei achteren Torpedorohre durch zwei 37 mm Fliegerabwehrgeschütze ersetzt wurden. Sie wurde auch in ihrem tollen Tarnschema umbemalt. Am 3. Februar 1943 wurde sie während eines Begleitungseinsatzes durch einen Minentreffer versenkt.
Quelle: Italienisches Wikipedia (Nach bestem Verständnis zusammengefasst)
Mein erster Eigenabu
Profile Morskie hatte Pläne für den Zerstörer Saetta, den ich ein Projekt von passender Größe fand. Das passte auch aus einem anderen Grund. Mein Generalplan ist, ein Modell von jedem Schiffstyp der Flotten der maritimen Großmächte zu bauen. Ein Schlachtschiff und einen Kreuzer hatte ich schon. Ein Zerstörer war der selbstverständliche Nachfolger.
Eigenbau war auch der nächste natürliche Schritt für mich, da meine Pola praktisch ein Halb-Eigenbau war. Schon bevor ich mit dem Bau anfing, war mir klar, dass es kein perfektes Modell werden würde. Das hier war ein Lernprojekt und ich rechnete mit Fehlschlägen. Die kann man entweder, wenn möglich, korrigieren, verstecken oder einfach sein lassen. Ich habe seit langem, die Idee aufgegeben, perfekte Modelle zu bauen.
Da ich schon zwei Artikel im ModellFan über meine Bautechniken und das Modell geschrieben habe (Nr. 5 und 6 2017), kommt hier nur eine kurze Zusammenfassung vom Bau, aber auch einige Bilder und Beschreibungen, für die es im ModellFan keinen Platz gab.
Der Rumpf baute ich aus Lamellen von Polystyrol. Der erste Versuch scheiterte. Um perfekte Fugen hinzukriegen und spachteln später zu vermeiden, presste ich die Lamellen mit Schraubzwingen zusammen. Dabei verschoben sich die Lamellen seitlich. Um das zu verhindern, hatte ich Löcher in den Lamellen und in einem Stückchen Spanplatte gebohrt und durch die Löcher 1,5 mm starken Stückchen von Federstahldraht gestochen. Die waren aber nicht stark genug um das Verschieben zu verhindern.
Ich hatte aber mit dieser Möglichkeit gerechnet. Eigentlich betrachtete ich den ersten Versuch eher als eine Übung, um Rumpfbau zu lernen. Beim zweiten Versuch schnitt ich die Lamellen genauer zu und ritzte auch eine Mittellinie in jede Lamelle ein. Die Mittellinien passte ich dann genau aufeinander an, als ich die Lamellen zusammenklebte und dieses mal nur mit meinen Fingern zusammenpresste.
Darauf folgte die Zeitraubende, aber auch lohnende Arbeit, den Rumpf mithilfe Spantschablonen in Form zu schleifen.
Der Bau der Aufbauten verlief auf der anderen Seite fast problemlos. Ich schnitt die Decks und die Schotten aus 1,0 oder 0,5 mm Polystyrolplatten mit einem Stechbeitel zu. Mit einem breiten, scharf geschliffenen Stechbeitel bekommt man perfekt gerade Schnitte und man kann mit ihm schnell und sehr exakt arbeiten.
Die Torpedorohre zu bauen war eine tolle, kleine Herausforderung. Um die Rohre festzuhalten, während ich ihre Öffnungen zurecht sägte, baute ich eine kleine Bauhilfe aus Sperrholz. Um sie beim Sägen nicht zu deformieren, füllte ich die Rohre mit Stückchen von Polystyrolstäben. Die Rückenenden der Rohre baute ich auch aus Polystyrol. Dann fugte ich weitere Details aus Polystyrol zu.
Danach klebte ich die drei Rohre auf der Plattform des Gestells. Das Gestell befestigte ich dann mit Klebebandstückchen auf meiner Schneidematte und fugte der Plattform weitere Teile zu.
Die Druckluftflaschen und ihre Leitungen stellte ich aus Messingrohrstückchen von Albion Alloys und Kupferdraht her. Noch einige Details aus Plastik oder aus der Grabbelkiste für Fotoätzteile, und das Drillingstorpedorohr war fertig.
Es ist eine schöne Sache, dass sich Polystyrol mithilfe kochendes Wassers formen lässt. Um die Rettungsflöße zu bauen, hobelte ich erst einen Holzstab zurecht, dessen Maße den Innenmaßen der Flöße entsprach. Am Ende des Stäbchen bohrte ich ein 1,0 mm Loch. Durch das Loch fädelte ich ein 1,0 mm Polystyrolstab. Dann ging ich zum Herd, kochte Wasser in einem Topf auf und tauchte das Ende des Holzstabs mit dem Polystyrolstab ins kochende Wasser hinein. Während das Polystyrol weich wurde, drehte ich den Holzstab und konnte auf dieser Weise, den Polystyrolstab um den Holzstab wickeln.
Die entstandene Spirale schnitt ich dann offen. Die kleine Segmente bog ich zu, sodass ich ihre Ende zusammenkleben konnte. Jetzt waren die Haupteile der Flöße fertig.
Die Grätinge der Flöße stellte ich aus gezogenem Gussast her. Ich befestigte die Flöße mit doppelseitigem Klebeband in einer Reihe auf meiner Schneidematte. Dann war es eine einfache Sache, die Gussaststückchen festzukleben und überflüssiges Material wegzuschneiden. Der letzte Schritt war dann, die Flöße mit Fliegebindegarn zu takeln.
Die Bordflak stammt aus drei Quellen. Die 37 mm Geschütze stammen aus Trumpeters Roma. Ich verbesserte sie mit gedrehten Rohren von Master Models und Fotoätzteilen aus der Grabbelkiste. Die 20 mm Zwillinggeschütze kaufte ich von Niko Models. Die 20 mm Einzelgeschzütze baute ich selbst aus Polystyrol, Kupferdraht, Messingsrohr von Albion Alloys und 0,2 mm Gitarrensaiten.
Das, was meine Geduld wirklich auf der Probe stellte, war die Herstellung von Lüftern, Klüsen, Spillen, Winden, Davits, Munitionskisten und allen anderen Details, die ein Schiffsmodell lebendig machen. Am Ende war es fast lächerlich zu sehen, dass alles, was ich in drei Wochen geleistet hatte, in ein Streichholzschächtelchen passte.
Es war fast schade, das Modell zu bemalen. Das unbemalte Modell erinnerte mich an die Beinmodelle, die französische Seeleute in britischer Kriegsgefangenschaft während der Napoleonischen Kriege bauten.
Ich bemalte das Modell wie üblich mit Farben von Aerocolor, die ich in dünnen halbtransparenten Schichten unterschiedlicher Nuancen jeder Grundfarbe aufsprühte.
Wenn man Bauberichte in Magazins und im Internet liest, scheint es oft, als ob der Bau der Modelle wie auf Schienen gelaufen sei. So ist es vermutlich nicht bei den meisten Bauten und überhaupt nicht bei diesem. Deswegen möchte ich diesen Baubericht mit einem Bild von lehrreichem Scheitern beenden; ein Haufen von missgelungenen Versuchen, einen Schornstein mithilfe kochendes Wassers zu formen. Am Ende gelang es mir aber.
Ulf Lundberg