Ein Update

Im Jahre 2015 baute ich das deutsche Schlachtschiff Tirpitz und stellte das Ganze auch hier auf Modellmarine vor. 2018/19 folgte dann das berühmtere Schwesterschiff Bismarck.

Daher stelle ich mich jetzt nicht nochmal vor. Bei der Bismarck hatte ich für mich selbst ein Detail- und Genauigkeitsniveau erreicht, an welches die Tirpitz nicht mehr heranreichte. Dazu kam, dass ich mir inzwischen die überaus hervorragend recherchierten Tirpitz-Bücher von Gehringer & Bonomi besorgt habe. Die Bücher sind eine wahre Fundgrube für Modellbauer, sie enthalten eine Fülle von Originalfotos und 3D-Farbdarstellungen. Ich war sowas von begeistert, als ich mir die ersten Bände zulegte.

Aber leider merkte ich von Band zu Band, dass mein 2015er Tirpitz-Modell doch sehr viele zum Teil eklatante Fehler enthielt. Am markantesten war die falsche Farbwahl des Tarnschemas.

Schließlich beschloss ich in meinem sturen Ehrgeiz, das Modell nochmal zu überarbeiten. Zuerst wollte ich nur neu bemalen. Das verwarf ich aber schnell wieder, denn es gab noch mehr Fehler, die mir 2014/15 unterlaufen waren, z.B.:

  • Großmast war von Ende 1941 bis März 1944 stets eingefahren
  • Rohrhosen der 38er waren mir zu mickrig geraten
  • Falsche Darstellung der Barbettenlüfter Turm B
  • Fehlende Bugschallanlage
  • Falsche FuMO-Matratzen
  • Fehler im Bereich der achtere Scheinwerferplattform
  • Fehlender Munitionsaufzug unterhalb der Admiralsbrücke
  • Eduard-Fallreeps gefielen mir nicht
  • Seitenteile Kartoffellast überarbeitungswürdig
  • u.v.m.

Da ich nach meiner Erfahrung mit der Bismarck ein richtiger Fan der Veteran-Sets geworden bin, wurde auch hier komplett überarbeitet: Mess- und Beobachtungsequipment, Lautsprecher, Scheinwerfer und 3,7-cm-Flaks.

Aber nicht nur diese Sets wurden besorgt, sondern auch ein komplettes Set Fotoätzteile und Messingdrehteile der nach 2015 erschienenen Tirpitz-Platinum-Edition. Bei Revell direkt im Sommer 2019 angefragt und für sagenhafte 35,- € erhalten! Damals gerade rechtzeitig, denn wenig später waren sowohl Bausatz als auch Zubehörteile schon wieder vergriffen. Ja, das war im Sommer 2019, da hatte ich meine Bismarck noch nicht fertig. Der Umbau bzw. das Update der Tirpitz begann dann direkt nach Fertigstellung der Bismarck.

Je mehr ich mich damit befasste, umso mehr wurde mein Wille stärker, die Tirpitz in ein historisch korrektes und in Sachen Detaillierung der Bismarck ebenbürtiges Modell zu „verwandeln“. Damals konnte ich noch nicht erahnen, dass dieses Vorhaben fast einem Neubau gleichkam. Insgesamt 742 Arbeitsstunden wurden innerhalb von 16 Monaten aufgewendet. Nach Sichtung der Tirpitz-Bücher entschloss ich mich ferner, den Ausrüstungsstand des Modells zu ändern. Ursprünglich Juli 1942, nunmehr Mitte März 1943.

Es gab letztendlich kaum einen Teil des Modells, welcher nicht überarbeitet wurde. Eine weitere wichtige Referenz war übrigens das Top-Drawings-Heft Nr. 33, welches u.a. einen Komplettplan Stand Sommer 1942 im Maßstab 1/200 sowie einen Takelplan enthält.

Das Tarnschema war im Wesentlichen das Gleiche wie Sommer 1942, gelbe Turmdecken waren neu. Die Farbtöne waren nun historisch korrekt verfügbar und wurden von mir mit Revell-Aquacolor entsprechend abgemischt. Eine Besonderheit war auch, dass die komplette Backbord-Basisfarbe Hellgrau RAL7001 war, während Steuerbord und die Masten im etwas dunkleren RAL7000 gehalten waren.

Am 06.10.2019 wurde also rigoros „zurückgebaut“, so dass die Tirpitz wahrscheinlich eher dem Zustand vom 13.11.1944 entsprach…

Dann machte ich mich an kleinere Dinge, z.B. die Neukonstruktion der besagten Barbettenlüfter, welche übrigens alle Bausatzhersteller konsequent ignorieren.

Das schöne bei so einem Schiffsmodell ist, dass man sich immer dem widmen kann, wozu man gerade Lust hat. Später werden dann fertige Komponenten nur noch an Ort und Stelle verarbeitet.

Dann wurden analog des Bismarck-Models Bugschallanlage und Horchgeräte angebracht,

…die Kartoffellast wurde korrigiert

…die Rumpftarnung zunächst grob angepasst

…Details wie der Munitionsaufzug realisiert

…das vordere FuMO angepasst

…neue Flaks entstanden aus den Pontos/Revell/Veteran-Sets

…die 38er erhielten schönere Rohrhosen

…der Schornstein wurde komplett überarbeitet, die Scheinwerfer sind von Veteran

…selbst die ursprünglichen Nacht-E-Messer waren mir nicht originalgetreu genug

…ein kleines Highlight waren die komplett selbst gebauten Torpedorohrsätze

So entstanden nach und nach ganze Sektionen neu.

Auch die Masten wurden komplett neu mittels Revell/Pontos konstruiert, wobei beim Großmast noch ein bisschen Eigeninitiative angesagt war. Zum einen wurde der alte Fehler nicht korrigiert, dass Tirpitz ab Ende 1941 nicht mehr den Fleckerstand in der Mitte hatte und andererseits wollte ich den Mast ja in eingefahrenem Zustand darstellen, wobei ich im Top-Drawings-Heft eine sehr gute Vorlage dafür fand.

Die Boote wurden auf Bismarck-Niveau gebracht.

Manches musste komplett neu konstruiert werden, beispielsweise die äußeren Bootsauflieger.

Wie bei der Bismarck wollte ich nun auch bei Tirpitz irgendwas Besonderes darstellen, was nicht jeder macht und was der Bausatz normalerweise nicht hergibt. Bei Bismarck war das beispielsweise der geöffnete Hangar vorn. Bei Tirpitz entschied ich mich dafür, eines der Chefboote am Haken des Lastkrans darzustellen.

Das Problem hierbei ist, den Kran viel steiler zu bauen, als es die Fotoätzteile hergeben. Diese bestimmen nämlich durch ihre Länge den Neigungswinkel des Krans. So blieb nur eins: Keine Ätzteile, sondern Infini Aero Rigging Black 0,135 mm verwendet, natürlich bei beiden Kränen, damit es gleich aussieht.

Auch eine Sache, die kaum Beachtung findet, ist die obere MES-Kabelschleife, welche nach einem Kurzschluss im Spätsommer 1942 teilweise sichtbar an der Bordwand neu verlegt wurde. Ich verwendete dafür ordinäre Gummilitze, die dafür bestens geeignet war.

Die große Herausforderung war dann auch wieder die Takelung, hier wurde wieder wie bei meiner Bismarck das Zeugs von Infini verwendet (0,091 mm schwarz und weiß).

Besonders filigrane Sachen entstanden zuletzt, wie Ankerbojen und ein Fallreep in Gebrauchsstellung (Set von AM Works)

Insgesamt hat mir auch das Update sehr viel Spaß gemacht und ich habe es zu keinem Zeitpunkt bereut, obwohl der Aufwand doch recht groß war.

Das größte Lob empfing ich übrigens höchstpersönlich vom Autor der Tirpitz-Bücher, Robert Gehringer: Ich sendete ihm Fotos des fertigen Modells und er schrieb mir zurück, es sei das Beste, was er je in dem Maßstab gesehen habe. Na, wenn das nichts ist…

 

Ein kompletter Baubericht findet sich auf dem Modellboard.

Marco Berger