03.06.1769 - 250 Jahre Beobachtung des Venustransits
Die Beobachtung des Venustransits am 3. Juni 1769
„... wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist“ - Mit diesen Worten beginnt eine der berühmtesten oder sogar die berühmteste Science-Fiction-Fernsehserie und Filmreihe des ganzen Planeten. Dass dieses Zitat, im Original etwas anders, von einem der berühmtesten und verdienstvollsten Seefahrer der Geschichte stammt, ist nur wenigen bekannt. Aus Cooks Logbüchern ist der Satz überliefert: „Ambition leads me not only farther than any other man has gone before me, but as far as I think it is possible for man to go.“ Auch dass eben dieses Abenteuer keineswegs in der Zukunft stattfindet, sondern bereits vor 250 Jahren geschah, ist wohl der Grund für James Cook als Vorbild für den berühmten Raumschiffkapitän James Tiberius Kirk aus Texas, ehemalige Vereinigte Staaten von Amerika auf dem Planeten Erde. Wie James Cook zieht Kirk aus, um fremde Planeten zu beobachten. Cooks Charakter, seine Fähigkeiten und seine Taten hier zur Gänze zu beschreiben, würde den Rahmen sprengen. Auch haben dies bereits andere deutlich besser getan, als ich es je vermag.
Die erste Reise des wohl fähigsten Navigators und Kartografen des 18. Jahrhunderts hatte zwei offizielle Ziele: Das zunächst wichtigste war die Beobachtung des bereits von Kepler errechneten Venustransits 1769, des Durchgangs des Planeten Venus zwischen Erde und Sonne. Das zweite – geheime – Ziel der Reise war die Entdeckung bzw. der Nachweis des sogenannten „Südlandes“, in der damaligen Nomenklatur auch das „Dry Land“. Bis dahin ging man davon aus, dass Neuseeland der Nordrand eines sagenhaften „Südkontinents“ ist.
Von der Beobachtung des Venusdurchgangs erhoffte man sich einen Lösungsansatz für eines der größten zeitgenössischen Probleme der Seefahrt, die Ermittlung des Längengrades zur exakten Positionsbestimmung auf See. Durch die Vermessungen der Distanzen Erde – Venus – Sonne konnte die „Astronomische Einheit“ als eine der wichtigsten astronomischen Maßeinheiten definiert werden.
Die Spekulationen zum „Südland“ existieren seit der Antike. Neu aufgeflammt und heiß diskutiert von Männern wie Alexander Dalrymple, einem schottischen Geografen der die geradezu mythische Theorie des Südkontinents vehement vertrat. Zuerst war Dalrymple sogar als Leiter der Expedition in die Südsee vorgesehen. Bereits kurz nach der Rundung Kap Hoorns durchsegelte Cook von Dalrymple postuliertes Land... Hinsichtlich der Kolonialerfolge Spaniens, Portugals und Frankreichs erhoffte England sich ebensolche Erfolge in der Südsee.
Der Venustransit sollte als mehr oder weniger konzertierte Aktion von Astronomen auf der ganzen Welt beobachtet werden. James Cook hatte dabei den längsten Anreiseweg bis nach Tahiti. Insgesamt wurde der Durchgang von über 70 Stationen aus beobachtet. Nach der Ankunft auf Tahiti im April 1769 errichtete Cooks Crew den Beobachtungsposten „Fort Venus“, etwa vier Wochen vor dem Venusdurchgang war das Observatorium einsatzbereit. Nach der erfolgreichen Beobachtung des Venustransits widmete Cook sich dem zweiten Teil seines Einsatzbefehls, der Erkundung Neuseelands und der Suche nach Terra Australis, dem Südkontinent jenseits des vierzigsten Breitengrades. Ebenso erfolgreich wie beim ersten Teil seines Auftrages entdeckte Cook, dass Neuseeland aus zwei Inseln besteht und nicht Teil des Südkontinents ist. Er segelte bis fast 50° Süd ohne weiteres Land zu entdecken.
Cook nutzte diese Reise auch, obwohl es nicht offiziell war, um verschiedene Nahrungszusätze zur Verhinderung von Skorbut auszuprobieren. Zu diesem Zweck führte er Malz und reichlich Sauerkraut mit. Tatsächlich hatte er keine Skorbutopfer zu beklagen.
Auszug aus dem Logbuch der ersten Reise
Samstag, 3. Juni 1769
Dieser Tag erwies sich als so günstig für unseren Zweck, wie wir nur wünschen mochten; den ganzen Tag zeigte sich keine Wolke, und die Luft war völlig klar, also daß wir jeden erdenklichen Vorteil hatten bei der Beobachtung der ganzen Passage des Planeten Venus über die Scheibe der Sonne: Wir sahen sehr deutlich eine Atmosphäre oder einen düsteren Schatten um den Körper des Planeten, was große Verwirrung bei der Bestimmung der Zeiten der Kontakte verursachte, besonders der beiden inneren. Dr. Solander beobachtete, wie auch Mr. Green und ich, und wir differierten bei der Beobachtung der Zeiten der Kontakte weit stärker, denn man hätte erwarten können. Des Mr. Green Teleskop und das meine waren von derselben vergrößernden Wirkung, dasjenige des Dr. Solander indes vergrößerte stärker denn die unsern. Den ganzen Tag herrschte fast völlige Ruhe, und das Thermometer, welches der Sonne ausgesetzt war, erreichte um die Mitte des Tages einen Grad der Hitze (119 °F, ca 48° C), der uns niemals zuvor begegnet war.
(entnommen aus: Captain James Cook, Entdeckungsfahrten im Pacific, Die Logbücher der Reisen 1768 – 1779, in der Übersetzung von Reinhard Wagner und Bernhard Willms, in der Edition Erdmann (Alte abenteuerliche Reiseberichte))
James Cook
Bei seiner ersten Reise war „der Captain“ Cook noch gar kein Kapitän sondern nur Lieutenant. Zum Captain bzw. Commander wurde er erst nach seiner Rückkunft in England ernannt. Durch seine Arbeit in Nordamerika während des Siebenjährigen Krieges, er vermaß den strategisch wichtigen St. Lorenz Strom und Neufundland, seine mehrfachen Fahrten über den Atlantik ohne Personalverluste und seine grafischen Fähigkeiten fiel er der britischen Admiralität auf.
Der Sohn eines Landarbeiters aus Marton cum Cleveland in Middlebrough, North Yorkshire, geboren am 27.10.1728, begann seine seemännische Karriere als Schiffsjunge bei der Familie Walker aus Whitby. Die Walkers betrieben den Kohlenhandel mit London und den südenglischen Städten. Sehr bald bemerkten die Walkers die Begabungen des jungen Cook und förderten ihn auf alle erdenkliche Weise. Als sie ihm ein eigenes Kommando auf einem ihrer Kohlenschiffe anboten, lehnte Cook ab und entschied sich für eine Karriere in der Royal Navy. Dort aber musste er quasi wieder „ganz unten“ anfangen, arbeitete sich jedoch schnell hoch und wurde auf der nordamerikanischen Station zum Master auf der HMS Pembroke ernannt. Bald nach Ende der Kriegshandlungen in Kanada vermaß und kartierte Cook Neufundland und Labrador, zwischendurch machte er einige Reisen über den Atlantik nach England und zurück. Für diese Zwecke unterstellte ihm die Navy den angekauften Marblehead-Schooner HMS Grenville und eine 15 Mann starke Crew.
Während dieser Zeit entwickelte die Admiralität und die Royal Society den Plan, den Pazifik weiter zu erkunden und natürlich den Venustransit am 3.6.1769 zu beobachten.
Neben den astronomischen und geografischen Erkenntnissen erforschte Cook aber auch die damals schlimmste Krankheit auf langen Seereisen, den Skorbut. Diese Vitamin-C-Mangelkrankheit raffte im 17. und 18. Jahrhundert tausende von Seeleuten dahin, es starben mehr Seemänner durch die Krankheit als durch Kriegsverletzungen. Erst 20 Jahre vor Cooks Reise verlor Commodore George Anson 620 von 950 Mann durch den Skorbut. Auch andere Entdecker verloren zwei Drittel und mehr ihrer Crew durch die Krankheit. Dass frisches Obst und Gemüse dem entgegenwirken, war seit 1605 vermutet worden, man sprach die Wirkung jedoch lange Zeit den enthaltenen Säuren zu, Vitamine waren damals noch unbekannt. Cook experimentierte mit Sauerkraut und Malzmaische und hatte einige Erfolge - er verlor keine Matrosen an den Skorbut. Um das ungewohnte Kraut jedoch an die Seeleute zu bringen, musste Cook tricksen: Erst als die Crew sah, dass auch Cook und die Offiziere sowie die mitfahrenden Wissenschaftler das saure Kraut aßen, nahm sie die Nahrungsergänzung an. Insgesamt war Cook sehr um seine Mannschaften besorgt. Dies war wohl auch der Grund dafür, dass seine Matrosen immer wieder auf seinen Schiffen anheuerten. Einige Matrosen fuhren schon auf der Grenville unter Cooks Kommando und folgten ihm bis in die Südsee.
Die HMS Endeavour
Zweifellos gehört die Endeavour (zu deutsch etwa „Anstrengung“) zu den berühmtesten Schiffen der Seefahrtsgeschichte. Kein anderes Entdeckerschiff ist so gut bekannt wie die Endeavour, gibt es doch von ihr noch Originalzeichnungen im ursprünglichen Zustand mit Eintragung vorgeschlagener Änderungen und den tatsächlich ausgeführten Umbauten( „Plans...as fitted at Deptford in July 1768“...), reichlich schriftliche Beschreibungen und einige Skizzen des mitreisenden Zeichners Sidney Parkinson.
Als Earl of Pembroke 1764 gebaut, gehört sie zum Typ „Kattgebaute Bark“ oder „Whitby Cat“ und trug ursprünglich kein Rahsegel am Besanmast. Cook war dieser Schiffstyp aus seiner frühen Fahrenszeit gut bekannt. Als Admiral Palliser ein Schiff für die geplante Südseeexpedition suchen sollte, zog er Cook zu Rate. Äußerst robust mit großer Ladekapazität konnte ein Whitby Cat ausreichend Proviant für 94 Mann auf so einer langen Reise aufnehmen. Seine Erfahrungen mit der Endeavour ließen Cook auch auf seinen weiteren Reisen auf diesen Schiffstyp zurückgreifen. Auch William Bligh, der Cook auf dessen dritter Reise begleitete, verwendete 1787 ein ähnliches Fahrzeug, die Bounty, um Stecklinge des Brotfruchtbaumes zu transportieren.
Die Endeavour war breit gebaut mit flachem Boden, so konnte sie nach Leichtern von der Crew an einen flachen Strand gezogen und gegebenenfalls repariert werden. Nicht besonders schnell, erreichte sie die maximal geloggte Geschwindigkeit von 6 Knoten (Seemeilen pro Stunde, knapp 11 km/h).
Das ursprünglich unbewaffnete Schiff wurde für die Reise mit zehn 4-Pfünder Geschützen und zwölf halb- bis dreiviertelpfündigen Drehbassen ausgerüstet, einerseits um sich gegen mögliche Angriffe zur Wehr zu setzen, andererseits wohl um bei Begegnungen mit anderen Schiffen Salut schießen zu können. An Deck wurden nur sechs der Vierpfünder aufgestellt, die anderen vier bewahrte man unter Deck auf.
Anzahl und Position der Lüftungsluken wurden geändert, der Anstrich erneuert und der Unterwasserrumpf mit einer „Spikerhaut“ versehen, einer zusätzlichen Beplankung mit Fichtenplanken und dicht beieinander eingeschlagenen, großköpfigen Nägeln, den Spikern. Durch die Takelung des Besanmastes mit Marssegel und Bagienrah wurde die Endeavour zum Vollschiff. Die nach wie vor benutzte Bezeichnung, zumindest in Bezug auf die Takelung, als Bark ist falsch. Weiterhin wurde der Bugspriet mit zwei Blindesegeln ausgerüstet.
Nach der Südseereise lieferte Cook das Schiff an seine Auftraggeber ab. Die Endeavour verblieb zunächst in der Royal Navy und absolvierte zwei Fahrten als Transporter zur Garnison auf den Falkland Inseln. Erst 1775 wurde sie an private Eigner verkauft, ab dann gibt es widersprüchliche Nachrichten. Nach Marquardt (siehe unten) ist sie 1790 noch als Walfänger La Liberté in Dünkirchen, anderen Quellen zufolge wird sie 1778 als Truppentransporter Lord Sandwich nach Nordamerika geschickt. Dort wurde das alte Schiff als Hafenblockade in der Narragansett Bay nahe Newport auf Rhode Island versenkt. 2016 wurden die vermutlichen Reste der Endeavour im Schlick der Narragansett Bay gefunden. Gesichert ist der Fund jedoch erst nach vollständiger Ausgrabung und eingehenden Analysen insbesondere der verwendeten Holzarten, der Bauweise und schlussendlich der dendrochronologischen Untersuchung. Ist es die Endeavour, sollte das Schiff aus vor 1764 in England gefällten Eichenhölzern bestehen und eine nachträglich aufgesetzte Spikerhaut aufweisen. Die Ergebnisse stehen noch aus.
Das Modell
Mit Sicherheit gehört die Endeavour zu den am häufigsten als Modell abgebildeten Schiffen. In allen Maßstäben, vom kleinsten Miniaturmodell bis zu Großmodellen und sogar einer weltreisenden 1/1 Replik ist dieses berühmte Schiff nachgebaut worden.
Trotz umfangreicher Dokumentation des Originals wird an jedem Modell heruminterpretiert. Dies gilt natürlich auch und gerade für ein Plastikspritzgussmodell aus den sechziger Jahren. Seit 1962 am Markt wird der aus 106 Bauteilen bestehende Bausatz aus der Airfix-Reihe „Classic Ships“ immer mal wieder aufgelegt. Die Anzahl der Bauteile sagt schon ein Erstes über den Detaillierungsgrad des Modellbausatzes. Der von mir verwendete Bausatz wurde 2004 gekauft, nach erster Sichtung (ich war ein wenig schockiert, denn die Teile flogen in einer großen Plastiktüte in dem großen Karton herum), verschwand der Bausatz erst einmal im Keller.
Der Bausatz hat seinem hohen Alter geschuldet relativ viele Fischhäute und auch einige Formversätze, der Kunststoff selbst ist insbesondere für Masten und Rahen viel zu weich. Angenehm war die fehlende, bei vielen Plastikschiffen übertrieben dargestellte, Maserung der Schiffsplanken. Dem Bausatz liegt nur ein Beiboot bei, auf der Reise führte die Endeavour jedoch vier verschiedene Boote: Großboot, Pinasse, eine Jolle und ein Skiff, speziell für Joseph Banks. Alle Boote wurden, wenn nicht geschleppt, über der Großluke und den Ersatzspieren paarweise aufgestapelt. Die beiliegenden dünnen Plastikwanten sind völlig unbrauchbar, die Figuren, insbesondere der Offizier, hingegen sehr schön, leider aber zu wenige. Die tiefgezogenen, stark strukturierten Plastiksegel fanden keine Verwendung. Nun, es handelt sich um einen uralten Plastikbausatz… Wer allerdings keine Mehrarbeit an einem Plastikkit scheut, dem sei das Schiff durchaus empfohlen. Der Bausatz ist sehr ausbaufähig, ein Rückbau zur Earl of Pembroke mit einfachen Pfahlmasten und ohne jeden Zierrat ist gut möglich oder eine weitergehende Ausrüstung zum Walfänger oder Truppentransporter mit noch mehr Geschützen in der Breitseite...
Einige Zeit später gelangte ich an Karl Heinz Marquardts Monographie Endeavour und verglich den Bausatz mit Marquardts Forschungsergebnissen. Im Vergleich mit dem Buch ergaben sich viele Übereinstimmungen und ebenso viele Abweichungen. Schnell stand fest, das Modell mit Hilfe des Buches zu bauen und dementsprechend auszurüsten. Leider gibt es aus den ersten Bauphasen keine Fotos, die Bilddokumentation setzt erst mit Abschluss der Stütztakelage ein...
Aufgrund der eher rudimentären Ausstattung des Bausatzes waren viele Ergänzungen nötig. Die ersten Arbeiten waren dann das Bohren von jeder Menge Löchern in Rumpf und Deck für die Vielzahl von Augbolzen, Klampen, Pfortenreepe und Püttinge. Die Rumpfbemalung folgte der Marquardtschen Rekonstruktion, über das verwendete Blau mag man sich streiten oder auch nicht.
Vor dem Zusammenfügen der Rumpfhälften erfolgte die Befestigung der Püttingjungfern im Rumpfinneren. Der Bausatz beinhaltet Rüstbretter und Jungfern in einem Stück, aus dem Kasten prinzipiell verwendbar, tatsächlich jedoch ungeeignet. Verwendet habe ich nur die Rüsten, an den entsprechenden Stellen durchbohrt und die Jungfern aus Holz eingesetzt und mit dünnem Draht ins Rumpfinnere geführt und dort belegt. Diese Konstruktion ist sehr stabil und kann einigen Zug aufnehmen.
Nach dem Zusammenfügen von Rumpf und Deck erfolgte deren Ausbau. Der Rumpf erhielt im Bugbereich das fehlende Ankerfutter aus anschmiegsamer Bleifolie. An Deck fehlten einige Ausrüstungsgegenstände, vorweg fast alle Nagelbänke und andere Teile der Takelung.
Butluvs waren keine da, die Galgen für die Reservespieren fehlten, drei Boote mussten her und gestaut werden, es gab keinen Hühnerstall geschweige denn ein Kompasshäuschen. Zusätzliche Anker fand ich passende, wie viele andere Teile auch, in der Restekiste. Der Leuwagen für das Besanschot entstand aus Messingdraht. Der Heckspiegel bekam eine Schnitzerei (einfaches Flachrelief aus FIMO und zwei Putten aus umgeformten Preiserlein), die Fenster wurden mit Pfortendeckeln versehen.
Laut Marquardt ist die Beschriftung mit Schiffsnamen auf der Gillung eher unwahrscheinlich, eine Mode die wohl erst einige Jahre später aufkam. Bei der Bemalung der Ausrüstungsteile hielt ich mich an gängige Navypraxis und bemalte alles rötlich bis braunrot. Die Reling bemalte ich sehr dunkelbraun. Der Farbton auf dem Bucheinband gefiel mir ganz gut. Das oft verwendete leuchtende Karminrot schien mir nicht passend. Das Unterwasserschiff erhielt nach Marquardt einen Anstrich mit „brown Stuff“ einer Mischung aus Pech, Teer und Schwefel, überliefert aus dem Logbuch des Schiffsführers Robert Molyneux, dieselbe Farbe nutzte ich auch für die Boote. Um diese nicht ausbauen zu müssen, erhielten sie eine Persenning aus Bleifolien.
Nach Fertigstellung des Rumpfes ging es an die Takelage. Wie eingangs schon beschrieben, sind die Plastikteile alle viel zu weich. Wenn sie nicht vorher schon alle gebrochen wären, hätten sie sich spätestens beim Takeln in alle Richtungen verbogen. Für die Masten und Stengen verwendete ich also Raminholzstäbe, die Bausatzteile nutzte ich als Reservespieren und band sie auf den Spierengalgen fest. Lediglich die Marsplattformen und die Salinge wurden wieder verbaut. Die Marsen erhielten eine Reling aus Messingstäben an ihrer Achterkante.
Der Besanmast wurde bei der Gelegenheit auf ein vernünftiges Maß verlängert, bisherige Modelle haben einen viel zu kurzen Besanmast, das Plastikmodell also auch. Die Rahen konnte ich benutzen, bekommen sie doch nicht allzu viel Zug. Die Unterrahen von Fock- und Großmast erhielten Leesegelspieren; da die Bramrahen fliegend gesetzt wurden, führten sie auch keine Leesegel, zumindest erwähnt Cook nur die Mars- und Unterleesegel. Auch Toppnanten entfallen bei den fliegend gesetzten Bramrahen, sie wurden nur mit den Fallen gefiert. An den Großrüsten befestigte ich eine einfache Leesegelspiere mit einem Schwanenhals aus Draht und Bandbeschlägen aus Papierstreifen.
Das Schiff ist mit nur wenigen Segeln dargestellt, quasi das „Nachtrigg“. Nur unter Marssegeln und den beiden Klüvern, korrekt „fliegender Klüver“ und „Vormarsstengestagsegel“ zieht das Schiff im Passat seine Bahn. Alle anderen Segel sind aufgetucht. Die gesetzten Segel bestehen aus einem hellbeigen Japanpapier, alle Dopplungen und Stoßlappen sowie die Reffbänder sind aus dem gleichen Papier aufgeleimt, Reffbändsel sind aus kurzen Garnstücken mit Knötchen aufgeklebt. Allein das Großmarssegel besteht mit Reffbändseln aus 220 Einzelteilen - zur Erinnerung, der Bausatz enthält ursprünglich 106 Teile… Bevor die Segel an die Rahen geklebt wurden, waren diese vollständig getakelt. Nach Montage der Segel an die Rah erfolgte deren Takelung mit Geitauen, Schoten und Gordings und dann erst die Befestigung an den Masten. Ich ging dabei von oben nach unten vor, so hatte ich erst gegen Ende der Takelarbeiten die weit vorkragenden Unterrahen im Weg. Die letzten Seile waren die Brassen der Unterrahen sowie die Bulinen der Marssegel. Damit war die Takelage abgeschlossen. Letzte Arbeiten am Schiff waren das Aufhängen der Ankerbojen, überhaupt der Anbau der Anker, ohne Ankerkabel, denn ich las irgendwo, das auf absehbar langen Fahrten das Ankerkabel vom Anker gelöst und binnenbords verholt wurde.
Bei der Beflaggung war ich sehr unschlüssig. Das „White Ensign“ als Kriegsflagge kam nicht in Frage, also die rote Handelsflagge mit Union Jack in der Gösch achtern am Flaggstock. Am Großmast weht die englische Flagge, hier käme aber auch der Union Jack in Frage. Die Flaggen entstanden aus glatt gebügeltem, mit Revell Aqua bemaltem Brillenputztuch/-papier. Hier steht auch die erste Restaurierungsarbeit an: Bei einer Ausstellung brach die Großbramstenge mit Flagge ab, sie ist zwar wieder dran, aber während der Kleber abband, ist die Spiere unter Klammerdruck nach unten gerutscht, Wanten und Pardunen hängen deshalb etwas durch...
In der Restekiste hatte ich noch eine Menge Figuren gefunden, die größenmäßig sehr gut passten. Auch waren mehrere „Offiziere“ darunter, die durch einfaches Entfernen von Epauletten und Dreispitz zu Joseph Banks und Daniel Solander wurden und jetzt mit hinter dem Rücken verschränkten Armen dem Steuermann bei der Arbeit zuschauen.
Das Schiff sollte von vornherein in einem „Meer“ schwimmen. Wie ich dieses jedoch gestalte, hatte ich zunächst ganz offen gelassen. Noch vor den Arbeiten an der Takelage setzte ich den fast fertigen Schiffsrumpf mit leichter Krängung in eine passend ausgesägte Multiplexplatte und verklebte ihn dort dauerhaft. Ähnlich einer Helling hatte ich so eine gute Arbeitsplattform für die folgenden Arbeiten und auch eine gute Basis für ein wie auch immer gestaltetes Meer.
Nach einigen Probeversuchen bei anderen Modellen mit geschnitztem Balsaholz als Meer verwendete ich für die Endeavour dasselbe Material. Aus zwei 10 cm breiten Balsabrettchen schnitt ich wiederum jeweils die Hälfte der Wasserlinie des Schiffes aus und fügte sie um den Schiffskörper. Das Schiff sollte in eher ruhigem Wasser fahren (mare pacifico), so schnitzte ich mit scharfen Hohlbeiteln nur kleine Wellen in das Holz. Das Holz wurde weiß grundiert, dann mit verschiedenen Grüntönen von hell nach dunkel lasiert. Brechende Wellenkämme, die Bugwelle und wenig schäumende Hecksee formte ich mit kleinen Mengen Acrylspachtel und in Weißleim getränktem Papiertaschentuch.
Der Bau hat mit sehr langen Unterbrechungen von 2006 bis 2018 gedauert, tatsächliche, reine Bauzeit waren dabei vielleicht 12 Monate. Insgesamt sind inklusive der Takelblöcke und Jungfern rund 900 Teile, meist aus Papier und Holz, verbaut. Das Modell steht jetzt unter einem Glassturz mit Holzleisten, die Multiplexplatte und die Rahmenleisten sind glänzend schwarz gestrichen. Das Namensschild ist von Hand auf dem Segelpapier geschrieben und auf ein Sperrholzbrettchen geklebt.
Der Venustransit als solcher ist für Nicht-Astronomen eine eher unspektakuläre Angelegenheit. Ähnlich einer Fliege auf einem beleuchteten Lampenschirm kriecht der Planetenschatten über die Sonnenscheibe. Der letzte Venusdurchgang fand am 6.6.2012 statt, der nächste wird erst am 11.12.2117 erfolgen.
Quellen
- Karl Heinz Marquardt, „Endeavour“, erschienen 1995 bei Delius und Klasing
- W. Forman und R. Syme, „Captain Cook“, erschienen 1971 bei Arthur Schroll Co.
- James Cook, „Entdeckungsfahrten im Pacific“, Auszüge der Logbücher seiner drei Reisen
- Hrsg. A. Grenfell Price, erschienen bei Erdmann 1995
- Nicolas Thomas, „Um die Welt mit James Cook“, erschienen 2018 beim Theiss Verlag
- Süddeutsche Zeitung -Wissen- (online): Schiff von James Cook entdeckt
- Wikipedia: Der Venustransit
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Frank Brüninghaus
Modellbauclub Koblenz