Die Flak und die Gitarre
Realistische Rohre für die 20mm-Oerlikon in 1:350
Es gibt bestimmte Problembereiche bei Schiffsmodellen, für die es einfach keine befriedigenden Lösungen zu geben scheint. Die leichte Flak ist so ein Problem. Vor allem im Maßstab 1:350, in dem ich bekanntlich bevorzugt meine Schiffsmodelle baue, stellt es sich gern. Denn was von den Herstellern angeboten wird, ist leider in der Regel viel zu plump. Nehmen wir die 20mm-Oerlikon, die bei der US-Navy als Standard-Flak auf allen Schiffen gefahren wurde. Die Rohre in den Bausätzen sind zu dick und die Rückholfeder fehlt vollkommen. Zwar gibt es von allen namhaften Fotoätz-Herstellern Details wie Handräder, Schulterstützen und Visiereinrichtung, doch das plumpe Aussehen lässt sich damit nur abmildern. Die Variante einiger Hersteller lautet: 20mm-Geschütze komplett fotogeätzt, damit aber leider auch nur zweidimensional.
Doch manchmal liegt die Lösung auf der Hand, wie in diesem Fall, als mir meine Tochter ein paar Gitarrensaiten in dieselbe drückte. Sie hatte ihre geliebte E-Gitarre gerade neu bespannt und überließ mir die Reste der alten Saiten: „Für Deine Schiffe, Pabba - Antennen und so.....“
Wer selber Gitarre spielt ahnt vielleicht, worauf es hinaus läuft. E-Gitarren und Western-Gitarren sind mit Metallsaiten bespannt. Die tieferen Saiten bestehen aus einem Kern, der mit einem dünnen Draht fest umwickelt ist. Bei dem Stück D-Saite in meiner Hand war die Wickelung an einem Ende locker. Ich löste sie weiter vom Kern und kniff sie dann mit einer kleinen Zange ab. Sah aus wie ein Flakrohr mit Rückholfeder.....hmm...
Jetzt wurde das „Rohr“ nur noch auf Länge gebracht und an beiden Seiten mit einer Schlüsselfeile glatt geschliffen.
Ich griff mir ein 20mm-Geschütz von Trumpeter und kam nach einigem Probieren zu folgender Technik:
Beim Geschütz das Rohr und den nach hinten übestehenden Teil abschneiden. Dann die fotogeätzten Zurüstteile Visier, Handrad, Schild und Schulterstützen montieren. Ich verwendete in diesem Fall GMM. Schließlich das neue „Gitarren-Rohr“ in die Aussparung des Schilds einsetzen – fertig. Pro Geschütz braucht es etwa 15 Minuten Zeitaufwand.
Ich war von dem Ergebnis so überzeugt, dass ich die gesamten Flak-Geschütze auf meinem aktuellen Liberty-Schiff noch einmal nach der neuen Methode baute. Es sind lächerliche acht an der Zahl. Wie das bei einem Schlachtschiff oder Flugzeugträger aussieht, wage ich mir da gar nicht auszumahlen. Doch der Effekt lohnt nach meiner Auffassung die Mühe.
Wahrscheinlich lässt sich mit einer G-Saite, die es ebenfalls umwickelt gibt, sogar noch ein besseres Ergebnis erzielen, denn der dünnere Kern und die noch feinere Wickelung kommen im Maßstab den 20mm-Rohren wohl noch näher als die von mir verwendete D-Saite.
Frank Ilse