Das Original

Die Schoneryacht America gewann im Sommer 1851 den prestigeträchtigen „100 Sovereign Cup“ des Königlich-britischen Yachtclubs bei einem Rennen rund um die Isle of Wight. Später wurde die Trophäe zu Ehren dieser Yacht in „America´s Cup“ umbenannt. Es ist heute noch einer der weltweit wichtigsten Segelwettbewerbe. Die Yacht wurde 1851 auf Long Island im US-Staat New York erbaut und von einem Konsortium aus dem New Yorker Yachtclub finanziert. Zweck des Unternehmens war es, Werbung für den amerikanischen Schiffbau zu betreiben, und Preisgelder in Europa zu gewinnen. Nach dem Sieg vor der Isle of Wight wurde die Yacht rasch verkauft und ging in Europa durch mehrere Hände.

Im amerikanischen Bürgerkrieg wurde sie von den Südstaaten angekauft und als Blockadebrecher verwendet. Sie musste jedoch von ihrer Besatzung selbst versenkt werden. Die Nordstaaten hoben das Schiff, bewaffneten es mit drei Kanonen und nutzten es zur Jagd auf Blockadebrecher. Nach dem Krieg wurde die America weiter verkauft, umgetakelt und zeitweise in Rennen gesegelt. Ihr Zustand verschlechterte sich jedoch, bis sie von einer eigens gegründeten Stiftung angekauft wurde. Der fehlte jedoch letztendlich das Kapital zu einer Sanierung, und so wurde die Yacht der US-Marineakademie in Annapolis gestiftet. Auch dort wurde sie jedoch nicht saniert, sondern nur eingelagert. Ihr Ende kam 1942, als der Schuppen, in dem sie gelagert wurde, in einem Schneesturm über ihr zusammenbrach. Die Überreste wurden 1945 abgebrochen. Heute existieren mehrere Nachbauten der America, eine davon, die Skythia, in Rostock.

Eine willkommene Wiederauflage

Baubericht Revell 1:56 Yacht „America“
Bausatz Nr. 05416-0379
175 Teile aus braunem Polystyrol
tiefgezogene Segel
braunes und schwarzes Takelgarn
Ankerkette
Papierflaggen
Verkaufspreis ca. 40,- €

Dieser Bausatz wurde von Revell zuerst im Jahr 1969 als reine Rennyacht produziert. Seither wurde er mehrmals wieder aufgelegt. Zuerst 1974 mit Bewaffnung unter dem Namen „Civil War Blockader“, dann 1992 wieder als Yacht America. Danach war der Bausatz lange Jahre nicht im Programm, bis er 2016, jetzt wieder mit Bewaffnung, als „USS America“ produziert wurde (siehe Bausatzbesprechung). Die Zeit hat den Formen wenig geschadet, alles ist sauber wiedergegeben, bis auf einige Sinkstellen an besonders dicken Plastikteilen. Sehr schön ist das kupferbeschlagene Unterwasserschiff. Die Segel sind Revell-üblich tiefgezogen. Ich persönlich bin mit ihnen zufrieden, obwohl ich weiß, dass viele Segelschiffsbauer hier prinzipiell zur Eigenanfertigung greifen. Wer das bevorzugt, kann die Bausatzsegel zumindest als Schablone benutzen. Das firmentypische Takelgarn liegt in beige und schwarz bei. Auch eine (etwas dicke) Ankerkette ist vorhanden. Die Bauanleitung ist durchgehend farbig und weitgehend klar gehalten. Schon aus dem Kasten ergibt das ein sehr dekoratives und recht großes Modell von ca. 75 cm Länge und 57 cm Höhe (mit Ständer). Die geringe Anzahl der Segel macht diesen Bausatz zu einem der einfacheren Segelschiffbausätze von Revell. Der Maßstab von 1/56 entspricht praktischerweise dem weit verbreiteten Figurenmaßstab von 54 mm. Von daher sollte es passende Figuren für eine Besatzung geben.

Was kann bleiben, was soll anders werden?

Wie meist bei älteren Bausätzen ist natürlich auch hier noch Luft nach oben, je nach Kenntnissen über das Original, eigenen Ansprüchen und Fähigkeiten. Für mich sollte es ein dekoratives Modell in einem Schaukasten werden, mit vollem Rumpf auf einem Ständer. Ich wollte die schönen Linien des Rumpfes und des Riggs zeigen. Bei einem solchen Modell verzichte ich auf Alterungen und auf eine Besatzung. Ich entschloss mich, ohne großes Vorbildstudium nur den Bausatz etwas zu verfeinern. Besonders störte mich das sehr großflächige und gut einsehbare Deck. Es zeigte lediglich recht dicht beisammen liegende Längsrillen, aber keine glaubhaften Plankenstöße. Ich sah nicht, wie ich hier durch Bemalen einen ansprechenden Effekt erzielen konnte. Deshalb sollte das Deck neu beplankt werden, und zwar aus Kunststoffleisten. Zudem entschloss ich mich, das Takelgarn durch solches aus dem Zubehörhandel auszutauschen. Dieses wurde auf einer Rolle geliefert und hatte von daher nicht die für das Revellmaterial typischen Knicke. Das war mir wichtig, weil Plastikmasten sich leicht verbiegen und ich den Zug der Takelung begrenzen wollte. Das Garn von Krick musste ich weniger spannen, um es gerade zu bekommen. Von Aeronaut erstand ich aus Holz gedrehte Juffern für die Wanten. Diese sind auch gut sichtbar und sollten das Modell aufwerten. Die zahlreichen Blöcke aus dem Bausatz benutzte ich. Auf der Euro Model Expo in Lingen erstand ich schließlich einen ansehnlichen Sockel aus Holz. Schließlich schaute ich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder in „Historische Schiffsmodelle“ von Wolfram zu Mondfeld. Das war eins der Lieblingsbücher meiner Jugend, wurde x-mal aus unserer Stadtbücherei ausgeliehen, und erst viele Jahre später, als es eine preiswerte Wiederauflage gab, gekauft. Es ist eine Art Bibel für den Bau von Segelschiffsmodellen, und wer es wirklich ernst meint, findet hier sehr, sehr viele Informationen.

Es beginnt mit Schweißdraht

Ich begann den Bau des Modells, indem ich im Baumarkt Schweißdraht von 1,5 mm Durchmesser kaufte. Dieser ist sehr stabil und noch gut zu schneiden. Ich benutzte ihn zur Verstärkung der Masten, indem ich Stücke davon in eine der Masthälften einklebte. Ein weiteres Stück wurde zurechtgebogen und sehr fest in den Rumpf eingelassen. Die Überstände habe ich passend zurechtgeschnitten, dass der Rumpf auf meiner Bau-Helling sicher und in Waage stand. In den Holzsockel ließ ich passend abgelängte Messingrohre ein, die nach Fertigstellung die aus dem Rumpf ragenden Drahtenden aufnahmen.

Parallel dazu wurden die Aufbauten, Masten und Gaffeln versäubert, grundiert und bemalt. Auch die Blöcke wurden versäubert, einseitig von den Gussrahmen getrennt und vorbemalt. An dem runden Oberlicht wurden die Glasscheiben ausgesägt und die Ausschnitte versäubert.

Ziemlich zügig stand der Rumpf samt Deck im Rohbau, und es ging ans Bemalen. Nach Entfetten mit Feuerzeugbenzin wurde das Modell mit einer hellgrauen Grundierung aus dem Autolackhandel gespritzt. Danach spritzte ich die später weißen Bereiche mit PU Primer von Vallejo. Es folgte einiges an Abkleben, besonders an der Wasserlinie und den Aufbauten.

Das Überwasserschiff wurde nun mit Vallejo PU Primer schwarz gespritzt. Die Innenseiten der Schanzkleider und die Sockel der Aufbauten wurden mit dem Pinsel braun gestrichen, das Deck schwarz. Die schwarze Farbe sollte bei eventuellen Spalten zwischen der Beplankung aussehen wie eine Kalfaterung. Das Cockpit erhielt einen schwarzen Wash, um das Holzgitter auf seinem Boden anzudeuten. Die Sitzbank im Cockpit wurde weinrot gestrichen und ebenfalls mit einem schwarzen Wash betont. Nach Abkleben des Überwasserschiffs konnte ich dann das Unterwasserschiff mit AK Interactive Xtreme Metal in Kupfer spritzen. Das funktionierte sehr gut. Die Goldverzierungen wurden mit AK Interactive True Metal gestrichen und dann leicht poliert.

Aus Kunststoff mach Holz

Nun kam das, worauf ich mich am meisten gefreut hatte – das Beplanken des Decks. Im Mondfeld schaute ich nach glaubhaften Plankenmaßen, und kam auf ca. 15 cm Breite bei vollen 6 Metern Länge. Für das Modell entschied ich mich schließlich für Planken von 2,5 mm Breite bei 10 cm Länge.

Nach langem und erfolglosem Suchen nach Fertigprodukten schnitt ich mir schließlich eine nicht ganz geringe Menge an Planken aus einem Bogen von 0,25 mm Polystyrol zurecht und klebte sie auf Blöcke aus Styrodur. Die Planken wurden nun zuerst in Längsrichtung durch Schleifen mit groben Sandpapier angerauht. Nun wurden sie aus der Spraydose grundiert und jeweils zur Hälfte mit zwei recht ähnlichen Beigetönen vorlackiert. Dadurch ergab sich schon einmal eine gewisse Abwechslung in der späteren Holzfarbe. Nun wurden die Planken mit zwei verschiedenen Ölfarben unregelmäßig trocken gemalt. Dadurch ergab sich der gewünschte Holzeffekt.

Für mich ist diese Technik vom Effekt her angenehmer zu steuern als die Verwendung von Echtholz. Ich vermeide auch eine eventuelle spätere Schrumpfung, und das Material lässt sich problemlos verkleben. Ich benutze hierfür Sekundenkleber, um ein Anlösen der Farbe beim Verkleben zu vermeiden. Das eigentliche Beplanken war arbeitsaufwendig und dauerte seine Zeit, aber es war nicht wirklich schwierig. Ich suchte mir immer Planken mit unterschiedlichen Farben aus, um nachher ein angenehmes Gesamtbild zu erreichen. Zu den Rändern hin wurde es natürlich fummelig und kniffelig, aber es gibt Schwierigeres im Schiffsmodellbau.

Ich hatte mir die Stellen, an denen später Blöcke zu befestigen waren, während des Beplankens markiert und dort Löcher gebohrt. Den Aufstellort des Bratspills hatte ich beim Beplanken ausgespart. Nach dem Beplanken klebte ich das Spill sicher ein und befestigte die Blöcke am Deck. Hierzu eignete sich ideal schwarzer Kupferdraht von 0,3 mm Durchmesser, der unter dem Markennamen Little-Cars vertrieben wird.

Vom Deck zur Takelung

Erst jetzt wurde mir klar, dass das Modell zwar ein Bratspill und Anker hatte, aber keine Öffnungen im Deck, durch die die Ankerkette in den Kettenkasten im Rumpf kommen konnte. Also bohrte ich passende Löcher und passte in diese Stücke aus Kunststoffrohr ein, die ich metallfarben gestrichen hatte.

Die Kranbalken und fast alle anderen Decksausrüstungen wurden jetzt auch angebracht. Die Anker wurden mit AK Interactive True Metal in Gun Metal gestrichen und mit einer dünneren Kette angebracht.

Jetzt wendete ich mich den Segeln zu. Diese wurden auf dem Vaku-Bogen grundiert und segeltuchfarben gespritzt, wobei ich auf eine gewisse Abwechslung achtete. Daraufhin wurden sie ausgeschnitten. An diesem Punkt entschloss ich mich, die sehr zahlreichen Reffbändsel nicht nur farbig am Segel zu markieren, sondern anzufertigen. Das kostete reichlich Zeit, war es aber im Nachhinein wert. Ich benutzte hierzu das Revell-Takelgarn, aus dem ich mir deutlich über 100 Stücke schnitt, mittig verknotete, in durch die Segel gebohrte Löcher einließ, auf der anderen Seite erneut verknotete, und dann ausrichtete und zuschnitt.

Nun setzte ich die vorbereiteten Masten und den Bugspriet probeweise ein. Dabei sah ich, wie groß das Modell eigentlich war, und ich war unzufrieden mit dem Winkel des Bugspriets. Dieser lag praktisch parallel zur Wasserlinie, und das sah für mich nicht schön aus. Er ließ sich aber nicht anders befestigen, und es sah einfach so aus, als sollte es so sein. Ich war mir wirklich unsicher, wie ich damit verfahren sollte, und diese Unsicherheit trug zu einer mehrmonatigen Baupause bei.

Der zweite Anlauf

Versehen mit frischer Motivation und dem Willen, das Projekt fertig zu stellen, setzte ich mich eines Tages hin und begann, die Segel an die Masten anzuschlagen. Leider musste ich dabei feststellen, dass das Gaffelsegel am Großmast zu klein war, um zwischen Gaffel und Gaffelbaum zu passen. Am Ende sah ich mich gezwungen, die Gaffel vom Mast zu lösen und entsprechend tiefer wieder anzubauen. Das war knifflig und der Stabilität des ohnehin schon dünnen Teils nicht förderlich.

Ich wollte die Segel etwas realistischer anschlagen als in der Bauanleitung beschrieben, also bohrte ich zahlreiche Löcher. An den Gaffeln befestigte ich sie mit beigem Takelgarn, an den Masten bog ich mir aus geschwärztem Blumendraht Ringe, die ich um die Masten wand. Die an die Masten angespritzten Zurrpunkte für die Segel entfernte ich zum Großteil.

Nachdem diese Arbeit getan war, musste ich ernsthaft mit dem Takeln loslegen, und der Anfang musste am stehenden Gut des Bugspriets liegen. Je mehr ich mir den Winkel des Bugspriets ansah, umso weniger gefiel er mir. Also schaute ich mir im Internet jede Menge Bilder der America an, sowohl zeitgenössische als auch Bilder von Modellen. Nirgendwo war der Bugspriet so platt wie meiner, alle folgten elegant dem Schwung des Schanzkleides. Also trennte ich schweren Herzens den Bugspriet ab und klebte ihn direkt auf das Deck. Jetzt sah es stimmig aus!

Der Endspurt

Von nun an ging es recht zügig. Bis auf die Tatsache, dass ich während meiner Baupause leider eine ganze Zahl Blöcke verloren hatte. Glücklicherweise stellte mir Revell sehr schnell, unkompliziert und kostenfrei Ersatz zur Verfügung, vielen Dank dafür!

Nun wurden die Blöcke an den Masten befestigt, und als alles vorbereitet war, konnten die Masten fest eingeklebt werden. Nach gründlichem Durchtrocknen takelte ich das Schiff Stück für Stück durch, zuerst das stehende, dann das laufende Gut, ohne jedoch die Enden der einzelnen Leinen schon festzukleben. Ich gab mit Wäscheklammern etwas Zug auf jede einzelne, mit dem Ziel, die Kräfte zwischen den einzelnen Leinen möglichst auszubalancieren. Die beiden Klüversegel wurden mit Ringen aus dem oben erwähnten 0,3 mm-Kupferdraht angeschlagen.

Trotz aller Vorsicht war am Ende der Zug für beide Gaffeln zu viel und führte zu Brüchen im Material. Ebenso verstohlene wie freigiebige Anwendung von Sekundenkleber sorgte jedoch für Abhilfe. Schließlich belegte ich eine Leine nach der anderen mit Sekundenkleber und schnitt die Überstände ab. Schon bald waren alle Wäscheklammern vom Modell verschwunden. Ich verbrachte nun einen Nachmittag damit, nachgemachte aufgeschossene Tauenden zu produzieren, die ich an den jeweiligen Belegpunkten befestigte. Nachdem das erledigt war, erhielt das Modell oberhalb der Wasserlinie bis in die Takelung einen Überzug aus mattem Acryl-Klarlack (ich bevorzuge den von Winsor & Newton aus der Galleria-Serie), um Kleberspuren abzudecken und eine einheitliche Oberfläche zu erzielen. Das runde Skylight, das seit einigen Monaten auf seinen Einsatz wartete, wurde als letztes Teil verarbeitet. Es wurde mit Weißleim klar verglast und dann aufgeklebt. Nun konnte ich das Modell von seiner Helling abnehmen und auf den endgültigen Sockel setzen. Eine maßgefertigte Acrylglashaube der Firma Sudu nahm das fertige Modell auf und schützt es sicher vor Staub.

Fazit

Mein erstes Modell mit Segeln seit 1983 gefällt mir gut, ist ein schöner Zimmerschmuck und eine schöne Abwechslung zu den vielen grauen Pötten in meiner Sammlung. Ich freue mich über diese Wiederauflage und bin mir sicher, dass viele Modellbauer daran Spaß haben werden. Besonders freut mich an diesen alten Bausätzen, dass jeder von uns frei darin ist, welche Veränderungen gegenüber der Basis wir für wichtig halten und umsetzen wollen. Damit ist jedes einzelne Modell wirklich unsere individuelle Leistung.

Frank Spahr