Das Original

Die niederländische Smit-Reederei ist eine der ganz großen im Geschäft mit allem, was mit Schleppern zu tun hat. Gegründet 1842, ist die Firma neben dem Betrieb von Hafenschleppern auch im Bergungsgeschäft aktiv und hat bei einigen der bekanntesten Schiffsunglücken Hilfe geleistet. Die Smit Frankrijk gehörte zu einer Hafenschlepperklasse aus den frühen achtziger Jahren.

Der Bausatz

Revell Bausatz Nr. 05209, derzeit nicht im Programm

Der Bausatz umfasst Teile aus weißem und schwarzem Spritzguss sowie einen Decalbogen für alle Schiffe der Klasse. Die Länge des fertigen Modells beträgt gute 14 cm.


Mein Modellbaukollege Wolfgang Kring hat mir diesen Bausatz vor einigen Jahren freundlicherweise zukommen lassen. Er hatte die Hoffnung, ich würde ihn einmal in einem Diorama mit der riesigen Bohrinsel von Revell einsetzen. Es ist allerdings mittlerweile abzusehen, dass ich nicht die Zeit oder den Platz für dieses Projekt haben werde. Das musste ich mir vor einiger Zeit eingestehen, als ich den Bohrinsel-Bausatz tatsächlich auspackte. Ich schaute mir die Spritzlinge an, schätzte die erforderliche Größe der Basis ab und versuchte auszurechnen, was ich allein für fotogeätzte Relings dafür ausgeben würde müssen. Das wirkte ernüchternd. Vom Stauraum mal ganz abgesehen. Also war der Schlepperbausatz sozusagen vakant.

Ich habe jedes einzelne Modell von Spyros Stroboulas auf modelwarships.com bewundert. Er baut wunderbar atmosphärisch verranzte griechische zivile Schiffe, wie sie in Häfen liegen, und es ist offensichtlich, dass der Mann versteht, was er da tut.

Ich hingegen bin eine echte Landratte und Theoretiker, aber ich wollte einmal auch so ein Projekt versuchen. Klein und einfach und aus dem Kasten sollte es sein, da kam mir der Schlepper wie gerufen. Zumal ich seit einiger Zeit einen Styrodurschneider besitze und den gerne einsetzen wollte.

Der Bausatz wurde laut Scalemates.com 1984 von der japanischen Firma IMAI herausgebracht, die bis heute einen sehr guten Ruf besitzt, und später von Revell vertrieben. Der Bausatz umfasst ein Vollrumpfmodell des Schleppers samt eines Ständers für das Modell. Die Teile sind sehr sauber gespritzt und schön detailliert. Klarsichtteile für die großen Brückenfenster fehlen. Der kleine Decalbogen enthält die typischen Smit-Schornsteinmarkierungen sowie die Namen für die Schiffe dieser Klasse. Zu den Decals später.

Der Bau des Modells

Zuerst machte ich mir Gedanken darüber, wie ich das Modell präsentieren würde. Ich schaute mir einiges an Bildern aus Häfen und von Schleppern an, ein paar hatte ich bei einer Hafenrundfahrt in Hamburg sogar selbst aufgenommen. Schließlich kristallisierten sich zwei Möglichkeiten heraus: Entweder würde der Schlepper in einem eher altmodischen Trockendock liegen oder auf einem Slipwagen. Für beides fand ich Belege. Da ich mich nicht entscheiden konnte und weil ich doch meinen Styrodurschneider nutzen wollte, baute ich einfach beides. Die Grundfläche passte ich an eine Displaybox an, die ich liegen hatte und deren Größe ich praktisch ideal fand. Dazu mehr später.


In wenigen Stunden hatte ich alle Komponenten für die beiden Basen zurechtgeschnitten und mit Weißleim verklebt. Besonders freute es mich, dass ich die geneigte Fläche für die Slipway problemlos schneiden konnte. Das hätte ich ohne dieses Werkzeug nicht hinbekommen können. Die Oberflächen nach dem Schneiden hatten auch ein Maß an Rauhigkeit, wie es mir stimmig vorkam. Die Poller sind Resinteile von L'Arsenal, die Leitern und die Geländer für die Gangway generische Ätzteile von Saemann. Eine Winde für die Slipway fand sich auch irgendwo in der Grabbelkiste. Die Schienen und den Slipwagen als solcher baute ich mir aus diversen Evergreen-Profilen, mit Tamiya Extra Thin verklebt. Das machte durchaus Spaß und ging schneller als erwartet. Lediglich das Anpassen der Stützen an den Rumpf erforderte bei beiden Basen etwas Geduld.


Nachdem ich mir Löcher für die Bauschrauben in den Rumpfboden gebohrt hatte, klebte ich das Deck ein. Wie üblich suchte ich mir parallel dazu Teile aus, die ich zu Baugruppen zusammen bauen und versäubern konnte. Das waren die Aufbauten, die Schornsteine, die Winschen und noch etwas mehr. Generell passte alles bei diesem Bausatz extrem gut, Hut ab vor den Entwicklern von IMAI. Ich habe auch keins der Bausatzteile ersetzt, eine Premiere. Hinzugefügt zum Modell habe ich Opferanoden, die ich auf Vorbildfotos ausgemacht hatte.

Schließlich, und nach gar nicht mal so langer Zeit, hatte ich meine Bauteile fertig zum Grundieren.


Hier arbeitete ich mehr oder weniger parallel an den Basen und am Modell. Um alles alt und rostig und verranzt aussehen zu lassen, mussten die Farben gedämpft sein, und ich konnte endlich mal mit Salz Farbabplatzer simulieren. Die Technik ist zwar mittlerweile bestimmt völlig aus der Mode gekommen, aber ich war noch bei keinem Trend vorne dabei, also war mir das egal.

Als Grundierung benutzte ich Stynylrez schwarz, einen exzellenten Primer, der optimal am Kunststoff haftet, eine super Oberfläche ergibt, optimal verschleifbar ist und dazu wasserbasiert. Die schwarze Farbe dämpft zudem alle weiteren Farben darüber, sehr praktisch. Als nächstes benutzte ich Vallejo ModelAir Fire Red, das automatisch zu einem stumpfen Ziegel- bzw. Rostrot wurde. Damit die Farbabplatzer dieses Rostrot freilegten, war jetzt der optimale Moment, Jodsalz im Mörser zu zerreiben und auf das angefeuchtete Modell zu streuen.


Am Rumpf war so einiges abzukleben, glücklicherweise hielt die Farbe sehr gut und ich kam sehr erfreulich voran. Die Innenseite des Schanzkleids ist beige, das Deck grün, und reedereitypisch ist die Außenseite des Schanzkleides im Bugbereich blau und gelb. Dazu der schwarze Rumpf und das ziegelrote Unterwasserschiff. Also einige Spritzgänge, vorzugsweise in der richtigen Reihenfolge, und das eine oder andere abzukleben. Schön wurde es, als ich begann, das Salz abzureiben, und tatsächlich das Rostrot auftauchte. Am Rumpf benutzte ich zusätzlich noch Künstlerölfarben, und für den festgepappten Matschglibberbewuchs unter der Wasseroberfläche mischte ich Backpulver mit beiger Acrylfarbe. Das wurde mit einem Stückchen Schwamm aufgebracht und nach dem Trocknen mit einem Glasfaserradierer zusätzlich verwurstet. Schwämmchen erwiesen sich auch beim Altern mit Ölfarbe als sehr nützlich. Algenbewuchs direkt achtern an der Wasserlinie simulierte ich mit fieser grüner Acrylfarbe.


An den Aufbauten lief es ähnlich ab. Schwarze Grundierung, rote Farbe, Salz und dann weiße Farbe. Ich musste nur die Relings vor dem Bemalen anbringen und die Übergänge versäubern – das erforderte kniffliges Abkleben der grünen Decks mit zahlreichen Stückchen Klebeband, bevor ich mit der weißen Farbe loslegen konnte. Die Handläufe habe ich mit mittelbrauner Acrylfarbe gepinselt und dann mit dunklerer Ölfarbe trockengemalt. Die oberen Glasscheiben an der Brücke, die im Bausatz nur angedeutet sind, habe ich mit transparenter grüner Farbe bemalt, das war nicht einfach, weil das Zeug kaum deckt, aber mit etwas Geduld und vielen Ausbesserungen ging es.


Die Basen wurden ebenfalls schwarz grundiert und dann mit braun und rot unregelmäßig übernebelt, bis sich ein stimmiges Bild einstellte. An der Slipway kamen neben Pigmenten auch Granulate zum Einsatz. Die Schienen erhielten leichte Betonungen mit Metallpigmenten. Eine „Pflanze“ aus static grass fügte ich in den Winkel zur Mauer hinzu.

Nun befestigte ich die diversen Anbauten am Modell. Alles passte erfreulich gut, und die Arbeit ging leicht von der Hand. Ich hatte auch hier nach Herzenslust gealtert. Ich fügte noch Ankerketten aus dem Fundus hinzu, ansonsten blieb alles aus dem Kasten.


Die größten Probleme machten mir leider die Decals. Trotz meiner normalen Vorbehandlung mit Future silberten sie zum Herzerweichen. Ich habe letztendlich nur das Decal am Heck und die Schornsteinmarkierungen benutzt, und dabei mit dem Glasfaserradierer und Glanzlack versucht, das Schlimmste zu vermeiden.

Den Schiffsnamen habe ich aus Abreibebuchstaben erstellt, nicht einfach und alles andere als perfekt, aber dem allgemeinen Pflegezustand des Schiffes angemessen. Wo ich nun schon auf die Decals verzichtete, konnte ich auch einen niedlichen Phantasienamen benutzen, der mir auf einer Radtour eingefallen war. Die Alternative wäre SMIT PILSJE gewesen.

Die Kennung musste dringend mit Mattlack versiegelt werden, der auch wie immer die Oberfläche und den Gesamteindruck homogenisierte. Der Brückenaufbau wurde separat mattiert, und dann konnten die Fenster mit speziellem Weißleim verglast werden. Zum Auftragen nutzte ich einen Pinsel mit extra langen Haaren, das funktioniert recht gut. Nach dem Durchtrocknen konnte ich den Brückenaufbau auf dem Schiff befestigen.

Nun konnte das Schiff auf der Basis befestigt werden. Letztendlich entschied ich mich für das Trockendock. Ich hatte bereits früh eine Gangway zum Zugang der Werftarbeiter gebaut, jetzt spannte ich ein paar Festmacherleinen und klemmte Stützbalken aus Polystyrol zwischen Dockwand und Rumpf. Das gefiel mir allein von der Geometrie gut. Nun fehlte nur noch etwas Leben an Bord. Dazu nutzte ich Figuren aus dem Architekturbedarf, die ich mal in einer 50er Packung gekauft hatte. Sie hatten allesamt Auswerfermarkierungen am Rücken, die ich mit Weißleim verschließen musste, und sie waren leider nicht an Gussästen, so dass sie für das Bemalen einzeln an erhitzte Stecknadeln aufgespießt werden mussten. Sie wurden simpel bemalt und mit einem dunklen Wash und Trockenmalen in Grau gealtert und betont.


Eine Figur fiel mir besonders auf, ein rundlicher Kerl, der mit zwei dicken Taschen beladen war. Und der brachte mir die Idee, was an Bord gerade stattfand. Der Taschenträger war Henk, der zum nächsten Dirk-Supermarkt geschickt worden war, um das Mittagessen für die Crew zu holen. Beladen mit zwei der typischen roten Tragetaschen von Dirk kam er gerade zurück, vom Rest der Crew sehnsüchtig erwartet. Arbeiten tat gerade keiner so richtig. Ich wurde später darauf hingewiesen, dass die Dirk-Taschen ein kräftiges Knallrot haben, und meine zu dunkel sind. Worauf ich antworte, dass Henk Stammkunde bei Dirk ist und auf Nachhaltigkeit Wert legt, und seine Taschen durch häufige Benutzung und die Umstände an Bord dunkler geworden sind.


Eine Überraschung gab es noch. Meine Displaybox erwies sich letztendlich als doch einige Millimeter zu niedrig. Eine maßgefertigte Box erwies sich als prohibitiv teuer, so dass ich auf eine nicht optimale andere Boxgröße umsatteln musste. Aber so hatte ich eine Box übrig, in die mein Slipwaydiorama hineinpasste. Also bevölkerte ich dieses mit ein paar übrig gebliebenen Figuren, und habe nun ein Modell eines leeren Slipwagens, für das ich vielleicht irgendwann einmal ein passendes Modell finden werde.

Quellen

Fazit

Modellbau soll Spaß machen. Ich hatte Spaß. Ich habe Techniken erprobt und Lösungen erarbeitet, und das Ergebnis sieht für mich ansprechend aus. Ich habe mich nicht mit großartiger Recherche aufgehalten, mir war die Atmosphäre am Wichtigsten.

Von daher hat dieses Projekt mir alles gegeben, was ich mir von ihm erhofft habe.


Frank Spahr