Das Original

Die „Marine Branch“ der britischen Luftwaffe betrieb während des Zweiten Weltkriegs eigene Schnellboote zur Rettung von Fliegern auf See. Nach Anfängen mit wenig geeigneten und langsamen Booten wurden seit den frühen 1930er Jahren immer schnellere und leistungsfähigere Rettungsboote gebaut. Sie waren von der Rumpfform an zeitgenössische Torpedoboote angelehnt, die Entwicklung fand bei der British Powerboat Co. in Hythe statt. Nach ersten Kriegserfahrungen wurden 69 Einheiten des verbesserten Type 2 63 ft. HSL (high-speed launch) gebaut. Diese Boote wurden wegen der typischen Form des Decks und der Aufbauten auch „Whalebacks“ genannt.

Mit drei 500 PS Napier Sea Lion-Motoren erreichten sie 36 Knoten, ihre Reichweite betrug 500 Seemeilen. Die Boote waren von Anfang an bewaffnet; sie erhielten zwei Waffenstände von Vickers, wie sie derzeit in Bombern eingebaut wurden, mit jeweils einem 7,7-mm-MG. Später wurden zusätzliche Zwillings-MG nachgerüstet und auf dem Achterschiff eine 20-mm-Oerlikon-Maschinenkanone geführt. Die Besatzung bestand aus neun Personen.

Neben dem Haupteinsatzgebiet in Kanal und Nordsee wurden HSL weltweit dort eingesetzt, wo die RAF tätig war. Insgesamt rettete der Air Sea Rescue Service während des Zweiten Weltkriegs 8000 Soldaten und 5000 Zivilisten das Leben.

Der Bausatz

Mit einem Coypright von 1978 ist dieser Bausatz einer der späteren Vertreter der klassischen Airfix-Kits. Mein Exemplar entstammt der Wiederauflage von 2005, die letzte Wiederauflage war 2013. Derzeit ist der Bausatz nicht im Programm.

Der Bausatz umfasst 155 Einzelteile aus grauem und klarem Polystyrol, Decals für drei verschiedene Boote sowie eine Flagge aus Papier. Die Teile sind sauber gespritzt mit nur wenigen Sinkstellen, und die Passung ist erfreulich gut. Vier Figuren sind enthalten. Der Großteil der Teile ist gut verwendbar; die Teile für den Mast sind materialtypisch weich und werden sich bei Anbringen der Takelung leicht verziehen. Die hälftig geteilten Klarsichtteile für die Waffenstände sind eher dick und haben kräftige Aufnahmen für die Montagestifte der MG. Die Schusswinkelbegrenzer, die um die Türme verlaufen, sind massiv wiedergegeben anstatt als Relings. Die Rumpfwände sind glatt, am Heckspiegel sind Auspufföffnungen, aber keine Kühlwasserauslässe angebracht.

Alles in allem eine sehr erfreuliche Grundlage für ganz altmodischen Bastelspaß.

Der Bau des Modells

Zuerst überlegte ich mir, wie ich das Boot darstellen wollte. Ich wollte gern eine Rettung eines Piloten aus einem Dinghi zeigen. Nachdem ein Modellbaufreund mir einen Tipp gegeben hatte, bestellte ich ein Figurenset von CMK für das Gato-Unterseeboot von Revell, das zwei Matrosen und einen US-Piloten im Dinghi enthält. Letztendlich benutzte ich aber das Dinghi aus dem Airfix-Bausatz, weil es mir spontan besser gefiel. Der Pilot konnte so bleiben wie er war, für die Matrosen fertigte ich britische Helme aus Abgüssen einer Airfixfigur an. An den falschen Uniformen änderte ich nichts.

Am Boot wurden zuerst die Rumpfteile zusammengebaut und am Deck die Aufbauten angepasst. Hier fanden sich zwei Stellen, an denen ich leicht spachteln musste. Die Rumpfwände wurden graviert, um die diagonale Beplankung anzudeuten. Am Heck brachte ich Metallröhrchen an, um die Kühlwasserauslässe zu simulieren. In den Rumpfboden klebte ich ein Kunststoffprofil ein, um Halt für meine Montageschrauben zu erhalten.

Ich wollte mir die Arbeit bei der Lackierung erleichtern. Deshalb ersetzte ich die Frontscheibe des Ruderhauses durch Streben aus Kunststoffprofil. Für die Schleuderscheiben benutzte ich fotogeätzte Handräder passender Größe, bei denen ich die Speichen bis auf eine herausgesägt hatte. Die Streben der ebenfalls verglasten Rückwand wurden auch aus Kunststoffprofilen ersetzt, die ich am Dach des Ruderhauses befestigte. Die achterliche Verglasung schnitt ich aus einem Stück Blisterpackung zu, so dass ich sie nach dem Lackieren anbringen konnte. Die vorderen und seitlichen Scheiben würden aus Weißleim entstehen. So würde ich nachher alles vorlackieren können, ohne mir Sorgen um die Klarsichtteile zu machen.

Parallel dazu arbeitete ich an diversen Baugruppen. Ich wollte ein spätes Boot mit voller Bewaffnung bauen. Die Oerlikon gefiel mir sehr gut, und nur ein paar Ätzteile aus dem Fundus und ein Stück Metallröhrchen für die Mündung wurden benötigt. Aufwendiger war es den Mast und die achtere Antennenhalterung nachzubauen, aber es lohnte sich. Die Schusswinkelbegrenzer mussten aus weichgeglühtem Messingdraht sowie Kunststoffprofil komplett neu gebaut werden, sehen jetzt aber auch erheblich vorbildgetreuer aus.

Der Großteil der übrigen Bauteile wurde aus dem Kasten gebaut, an den Munitionskisten fügte ich geätzte Scharniere und Riegel aus übrig gebliebenen Ätzteilen hinzu. Auf dem Vordeck müssen zwei der Lüfter entfernt werden, um das große rot-weiße Schachbrettdecal anbringen zu können. Nach dem Aufbringen des Decals mussten sie dann wieder angebracht werden.

Die Bemalung

Die Bauteile wurden schwarz mit Stynylrez grundiert, und darüber wurde ein kräftiges Rot für das Unterwasserschiff aufgetragen – dadurch ergab sich das typische Ziegelrot von selbst. Nach Abkleben wurden Deck und Aufbauten unregelmäßig mit drei Grautönen lackiert, um schon eine gewisse Abnutzung des Decks anzudeuten und den Gesamteindruck etwas lebhafter zu gestalten. Die umlaufende Scheuerleiste habe ich ohne Beweis dafür holzfarben bemalt – weil ich fand, dass es gut so gewesen sein könnte und es schöner aussah. Die angegossenen aufgeschossenen Rettungsnetze habe ich beige bemalt und mit einem braunen Wash versehen. Ähnlich lief es bei den Teilen für die Splitterschutzmatten an den Aufbauten, mir war es lieber, dass diese sich farblich von den Aufbauten abhoben.

Waren die kompletten Decks der frühen Boote noch gelb lackiert, um aus der Luft gut erkennbar zu sein, beschränkte sich die gelbe Farbe 1944 auf des Dach des Ruderhauses. Das war mir ganz recht, da ich hierfür nichts mehr abkleben musste. Das eine oder andere an Washing mit brauner Ölfarbe nutzte ich auch hier zur Betonung.

Die teils recht großen Decals wurden auf vorher mit Future geglänzter Oberfläche aufgebracht, und sie funktionierten recht gut mit Micro Set und Micro Sol. Sie wurden nach dem Aushärten zuerst mit Future und dann mit mattem Klarlack versiegelt.

Basis und Fertigstellung

Die Basis entstand wie üblich bei mir früh im Projekt, in meiner Methode aus einem Stück Styrodur, auf dem das Wellenbild mit einem Gasbrenner angelegt wurde und das Boot in einen Ausschnitt mit Anschlussacryl eingepasst wurde. Letztendlich fertigte ich zwei Basen an, kehrte aber zur ersten zurück, weil mir die See direkt um das Boot herum bei der zweiten zu aufgewühlt war. Die letztendlich verwendete Basis hat ruhigeres Wasser um das Boot, und nur Gischt achteraus, wo die Motoren laufen. Das Dinghi wurde an einer passenden Stelle in die Basis eingesetzt und das umgebende Wasser etwas aufgehellt. Nach dem Glänzen der Basis konnten ein paar Gischteffekte mit klarem Acrylgel angebracht werden, das mit weißer Künstlerölfarbe trockengemalt wurde.

Am Boot wurden jetzt die Baugruppen angebracht und mittels Washing und Ölfarben ein paar Abnutzungsspuren angebracht, ohne es damit jedoch zu übertreiben. Nachdem die Masten gesetzt waren, konnte ich das Boot takeln, wobei es zu einer Premiere für mich kam: Meine ersten Reusenantennen, auf Englisch „Cage aerials“. Ich verfuhr nach der sehr einleuchtenden und gut beschriebenen Methode von Ulf Lundberg hier auf dieser Seite, wobei ich allerdings nie die Nerven und das Geschick hätte, so etwas in 1/350 zu wagen. So ging es jedenfalls recht gut, und ich finde, die Teile sehen stimmig aus.

Nachdem alles angebracht war, überzog ich das Boot mit einem Mattlacküberzug, um die Oberfläche zu homogenisieren. Nun konnte ich die Verglasungen anbringen. Die Rückscheibe des Ruderhauses wurde zuerst angebracht, darauf folgte dessen Dach. Für die zahlreichen kleinen Bullaugen benutzte ich Canopy Glue, einen feinen Weißleim, ebenso für die Frontscheibe. Hier nutzte ich einen Pinsel mit extra langen Haaren, einen sogenannten Schlepperpinsel.

Die Flagge ersetzte ich auf Anraten von Jim Baumann durch ein selbst auf Zigarettenpapier gedrucktes Exemplar, das viel dünner ist und der leichten Brise entsprechend realistischer wiedergegeben werden kann. Das Boot wurde mit Acrylgel auf der Basis befestigt.

Die Figuren wurden mit matt trocknendem Weißleim angebracht, einer der Sailors hat dem Piloten gerade eine Rettungsleine zugeworfen. Damit war ich nun wirklich fertig.

Quellen

Fazit

Das war für mich ein sehr erfreuliches Projekt, bei dem ich genau so basteln konnte, wie ich es gern mag. Mir gefällt das Resultat gut, und es ist ein eher selten gezeigtes Modell. Ein Schwachpunkt sind sicherlich die verglasten Waffenstände. Eine richtig schöne Lösung wäre aus meiner Sicht aber nur ein komplettes 3D gedrucktes Rahmenwerk. Das ließe sich entsprechend lackieren und nachher mit Weißleim schön verglasen...

Frank Spahr