Das Schiff
Schon während des Zweiten Weltkriegs machten sich die US-Streitkräfte daran, ihre ausgedehnten Ladungsoperationen ständig fort zu entwickeln. Eine erste durchgreifende Konsequenz war die Entwicklung von Dock-Landungsschiffen. Diese Schiffe öffneten ihr Heck und fluteten einen großen Teil des Schiffsinneren, um die Landungsfahrzeuge aufschwimmen zu lassen, die noch an Bord beladen und bemannt werden konnten, um dann voll ausgerüstet aus dem Dockschiff Richtung Ziel zu fahren.
Der Einsatz von Flugzeugträgern brachte die Nahunterstützung aus der Luft für die gelandeten Truppen. Vor allem Jagdbomberstaffeln der Marines, ausgerüstet mit F4U „Corsair“ spezialisierten sich im Laufe des Kriegs darauf.
Revolutioniert wurde die amphibischen Operationen nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Hubschrauber. Nachdem Ende der 50er Jahre die ersten größeren Modelle mit entsprechender Tragfähigkeit – wie die „Choctaw“ und die „Mojave“ von Sikorsky - auf den Markt gebracht worden waren, entwickelte sich für das Marinekorps erstmals die Möglichkeit, in großem Stil Truppen aus der Luft zu landen. Erste Versuche wurden mit der „Thetis Bay“ gemacht, einem Geleitträger der „Casablanca“-Klasse. Sie verliefen erfolgreich und so waren es - wen wundert’s - drei Träger der guten alten „Essex“-Klasse, die zu großen Hubschrauberträgern umgebaut wurden: „Princeton“, „Boxer“ und „Valley Forge“. Der nächste konsequente Schritt war der Bau einer eigenen Klasse von Hubschrauberträgern, speziell auf die Bedürfnisse des Marinekorps ausgelegt und in der Lage mit Dockschiffen eine Amphibious Readiness Group zu bilden. Die Geburtsstunde der „Iwo Jima“-Klasse.
Die „Tarawa“-Klasse stellt diesen Schiffen gegenüber allerdings einen echten Quantensprung dar. Denn sie sind eine Kombination aus allem: Hubschrauberträger, Dockschiff, Flaggschiff, Lazarettschiff, Versorger und Stützpunkt für Angriffsflugzeuge zur Nahunterstützung der Truppen.
Hier die Daten der Klasse, deren erste Einheit, USS „Tarawa“, 1976 in Dienst ging:
Länge: 249,9 Meter
Verdrängung (max): 39 925 tons
Geschwindigkeit: 24 kn, 22 kn dauerhaft
Reichweite: 10 000 Seemeilen bei 20 kn
Antrieb: 2 Dampfturbinen mit zusammen 70 000 PS, 2 Schrauben
Üblicherweise ist eine gemischte Airgroup eingeschifft mit 6 AV-8B „Harrier“-Senkrechtstartern, 4 - AH-1W „SuperCobra“ Kampfhubschraubern, 12 - CH-46 „Sea Knight“ als leichten und 4 - CH-53 „Sea Stallion“ als mittelschweren Transporthubschraubern. Hinzu kommen 2 - UH-1N „Huey“ Hubschrauber für Verbindungsdienste.
Darüber hinaus kann ein komplettes verstärktes Marine-Bataillon an Bord genommen werden mit sämtlichen Panzern und Fahrzeugen. Insgesamt stellt das Marinekorps mit Airgroup und Bodentruppen etwa 1900 Mann der rund 2800 Mann starken Besatzung. Die Navy stellt das Personal für die Führung und den Betrieb des Schiffs. Das Miteinander soll nicht immer ganz einfach sein.
Die „Tarawas“ verfügen über ein komplettes Hospital mit Intensiv-Abteilung und etwa 1000 Einheiten Blutplasma sowie vier Operationssälen. Zahnmedizinische und orthopädische Rundumbetreuung ist selbstverständlich.
Intern ist das Schiff wie ein Hochregallager organisiert, zudem können die Fahrzeuge der Marines über ein ausgeklügeltes Rampensystem von ihren Lagerpositionen wie in einem Parkhaus in den schiffseigenen Dockbereich fahren.
Das Modell
So ein Ding wollte ich gern bauen. Es gibt sie, von Dragon, sogar von Revell, im Maßstab 1:700. Ich habe auch eins. Doch wer regelmäßig auf modellmarine zu Gast ist weiß, ich baue nun mal gern in 1:350. Und da gibt es keine „Tarawa“-Klasse. Also bleibt nur der Eigenbau.
Die ersten Recherchen ergaben eine günstige Ausgangslage. Passende Transporthubschrauber gibt es bei White Ensign und Corsair Armada. Seit einem halben Jahr hat Commander models sogar „Cobras“, „Hueys“ und „Harrier“ sowie die passenden Decals im Programm - super. Es gibt einen Plan der Klasse beim Floating Drydock in den USA. Den ließ ich mir kommen, er ist brauchbar, vor allem, wenn es um die Fragen des Innenausbaus geht und die genaue Position von Schlauch- und Kabeltrommeln und Schotten entlang der Laufgänge.
Was fehlt ist ein Spantenriß. Um den zu bekommen, wandte ich einen kleinen Trick an: Ich besorgte mir die USS „Saipan“ in 1:700 von der Firma Dragon. Den Bugbereich des Modells zerlegte ich mit der Feinsäge in einzelne Streifen von etwa einem Zentimeter Breite. Die Form dieser Streifen übertrug ich auf Millimeterpapier. Anschließend wurden diese selbstgemachten Spantenrisse mit Hilfe meines Grafikprogramms auf dem Computer gespiegelt und verdoppelt – voila.
Okay, okay, okay …. Puristen werden einwenden, dass ich mich einfach darauf verlassen habe, daß Dragon die Bugform korrekt getroffen hat. Jawooohhhl – darauf habe ich mich verlassen. Und auch noch nichts Gegenteiliges gehört.
Auch die Seitenwände habe ich anhand der Pläne und in Abgleich mit dem kleineren Dragon-Modell zunächst auf Millimeterpapier aufgerissen. Anhand dieser zusätzlichen Planentwürfe ging es an den Bau.
Und der ähnelt in seiner Grundform durchaus dem Marinefährprahm von Lutz. Denn auch diese gigantischen Landungsschiffe sind im Grunde nur große Schuhkartons, was den Bau der Grundform zunächst einmal erleichtert. Die Seitenwände wurden aus 1,5 Millimeter Polystyrol-Platten aufgebaut, die von hinten mit 3x6mm Profilen verstärkt wurden.
Jede Seitenwand hat eine prominente Aussparung. Auf der Backbordseite ist das der Schacht für den Deckskanten-Fahrstuhl, der eine der beiden Verbindungen zwischen Hangardeck und Flugdeck darstellt. Ich schnitt die Schachtöffnung in die Bordwand und schrägte in die Ränder mit Styrol-Platten ab, wie es die Fotos und der Plan vorgeben. Anschließend wurde alles verschliffen.
Auf Steuerbordseite ist es die Übernahmestelle für die Versorgung in See (Unrep). Die Unrep-Station wurde nach den vorliegenden Plänen und nach Fotos aufgebaut, die US-Modellbaufreund Charles Landrum gemacht hat, als er auf dem Schiff Dienst tat. Die ausführliche Fotoserie ist auf www.steelnavy.com zu finden. Danke Charles. Ich habe zunächst die Öffnungen für die Unrep-Station in die Bordwand geschnitten. Anschließend wurden von innen die einzelnen Decks aufgebaut. Dabei kamen wieder unteschiedliche Polystyrol-Platten zum Einsatz, Stärke 0,75mm und 1mm. Türen, Leitern und Reling sind Standardteile von GMM-Ätzplatinen in 1:350. Zu einem späteren Zeitpunkt wird die Unrep-Station noch weiter mit Pumpen und Schläuchen detailliert.
Nach diesen Vorarbeiten an den beiden Seitenteilen wurden sie auf eine Grundplatte aus 1,5 mm Styrol geklebt, wobei ich die Verbindung wieder mit 6x3mm Profilen verstärkte. Zur Versteifung setzte ich rechteckige Spanten in 1,5 mm Stärke. Jetzt ging ich daran, die Spanten für die Bugform zu setzen. Spant um Spant – zwölf insgesamt – wurden im Abstand von zwei Zentimetern zwischen Grundplatte und Seitenwänden verankert. Die Räume dazwischen füllte ich mit Styrol-Stücken von 1,5 und 2mm Stärke. Auf diese Weise entstand langsam die grobe Bugform meines Landungsschiffs.
Modellbaufreund Michael Klinger riet mir an diesem Punkt zu einer solideren Grundplatte, um der gesamten Konstruktion Stärke zu geben und Verwindungen zu vermeiden. Er besorgte mir auch eine 4mm-Styrolplatte, die ich aufleimte. Seitdem ist das Ding absolut verwindungssteif. Danke Michael.
Nachdem die ganze Chose mehrere Tage durchgehärtet war, wurde die grobe Form mit Hilfe der Dremel-Maschine herausgefräst und geschliffen. Dann brachte ich eine erste Schicht Tamiya-Spachtel auf und ließ den Rumpf wieder mehrere Tage durchtrocknen. Für die vielen Schichten, die bis zu einem glatten, homogenen Rumpf notwendig sind, benutzte ich einfache Universalspachtelmasse von Glasurit aus dem Baumarkt. Das Zeug trocknet schnell durch und läßt sich sehr sauber schleifen. Schleifen und spachteln – kann ich jetzt! Den Abschluß bilden zwei bis drei Schichten Sprühspachtelmasse aus der Spraydose, die gibt es auch im Baumarkt. Der Sprühspachtel hinterläßt nach dem Schliff eine harte und glatte Oberfläche.
Folgt Teil II
Frank Ilse