Das Vorbild
Die Hermann Marwede ist das Typschiff für den größten, jemals in Deutschland gebauten und eingesetzten, Seenotrettungskreuzer. Mit ihren 46 Metern ist sie zwei Meter länger, als die bisherigen Spitzenreiter unter diesen Spezialschiffen (Wilhelm Kaisen, John T. Essberger). Die Breite des Originals beträgt 10,25 m und bei einem Tiefgang von 2,80 m verdrängt der Kreuzer 404 t. Die Gesamtleistung aller drei Maschinen beträgt 9250 PS und beschleunigt den Kreuzer auf eine Maximalgeschwindigkeit von 25 kn. Bei Höchstgeschwindigkeit beträgt die Reichweite ca. 920 sm, die sich bei einer "Reisegeschwindigkeit" von 15kn auf 2120sm erhöht.
Die Hermann Marwede führt (wie alle Seenotrettungskreuzer ab der 23-m-Klasse) ein Tochterboot, welches auf den Namen einer Enkelin des Namengebers auf den Namen Verena getauft wurde, mit. Dieses Boot wird in einer Heckwanne mitgeführt, hat eine Länge von 9,41 m, eine Breite von 3,61 m und einen Tiefgang von 0,96 m und verdrängt dabei 7 t. Mit diesem geringen Tiefgang ist es für Einsätze in Küstennähe geeignet, wo der Kreuzer wegen seines Tiefganges nicht mehr operieren kann. Die Höchstgeschwindigkeit ist mit 18 kn angegeben.
Die Marwede ist auf der Hochseeinsel Helgoland stationiert und hat ständig sieben Besatzungsmitglieder an Bord, die in 14tägigen Wechsel beim Bunkern in Cuxhaven getauscht werden.
Anschließend sei noch zu sagen, dass die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS), welche Eigner des Schiffes ist, sich ausschließlich aus privaten Spenden finanziert und keinerlei Bundesmittel erhält, obwohl sie Aufgaben des Bundes übernommen hat. In diesem Jahr feierte die DGzRS ihren 140. Geburtstag. Ihren Sitz (mit Einsatzleitstelle) hat sie in Bremen aufgeschlagen. In Notfällen arbeitet die DGzRS eng mit Bundeswehr und anderen Organisationen zusammen, um noch effektiver zu arbeiten (z.B. können SeaKings der Marine angefordert werden, um Verletzte vom Kreuzer zu holen und sie noch schneller in ein Krankenhaus zu bringen). Weitere Infos (auch wie man die DGzRS unterstützen kann) findet man unter www.dgzrs.de. Diese Arbeit wird von Revell mit einem Euro für jeden verkauften Bausatz unterstützt.
Der Bausatz
Wenn man mit dem Kasten aus dem Laden kommt kann man schon mal schief angesehen werden, denn er überzeugt durch Größe (mal eben unter den Arm klemmen geht nur, wenn man so lange Orang-Utan-Arme hat, wie ich). Nach dem Öffnen wird es noch besser. Der Kasten ist zweigeteilt, mit einer separaten "Halterung" für den aus einem Stück geformten Rumpf.
Eine Begutachtung der Spritzlinge zeigt, dass sie nahezu gratfrei gegossen sind – mir persönlich sind eigentlich nur am Rumpfteil und teilweise bei den Auswerfermarken kleinere Stellen aufgefallen, wo man etwas nacharbeiten muss. Die erwähnten Auswerfermarken sind auf den größeren Bauteilen (Deckteile, Teile der Aufbauten) an Stellen, wo sie beim späteren Modell nicht auffallen.
Die Anleitung und Decals
Revell liefert eine 20seitige Bauanleitung, die auf den ersten Blick keine Fragen offen lässt, bzw. dass kann ich dann erst sagen, wenn ich das Schiff baue. Die Decals sind ohne Versatz auf einem Hauch von nichts (meinen bisherigen Erfahrungen nach) gedruckt und werden sich wohl auf dem Modell gut machen.
Die Spritzlinge
An Hand des markierten Zollstocks kann man die beeindruckende Größe des fertigen Modells erahnen, das zweite Bild zeigt uns schön die Delta-Rumpfform, die alle neuen Rettungskreuzer haben und teilweise bei älteren Einheiten durch den Anbau von ein paar Anbauten am Unterwasserschiff erreicht. Das verbessert die Fahreigenschaften des Kreuzer (hier am Beispiel der Essberger dieses Jahr auf Helgoland aufgenommen).
Der Rumpf bringt auch eines der Härchen in der Suppe, die mir bis jetzt aufgefallen sind. Im Kiel sind zwei Sinkstellen (die bei meinem Modell aber verschwinden werden, wenn der Unterwasserrumpf ab ist, da es in das berühmte Silicon-Wasser kommt).
Die Spritzlinge B, C und G sind die Spritzlinge, die die größeren Bauteile enthalten, die für das Deck, die Aufbauten und das Schlauchboot benötigt werden.
Es folgen die Spritzlinge D, E und F, die die ganzen Kleinteile enthalten, die z.B. für den Mast, die Feuerlöschanlage und die Relings entlang des Kreuzers gebraucht werden.
Bei den letzten Spritzlingen muss gesagt werden, dass wie auch an einigen kleinen Stellen bei den Großteilen, kleine Angüsse vorhanden sind, die später eine Nacharbeit unumgänglich machen.
Die Klarsichtteile sind – wie bereits oben erwähnt – noch einmal separat verpackt. Bei der Betrachtung konnte ich keine Fehler entdecken und auch sind sie vom "Durchsichtverhalten" fastglasklar.
Das Tochterboot Verena
Das Tochterboot Verena ist kpl. auf einem eigenen Spritzling, so dass man ihn evtl. später noch für andere Projekte nachbestellen kann (z.B. ein Diorama eines kleinen Hafens, wo kein Kreuzer stationiert ist, sondern nur ein Rettungsboot der 9,41-Meter-Klasse, welches dann von freiwilligen Helfern besetzt ist – so wie bei der Freiwilligen Feuerwehr auf Abruf).
Fazit
+ ein Modell, dass jeden Schiffsbauer erfreut (insbesondere Fans der DGzRS)
+ einheitlicher Maßstab zur Berlin/Arkona
+ das Tochterboot läßt sich auch für andere Projekte verwenden
- wenn man tiefer in der Materie drin steckt, kann man einige Vereinfachungen von Revell erkennen, die man vielleicht schon bei der Formenherstellung hätte ausmerzen können, aber einen geübten Modellbauer nicht vor unlösbare Probleme stellt (z.B. die Sprossen am Mast sind massiv gegossen und nicht einzeln als Bügel dabei)
- bei der Heckklappe sind die Scharniere leider so konstruiert, dass sie sich die Klappe nicht ohne weiteres im geöffneten Zustand darstellen läßt.
- Positionslichter am Aufbau fehlen
Trotz der beschriebenen Mängel:
Uneingeschränkt empfehlenswert
Carsten Gloede