Das Original
Die französischen Schlachtschiffe der Richelieu-Klasse wurden in Reaktion auf die italienische Littorio-Klasse gebaut. Sie zeichneten sich durch die ungewöhnliche Anordnung der acht 38 cm-Geschütze in zwei Vierlingstürmen auf dem Vorschiff aus. Dadurch konnte die gepanzerte Zitadelle mit Munitionskammern und Antrieb relativ kurz gehalten werden, so dass eine relativ schwere Panzerung möglich war. Von der Auslegung ähnelten sie damit der Dunkerque-Klasse, die Bewaffnung und Panzerung fiel aber wesentlich schwerer aus.
Eine weitere Besonderheit der Richelieu-Klasse war, dass sie eine 15,2 cm-Mittelartillerie erhielt, die sowohl zur Bekämpfung von Schiffszielen als auch zur Flugabwehr verwendet werden konnte. Wegen der zu geringen Feuergeschwindigkeit kamen trotzdem zusätzliche 10 cm-Geschütze als schwere Flak an Bord. Die Richelieu-Klasse gehörte insgesamt zu den am besten konstruiertesten Schlachtschiffen, die zwischen den Weltkriegen entworfen worden waren.
Insgesamt vier Schiffe wurden begonnen, wovon aber keines zu Zeitpunkt des Waffenstillstands zwischen Frankreich und Deutschland im Mai 1940 fertig gestellt war. Richelieu (95% fertig) und Jean Bart (77% fertig) entkamen unter eigener Kraft nach Nordafrika. Richelieu wurde noch während des Kriegs einsatzbereit, Jean Bart wurde während des Kriegs nur als schwimmende Batterie eingesetzt und erst 1949 komplett fertig gestellt. Clemenceau wurde zwar begonnen, aber nie fertig gestellt. Ihr unfertiger Rumpf wurde 1943 von den Deutschen aus dem Baudock gebracht, 1944 durch alliierte Luftangriffe versenkt, 1948 gehoben und später abgewrackt. Das vierte Schiff, die Gascoigne, das einen Turm vorne und einen achtern erhalten sollte, wurde nie begonnen.
Die Richelieu war 247,9 m lang, 33 m breit und verdrängte voll beladen 47 548 t. Der Antrieb bestand aus sechs Kesseln und vier Dampfturbinensätzen, die zusammen 150 000 PS leisteten. Damit wurden 30 kn erreicht. Die Besatzung setzt sich 1943 aus 1670 Mann zusammen.
Bewaffnung 1943
8 x 38 cm L/45 Mod 35 (zwei Vierlingstürme)
9 x 15,2 cm L/55 Mod 36 (drei Drillingstürme)
12 x 10 cm L/45 Mod 31 (sechs Zwillingslafetten)
56 x 4 cm L/56 Bofors (14 Vierlingslafetten)
48 x 2 cm L/70 Oerlikon (Einzellafetten)
Die ab 1935 auf der Marinewerft Brest gebaute Richelieu war bei der französischen Kapitulation 1940 noch nicht voll einsatzbereit, wurde aber trotzdem nach Dakar, einer Kolonie Vichy-Frankreichs, verlegt. Dort versuchte die Royal Navy sie auszuschalten. Am 8. Juli wurde nachts von einem Motorboot eine Ladung Wasserbomben unter das Heck der Richelieu geworfen, die aber nicht explodierten. Am frühen Morgen danach griffen Swordfish-Torpedobomber der Hermes an, die einen Treffer achtern erzielte, der schwere Schäden verursachte. Die provisorische Reparatur der Schäden war noch in Arbeit, als am 23. September 1940 britische und freie französische Einheiten Dakar angriffen (Operation Menace). Sie wurde leicht durch Nahtreffer der Schlachtschiffe Barham und Resolution und des Flugzeugträgers Ark Royal beschädigt, eröffnete aber selbst zum ersten Mal das Feuer mit den schweren Türmen. Dabei wurden teilweise Treibladungen für 33 cm-Geschütze genutzt, die nur provisorisch auf die 38 cm-Geschütze angepasst wurden. Dabei wurden drei Rohre des zweiten Turm zerstört Die Repaturen wurden danach abgeschlossen, sie erhielt auch drei Loire 130-Bordflugzeuge, Radar und die leichte Flak wurde verstärkt. Es fehlten aber immer noch Ausrüstungsgegenstände, z.B. die Flugabwehrmunition für die 15,2 cm-Geschütze, die beschädigten Rohre des Turms 2 konnten nicht ersetzt werden und nur drei von vier Maschinen funktionierten.
Im November 1942 lief Richelieu zu den Alliierten über und wurde bis November 1943 in New York vollständig repariert und dazu modernisiert. Die Katapulte wurden entfernt, sie erhielt eine komplett neue leichte Flak und neue Radaranlagen, aber keinen Feuerleitradar. Sie wurde mit in den USA produzierter Munition ausgerüstet, erhielt aber immer noch keine Flugabwehrmunition für die 15,2 cm-Geschütze und auch keine zum Landzielbeschuss geeignete 38 cm-Munition. Nach diesem Werftaufenthalt wurde sie erst Teil der britischen Mittelmeerflotte und dann der Home Fleet. Anfang 1944 erhielt sie einen britischen Feuerleitradar und wurde dann zur britischen Fernostflotte verlegt. Im Oktober 1944 war sie zurück im Mittelmeer und zum ersten Mal wieder in Frankreich. Es folgte einer Überholung und Modernisierung in Casablanca, wo weitere Radaranlagen installiert wurde und 38 cm-Munition erhielt, die gegen Landziele verwendet werden konnten. Bis Kriegsende war sie überwiegend im Indischen Ozean mit der britischen Fernostflotte im Einsatz, Ende 1945 folgten Einsätze im Indochinakrieg. 1952 wurde sie Artillerieschulschiff, 1958 wurde sie außer Dienst gestellt und diente noch bis 1965 als stationäres Schulschiff. 1968 wurde sie in La Spezia abgewrackt.
Das Modell
Das Modell wurde aus dem Bausatz von Trumpeter im Maßstab 1/700 gebaut und stellt den Bauzustand von 1943 nach der Modernisierung in New York dar.
Roland Nienkirchen
(Text über Original von Lars)