Das Original
Der britische Landungsträger Ocean dürfte nach der für dieses Jahr (2014) geplanten Außerdienststellung der Illustrious bis zur Indienststellung des neuen Flugzeugträgers Queen Elizabeth (2017?) der einzige Träger im Bestand der Royal Navy sein.
Die Ocean wurde als Hubschrauberträger zur Unterstützung der amphibischen Streitkräfte entworfen. Der Rumpf soll auf der Invincible-Klasse beruhen, die Ocean wurde allerdings nach zivilen Standards gebaut. Truppen können mittels der mitgeführten Hubschrauber gelandet werden. Zusätzlich werden vier Landungsboote (LCVP) mitgeführt, über die auch leichte Fahrzeuge angelandet werden können. Sie hat eine Heckklappe, die zur Beladung und Entladung von Fahrzeugen genutzt werden kann. Allerdings verfügt sie nicht über ein flutbares Welldeck wie Docklandungsschiffe.
Die Ocean ist 203,4 m lang, 35 m breit und verdrängt voll beladen 21 500 t. Der Antrieb erfolgt über zwei Diesel, mit denen 18 kn erreicht werden können. Die Besatzung besteht aus 465 Mitgliedern. Dazu können 830 Soldaten eingeschifft werden.
Die Eigenbewaffnung beschränkt sich auf drei Phalanx-Nahbereichsabwehrgeschütze, vier 3 cm-Geschütze und Maschinengewehre. Es können bis zu 22 Hubschrauber mitgeführt werden, darunter Transporthubschrauber der Typen Sea King HC.4, Chinook, Merlin und Lynx AH7 (auch als leichte Kampfhubschrauber einsetzbar) sowie Apache AH1 Kampfhubschrauber. Alternativ kann sie auch als U-Jagd-Träger mit Merlin-U-Jagd-Hubschrauber eingesetzt werden. Nach der Außerdienststellung der Invincible wurde die Ocean 2005 umgebaut, um auch 15 Harrier mitführen zu können. Diese hätten aber nur senkrecht, d.h. mit begrenzter Zuladung, starten können. Nach der Außerdienststellung der Harrier 2011 kann diese Möglichkeit aber nicht mehr genutzt werden.
Die Ocean wurde von 1994-98 von Vickers (Kvaerner) in Govan gebaut. Ihr Heimathafen ist Devonport (Plymouth). Neben verschiedenen Hilfseinsätzen und eine Abordnung zur Sicherung der Olympiade in London 2012 wurde die Ocean im Kosovokrieg, Afghanistankrieg, Dritten Golfkrieg (Irakkrieg) und im Libyenkrieg eingesetzt. Während sie in den ersten drei Kriegen Truppen anlandete, setzte sie im letzteren Apache-Kampfhubschrauber ein. Aktuell wird sie in Devonport überholt und wird danach die Illustrious wieder als Landungsträger ersetzen.
Quellen
- HMS Ocean (L12) (Wikipedia)
- HMS Ocean (Royal Navy)
- HMS Ocean (LPH01) Helicopter Carrier, United Kingdom (naval-technology.com)
Das Modell
Als die ersten Bausätze von Orange Hobby mit für mich ausgesprochen interessanten Themen auf den Markt kamen, war ich gleich Feuer und Flamme und schaffte mir mehrere davon an. Darunter war auch dieses britische Mehrzweckschiff. Der Bausatz der Ocean gibt mit ausgebracht darstellbaren Fahrzeugrampen und dem Mexeflote manche Möglichkeiten zur aktiven Darstellung in einem Diorama. Nach einigem Überlegen entschied ich mich dann dafür, meine HMS Ocean mit minimaler Fahrt auf einer ruhigen Wasseroberfläche präsentieren. Hierfür kamen mir die zwei modernen Schlepper Bruiser und Rowangarth von Orange Hobby sehr gelegen. Sie sollen das Kriegsschiff bei einem fiktiven Anlegemanöver bugsieren und so für ein optisch interessanteres Diorama sorgen.
Bis ich ans Bauen kam, dauerte es allerdings bald zwei Jahre nach Kauf der Ocean. Zu meinem Glück, muss ich im Nachhinein sagen. Was ich seinerzeit nicht wusste: Die Resinteile zumindest dieser frühen Bausätze waren von ungewöhnlich hartnäckigen Resten von Formentrennmittel überzogen. Bei normaler Vorbehandlung haftete praktisch keine Farbe daran, und bei jedem Versuch des Abklebens löste sich die Farbe. Das ist ausgesprochen frustrierend und hat schon dazu geführt, dass angefangene Modelle weggeworfen wurden. Unser Modellbaukollege Sven Schönyan hat hierzu Versuche angestellt und einen gangbaren Weg gezeigt, wie die Teile vorbehandelt werden sollten (siehe hier).
Bei der Vorbehandlung meines Modells richtete ich mich auch nach Svens Empfehlungen. Zuerst wurden alle Resinteile mit handelsüblichem Silikonentferner eingestrichen und dieser über Nacht einwirken gelassen. Dann wurde (mit Handschuhen) der Silikonentferner unter fließendem warmem Wasser abgebürstet und die Teile getrocknet. Vor dem Grundieren wurden sie noch zum weiteren Entfetten mit Feuerzeugbenzin eingesprüht. Grundiert habe ich mit OBI-Haftgrund aus der Spraydose. Daraufhin wurden die Teile dann jeweils mit Acrylfarbe von Vallejo lackiert, zum Trockenmalen und zum Washing verwendete ich Künstlerölfarbe und Humbrol-Verdünnung.
Beide Bausätze sind ausgesprochen hochdetailliert und in meinen Augen sehr anspruchsvoll. Viele der Teile sind ohne vergrößernde Sehhilfe nicht zu verarbeiten und extrem empfindlich. Was da auf mich zukam, wurde mir schon bewusst, als ich die zwei kleinen Schlepper baute. Diese sind vom entsprechenden 1/350er Bausatz herunterskaliert; das bürgt für Detailfülle, macht den Umgang mit den extrem filigranen Ätzteilen aber zu einer zen-artigen Übung in Geduld und Selbstbeherrschung. Es ist mir bei beiden Bausätzen nicht gelungen, alle Teile zu verbauen, teilweise waren sie so lachhaft winzig, dass ich sie weder richtig sehen, geschweige denn handhaben konnte.
Zuerst legte ich die Positionen der Schiffe auf der Grundplatte fest und markierte sie. Die Ocean erhielt Gewindeschrauben an der Unterseite des Rumpfes zur späteren Befestigung durch Löcher in der Grundplatte. Auch die Befestigung der Schrauben am Resin erwies sich als schwierig, hier wollte weder Sekundenkleber noch dentaler Kunststoff richtig halten. Die Umrisse der Schlepper wurden auf der Grundplatte nur markiert, diese kleinen Modelle wurden zur Fertigstellung mit Acrylgel angeklebt. Auf der Grundplatte wurde mit weißer Wandfarbe und ein wenig Acrylgel die Struktur einer ruhigen Wasserfläche angelegt, die dann mit grüner und blauer Acrylfarbe aus der Airbrush passend eingefärbt wurde. Nach angemessener Trocknungszeit wurde die Oberfläche mit lösungsmittelbasiertem klarem Hochglanzlack aus der Sprühdose versiegelt.
Die Schlepper entstanden an einem Wochenende, an dem ich viel Zeit hatte. Sie wurden mit dem Pinsel bemalt, schließlich mit den Decals versehen und mit mattem Klarlack überzogen. Nur die Brückenfenster wurden mit Glanzlack betont.
Der Rumpf der Ocean ist das komplexeste Bauteil. Er wurde von den Angüssen befreit, versäubert, grundiert und mit Schwarz für den Wasserpass, Hellgrau für die senkrechten und Dunkelgrau für die waagerechten Flächen lackiert. Auch hier wurde viel mit dem Pinsel gearbeitet. Ein Novum für mich waren hier die Abreibemarkierungen für das Deck, die sich sehr gut verarbeiten ließen. Ich halte sie den Decals von der Verarbeitung her für deutlich überlegen. Die kompletten Decksmarkierungen waren in einer guten halben Stunde aufgebracht. Lediglich einige kleine Passprobleme mussten korrigiert bzw. kaschiert werden.
Von nun an war der Bau des Modells hauptsächlich eine Geduldsübung. Ich arbeitete mich durch die verschiedenen Stufen der Bauanleitung durch, wobei ich deren Reihenfolge öfters ignorierte. Soweit möglich, wurden Baugruppen getrennt erstellt und erst am Modell befestigt, sobald es sinnvoll erschien. Wie stets wurde vom Zentrum zur Peripherie hin gearbeitet, um möglichst wenig bereits angebaute Teile durch Ungeschicklichkeiten zu beschädigen. Die schiere Fülle an Baugruppen bewirkte, dass es wochenlang keine wirklich fühlbaren Fortschritte gab. Das wirkt stets frustrierend. Aber wie stets schwang das Pendel irgendwann herum und ich begann, Teile am Rumpf zu befestigen. Hier wurde es nochmals öfters, äh, herausfordernd. Besonders die fotogeätzten Scheinwerfergerüste und die ausgesprochen filigranen Plattformen mit ihren Relings forderten alle Geduld.
Schließlich war das Schiff soweit fertig und ich konnte das Deck beleben. Das Bordgeschwader aus dem Bausatz ist eher dürftig, und Fahrzeuge fehlen. Ich besorgte mir daher aus dem Programm von WEM Fahrzeuge und zusätzliche Sea Kings von Orange Hobby. Letztere waren zwar keine richtigen Royal Navy-Typen, aber ein Streifzug durchs Internet zeigt, dass praktisch alle Drehflügler der britischen Streitkräfte schon einmal auf dem Deck der Ocean zu Gast waren – also machte mir das gar nichts aus. Eine Anzahl fotogeätzter Figuren von Lion Roar belebte schließlich das Deck, und nach einem abschließenden Mattlacküberzug konnte ich alle drei Schiffsmodelle auf meiner Basis befestigen. Verbleibende Spalten wurden mit Acrylgel verschlossen und zum guten Schluss die Haube über die spinnwebfeinen Modelle gestülpt.
Fazit
Ein paar Ätzteile waren überätzt und von daher nicht verwendbar. Die Ätzteilplatinen sind sehr knapp um die Teile geätzt, das erschwert das Heraustrennen. Die Anleitung ist teils in einem eher willkürlichen Englisch gehalten. Das Resin erfordert eine spezielle Vorbehandlung, sonst gibt es irgendwann ein langes Gesicht. Das Bordgeschwader ist zu klein.
Aber wer sich auf den Bausatz einlässt, wird bei entsprechender Geduld mit einem wirklich weitreichend detaillierten Modell belohnt. Die Form dieser modernen Schiffe ist nicht nach jedermanns Geschmack, viele Freunde klassischer Kriegsschiffe werden sie ohne großes Zögern als grottenhässlich bezeichnen. Trotzdem ist die Ocean ein effizienter und funktioneller Entwurf, der seine Aufgabe gut erfüllt. Und mir gefällt sie sogar!
Frank Spahr
VMF-06 German Gamblers
(Text über Original von Lars)