Eine kurze Einführung
Direkt zu meinem Wiedereinsteig in den Schiffsmodellbau begann ich auch, Wasserflächen für meine Modelle herzustellen. Für mich sieht ein Schiffsmodell in seiner "natürlichen Umgebung" am besten aus. Ich habe Jim Baumann und seine Arbeit immer sehr bewundert, nicht nur seine Schiffsmodelle, sondern auch seine erstaunlich realistischen Wasserflächen. Leider erwies ich mich als völlig unfähig, seine Methode mit sekundenklebergetränktem Aquarellpapier und Nass-in-Nass-Bemalung auszuführen. Also musste ich meinen eigenen Weg finden.
Zuerst versuchte ich es mit durchsichtigem Dichtsilikon, war aber schon bald weder mit dem Material noch dem damit Möglichen zufrieden.
Die nächste Methode, die ich ausprobierte, benutzte Gips, der gegen eine zerknitterte Aluminiumfolie gegossen wurde. Das hatte einige Vorteile, überzeugte mich aber auch nicht. Die entstehenden Basen sind sehr schwer, der Prozess ist nicht komplett kontrollierbar und Fehler sind schwer zu korrigieren. Was mir jedoch gefiel, war die entstehende leicht unregelmäßige Oberfläche. Sie wirkte nach einer Glanzlackierung sehr realistisch und spiegelte das Licht praktisch wie eine Wasserfläche. Ich wusste jetzt, dass eine gute Wasserbasis diese zwei Voraussetzungen erfüllen musste - Hochglanz und die unregelmäßige Struktur für die vorbildähnliche Lichtbrechung.
Ein Versuch mit Strukturglas und "Hinterglasmalerei" erwies sich auch nicht als besonders erfolgreich, so dass ich weiter suchte.
Mehr oder weniger durch Zufall fand ich heraus, dass ich mit gewöhnlicher Wandfarbe, mit einem großen Pinsel stippelnd aufgetragen, genau die gewünschte Oberflächenstruktur erzeugen konnte. Das führte zu weiteren Versuchen und schließlich zu der Technik, die ich im Grundsatz seit 2008 anwende und hier beschreibe.
Was ich heute tue
Alle meine Schiffsmodelle landen heute zum Schutz vor Beschädigungen und Staub in Kunststoffvitrinen. Wo möglich, benutze ich fertige Boxen von Trumpeter, weil sie ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Für alles, was in diese Boxen nicht hineinpasst, beiße ich in den sauren Apfel und lasse Boxen nach Maß fertigen.
Für Szenen mit ruhigem Wasser bei Wasserlinienmodellen arbeite ich direkt auf dem Boden der Displaybox. Will ich eine lebhaftere See darstellen und/oder benutze ich ein Vollrumpfmodell, verwende ich einen Zuschnitt aus einer Styrodurplatte, wie es sie zur Gebäudeisolierung im Baumarkt gibt. Dieses Material ist grobkörnigem Styropor weit überlegen und lässt sich optimal bearbeiten. Bei geringem Gewicht hat es eine sehr gute Stabilität und lässt sich mit Ponal Express gut verkleben.
Ruhiges Wasser und Wasserlinienmodelle
Eins meiner unverzichtbarsten Werkzeuge ist ein kleiner Schraubstock, an dem ich meine Modelle während des Baus mit zwei Schrauben befestige. Hiermit kann ich sie problemlos in allen möglichen Winkeln handhaben, ohne sie anfassen zu müssen. Die Schrauben benutze ich auch zur Befestigung auf der Bodenplatte nach Fertigstellung.
Ich bereite meine Wasserflächen direkt zu Anfang des Projekts vor. Der Rumpf wird im Rohzustand mit den Schrauben versehen und in der gewünschten Position auf der Basis verschraubt. Nachdem ich den Rand der Basis abgeklebt habe, nebele ich vorsichtig etwas Farbe aus der Airbrush um den Rumpf. So markiere ich mir den Umriss. Nun kann ich den Rumpf entfernen und ungestört weiterarbeiten, ihn aber jederzeit zum Überprüfen wieder aufsetzen.
Jetzt modelliere ich alle erhabenen Wellenstrukturen mit einer Spachtelmasse meiner Wahl. Im Baumarkt findet sich manchmal Polystyrolspachtel in größeren und preiswerteren Gebinden als im Hobbybereich. Manche "Instant"-Spachtelmassen funktionieren ebenfalls gut. Auch handelsübliches Anschlussacryl aus der Kartusche ist eine Option - in jedem Fall ist es aber erforderlich, zu überprüfen, wie das Material sich mit den folgenden Werkstoffen verträgt. Auch festes ("Heavy Body") Acrylgel aus dem Künstlerbedarf funktioniert hier gut, besonders für kleinere Strukturen.
Ich habe mir einmal einen billigen Satz Spatel für Kunstmaler gekauft, den ich für diese Arbeiten nicht mehr missen möchte. Aufgewühltes Wasser lässt sich z.B. durch Stippeln mit einer Drahtbürste simulieren. Wie immer ist aufmerksames Studium von Vorbildfotos Ausschlag gebend für ein überzeugendes Ergebnis.
Korrekturen lassen sich leicht anbringen, sowohl durch Beschneiden, durch Schleifen oder durch Materialantrag.
Sind alle erhabenen Strukturen fertig aufgetragen und das benutzte Material gut durchgehärtet, stippele ich weiße Wandfarbe, gern eine der "festeren" Sorten, mit einem Heizkörperpinsel auf. Die Farbe dient einerseits als Füller, wird die vorher modellierten Strukturen einblenden, und die gewünschte leicht unregelmäßige Oberfläche erzeugen.
Um ein vor Anker liegendes Schiff bei ruhiger See darzustellen, kann ein alleiniger Auftrag von Farbe auf die Basis ausreichen.
Die Oberflächenstruktur ist abhängig von der benutzten Farbmenge sowie der Intensität und Ausrichtung des Stippelns. Das bedarf offensichtlich einer gewissen Übung, lässt sich aber recht leicht erlernen. Es ist auch möglich, den Vorgang zu wiederholen, falls die Schicht zu dünn oder die Struktur nicht ausgeprägt genug ist. Auf jeden Fall zu vermeiden ist, zu viel Farbe auf einmal aufzutragen - das führt unweigerlich zu Trocknungsrissen.
Stimmt die Oberflächenstruktur, benutze ich meine Airbrush und färbe die Basis nach meinen Vorstellungen ein. Ich benutze hierzu Modellbau-Acrylfarben diverser Hersteller. Je nach Seegebiet, Wassertiefe und Wetter können vielfältige Färbungen entstehen. Das aufgewühlte Wasser um das Schiff herum wird z.B. heller und grünlicher aussehen. Wieder kann ich nur das Studium von Vorbildfotos empfehlen, z.B. die großartigen Bildbände der Fotografen Plisson. Ich trage die Farben meist von hell nach dunkel auf, und in vielen Fällen genügt mir ein Grünton und ein Blauton, um das angestrebte Ergebnis zu erreichen. Mit weißer Künstlerölfarbe male ich jetzt die besonders aufgewühlten Bereiche schon einmal etwas trocken. Diese Farbe hat sehr feine Pigmente und ist und bleibt wirklich weiß. Dieser Schritt wird später wiederholt, ich erreiche so etwas mehr an Tiefenwirkung.
Nun braucht die Basis einen wirklich guten hochglänzenden Überzug. Zuvor muss sie jedoch sehr gründlich trocknen, damit alle Restfeuchte der bisher benutzten wasserbasierten Farben entweichen kann. Wartet man nicht lange genug, entstehen Bläschen im Glanzlack. Ich warte mindestens eine Woche, besser zwei.
Als Glanzlack benutze ich lösungsmittelbasierten Glanzlack aus der Spraydose, den ich in mehreren Schichten auftrage, bis ein guter Hochglanz entstanden ist. Es ist sinnvoll, die Basis beim Trocknen mit einem Karton oder Ähnlichem abzudecken, um Anhaften von Staubteilchen zu vermeiden. Natürlich funktionieren auch Acryllacke wie z.B. Humbrol Clear, ich fühle mich derzeit mit dem geruchsintensiven Lack aber noch am Wohlsten. Erst dieser Hochglanz erweckt die Basis zum Leben und verleiht ihr die vorbildähnliche Lichtbrechung sowie eine Illusion von Tiefe.
Dieser Glanzlack braucht länger zum Aushärten als offensichtlich. Er fühlt sich recht zügig trocken an, braucht aber einige Wochen, um wirklich voll durchgehärtet zu sein. Vor Ablauf dieser Zeit sollte man kein Modell über längere Zeit auf der Basis belassen, das man noch abnehmen möchte. Ich hatte ein sehr unangenehmes Erlebnis mit einer fertig gebauten Korvette der Flower-Klasse, die ich mit einem Spachtel von einer Basis lösen musste und die dann einen Salto in Richtung eines Fliesenbodens drehte. Einmal reicht.
Während dieser Trocknungszeit lässt sich die Tiefenwirkung durch das vorsichtige Aufspachteln von klarem hochglänzendem Acrylgel in die aufgewirbelten Bereiche noch verbessern. Die Schicht darf jedoch jeweils nicht zu dick sein, damit die Masse auch tatsächlich glasklar aushärtet. Später kann hier und in den anderen aufgewühlten Bereichen wieder mit weißer Künstlerölfarbe trocken gemalt werden. Damit ist die Basis fertig.
Das Modell kann nach Fertigstellung der Basis darauf befestigt bzw. festgeschraubt werden. Ich bevorzuge es, das Modell komplett fertig zu stellen, bevor ich das tue, also inklusive Alterung, Bemannung, Takelung und einem Mattlacküberzug, um meine ganzen peinlichen Kleberflecke soweit möglich zu verstecken. Alle noch verbleibenden Spalten zwischen Modell und Basis lassen sich jetzt mit Acrylgel oder Weißleim vorsichtig verschließen. Ganz zum Schluss kann noch dort mit weiß trocken gemalt werden, wo das erforderlich sein sollte.
Basen aus Styrodurplatten
Die Styrodurplatte ist offensichtlich vielseitiger in der Gestaltung. Das Material kann in jede gewünschte Form geschnitten, gesägt, geschliffen oder gefräst werden. Dabei entsteht jede Menge Staub und Schleifkrümel, also ist gute Belüftung oder noch besser ein Arbeitsplatz im Freien erforderlich. Zum Verkleben eignet sich Ponal Express gut. Spachtelmassen und Anschlussacryl funktionieren ebenfalls. Sprüht man vorsichtig Pinselreiniger auf, löst sich die Oberfläche zu einer Struktur an, die dem aufgewühlten Wasser einer Hecksee ähnelt. Auch hier ist gute Belüftung und Ausprobieren an einem Probestück Pflicht.
Auch Hitze eignet sich zum Ausformen des Materials in gewissen Grenzen. Ich habe mir einen Gasbrenner für Crème Brulée gekauft, damit aber bislang nur Styrodur bearbeitet. Vorsichtig von oben angewandte Hitze eignet sich sehr gut zum Anlegen der grundlegenden Form einer Wellenstruktur. Es geht schnell und nach Einüben recht einfach, und ich habe die Technik letzthin ausschließlich benutzt. Es entsteht weder Staub noch Dreck, dafür schädliche Gase, so dass auch hier gute Belüftung Pflicht ist. Ich persönlich kann so leichter natürlich wirkende Strukturen erzeugen als durch Beschneiden, Beschleifen oder Modellieren.
Ich finde es sinnvoll, mir zuerst ein etwas zu großes Stück Styrodur zuzuschneiden und dann die Basis mit Hitze auszuformen. Ich markiere mir den Umriss des Rumpfes und den Verlauf der Hauptwellenkämme sowie der Hecksee zur Orientierung, dann wird der Brenner von oben vorsichtig zum Einsatz gebracht. Je länger und je intensiver die Hitzeeinwirkung, umso weiter weicht das Material zurück, und umso rauher und härter wird es dabei. Die Kanten der Platte können durch die Hitze Schaden nehmen und sich unansehnlich verziehen. Es kann sinnvoll sein, bestimmte Bereiche mit grobem Schleifpapier zu glätten. Nach dem Ausformen mit Hitze schneide ich die Platte auf die gewünschte Größe zurück, dadurch erhalte ich saubere Kanten.
Nun kann mit einem scharfen Messer vorsichtig und Schritt für Schritt ein Ausschnitt für einen Vollrumpf angelegt werden. Manchmal müssen störende Bereiche des Unterwasserschiffs wie ein Wulstbug entfernt werden, um das Einpassen zu erleichtern. Es hängt stets von der gwünschten Präsentation ab, wie das Schiff eingepasst wird. Ich platziere meine Modelle stets in einem leichten Winkel zur Kante der Basis und versuche, eine ästhetisch ansprechende und hoffentlich auch realistische Situation darzustellen. Die Bewegung und Lage des Schiffes sollte zum Wellenbild und Wetter passen, ebenso wie das, was an Bord gerade passiert. Je besser das Wetter, umso mehr Leute werden sich an Deck zeigen, und umgekehrt. Was das Altern eines Schiffes angeht, so ist für mich immer noch weniger davon mehr. Wie stets ist das Studium von Vorbildfotos Ausschlag gebend für eine überzeugende Gesamtwirkung.
Nach dem Ausschneiden bleibt bei meinen Fähigkeiten stets ein mehr oder minder großer Spalt zwischen Rumpf und Basis zurück. Zum Glück konnte ich diese Spalten bislang immer recht gut mit Anschlussacryl füllen. Wieder lege ich großen Wert darauf, das Modell bis zum Schluss abnehmbar zu behalten, so dass ich es getrennt von der Basis unkompliziert fertigstellen kann.
Hierzu hülle ich den Rumpf in Frischhaltefolie oder Abklebeband und schmiere noch etwas Vaseline zur Isolierung darauf. Dann fixiere ich den Rumpf z.B. mit Gummibändern auf der Basis. Nun trage ich Anschlussacryl aus der Kartusche in den Spalt auf und forme es mit den erwähnten Spateln aus. Bis der Rumpf sicher entfernt werden kann, dauert es jetzt einige Tage. Verbliebene Überschüsse können nun zurückgeschnitten werden, und die Basis ist bereit für den nächsten Schritt.
Um die Basis nach der Hitzeanwendung zu glätten und die Oberfläche natürlicher zu gestalten, pinsele ich jetzt Weißleim auf, wobei ich die besonders aufgewühlten Bereiche ausspare, bei denen die Oberfläche mir schon gefällt. Der Weißleim ebnet sich von selbst ein und bietet nach ausreichender Trocknungszeit eine gute Grundlage für meine Wandfarbe.
Die Wandfarbe dient wieder als Füller und schafft mir die gewünschte Oberflächenstruktur.
Es folgt das Einfärben mit Acrylfarben aus der Airbrush wie oben beschrieben. Ich habe die einzelnen Schritte einmal durchfotografiert.
Das weitere Vorgehen ist praktisch wie oben beschrieben. Acrylgel gibt den aufgewühlteren Bereichen mehr Tiefe, zusammen mit Trockenmalen mit weißer Ölfarbe, sowohl vor als auch nach dem Glänzen.
Die folgenden Bilder zeigen den Unterschied, den das Glänzen auf die Wirkung der Basis macht.
Nach dem Aufbringen des Modells auf die Basis verschließe ich verbleibende Spalten mit Acrylgel oder Weißleim und schaue ganz zum Schluss, wo ein Trockenmalen sinnvoll sein kann.
Weitere Effekte
Wasser als dynamisches Medium lässt sich nicht zufriedenstellend nachbilden. Eine gewisse Annäherung an Gischt und Wasserstaub erlaubt die Verwendung von feiner Watte. nützlich ist das sicherlich bei Bugwellen und der Hecksee, aber auch bei ablaufendem und aufspritzendem Wasser in schwerer See. Hier ist es wichtig, im Vorhinein zu überlegen, was erreicht werden soll und wie. Ich habe jahrelang die Kunstwerke von Kostas Katseas und Chris Flodberg bewundert und erst vor Kurzem meine eigenen Versuche der dynamischeren Wasserdarstellung begonnen. Das folgende Bild zeigt die von mir benutzten Materialien.
Mit einer feinen Pinzette ziehe ich mir die gewünschte Menge Watte heraus und forme sie aus. Acrylgel wird zum Ankleben der Watte am Rumpf bzw. der Wasseroberfläche benutzt, es eignet sich auch zum Vorsichtigen Strukturieren des Watte-Effekts. Beim Ausformen sollte die Geschwindigkeit des Schiffes und der herrschende Wind in Betracht gezogen werden. Eine hochglänzende Acryllösung, wie sie als Future / Klear / Pledge verkauft wird, eignet sich zum sehr vorsichtigen feinen Ausformen der Effekte, zum Einbinden herausstehender Fasern und um der matten Watteoberfläche ein leichtes Glitzern zu verleihen. Mein Mangel an Erfahrung erlaubt mir bislang nur, viel Vorbildstudium zu empfehlen, und dazu zu raten, die Effekte lieber in kleinen Schritten aufzubauen und die Wirkung zu überprüfen, als es zu übertreiben. Je kleiner der Maßstab, umso kniffliger wird die Angelegenheit.
Zusammenfassung
- In den von uns bevorzugten Maßstäben simuliert eine leicht unregelmäßige hochglänzende Oberfläche eine Wasserfläche erfreulich gut.
- Stippelnd aufgebrachte Wandfarbe erlaubt die Erstellung dieser Oberfläche auf unkomplizierte Art.
- Neben dem Malen Nass-in-Nass ermöglicht die Verwendung einer Airbrush schöne Farbübergänge. Acrylfarben aus dem Modellbaubereich eignen sich gut.
- Hochglanzlack aus der Spraydose schafft eine realistische und strapazierfähige Oberfläche.
- Alle Materialien brauchen ausreichende Abbindezeit und sollten im Vorfeld auf Vereinbarkeit überprüft werden.
- Meine ersten Wasserflächen in dieser Technik habe ich 2008 erstellt. Sie sind 2018 immer noch intakt, also sollte die Methode einigermaßen haltbar sein.
Frank Spahr