Modell: German 'Seehund' XXVII B/B5 Midget Submarine
Hersteller: Bronco Models
Maßstab: 1/35
Material: Polystyrol + Ätzteile aus Messing
Art.Nr.: CB-35053
Preis: ca. € 35.-
Sehr lange hat es gedauert, bis sich mal ein Hersteller dem technisch ausgereiftesten Kleinst-Uboot der Kriegsmarine, als Plastikspritzguss-Bausatz, im Maßstab 1:35 angenommen hat. Seit Anfang der 90er Jahre gab es nur einen nennenswerten "Seehund"-Bausatz in diesem beliebten Maßstab und zwar jenen aus Resin der Firma Verlinden. Für die Details sorgte eine Fotoätzplatine, aber es blieb nicht nur ein sehr teurer, fehlerbehafteter, sondern auch ein sehr schwerer Bausatz, denn der Rumpf war massiv gegossen. Doch nun ist dieser Bausatz Geschichte und selber reif für das Museum.
Das Original
Spätestens mit dem Verlust der Lufthoheit über allen (See)Fronten und den ersten, erfolgreichen alliierten Landungsoperationen in Nordafrika und Italien wurde der deutschen Marineführung klar, dass an einen sinnvollen und erfolgreichen Einsatz der Hochsee-U-Boote in küstennahen Gewässern nicht mehr zu denken war. Es war also nur folgerichtig, die bereits begonnene Entwicklung von Kleinst-U-Booten weiter voran zu treiben, zumal die bislang entwickelten Geräte in keinem Falle den Anforderungen genügen konnten. Das Ergebnis dieser Erkenntnisse stellt das Kleinst-U-Boot vom Typ XXVII B5, genannt "Seehund", dar. Die Konstruktionsunterlagen für die Serienfertigung wurden unter der Leitung von Baudirektor Kurt Fischer im Ingenieurbüro "Glückauf" in Blankenburg ausgefertigt. Bedenkt man die Kürze des Entwicklungszeitraums und die bereits katastrophale Kriegslage, ist es schon erstaunlich, dass es möglich war, so ein kompliziertes Fahrzeug nicht nur zu entwickeln, sondern auch noch 285mal zu bauen. Während der Produktion wurden sogar noch Modifikationen in die Fertigung eingepflegt! Anders als seine Vorgänger verfügte der "Seehund" über alle Attribute eines großen Tauchboots. Einen Dieselmotor UND einen Elektromotor, die Möglichkeit die Batteriezellen nachzuladen, Tauch- und Regelzellen, die das Tauchen auch ohne Vortrieb ermöglichten usw. Allein die menschliche Komponente schien die Einsatzmöglichkeiten zu begrenzen, denn die zwei Besatzungsmitglieder hatten kaum Möglichkeiten zur Regeneration, da sie im Grunde rund um die Uhr für den Betrieb ihres kleinen Fahrzeuges gebraucht wurden. Dass die Besatzungen regelrecht unter Drogeneinfluss standen, um mehrere Tage am Stück ohne Schlaf im Einsatz stehen zu können, ist ja hinlänglich bekannt. Es ist schon schlimm genug, junge begeisterte Menschen, die glaubten, das richtige zu tun, in sinnlose Einsätze zu schicken, von denen sie so gut wie nie zurückkehrten, aber ihnen bewusst Drogen zu verabreichen, über deren Nebenwirkungen und Spätfolgen nichts bekannt war, ist geradezu verbrecherisch zu nennen.
Technische Daten:
Länge: 11,87 m
Breite: 1,84 m Breite
Druckkörper: 1,28 m
Außenhautstärke: 5 mm
Verdrängung: 14,9 t (mit Bewaffnung)
Antrieb(Diesel): 1 x 60 PS 6 Zylinder LKW-Motor (Büssing, NAG
Antrieb(Elektro): 1 x 25 PS AW-77 Nebenschlussmotor (AEG)
Geschwindigkeit: 7,7 kn (ü.W.), 6 kn (getaucht)
Reichweite: 270 sm / 7,7 kn durch Satteltanks auf 500 sm erhöht
Batteriekapazität: 8 Tröge à 32 Zellen für 63 sm / 3 kn, oder 19 sm / 6 kn
Bewaffnung: 2 x T III c Torpedos mit reduzierter Batteriekapazität
Besatzung: 2
Der Bausatz
Um es gleich vorweg zu nehmen: das Modell von Bronco Models ist z.Zt. das beste Modell, das es vom "Seehund" gibt. Da ich zwei Jahre lang der Modellbauer des Internationalen Maritimen Museums Hamburg war, hatte ich jederzeit Zugang zu dem dort ausgestellten "Seehund", der mit starker Unterstützung von Klaus Mattes, einem "Seehund"-Fahrer und Autor des bekannten Buches "Die Seehunde", restauriert worden war. Dieser nicht zu identifizierende "Seehund" entspricht den bekannten Abmessungen und auch der schwer zerstörte bzw. korrodierte Turm wurde sehr gut rekonstruiert, so dass er problemlos als Vorbildquelle durchgehen kann. Der Turm ist auch der Bereich am Modell, der fehlerbehaftet ist. Das hängt damit zusammen, dass viele Museums-"Seehunde" gerade in diesem Bereich häufig nicht mehr dem Originalzustand vor der Kapitulation entsprechen und dies von den Konstrukteuren des Bausatzes nicht berücksichtigt wurde. Daher lässt sich tatsächlich nur ein ganz bestimmter Museums-Seehund "aus dem Kasten" bauen, aber leider kein Abbild des wahren Vorbilds. Jedenfalls nicht ohne eine gehörige Portion Eigenleistung. Doch dazu später mehr.
Der Bausatz bietet dem Modellbauer eine hervorragende Basis, um beinahe alle Varianten des "Seehunds" darstellen zu können. Dies wird sowohl durch die optional zu verbauenden Außenbunker, als auch durch zwei von drei möglichen Rudervarianten ermöglicht, die im Bausatz enthalten sind. Vor diesem Hintergrund ist es ebenso schade wie unverständlich, dass Bronco nicht auch noch die dritte Rudervariante, das Doppelruder, produziert hat, aber vielleicht soll damit später eine zweite Bausatz-Version vermarktet werden.
Die Ruderanlage ist auch Thema auf der einen Seite des Korrekturblatts, welches dem Bausatz beiliegt. Hier muss man aufpassen, welche Montagebohrung man aufbohrt, damit das jeweilige Ruder dann später auch passt und nicht mit dem Propeller kollidiert, denn je nachdem, welche Rudervariante man wählt, ragt der Propeller kürzer oder länger nach hinten raus, da er sich ja bei der Variante mit der Kortdüse in der Düse dreht.
Die andere Seite zeigt die Punkte wo man die Bohrungen für die Montage der Torpedos am Boot setzen soll. Auch hier war den Konstrukteuren ein Fehler unterlaufen. Dies wird langsam zur Unart bei den Herstellern.
Das Modell verfügt über sehr feine Oberflächendetails. Die Schweißnähte sind hauchzart ausgeführt, ebenso die Nietenreihen und Schraubenköpfe. Hier hat Bronco einen neuen Maßstab geschaffen, an dem sich andere Hersteller sowohl in diesem, als auch in kleineren Maßstäben werden messen lassen müssen.
Die Torpedos sind gut wiedergegeben. Sie werden mit den einzigen Ätzteilen des Bausatzes, wenn man einmal von der Namensplakette absieht, detailliert und zwar mit den "Klauen" der Aufschlagzünderpistole. Diese müssen einzeln in kleine Montageschlitze eingeklebt werden. Die Torpedoköpfe müssen rund herum abgeschliffen werden, da sie sich leicht nach vorne verdicken. Mit einigen wenigen Schleifrunden ist das Problem aber zügig behoben und die Torpedos sehen danach nicht mehr wie "Keulen" aus.
Einige Probleme bereiten die starren Flossen vor den Tiefenrudern. Sie sind einteilig, massiv gegossen und haben auf beiden Flächen Einsinkungen, die so tief sind, dass sie nicht einfach mit Sprühspachtel o.ä. gefüllt werden können. Dies ist auch nicht etwa ein einmaliges Phänomen. Ich habe zwei Bausätze und beide weisen dieses Problem auf.
Bronco hat Schnorchel und Kompassantenne komplett dargestellt, d.h. sie setzen sich auch noch in der Turmverkleidung fort. Der Schnorchel verfügt sogar über den Kugelschwimmer, obwohl man den später gar nicht sieht. Die Bauteile werden auf dem Druckkörper verklebt und der Turm dann darüber gestülpt und ebenfalls am Druckkörper verklebt. Unglücklicherweise geht das aber bei der Kompassantenne so nicht, denn die Antenne steckt nicht einfach so von unten durch ein Loch im Turmdach durch. Sie ist vielmehr durch zwei hölzerne Halbringe gegen Schwingungen gesichert, wie man auf den Fotos des "Seehunds" im Internationalen Maritimen Museum Hamburg erkennen kann. Deshalb kann man das "Loch" im Turmdach eben auch nicht sehen.
Diese Fotostrecke zeigt auch in aller Deutlichkeit das Hauptproblem des Bausatzes auf: das vollkommen falsch gestaltete Turmdach. Was ist hier schief gelaufen? Eine schnelle Fotorecherche im Internet ergab, dass sich die Konstrukteure bei Bronco den "Seehund" in Brest angeschaut haben, denn der Bausatzturm entspricht dem dort im Freien ausgestellten Museumsboot mit der Turmnummer 5622. Offensichtlich wurde dieser Turm falsch rekonstruiert, oder in dieser Form von den Franzosen umgebaut, die ja einige "Seehunde" nach dem Krieg getestet hatten. Dieser Turm weist einen Dachausschnitt vor dem Turmsüll auf, den es bei deutschen "Seehunden" nicht gab. Desweiteren fehlt der manuell zu bedienende Blockierhebel, an Steuerbord "1 Uhr", der das Zuschlagen des Turmluks verhinderte. Ebenso fehlt an Backbord die hochklappbare Halterung für das wasserdichte Telefon, das bei Überwasserfahrt zur Befehlsübermittlung diente. Das Telefon fehlt deshalb natürlich auch. Auf den Fotos aus Hamburg kann man die eingeklappte Halterung, ohne das Telefon, gut erkennen.
Auf dem, beim Original hohlem, Spritzwasserabweiser fehlen die Entlüftungslöcher. Im inneren des Turmluks fehlt ein Handgriff zum Schließen und ein Hebel zum Verriegeln des Luks. Zwei Handgriffe auf beiden Seiten des Turms fehlen ebenfalls. Alles in allem ist der Turm als mangelhaft zu bezeichnen. Hier wartet viel Arbeit auf den Modellbauer, die bei genauerer Recherche vermeidbar war, denn alle von mir beschrieben Details und Einrichtungen kann man auch auf historischen Fotos des "Seehunds" erkennen. Wirklich ärgerlich!
Ich bitte noch zu beachten, dass ich für diesen Artikel keinerlei Korrekturen an den originalen Turmbauteilen von Bronco vorgenommen habe. Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich einen entsprechenden Bericht nachreichen.
Zwei kleine Bügel, zum Festmachen des Bootes im Hafen, sind authentisch dünn an einer der Rumpfhälften angegossen und brechen daher leicht ab. Am Modell sind sie eher eckig, was es beim Original auch so gab. Ich aber habe sie bei meinem Modell durch halbkreisförmige Bügel aus Kupferdraht ersetzt, was es so auch gab. Dem Sehrohr fehlt leider eine Optik. Unglaublich, aber wahr!
Die Markierungsvarianten
Bronco hat vier Markierungs- und Bemalvarianten im Angebot.
Option Nr. 1 zeigt einen hellgrauen "Seehund" mit einem Wappenschild und einem Haifischemblem am Rumpf, Balkenkreuzen und der weißen Nummer '17' am Turm. Haben Sie es schon erkannt? Es handelt sich hierbei um den im Technikmuseum Speyer ausgestellten "Seehund", der so nie lackiert und natürlich auch nicht markiert war.
Option Nr. 2 zeigt einen ebenfalls hellgrauen "Seehund" ohne Wappen oder Embleme, dafür wieder mit Balkenkreuzen und der weißen Nummer '075' am Turm. Auch diese Lackierung und Markierungsoption ist historisch falsch. Dieser "Seehund" steht in Quincy, Massachusetts.
Option Nr. 3 zeigt einen dunkelgrauen "Seehund" dessen Überwasserschiff mit weißen, oder sehr hellgrauen Tupfen getarnt ist. Er soll zwischen Januar und Mai 1945 im Ärmelkanal operiert haben. Fotos eines solcher Art getarnten "Seehundes" sind bekannt, daher ist dies wohl der erste historisch korrekte "Seehund", den Bronco uns anbietet.
Option Nr. 4 zeigt einen dunkelgrauen "Seehund" mit dem profilierten Einzelruderblatt. Laut Bauplan wurde dieses Boot von englischen Truppen in einer deutschen Fabrik erbeutet (vermutlich Bunker "Konrad", Kiel). Das dürfte stimmen, da diese Boote nicht mehr ausgeliefert worden sind und daher nicht bei irgendwelchen Einsatzverbänden aufgetaucht sein können.
Es gibt noch drei weitere Embleme im Angebot, über die Bronco aber kein weiteres Wort verliert. Ein rotes Herz, das von U-5070 geführt wurde, ein vierblättriges Kleeblatt, sowie einen Elefanten, der mit seinem Rüssel schnorchelt.
Desweiteren liefert Bronco noch vier Ziffernreihen von 0 bis 9 zum Gestalten eigener Turmnummern. Der Decalbogen liefert erfreulicherweise auch Tiefgangsmarkierungen für Bug, Heck und sogar Mittschiffs. Die Ziffern sind rot und je nachdem, ob das Boot hell- oder dunkelgrau lackiert werden soll, sind die Skalierungsstriche weiß oder blau gehalten. Auf den Fotos, die ich kenne, sind die Ziffern immer weiß und Skalierungsstriche sieht man nicht. Wenn man so über die Markierungen für die beiden Museumsboote nachdenkt, könnte man doch glatt auf die Idee kommen, eine Familie beim Museumsbesuch als Diorama zu gestalten. Wäre doch mal was anders, oder?
Die Anleitung
Fazit
Der Bausatz von Bronco ist das derzeit beste Plastikmodell eines "Seehunds" überhaupt. Die gesamte Form und Oberflächengestaltung ist erstklassig zu nennen, auf die Detailtreue trifft dies leider nicht in allen Bereichen zu. Wenn man die Fehler kennt, sind sie relativ leicht zu beheben. Aber musste das denn sein?
Ich denke, dass der Bausatz mit Wohlwollen trotz der Mängel, das Prädikat "empfehlenswert " verdient hat, da die Mängel relativ leicht, wenn auch nicht ganz ohne Aufwand, zu beheben sind. Ich bedanke mich bei Herrn Klaus Mattes für seine Unterstützung.
empfehlenswert
Olaf Krabbenhöft