Das Original
Die SMS Arcona war ein Kleiner Kreuzer der Kaiserlichen Marine. Den Namen hatten zuvor schon eine Gedeckte Korvette (1859–1884) und eine Kreuzerkorvette (1886–1899) getragen.
Der Stapellauf erfolgte am 22. April 1902. Die Arcona war das neunte fertiggestellte Schiff der Gazelle-Klasse und wurde bei der Hochseeflotte und in Ostasien eingesetzt. Sie wurde im Mai 1903 in Dienst gestellt. Im Juli 1903 wurde Arcona dem Verband der Aufklärungsschiffe angeschlossen. Sie erhielt hierfür zu dieser Zeit üblichen Anstrich, ein weißer Rumpf und gelbe Aufbauten. Sie nahm an den üblichen Reisen und Manövern teil und besuchte 1904 während der Sommerreise als Postholer Aberdeen. 1905 lief sie während der Sommerreise der Flotte die schwedischen Häfen Kungsbacka und Södertälje an. Am 4. April 1907 schied sie dann aus dem Flottenverband aus. 1907 wurde Arcona nach Ostasien beordert. Die Fahrt führte über den Suezkanal nach Singapur, Hongkong, Amoy und weiter ins deutsche Pachtgebiet Tsingtau/Kiautschou. 1909 nahm der Kleine Kreuzer als Botschafter des Deutschen Reiches an den Feierlichkeiten des Wiederaufbaus von San Francisco nach dem schweren Erdbeben teil. Am 24. März 1910 erreicht S.M.S. Arcona Wilhelmshaven.
1911 bis 1912 erfolgte der Umbau zum Minenkreuzer. Während des Ersten Weltkriegs war die Arcona das Führungsschiff der Küstenschutzdivision vor der Ems.
Wegen ihres Alters musste die Arcona nach Kriegsende nicht ausgeliefert werden. Die Bewaffnung wurde im Frühjahr 1919 entfernt und das Schiff diente dann als Tender für Minensuchoperationen der 11. Minensuch-Halbflottille in der Nordsee, wo sie das veraltete Linienschiff Preußen als Mutterschiff ersetzte. 1920 wurde sie wieder bewaffnet und zum Kreuzer zurückgebaut. Am 15. Januar 1930 wurde die Arcona von der Marineliste gestrichen, und danach als Wohnhulk in Wilhelmshaven, Swinemünde und Kiel genutzt.
Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden die Arcona und ihr einziges in Deutschland verbliebenes Schwesterschiff Medusa, die beide seit ihren Streichungen als Wohnschiffe gedient hatten, 1940 zu schwimmenden Flak-Batterien umgerüstet und im Mai bzw. Juni 1940 als solche in Dienst gestellt. Die bei den Deutschen Werften in Kiel umgerüstete Arcona wurde vor Wilhelmshaven eingesetzt, wo auch die Medusa lag. Beide Schiffe wurden am 3. Mai 1945 von ihren Besatzungen gesprengt. Die Wracks wurden 1948/49 verschrottet.
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 105,0 m (Lüa), 104,4 m (KWL)
Breite 12,4 m
Tiefgang max. 5,62 m
Verdrängung Konstruktion: 2.706 t
Maximal: 3.180 t
Besatzung 270 Mann
Maschine
Maschine 9 Marinekessel
2 3-Zyl.-Verbundmaschinen
Maschinen-Leistung 8.580 PS (6.311 kW)
Geschwindigkeit max. 21,5 kn (40 km/h)
Propeller 2 dreiflügelig Ȼ 3,5 m
Bewaffnung
10 × 10,5 cm L/40 Sk (1.500 Schuss)
2 × Torpedorohr Ȼ 45 cm (unter Wasser, 5 Schuss)
Panzerung
Deck: 20–50 mm
Sülle: 80 mm
Kommandoturm: 20–80 mm
Schilde: 50 mm
Quellen:
Das Modell
Den Bausatz der Arcona habe ich auf einer Messe bei HP Models entdeckt. Als Fan von Pre-Dreadnought-Schiffen mit ihren spitzen Rammbug, habe ich dieses Modell erworben ohne die Geschichte des Vorbilds genau zu kennen. Wie die meisten Modellbauer habe ich den Bausatz auf Vorrat gekauft.
Als ich Monate später dieses Modell in Angriff nahm, plante ich dieses Schiff der Kaiserlichen Marine in Tropenanstrich zu realisieren. Ich sammelte viele Vorbilder aus dem Internet. Erst jetzt fand ich heraus, dass mein Schiff ein besonderer Bautyp war. Es wurde mehrfach umgebaut und in der Version von 1918 war es wohl das einzige Schiff ihrer Klasse, dass ein Stufenheck bekam.
Bei genauer Beschäftigung mit dem Modell war sehr schnell klar, dass viele Details unstimmig waren. Besonders ärgerte mich der Bug, der im Gegensatz zum Vorbild an den Seiten nicht abgeflacht war. Das verfälschte meiner Meinung nach, den ganzen Charakter dieses schönen Schiffs. Um dieses zu korrigieren, musste die ganze Oberfläche des Bugs abgeschliffen werden. Das bedeutete aber, dass alle Details wie z.B. die Ankerketten und Ankerklüsen mit abgeschliffen werden mussten. Beim abschleifen der Oberfläche beschädigte ich auch den Wellenbrecher.
Um diese Details wieder nachzubilden, suchte ich nach weiteren Vorbildfotos. Leider gibt es von der Arcona im Bauzustand aus dieser Zeit fast keine Bilder. Die Abbildung des Stufenhecks sah, auf den wenigen Bildern die ich gefunden habe, immer anders aus. So erging es mir auch mit den anderen Details. Es gab unterschiedlich Anordnungen der Lüfter und auf vielen Bildern waren diese auch nicht richtig zu erkennen. Auch die Aufbauten am Bug waren immer wieder anders.
Da ich ja schon einige Schiffsmodelle in 1/700 gebaut habe und viele Artikel von hervorragenden Modellbauern gesehen habe, war mein Anspruch bezüglich Vorbild- und Detailtreue stark gestiegen. Bei diesem Bauvorhaben musste ich aber einige Abstriche machen. Ich habe keinen Schiffsplan der Arcona aus der angegebenen Zeit gefunden. Die Vorbildfotos waren oft widersprüchlich und Details kaum erkennbar. Dazu kam der schon etwas ältere Bausatz von HP. Er entspricht in vielerlei Hinsicht nicht der Qualität des heute Machbaren. Das ist sicherlich verständlich, aber viele der wenigen Details sind so schlecht gegossen, dass sie aus meiner Sicht nicht verwendbar sind. Für solche Fälle gibt es viele Anregungen im Internet. In vielen Artikeln auf den einschlägigen Foren lernt man, sich selbst zu helfen und die fehlerhaften Teile selbst herzustellen.
Die komplette Bewaffnung - Geschütze (Schilde nebst Kanonenrohre), Torpedos und Maschinenkanonen - sowie die komplette Brücke, die Schornsteine, die Davits und, wie auch für die meisten Bausätze nötig, die Aufgänge habe ich ersetzt.
Die Geschütze habe ich aus Ätzteilen von Northstar und BMK-Kanonenrohre zusammengebaut. Die Lafetten wurden aus sehr kleinen Nieten zurecht gefeilt. Die Form der Schilde entsprechen nicht genau der Originalform, aber sie sehen wesentlich besser aus als die unförmigen Teile aus dem Bausatzt. Für die beiden Torpedos habe ich passendes Messingrohr und Draht genommen. Das Rohr wurde noch vorbildlich abgeschrägt.
Die Schornsteine entstanden aus Messingrohren. Sie wurden in einem kleinen Schraubstock etwas flach gedrückt und erhielten Fußläufe aus 0,2 mm Messingdraht. Der Schornsteinrand wurde mit einem angelöteten Draht versehen und zurecht gefeilt. Einen eigenen Bericht darüber gibt es bei Tipps und Tricks hier auf der Seite.
Am Rumpf habe ich erhebliche Änderungen vorgenommen. Die schief angeordneten Bullaugen wurden begradigt, das fast vorbildfreie Heck wurde mit vergleichsweise wenig Aufwand korrigiert und die Überarbeitung am Bug habe ich schon erwähnt.
Ich habe mich an Zeichnungen und Fotos der Undine und der Gazelle gehalten. Die auf dem Backdeck befindlichen Ankerklüsen habe ich mehrere Millimeter nach vorne verlegt. Ich weiß nicht wie das bei dieser Arcona um 1916 aussah, aber auf jeden Fall gab es diese Anordnung auf den Schwesterschiffen.
Sehr ärgerlich fand ich den viel zu hohen Decksprung, den ich leider zu spät bemerkt habe. Den Aufwand das zu beheben, habe ich gemieden.
Die Erneuerung der Masten aus Messingdraht sowie das Anbringen der Reling gehört ja fast zu jedem Bausatz dazu. Ich frag mich, warum die Hersteller die völlig unbrauchbaren Masten noch mitliefern. Als Größenmaß (wenn die dann stimmen) sind sie vielleicht noch zu gebrauchen. Erfreulicherweise gibt es neuerdings ein paar Hersteller, die auch Messingrohre mitliefern. Einige fehlende Teile, wie die Auflagen für die Beiboote und die Davids stammen aus dem Askold Verfeinerungs-Set von White Ensign. Dieser Ätzrahmen ist unverzichtbar, wenn man Schiffe aus der Pre-Dreadnought-Ära bauen möchte.
Schade ist, dass im Bausatz außer dem großen Lüfter über dem Maschinenraum keine anderen Lüfter vorhanden sind. Auf Originalfotos dieser Schiffsklasse sind jede Menge Lüfter zu sehen.
Ich habe meine Arcona zunächst in dem weißen Tropenanstrich mit den ockerfarbenen Aufbauten lackiert. Sie war ja ursprünglich lange Jahre in der Karibik unterwegs und nicht im Kriegsdienst. Je mehr Information ich aus dem Internet bekam, war mir immer mehr bewusst, dass dieses umgebaute Schiff im Jahr 1916 gar keinen Tropenanstrich haben konnte. Schweren Herzens habe ich die Arcona in den beiden für diese Zeit typischen grauen Farben umlackiert, obwohl mir der Tropenanstrich viel besser gefiel.
Der Neuanstrich ging relativ ohne viel Probleme. Aber das Weathering wurde zur kleine Katastrophe. In einem Buch von David Griffith las ich, wie man mit einem Washing aus Ölfarben und sehr verdünntem Terpentinöl eine täuschend echte Alterung hin bekäme. Ich folgte dieser Anleitung und tatsächlich konnte das Ergebnis sich sehen lassen. Leider muss irgendetwas mit meiner Wahl des Terpentinöls nicht gestimmt haben. Die Oberfläche wurde auch nach mehreren Wochen nicht trocken. Das Schiff glänzte wie eine Speckschwarte und noch viel schlimmer, es war übersät mit Staub und Fuseln, die auf der Oberfläche festklebten. Mit Terpentin habe ich dann das wunderschöne Washing wieder abgewaschen. So ähnlich erging es mir mit der Darstellung des Wassers. Ich habe die Struktur mit Weißleim dargestellt und mit Ölfarbe bemalt. Auch diesmal wollte die Oberfläche nach mehreren Monaten nicht trocknen. Schließlich habe ich die Oberfläche mit Terpentinersatz und einem trocknungsbeschleunigtem Malmittel behandelt.
Zu guter Letzt wurde das Modell mit Beibooten von dem Kombrig Hafenset bestückt. Sicherlich nicht ganz vorbildgerecht, aber immer noch besser als die Boote vom Bausatz. Die Beiboote erhielten Riemen und zum erstenmal hat ein Modellschiff von mir auch zwei Rettungsringe erhalten. Die Wanten sind von Atlantic Models.
Fazit
Die Arcona ist, wie ich meine, ein sehr schönes Schiff. Ich bin froh, dass sich ein Kleinserienhersteller wie HP sich diesem Schiff angenommen hat. Die Detaillierung insbesondere die Resinabgüsse der Kleinteile dieses Bausatzes sind von keiner guten Qualität. Der Rumpf des Schiffes ist aber annehmbar und man kann mit viel Mühe ein ansprechendes Modell damit herstellen.
Was ich bedaure, ist die scheinbar lieblose Detailtreue und die grobe Ungenauigkeiten des Modells (vor allem das Heck, der Decksprung, die schief angebrachten Bullaugen und die fehlenden zahlreichen Lüfter). Bei manchen Teilen kann man gar nicht erkennen um was es sich handelt (z.B. die Hilfsruderanlage vor dem Mast).
Erschwerend kommt hinzu, dass es von dieser umgebauten Arcona so wenig Information gibt. Die Schwesterschiffe weichen mit ihren Aufbauten teilweise gravierend von dieser Arcona ab. Ich habe mir sehr viel Mühe gemacht ein authentisches Modell zu bauen, aber viele Details ist es nur nach Vermutungen gebaut und weicht sicherlich stark vom Original ab.
Letztendlich bin ich mit dem Ergebnis zufrieden, aber keines der von mir gebauten Modelle hat mich soviel Nerven gekostet. Das lag aber nicht nur an der Qualität des Bausatzes, sondern an der Herangehensweise beim Bau. Zuwenig und zu späte Recherche und vielleicht meinen zu hohen Anspruch einen super vorbildgerechtes Modell zu bauen, wie es zum Beispiel Jim Baumann macht. Diesmal konnte ich mich an keinem Baubericht von ihm orientieren und war ganz auf mich allein gestellt.
Mittlerweilen hat HP hat weitere Modelle der Gazelle-Klasse angekündigt. Die Medusa habe ich schon gesehen. Die neuen Bausätze haben eine etwas bessere Qualität. Diesmal sind auch mehr Lüfter beigefügt. Eine Gazelle im Tropenanstrich möchte ich auf jeden Fall noch bauen. Durch meine Recherche bin ich auf eine Reihe von schönen Modellen gestoßen und sogar einen Schiffsplan habe ich gefunden. Um meine Nerven zu schonen, sollte aber mein nächster Bausatz etwas einfacher zu bauen sein.
Ingo Renk