Das Original
Die russische Sloop Wostok war eines der drei Schiffe der Kamchatka-Klasse, die für die baltische Flotte 1816-19 gebaut wurden – und das Schiff, von dem aus der Kontinent Antarktis (Antarktika) entdeckt wurde.
Für die russische Flotte wurden damals sowohl als Sloop bezeichnete Schiffe gebaut, als auch solche, die als Korvetten klassifiziert waren (überwiegend wurden die Begriffe damals synonym verwendet). Beide Typen waren als Aufklärer, Aviso und Kreuzer gedacht. Die Korvetten waren schneller und primär für Kampfeinsätze bestimmt, während die Sloops geräumiger waren und dadurch eine größere Reichweite hatten (mehr Vorräte einlagern konnten). Sloops wurden oft für Forschungsreisen und als Versorger eingesetzt. Die Kamchatka-Klasse – Kamtchatka, Otkrytie und Wostok (Vostok) – wurde von V.F. Stroke entworfen und ähnelten von der Auslegung kleinen Fregatten. Über dem Batteriedeck hatten sie ein durchgehendes Spardeck ohne Kuhl. Getakelt waren sie als Dreimast-Vollschiffe. Der Rumpf wurde aus Nadelholz gebaut.
Wostok war an der Wasserlinie 39,6 lang. Sie war 10,4 m breit und verdrängte 985 Tonnen. Ihre Segelfläche betrug 2287,1 m2, womit sie eine Geschwindigkeit von 10 Knoten erreichte.
Bewaffnung 1819
16 18-Pfünder-Kanonen (auf dem Batteriedeck, Stückpforten waren für 22 Geschütze vorhanden)
12 12-Pfünder-Karronaden (auf dem Oberdeck)
Die Wostok wurde von 1817-19 auf der Okhta-Werft in St. Petersburg gebaut. Zusammen mit der Sloop Mirnyi (ex Ladoga, ursprünglich als Transportschiff gebaut) lief sie am 3.7.1819 unter Fabian Gottlieb von Bellingshausen aus Kronstadt aus, um den Südkontinent zu entdecken. Über Rio de Janeiro erreicht Bellingshausen im Dezember 1819 Südgeorgien und fuhr über die Süd-Sandwich-Inseln in Richtung Antarktis. Der Kontinent wurde am 28. Januar 1820 entdeckt. Die Erforschung wurde in östlicher Richtung fortgesetzt und die Schiffe schließlich in Sydney überholt. Von dort aus wurden – im antarktischen Winter – diverse pazifische Inseln (u.a. Tuamoto und die Fiji-Inseln) vermessen. Nach einer erneuten Überholung in Sydney wurde im Oktober 1820 die Umrundung der Antarktis fortgesetzt und u.a. die Peter I.-Insel und die Alexander I-Insel entdeckt. Über die Süd-Shetland-Inseln ging es über Rio de Janeiro zurück nach Kronstadt, das am 24. Juli 1821 erreicht wurde.
Die Wostok blieb darauf bei der baltischen Flotte, wurde aber bei der Großen Flut am 7.11.1824 in Kronstadt (wie zahlreiche weitere Schiffe) schwer beschädigt. Das beschädigte Schiff wurde 1828 abgewrackt.
Das Modell
Das Modell wollte ich ursprünglich aus dem Kartonbausatz von Kartonowa Flota, der im Maßstab 1/300 ausgeführt ist, bauen. Diesen hatte ich - damals noch in Unkenntnis der historischen Bedeutung der Wostok - billig gekauft. Er besteht aus zwei DIN A4-Seiten aus etwas dickeren Karton für die meisten Teile und zwei DIN A4-Seiten aus dünneren Karton für die Segel. Angeregt durch einen Baubericht in ModellWerft 9/2008 hatte ich immer wieder überlegt, das Modell anzufangen. Anfang 2009 entschied ich mich dann die Wostok gemeinsam mit drei anderen Segelkriegsschiffen zu bauen - in der Erwartung, dass der Bau vielleicht schneller geht, wenn man sie gemeinsam detailliert und takelt. Das erwies sich aber als Irrtum, da das Problem in diesem Fall schon der Rumpf war. Letztlich hielt die Wostok den Bau auch der anderen drei Modelle auf, zeitweise ruhte der Bau von allen komplett und bisher ist auch nur die Wostok fertig.
Aber zurück zum Anfang des Baus: ich habe den Kartonbausatz eingescannt und auf 1/700 skaliert. Die Spanten und Decks wurden auf 160 g-Papier gedruckt. Der Zusammenbau der Spanten war unproblematisch, man sieht auch die zahlreichen Papierstreifen, um die einzelnen Teile zu verkleben und den Rumpf zu stabilisieren:
Danach kam das Oberdeck drauf. Um die Masten und den Bugspriet zu befestigen, habe ich größere Mengen an Zwei-Komponenten-Spachtelmasse angebracht, die auch dazu diente, die Heckform herauszuarbeiten. Die Originalkartonteile für das Heck schienen mir ungeeignet.
Danach ging es an das Anbringen der Seitenbeplankung. Der Rumpf ist in einem relativ hellen Braun mit ockerfarbenen-Streifen über der Batterie ausgeführt - was nicht den mir bekannten Abbildungen der Wostok entspricht. Damals war auch ein schwarzer Rumpfanstrich mit weißen Streifen schon längst Standard. Aber das war nicht das größte Problem: die Bugform soll man mit Hilfe von senkrecht angebrachten Schnitten herausarbeiten können, was bei mir überhaupt nicht funktioniert hat. Ich baue Kartonmodelle auch nur sehr selten, was erklärt, warum es so krass schief ging: der Rumpf macht den Eindruck, als würde das Schiff über den Bug sinken und hätte einen gebrochenen Kiel. Aber auch in dem erwähnten ModellWerft-Artikel sieht man, dass die Konstruktion der Teile problematisch ist.
Ich habe danach noch eine Reihe von Teilen angebracht, bis ich mich dann entschieden habe, dass das dieses Modell so nie etwas werden wird und ich es noch mal neu anfangen muss.
Quellen
- Wostok (auf windgammers.narod.ru)
- Russian Warships in the Age of Sail 1696-1860 von John Tredrea und Eduard Sozaev, Barnsley, 2010
- Polarschiffe von Ingrid Schmidt, Rostock, 1988
- Wostok (Pläne)
- Mit der Wostok auf Polarfahrt von Hans Loh, in ModellWerft 9/2008
- Der Weisse Kontinent von Alan Gurney, München, 2002
- Fabian von Bellinghausen (Wikipedia)
Lars