USS Ticonderoga (CVS-14), späte 1960er Jahre
Quelle: http://www.history.navy.mil
USS Ticonderoga (CVS-14), späte 1960er Jahre

Faszination Flugzeugträger


Eine kleine Annäherung an das Thema der Woche
Was macht diese Dinger eigentlich so attraktiv? Warum pilgern tausende Besucher in eine Hafenstadt, wann immer sie dort festmachen? Warum sind Modelle von ihnen die Hingucker auf einer Modellschau? Flugzeugträger gehören offenbar zum großen Faszinosum der Weltmeere. Ähnlich wie Kreuzfahrtschiffe oder die alten Ozeanliner. Bewunderer von Containerriesen oder Massengutfrachtern gibt es weit weniger.
Am Dienst auf Flugzeugträgern kann es nicht liegen. Denn diese Leviathane sind trotz ihrer enormen Größe Plätze drangvoller Enge. Bis zu 6000 Menschen tummeln sich auf einer Länge von 320 Metern und bis zu elf Stockwerke hoch in See. Einzelkabine? Vergiss es! Allenfalls für den Skipper, den Verbandsführer, den Ersten Offizier, den Geschwaderkommandeur und seine Staffelkapitäne. Schon die Abschnittsleiter schlafen zu zweit in einer Kabine, deren Komfort nicht einmal an einfache Jugendherbergen heranreicht. Ein Klappbett, ein Schreibtisch mit Safe für persönliche Gegenstände, ein Spind, ein Stuhl, das ist es. 50 Mann in einem Mannschaftsdeck – kein Problem. Und wer seine Aggressionen, die bei sechs Monaten auf See unter diesen Bedingungen leicht mal ausbrechen können, nicht in den Griff bekommt, wandert in den bordeigenen Knast.
Vergessen wir alle bitte die väterlichen Kommandanten aus Hollywood-Streifen a la „Der letzte Countdown“ oder „Top Gun“. In Wahrheit funktioniert so eine Bordgemeinschaft nur durch stramme Hierarchie mit eiserner Disziplin und drakonischen Strafen, wie wir sie eher bei der russischen Marine erwarten würden, nicht aber bei der US Navy, dem Schutzschild des „Land of the free“. Jeden Monat gehen bei der US-Marine so bummelig fünf Mann über Bord – Hauptursache: Selbstmord; auch auf den Flugzeugträgern. Und vor zwei Jahren wurde auf einem Träger der „Nimitz“-Klasse ein flotter Callgirl-Ring ausgehoben. Alles wie an Land also.
Zur Enge gesellen sich Geruch, Lärm und Bewegung. Ja, auch ein 90 000 Tonnen schwerer Koloss arbeitet in See, nicht zu knapp. Obendrein verschieben sich die Gewichte durch die Flugbewegungen an Deck ständig. Landet ein Flugzeug, sackt das Heck unter dem Anprall weg, auch bei gleichzeitiger Seitwärtsbewegung. Der Krach ist nur mit Ohrstöpseln zu ertragen, Schlaf zu finden – ohnehin ein knappes Gut von maximal fünf Stunden Länge – ein Kunststück, das nur unter Erschöpfung wirklich gelingt. Und der Mief? Na ja, wer schon einmal auf einem Kriegsschiff Dienst getan hat, kennt die subtile Mischung aus Dieselöl, Salzwasser und Stress-Schweiß. In Flugzeugcockpits des Zweiten und des Vietnamkriegs gern noch um eine leichte – pardon - Kotzenote ergänzt.
Und das alles schon unter normalem Dienstbetrieb. Von einem Gefecht unter diesen Bedingungen mal ganz zu schweigen. Reicht es? Gut, dann hören wir hier auf.
Denn auf der anderen Seite steht ein Schiffstyp, der in seiner ausgeklügelten Technologie die Marinetaktik und das strategische Denken von Nationen beeinflusst hat wie kaum ein zweiter. Flugzeugträger sind Macht. Sie sind die klassischen Instrumente für die Projektion militärischer Stärke an jeden Ort der Welt. Was sie anrichten können, haben die Briten vor Tarent, die Japaner in Pearl Harbour, die Amerikaner vor Midway und den Philippinen, über Vietnam, im Irak und Afghanistan gezeigt.
Flugzeugträger sind Hochtechnologie. Sie verbinden zwei Elemente, die eigentlich nicht zusammen gehören. Fliegerei über See ist an sich schon ein besonderes Kunststück. Von einer – jawohl – kleinen Plattform aus zu starten und erst recht wieder auf ihr zu landen gehört zum schwierigsten, was die Luftfahrt zu bieten hat. Wer es beherrscht, darf auch gern mal nachts sein Können zeigen.
Modellmarine will euch allen in den nächsten zwei Wochen diese schwimmenden Flugplätze näher bringen. In Bildern, mit Buchtipps, mit Modellen und Geschichten rund um den Flugzeugträger.
Also: „Ready on the cat?“ „Cat One!“ - „Airborne!“
Frank Ilse