Deckelbild

Modell: Soviet Aircraft Carrier Baku
Hersteller: HobbyBoss
Maßstab: 1/700
Material: Polystyrol, Fotoätzteile, Decals
Art.Nr.: 83416
Preis: ca. 36,50 €

Das Original

Von der sowjetischen Marine als Takticheskye avianochtny kreysera (Taktische Flugzeug tragende Kreuzer) bezeichnet, verkörpern die vier Schiffe der Kiev-Klasse die Lehren, die man aus der Moskva-Klasse gezogen hatte, denn sie sind mit einem Winkeldeck ausgerüstet, was den Einsatz von V/STOL-Flugzeugen ermöglicht. Wie bei der Moskva-Klasse ist der vordere Teil des Schiffes Geschütz- und FK-Systemen vorbehalten, die der Kiev-Klasse eine einzigartige Träger/Kreuzer-Konfiguration verleihen.

Das Grundkonzept der Kiev-Klasse stammt aus den 60er Jahren, als die Hauptbedrohung der Sowjetunion von den mit Polaris-Raketen ausgestatteten Atom-U-Booten (SSBN) der US-Marine ausging. Daher ist U-Jagd (ASW, anti-submarine warfare) die wichtigste Aufgabe der Kiev-Klasse. Die Schiffe haben eine Ausrüstung an Waffensystemen, die mit der Moskva-Klasse fast identisch ist: eine Staffel von etwa 16 Hubschraubern Ka-25 Hormone-A, einen SUW-N-1-Starter für FRAS-1-Flugkörper, zwei Raketenwerfer gegen Unterseeboote und zwei Fünflings-Sätze Torpedorohre. Zieldaten ermitteln ein LF-Bugsonar und ein tiefenvariables Sonar am Heck, die durch Daten von ASW-Hubschraubern der Kampfgruppe ergänzt werden.

Die Luftverteidigung ist umfangreicher als bei der Moskva-Klasse und zwischen Vorschiff und achterem Ende des Brückenaufbaus aufgeteilt, um eine Rundum-Verteidigung zu erzielen. Die CIWS-Bewaffnung ist besonders stark, acht 30-mm-Gatling-Kanonen sowjetischer Bauart. Die Abwehr von Seezielen erfolgt durch vier Paare SS-N-13-Starter auf dem Vorschiff mit einer Nachladeeinrichtung dazwischen. Das Flugdeck ist 4,5° ausgewinkelt, mit sieben Hubschrauber-Stellplätzen und einem großen Kreis achtern für landende Yakovlev-Yak-38 Forger markiert. Der ausgewinkelte Teil des Flugdecks und die Abstellfläche achtern sind mit hitzebeständigen Kacheln ausgelegt, um die Hitze der zwei vertikalen Hubantriebe der Forger zu absorbieren. Unter dem Flugdeck verläuft ein Hangar, dessen vorderer Teil etwa 15 m breit ist und sich nach achtern auf ca. 21 m erweitert, wodurch 35 Flugzeuge untergebracht werden können. Es gibt zwei Flugzeuglifte, einen größeren mittschiffs zwischen Winkeldeck und Insel und einen kleineren hinter der Insel. Ferner gibt es Lifte für Deck-Traktoren, Personal und Munition. Alle vier Schiffe dieser Klasse, Kiev, Minsk, Novorossiysk und Baku gaben der sowjetischen Marine eine große Hochsee-Einsatzfähigkeit.

Die Kiellegung der Baku erfolgte im Dezember 1978, der Stapellauf am 31. März 1982. 1987 war das Schiff fertiggestellt. Baku erhielt bei einer Werftliegezeit ein phasengesteuertes Radar Mars-Passat  und ein Planar-Array-Radar, anstelle der SA-N-4-Starter Vertikalstarter für SA-N-9. Statt acht SS-N-12 wurde die Zahl auf zwölf erhöht. Die doppelläufigen 76-mm-Geschütze wurden durch zwei einläufige 100-mm-Geschütze ersetzt, die SUW-N-1 zur U-Boot-Abwehr entfernt. Nach dem Umbau wurde diese Version auch als Projekt 1143.4 (Kiev-Mod-Klasse) bezeichnet. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 wurde das Schiff in Admiral Gorschkow umbenannt. 1996 wurde das Schiff außer Dienst gestellt und im Januar 2004 an Indien verkauft. Nach einer längeren Umbauphase in Russland bei der ein Großsteil der Raketensysteme entfernt und ein STOBAR-System eingebaut wurden, wurde die Admiral Gorschkow als INS Vikramaditya 16. November 2013 an die indische Marine übergeben.

Der Flugdeckkreuzer ist 273,1 m lang und 31 m breit und hat voll beladen eine Einsatzverdrängung von 45.390 t. Der Antrieb besteht aus 8 Dampfkesseln KWN 98/64. 4 Dampfturbinen liefern insgesamt 35.000 PS auf 4 Propeller und ermöglichen so eine Geschwindigkeit von max. 30 kn.

Bewaffnung
12 Starter für P-500 "Bazalt" (SS-N-12 "Sandbox")
24 Achtfachstarter für 3K95 „Kinschal“ (russ. Кинжал – Dolch)
2 × 100-mm-L/70 AK-100
8 × 30-mm-L/54 AK-630-Gatling-Kanonen
2 × RBU-12000
16 x Yak-38 Forger
18 x Kamov Ka-27/Ka-31

Der Bausatz

Von der Kiev-Klasse gibt es bereits Bausätze von Aoshima und Trumpeter im Sammlermaßstab 1/700. HobbyBoss, ein Label in Trumpeters Muttergesellschaft, legt nun mit dem sowjetischen Flugdeckkreuzer Baku als Formenneuheit einen weiteren Bausatz in 1/700 vor. Doch ein Blick in den Bausatzkarton sorgt schnell für Ernüchterung. Neben einer Bauanleitung, Fotoätzeilen, Decals vier Gussrahmen, sechs Klarsichtspritzlingen, einem Rumpfteil, Flugdeck und Insel fehlen Teile für das Unterwasserschiff und die Wasserlinienplatte. Was hat sich HobbyBoss da wohl gedacht? Zu erwähnen ist, dass in den Spritzlingen die Teile für das LF-Bugsonar und die Antriebsanlage enthalten sind. Somit ist mit dem vorliegenden Bausatz nur eine Wasserlinien-Option baubar, wobei man die Wasserlinienplatte aus einer Polystyrolplatte selbst anfertigen müsste.

Der Guss an sich ist auf der Höhe der Zeit und ohne erkennbare Auswerfermarken oder nennenswerte Gratbildung.

Das Rumpfteil ist von der Form und den Abmessungen her maßstäblich korrekt wiedergegeben, der Deckssprung im Vorschiff ist nach Zeichnung richtig umgesetzt. Flugdeck ist ebenfalls von der Form her richtig. Mit angegossen sind die Decksmarkierungen für die Decals, Schienen, die Starter für die Flugabwehrraketen 3K95 Kinschal (SA-N-9 Gauntlet), von denen sich sechs auf dem Flugdeck hinter der Insel und zwölf auf der Back befinden.

Rumpfteil Flugdeck Insel

Spritzling A enthält Teile für den Brückenaufbau, die SATCOM-Antenne "Big Ball", Rettungsinseln, den Bordkran, Plattformen, Antriebswellen, Radome und das "Plate Steer-Radar". Die Radarschirme sollte man hier besser durch Fotoätzteile ersetzen. Weiterhin sind Teile für das Satelliten-Nagivations-System "Punch Bowl" enthalten.

In Spritzling B sind seitliche Catwalks für die Insel, der Wellenbrecher, das 3-D-Luftsuch-Radar "Mars Passat" sowie das TACAN-Radar "Cake Stand" enthalten. Weiterhin Teile für das SATCOM "Big Ball" und das LF-Bugsonar. Da kein Unterwasserrumpf beiliegt ist das Sonar hier überflüssig.

Spritzling C ist doppelt beigelegt. Enthalten sind die Teile für die Starter der P-500 "Bazalt", Beiboote, das Feuerleitradar "Kite Screech" für die 100-mm-Geschütze, das optronische System "Tin Man", das "BassTilt"- Feuerleitradar für die CIWS und die Teile für die 30-mm-Gatling-Kanonen. Gut wiedergegeben ist der AK-100-Geschützturm.

Beim Teil die RBU-12000-Wasserbombenwerfer sitzen die beiden seitlichen Angüsse etwas ungünstig, hier ist Vorsicht beim Abtrennen geboten.

Der Bausatz enthält fünf Spritzlinge aus klarem Polystyrol mit dem Bordgeschwader bestehend aus dem VTOL-Kampfflugzeug Yak-38 Forger und U-Jagd-Hubschrauber Kamov Ka-27. Warum man auch hier wieder Flugzeuge und Helikopter aus Klarsichtmaterial gefertigt hat, ist etwas rätselhaft. Das Material zeigt sich beim Verarbeiten spröder und bricht auch leichter. Von den Formen her sind die Yak-38 Forger und der Kamov Ka-27 relativ gut getroffen.

Die Fotoätzteile

Die beiliegende Fotoätzeil-Platine ist von guter Qualität. Enthalten sind Traversen, Antennenträger, Teile für den Bordkran, das Gitter für den Schornstein und Relingteile für die Startbehälter der P-500 "Bazalt". Relingteile fehlen und müssen vom Modellbauer selbst organisiert werden. Hier bietet der Zubehörmarkt einiges an Auswahl für Schiffe der modernen russischen Marine im Maßstab 1/700.

Fotoätzteile 

Abziehbilder

Das großformatige Decalblatt ist sauber und versatzfrei gedruckt und enthält Markierungen für das Flugdeck. Anders als bei den Trumpeter-Versionen der Kiev und Minsk ist hier der Trägerfilm nicht durchgängig, sondern die Markierungen sind gestückelt. Das bietet einen guten Vorteil bei der Verarbeitung. Weiterhin sind die taktischen Schiffsnummern, Flaggen und der Schiffsname enthalten. Decals für die Wasserlinie fehlen.

Decals

Die Anleitung

Der Bauplan in Heftform führt den Modellbauer in 13 gut dargestellten Baustufen sicher zum Ziel. Komplex alleine ist der Aufbau der Insel und auch Hauptbestandteil der Bauanleitung. Hier sollte der Modellbauer zusätzlich schon einige Erfahrungen im Verarbeiten von Fotoätzeilen gesammelt haben.

Das Farbschema bezieht sich auf das Sortiment von insgesamt fünf Herstellern. Für authentische Farbgebung kann der Schiffsmodellbauer jedoch auch auf zahlreiche Farbaufnahmen der Baku im Web zurückgreifen. Auch hat White Ensign Models aus UK zahlreiche Farben für die moderne russische Marine im Angebot.

Bemalungsanweisung 

Quellen

  • Moderne Kriegsschiffe, von David Miller und Chris Miller, Verlag Stocker-Schmid, 1990

Fazit

Ein interessantes Vorbild, das hier relativ gut umgesetzt wurde. Aufgrund der fehlenden Teile für das Unterwasserschiff und die Wasserlinienplatte ist das Preis-Leistungsverhältnis beim vorliegenden Bausatz nicht gerade stimmig. Angesichts der beiliegenden Teile für die Antriebswellen und das Bugsonar ist das auch nicht nachvollziehbar. Daran ändert auch die in einigen Punkten bessere Detaillierung im Vergleich mit den Trumpeter-Bausätzen nichts. Es bleibt abzuwarten, ob HobbyBoss die Baku auch in der Version als Vikramaditya bringen wird.

alt empfehlenswert

Jörg