Da ich für mein Hobby viel recherchiere, bin ich zufällig darauf gestoßen, dass die Farbgebung für meine Prinz Eugen so nicht passt. Viele Historiker und Modellbauer lassen sich vermutlich von dem bekannten Farbfoto mit den kaiserroten Türmen beeinflussen. Es wird mal mit Herbst 1940, mal mit September 1940, in einer Quelle sogar präzise mit einem genauen Datum im Oktober 1940 angegeben. Soweit – so gut. Jedoch zum Zeitpunkt der Aufnahme ohne Ostseetarnung, diese kam wohl Monate später, wann genau, sei historisch nicht belegt. So nahm man sicher an, die schwarz/weißen Streifen am Rumpf und den Aufbauten sowie die dunkelgrauen Schemen an den Türmen und Barbetten der schweren Artillerie wären einfach zusätzlich zu den roten Turmhauben gekommen. Für 1940 war wohl kaiserrot auch die übliche Fliegerkennung Ostsee und Heimat. Für 1941 allerdings nicht mehr zwingend. Hier gab es auch viele Varianten mit dunkelgrauen Turmhauben und gegebenenfalls farbigen Turmdecken.

So gibt beispielsweise John Asmussen die roten Hauben und Ostseetarnung in seinem Buch German Naval Camouflage 1939-1941 für Prinz Eugen als Zeitraum Frühling 1941 an. Zugegebenermaßen war das auch meine erste Quelle für die Bemalung meiner Prinz Eugen. Aber Asmussen (und der Co-Autor Eric Leon) liegen oft falsch, z.B. auch hinsichtlich Bismarck und Tirpitz. Es gibt auch einen seriösen Buchautor, der sogar sagt, dass sich Asmussen sehr viel „zusammenspinnt“. Fazit für mich: Asmussen ist keine zuverlässige Quelle. Viel mehr Beweiskraft haben dagegen historische Fotos.


Originalfotos von Prinz Eugen für 1940/41 gibt es leider nicht soo viele und bis auf das eine gerade genannte, alle in Schwarzweiß. Zudem muss man auch die Fotos richtig zeitlich einordnen können. Dazu muss man sich auch mit der Chronologie der Prinz Eugen beschäftigen. Hierzu ist das Buch Schwerer Kreuzer Prinz Eugen von Paul Schmalenbach die erste Wahl.

Ich gehe davon aus, dass der doch recht aufwändige Ostseetarnanstrich während einer Werftliegezeit aufgetragen wurde. Dies ist am wahrscheinlichsten im Zeitraum 25.1. bis 8.4.41 in Kiel. Hier ist für mich nur unklar, ob die Prinz Eugen da tatsächlich permanent in der Werft lag oder tageweise auch für diverse Erprobungen auf See war.

Jedenfalls gibt es diese Fotos hier mit bereits aufgetragener Tarnung:

Wenn man genau hinschaut, fällt auf, dass die Turmhauben offensichtlich nicht in einer Farbe lackiert, sondern mit in die Streifen integriert sind. Gut zu sehen besonders auf Bild 1 Turm hinten. Auffällig auch die Rettungsflöße seitlich an den Türmen B und C (gut zu sehen auf Bild 3). Auf dem letzten Foto war der Anstrich möglicherweise gerade frisch aufgetragen worden.

Übrigens, der Beobachtungsstand (oder auch „Fleckerstand“) auf dem Vormars-Entfernungsmesser wurde erst Anfang Mai installiert, ein Indiz auf Fotos, dass diese frühestens vom Mai 1941 stammen. Auf den ersten drei Fotos ist offensichtlich kein Fleckerstand vorhanden.

Diese Farbvariante gibt es auch bei Asmussen – als „Late 1940/early 1941“ deklariert. Nach meiner These stammen diese Fotos jedoch eher von Anfang April nach der besagten Werftliegezeit. Am 8.4.1941 wurde Prinz Eugen nach Gotenhafen verlegt, Mitte April dann auch schon Übungen mit Bismarck. Am 21.4. kam dann der Befehl für „Rheinübung“. Dieser beinhaltete definitiv „Turmdecken im Bereich eigener Kampfluftwaffe leuchtend gelb, außerhalb grau“ (hierzu muss man wissen, dass „Rheinübung“ ursprünglich für April 1941 geplant war, durch den Minentreffer auf Prinz Eugen am 23.4. musste die Sache um ca. einen Monat verschoben werden.)

Jedenfalls war für das geplante Atlantikunternehmen eine gelbe Fliegerkennung auf den Türmen befohlen. Dazu passten auf keinen Fall rote Turmhauben. Ob der Befehl umgehend umgesetzt wurde (also noch vor dem Minentreffer) ist unklar. Vom 24.4. bis 10.5. war Prinz Eugen jedenfalls zur Reparatur in der Werft in Kiel (hier wurde dann auch der besagte Fleckerstand eingebaut).

Die folgenden Fotos stammen nun offensichtlich aus der Zeit Anfang Mai 41, vor „Rheinübung“:

Außer auf Bild 7 ist es offenbar ein sehr dunkles Grau, mit dem die Turmhauben gepönt waren, auf keinen Fall rot (das würde heller wirken). Jenes Bild 7 ist eventuell etwas überbelichtet worden, daher sehr hell. Auf Bild 6 sieht man, dass die Turmdecken mit Persenning überdeckt sind und darunter eine deutlich hellere Farbe aufgemalt ist (mit großer Wahrscheinlichkeit schon befehlsgemäß das Gelb). Da die Operation noch nicht gestartet war noch neutral abgedeckt – wäre logisch.

Auch hier liegt Asmussen falsch. Er deutet die Persenning als gelb. Mir ist bisher aber kein Fall untergekommen, wo die Kriegsmarine mit farbiger Persenning gearbeitet hat. Sie diente immer nur zum vorübergehenden „Neutralisieren“ von Fliegerkennungen. Da das Grau der Hauben offensichtlich dunkler ist als die Streifen an den Türmen, lautet meine These: Streifen RAL7024, Hauben RAL7016.


Und hier nochmal meine Thesen als Zusammenfassung zur Bemalung Prinz Eugen bis „Rheinübung“:

  1. Normaler Standardanstrich Rumpf RAL7000 und Aufbauten RAL7001 von Indienststellung bis Spätsommer/Herbst 1940
  2. Zusätzlich kaiserrote Turmhauben von Herbst 1940 bis Januar 1941
  3. Ostseetarnung mit Streifentarnung an den Türmen, ohne abgesetzte einfarbige Hauben von Anfang April bis 23.4. (möglicherweise auch schon im März, falls tatsächlich einzelne Probefahrten während der Werftzeit stattfanden)
  4. Hauben mit einem sehr dunklem Grau gepönt spätestens ab 10.5. bis ca. 14.5.41
  5. Zusätzlich gelbe Turmdecken ab ca. 14.5.1941 (möglicherweise auch ab 10.5.), mindestens am 18.5. mit Persenning abgedeckt.

Der am besten belegte Zeitraum für eine historisch korrekte Farbgebung Prinz Eugen ist Anfang/Mitte Mai 1941.

Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass es bei Prinz Eugen nie die Ostseetarnung mit roten Turmhauben gab – jedenfalls finde ich keine Fotobelege dafür.


Was hieß das für mein Modell?

Nicht so sehr viel:

  • Seitliche Rettungsflöße an den Türmen entfernen
  • Die Streifen an den Türmen und Barbetten sowie an den hinteren Aufbauten etwas heller (ursprünglich Revell 78, nun Revell 77)
  • Turmhauben --> Revell 78
  • Turmdecken --> Revell 15

Vielleicht halten mich jetzt auch einige Leute für verrückt, wenn ich bereits fertige Modelle nochmals überarbeite…so bin ich halt und es wird nie langweilig.

Marco Berger