Das Diorama "Die Reede von Texel" findet man im Maritiem & Jutters Museum in der Ortschaft Oudenschild auf Texel. Das Museum ist leicht zu finden, da sich die markante Windmühle auf dem Museumsgelände befindet. Das Diorama stellt den Küstenstreifen vor der Ortschaft Oudenschild im 18. Jahrhundert dar. Auf einer geschätzten Fläche von 4mx18m sind etliche Kriegs- und Handelsschiffe sowie Boote dargestellt.Auf diesem Foto kann man die Größe des Dioramas erahnen. Die Modelle sind von der Firma Artitec im Maßstab 1/87 hergestellt.
Im Diorama ist kein bestimmtes Szenario dargestellt. Einige der dargestellten Schiffe können gar nicht gemeinsam auf der Reede gelegen haben, da sie zeitlich zu weit auseinander liegen. Dies ist zunächst irritierend, man erhält aber einen guten Einblick in die Entwicklung bestimmter Schiffstypen. Einem Laien wird der Anachronismus gar nicht auffallen. Auf jeden Fall ist das Diorama unglaublich faszinierend. Es sind mehrere Computerterminals aufgestellt, mit denen man Informationen zu einzelnen Schiffen abrufen kann. Man kann die Modelle rotieren lassen, hineinzoomen und wird auf Besonderheiten hingewiesen. Die Texte sind allerdings nur in niederländischer Sprache vorhanden. Zu den Modellgruppen gibt es kleine Geschichten, die man über das Terminal abrufen kann. Mit der Beschreibung beginne ich auf dem Foto links vorn und arbeite mich dann nach hinten durch.
Die erste Modulgruppe
Das Schiff im Vordergrund links ist die Hollandia. Sie gehört zu einer Gruppe von Schiffen, die nach der Viertageschlacht 1666 auf der Reede festgemacht haben. Die Hollandia ist gerade auf der Reede eingetroffen und geht vor Anker. Auf der rechten Seite begeben sich Personen aus einem Boot an Bord.
Sicht auf den Bug der Hollandia.
Sehr schön sind die Details wie die beiden Ankerbojen an den Vorrüsten oder die Schläuche über den Speigatten kurz oberhalb der Wasserlinie unterhalb des Ankers.
Das Achterschiff mit den Musikern auf dem Hüttendach. Am Schiff hat ein Transportboot angelegt.
Unmittelbar neben der Hollandia hat ein weiteres Kriegsschiff Anker geworfen, die Beschermer. Das Schiff wurde von der VOC (Niederländische Ostindische Handelskompanie) für die Admiralität gebaut. Die Beschermer gehörte zum Geschwader der Hollandia, die Geschwaderflaggschiff war. Die Mannschaft hat bereits damit begonnen die Segel zu bergen. Im Wasser kann man eine Ankerboje erkennen.
Zwischen den beiden Kriegsschiffen wird der VOC Indienfahrer Amstel-Lant überholt. Dafür wurde das Schiff am Ufer auf den Strand gesetzt, am Unterwasserschiff wird gearbeitet.
Ein weiteres VOC Schiff, die Nagelboom, trifft nach der Rückreise von Batavia wieder auf der Reede ein. In der Niederländischen Flagge am Heck kann man das Monogramm der VOC erkennen. Das "E" darüber steht für die Kammer von Enkhuizen, der das Schiff gehörte. Das Schiff läuft unter vollen Segeln auf der Reede ein, die Matrosen sind aber bereits auf den Rahen, um die Segel wegzunehmen.
Ein Blick auf das Achterschiff der Nagelboom.
Und hier ein Blick auf die Gillung des Schiffes. Solche Städteansichten findet man bei holländischen Schiffen dieser Ära oft.
Die zweite Modulgruppe
Mit etwas Abstand zur ersten Modellgruppe setzt sich das Diorama mit einigen Handelsschiffen fort.
Am linken Rand ist das Heck der Heemskerck zu sehen. Sie war eine Pinasse der VOC und eines der Schiffe, auf dem Abel Tassman seine Entdeckungsreise unternahm. Pinassen waren kleinere, schnelle Kriegsschiffe mit privaten Eignern. Bei der Admiralität wurde der Schiffstyp als Fregatte bezeichnet. Die Heemskerck ging 1649 verloren. Im Diorama ist sie als Wachtschiff der VOC auf der Reede dargestellt. Es ist nur eine kleine Besatzung an Bord.
Das Schiff in der Bildmitte ist das VOC-Schiff Oranje. Sie ist das größte Schiff des Dioramas, größer als Hollandia oder die 7 Provincien. Das Schiff kommt wie die Nagelboom von einer Reise zurück, an Bord sind auch Frauen und Kinder zu sehen.
Im Heck ist die Ansicht von Middelburg wiedergegeben. Das Schiff wurde dort gebaut und gehörte auch zur dortigen VOC Kammer.
Die Oranje wurde an die Admiralität verchartert und als Kriegsschiff ausgerüstet. In der Seeschlacht bei Lowestoft 1665 wurde das Schiff nach heftigem Gefecht durch die Engländer verbrannt. Im gleichen Gefecht ging auch die Nagelboom verloren. Hier zeigt sich eines der Probleme der niederländischen Flotte im 17. Jahrhundert. Die Kompanieschiffe waren zwar recht groß, aber verhältnismäßig schwach bewaffnet. So konnten sie nur schwer gegen die schweren englischen Schiffe bestehen.
Hinter dem großen Indienfahrer liegen die Arbeitspferde des 17. Jahrhunderts, die Fleuten. Hier liegen zwei Schiffe dieses Typs zusammen. Von der größeren Peperbaal (Pfefferkorn) im Vordergrund wird Ware auf die kleinere de Molen (Mühle) umgeladen.
Ein weiterer Indienfahrer ist das VOC-Schiff Rijzende Zon. Das Schiff ist noch nicht ausgerüstet, Proviant, Ballast, Geschütze und Mannschaft sind noch nicht an Bord. Deshalb ragt das Schiff noch hoch aus dem Wasser. Für die Reise über die Zuiderzee (ein Teil davon wurde zur Landgewinnung trocken gelegt, das Ijsselmeer ist der verbleibende Rest), musste das Schiff wegen den Untiefen so leicht wie möglich sein.
Lotse und Überführungsmannschaft sind an Bord, das Schiff wird durch Ruderboote auf der Reede bewegt.
Die Besatzung der Rijzenden Zon wird mit einem Bojer zum Schiff gebracht.
Die dritte Modulgruppe
Nach den Kauffahrern schließt sich wieder eine Flotte von Kriegsschiffen an, die zum Schlacht der Vier Tage-Szenario gehören. Zunächst eine Gruppe von einer Fregatte und zwei Linienschiffen.
Im Vordergrund liegt die Fregatte Fazant, dahinter das Linienschiff Dom van Utrecht. Am rechten Bildrand ist ein weiteres Linienschiff, die Huize de Tijdverdrijf, zu sehen. Am oberen Bildrand kann man gerade noch die kleine Fregatte Postiljon ausmachen.
Die Fazant von schräg hinten gesehen. Die roten Tücher an der Bordwand sollten die Mannschaft vor Beschuss schützen. Das Tuch konnte freilich keine Kugel abhalten, aber der Gegner konnte wenigstens nicht gezielt schießen.
Die niederländischen Linienschiffe waren nicht besonders groß. Schiffe wie der Dom van Utrecht mit 42-46 Geschützen (oberes Bild) und das etwas größere Huize de Tijdverdrijf mit 50-62 (unteres Bild) Geschützen bildeten das Gros der Flotte.
Die Huize de Tijdverdrijf kommt gerade auf der Reede an, die Mannschaft ist beim Segelbergen. Das Salutschießen wird vorbereitet. Keines der Geschütze ist getakelt, ein kleines Detail mit Verbesserungsbedarf.
Die Heckspiegel von Dom van Utrecht und Huize de Tijdverdrijf.
In Ufernähe liegt die kleine Fregatte Postiljon. Auch hier werden Segel geborgen
Die vierte Modulgruppe
Neben dieser Gruppe intakter Kriegsschiffe folgen nun einige mit erheblichen Gefechtsschäden.
Zunächst die Gelderland, mit fehlendem Bugspriet und Fockmast. Auch die übrige Takelage und der Rumpf ist beschädigt. Beim Blick auf Vor- und Achterschiff kann man einige Einschusslöcher sehen.
Ebenfalls beschädigt ist die englische Swifture, die von den Niederländern erbeutet werden konnte. Die Swifture war mit 70 Geschützen bestückt und ähnlich groß wie Hollandia oder 7 Provincien.
Im Hintergrund ist die Burcht van Leiden zu sehen, die gerade ein Boot aussetzt.
Das erbeutete Schiff ist natürlich eine Attraktion, die von Schaulustigen in vielen kleinen Schiffen und Booten umschwärmt wird, wie zum Beispiel von dieser Staatenjacht.
In der Nähe der Swifture liegen noch weitere Schiffe der niederländischen Flotte.
Die Burcht van Leiden mit der Fregatte Leeuwarden im Hintergrund. Die Leeuwarden wird gerade zum Auslaufen klar gemacht. Die Mannschaft holt mit dem Gangspill den Anker ein.
Die 7 Provincien auf der Reede
Die Gouden Leeuwen, das Schweserschiff der Beschermer, befindet sich in Reparatur und erhält gerade neue Masten und Takelage.
Die fünfte Modulgruppe
Den Abschluss des Dioramas bilden wieder zivile Schiffe.
Die Fleute Koning Salomon, ein Nordlandfahrer.
Die Fleute Vrouwtje van Stavoren, ein Spanien- oder Frankreichfahrer. Schiffe die das Mittelmeer befuhren, waren wegen der nordafrikanischen Piraten stärker armiert.
Im Uhrzeigersinn: der Walfänger De swarte Walvis, die groot pinas Witte Pard und eine kleinere dänische Fregatte
Die große Pinasse Witte Paard:
Das Walfangschiff De swarte Walvis, erkennbar an den zusätzlichen Booten am Heck.
Eine kleinere dänische Fregatte (rechtes Bild) ist ebenfalls zu Besuch auf der Reede
Zum Abschluss folgen einige der unzähligen kleinen Boote.
Um alle Bilder dieses wunderschönen Dioramas zeigen zu können, haben wir sie zusätzlich in zwei Fotoalben zusammengefasst:
Holger Baethies