Das Original
Der britische Flugzeugträger HMS Vindictive wurde ursprünglich als ein Schwerer Kreuzer der Hawkins-Klasse begonnen. Diese 1915 entworfene Klasse sollte deutsche Kreuzer und Hilfskreuzer bekämpfen und so Handelsschiffe schützen. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs gab es allerdings wegen der effektiven britischen Blockade kaum mehr deutsche Handelsstörer außerhalb der Nordsee, so dass der diese Aufgabe keine Priorität mehr hatte und deshalb entschieden wurde, die Vindictive als Flugzeugträger fertigzustellen.
Die notwendigen Änderungen wurden so durchgeführt, dass das Schiff im Falle eines Scheiterns leicht wieder zum Kreuzer umgebaut werden konnte. Die Vindictive ähnelte dann der Furious nach deren komplettem Umbau zum Flugzeugträger. Die größte Änderung war der Einbau eines Hangars für sechs Flugzeuge vor der Brücke, der das zweite 19 cm-Geschütz ersetzte. Das Hangardach war nach vorne über das erste Geschütz erweitert und diente als Startdeck. Zwei der zuvor geplanten achteren 19 cm-Geschütze wurden nicht eingebaut. Dadurch wurde die Zahl der schweren Geschütze von sieben auf vier reduziert. Über den achteren Teil des Schiffs, hinter den Schornsteinen bis zum hintersten Geschütz, wurde ein Landedeck gesetzt. Das Landedeck war mit dem Startdeck durch eine Passage an den Aufbauten vorbei verbunden. Das Ergebnis war ein Hybrid zwischen einem Kreuzer und einem Flugzeugträger. Wie bei der ähnlichen Furious verursachten die Aufbauten und Schornsteine Turbulenzen auf dem Landedeck, so dass das Landen gefährlich war - und anscheinend auf der Vindictive nur einmal (!) versucht wurde. Dazu war die Hangarkapazität für ein Schiff dieser Größe relativ gering. Die Vindictive kam trotzdem als Flugzeugträger während der britischen Intervention im Russischen Bürgerkrieg 1919 zum Einsatz. Der Umbau zum Flugzeugträger wurde aber als nicht erfolgreich betrachtet. Ein Umbau in einen Träger mit einem durchgehenden Deck wurde wegen der zu geringen Größe des Schiffs nicht durchgeführt, stattdessen erfolgte später der Rückbau zu einem Kreuzer. Der Hangar wurde dabei aber beibehalten und auf diesem das erste Katapult auf einem britischen Kreuzer montiert.
Die Vindictive war 184,4 m lang, 19,8 m breit und verdrängte 12.600 t. Der Antrieb bestand aus zwölf Kesseln (vier kohle- und acht ölbefeuert) und vier Dampfturbinensätzen mit insgesamt 60.000 PS, womit 30 kn erreicht werden sollten (bei Probefahrten im Krieg aber nur 29,1 kn). Die Besatzung bestand aus 648 Mann.
Bewaffnung 1918
4 x 19 cm L/45 BL Mk VI (vier Mk V-Einzellafetten)
8 x 7,62 cm L/40 Mk (vier PI-Lafetten und vier Mk II-Flak)
6 x 53,3 cm-Torpedorohre (zwei unter Wasser, vier über Wasser)
6 Flugzeuge (1919 aber drei Grain Griffin, zwei Sopwith 2F.1 Camel, drei Sopwith 1½ Strutter und vier Short Type 184)
Die Vindictive wurde 1916-18 von Harland & Wolff in Belfast gebaut. Sie lief noch als Cavendish vom Stapel, wurde aber im Juni 1918 in Vindictive umbenannt, um den im Mai in Ostende versenkten Geschützten Kreuzer zu ehren. Sie wurde am 1. Oktober 1918 in Dienst gestellt und am 18. Oktober Teil der Trägerstreitkräfte der Grand Fleet (Flying Squadron) - knapp vor Ende des Ersten Weltkriegs am 11. November, so dass sie im Krieg nicht mehr zum Einsatz kam. Im Juli 1919 wurde sie in die Ostsee geschickt, um dort die britische Intervention im Russischen Bürgerkrieg zu unterstützen. Aber schon am 6. Juli lief sie bei Tallinn auf eine Sandbank und wurde stark beschädigt. Danach operierten ihre Flugzeuge primär von Land aus. Aber am 30. Juli starteten zwei Sopwith 1½ Strutter und zwei Grain Griffin trotz der Beschädigungen von der Vindictive aus für einen Angriff auf Kronstadt, bei dem der Tanker Tatiana beschädigt wurde. Bei einem weiteren Angriff auf Kronstadt am 17./18. August unterstützten ihre Flugzeuge einen Angriff durch CMB-Schnellboote. Im November 1919 kam es an Bord, wie auch auf vielen anderen britischen Schiffen im Einsatz gegen die Bolschewiki, zu meutereiartigen Arbeitsverweigerungen, die zu mindestens 29 Festnahmen und teilweise langjährigen Strafen führten. Im Dezember 1919 wurde die Vindictive und der Großteil ihrer Flugzeuge zurückgezogen. Sie wurde in Portsmouth repariert, blieb aber danach bei der Reserveflotte.
1923-25 wurde sie zum Kreuzer umgebaut. 1925-28 wurde sie in China eingesetzt, danach kam sie 1930-36 erneut zur Reserveflotte. Wegen des Londoner Flottenvertrags wurde sie 1936-37 zum Schulschiff umgebaut. Im Gegensatz zu ihren Schwesterschiffen wurde sie nach dem Scheitern der Flottenverträge nicht wieder zum Kreuzer umgebaut, da dies wegen der entfernten Maschinen, Schrauben und Kessel sehr aufwendig gewesen wäre. Stattdessen erfolgte ein Umbau zum Reparaturschiff und sie erhielt eine Flakbewaffnung. Sie diente in Norwegen, Südatlantik, Mittelmeer und schließlich zur Unterstützung der Landung in der Normandie. Dort soll sie von einem Dackel-Torpedo beschädigt worden sein. Sie wurde 1945 außer Dienst gestellt und 1946 zum Abwracken verkauft. Die Vindictive erhielt einen Battle Honour für den Einsatz in Norwegen 1940.
Das Modell
Das Modell des britischen Flugzeugträgers HMS Vindictive habe ich aus dem relativ neuen Bausatz von AJM Models (siehe Bausatzbesprechung) gebaut - das ist einer der wenigen britischen Flugzeugträger aus dem Ersten Weltkrieg, der im Maßstab 1/700 erhältlich ist.
Der Bausatz ist ein moderner Resinbausatz mit Fotoätzteilen von sehr hoher Qualität, dessen Design im großen Umfang auf rechnerunterstützten Konstruieren (CAD) beruht. Das Modell ist schwer zu bauen, insbesondere, wenn man das siebenfarbige Tarnschema aufbringt, dass das Schiff 1918 hatte. Aber mal fertiggstellt ist das Modell ist sehr eindrucksvoll und vorbildgetreu und eine willkommene Ergänzung zu der britischen Flotte des Ersten Weltkriegs.
Der einzige Fehler, der mir aufgefallen ist, ist, dass die Short 184-Wasserflugzeuge viel zu klein zu sein scheinen - im Vergleich zu denen, die dem HMS Engadine-Bausatz von RMS Neptun beliegen.
Den Bausatz habe ich nur durch Boote aus dem British Harbour Set von Kombrig ergänzt.
Zum Schluss noch Fotos der Vindictive mit den zwei anderen erhältlichen britischen Flugzeugträgern aus dem Ersten Weltkrieg: HMS Furious (Loose Cannon) und HMS Engadine (RMS Neptun):
Nick Shipp
(übersetzt aus dem Englischen und Text über Original von Lars)