Großer Kurfürst

Modell: Großer Kurfürst WWI German Battleship
Hersteller: ICM
Maßstab: 1/700
Material: Polystyrol
Art.Nr.: S.015
Preis: ca. 25,00 €

Das Original

Die vier Schiffe der König-Klasse waren die letzte komplettierte Klasse von Linienschiffe der kaiserlichen Marine und Nachfolger der Kaiser-Klasse.
Im Gegensatz zu jener Klasse war allerdings bei der König-Klasse die gesamte schwere Artillerie in der Mittschiffslinie konzentriert, mit überfeuernden Türmen an den Enden. Dies ermöglichte ein verbessertes Rundum-Feuer aller 5 Türme.
Dem vorausgegangen war ein entsprechender Schriftwechsel zwischen Tirpitz sowie den verschiedenen Abteilungen des Marine-Departments, war Tirpitz doch zunächst gegen eine solche Aufstellung da er für die Schlachtflotte immer noch die Entscheidung im Mêlée als Taktik bevorzugte. Allerdings lenkte der Staatssekretär schlussendlich ein, da die Vorteile der von ihm sogenannten "amerikanischen Aufstellung" überwogen.

Diese insgesamt günstigere Aufstellung ermöglichte es, die Ausdehnung der Panzerflächen zu verkleinern und somit die verbliebenen Flächen stärker auszulegen.
Auch kam die Gewichtsersparnis dem gewählten Turbinen-Antrieb zu Gute, wenn allerdings die für die Mittelwelle geplante Öl-Maschine, sprich ein Dieselmotor, nicht realisiert wurde, da ein entsprechend leistungsstarkes Aggregat nicht zur Verfügung stand. Von den verbauten 15 Kesseln für die Turbinenanlage wurden 3 mit Öl- statt Kohlefeuerung vorgesehen, nachdem zuvor auf den Torpedobooten entsprechend positive Erfahrungen gemacht worden waren. Da das deutsche Kaiserreich allerdings beim Öl von entsprechenden Importen abhängig war, entschied man sich auch zu späteren Zeitpunkten gegen eine Umstellung auf eine reine Ölfeuerung.

S.M.S. Großer Kurfürst wurde als zweites Schiff der König-Klasse bestellt und bei der AG Vulcan in Hamburg auf Kiel gelegt. Im Mai 1913 lief sie vom Stapel und wurde zum 30. Juli 1914 in Dienst gestellt.
Nach ihrer Indienststellung wurde sie dem III. Geschwader mit Heimathafen Wilhelmshaven zugeteilt.
Die ersten Jahre ihrer Dienstzeit verliefen ohne größere Operationen bzw. ohne ein direktes Zusammentreffen mit dem Gegner. Dies änderte sich, als sie während des Wechsels von Mai auf Juni 1916 an der Schlacht vor dem Skagerrak teilnahm. Sie fuhr als zweites Schiff in der Spitze der Schlachtflotte, wodurch sie mit am stärksten dem gegnerischen Feuer ausgesetzt war. Dies führte zu acht Treffern schwerer Kaliber, die zu insgesamt 15 Toten an Bord führten. Lediglich die auf hohe Standfestigkeit ausgelegte Konstruktion verhinderte hier schlimmere Auswirkungen der Treffer.
Nach der Schlacht wurde S.M.S. Großer Kurfürst bei der AG Vulcan in Hamburg eingedockt und erfuhr hier, neben der Beseitigung der Gefechtsschäden, auch weitere Umbauten wie ihre Schwesterschiffe. So wurden z.B. die Torpedonetze entfernt, hatten sie sich doch eher als eine Gefährdung und ein Hindernis im Gefecht erwiesen denn als Nutzen. Es wurde auch noch die 8,8cm Kasematte verplattet um mehr umschlossenen Raum im Schiffsinneren zu gewinnen sowie der Pfahlmast gegen eine Röhrenmast mit Gefechtsstand samt Basisgerät ausgetauscht.

Nachdem S.M.S. Großer Kurfürst im Juli 1916 wieder für einsatzbereit erklärt worden war, wurde sie im November des gleichen Jahres vom U-Boot HMS J1 torpediert, konnte aber den Heimathafen erreichen. Durch die notwendige Reparatur fiel sie bis Februar 2017 allerdings aus. Im März des gleichen Jahres rammte sie ihr Schwesterschiff Kronprinz. Die dabei erlittenen Beschädigungen zwangen Großer Kurfürst bis April zu einer erneuten Werftliegezeit. Im Oktober lief sie auf eine russische Mine, wodurch sie bis Dezember 2017 ausfiel. Nach Abschluss des letzten Vorstoßes der Hochseeflotte bis auf Höhe Utsire lief sie im Mai 2018 Kiel an, um hier leichte Schäden als Folge einer Grundberührung beseitigen zu lassen.

Während des Matrosenaufstandes 1918 lag S.M.S. Großer Kurfürst zusammen mit dem Rest des III. Geschwaders in der Lübecker Bucht auf Reede.

Nach dem Waffenstillstand wurde verfügt, dass sich alle namentlich benannten Einheiten, nach erfolgter Abgabe ihrer Munition, nach Scapa Flow auf den Orkneys zu begeben hatten um dort interniert zu werden. Dies betraf auch S.M.S. Großer Kurfürst. Hier lag sie zusammen mit dem Rest der Flotte, bis am 21. Juni 1919 der Befehl Konteradmirals von Reuter zur Selbstversenkung erging, um so die Flotte dem Zugriff der Siegermächte zu entziehen.

Das Wrack wurde 1938 gehoben und ins Rosyth verschrottet. Die Schiffsglocke befindet sich heute im National Museum of the Royal Navy in Portsmouth. 

Der Bausatz

Der Bausatz in einer sehr stabilen Box auf den Tisch des Modellbauers. Entfernt man den Deckel kommt der eigentliche Karton zum Vorschein.
Die insgesamt 241 Teile verteilen sich auf insgesamt 7 Spritzlinge plus das einzeln beiliegende Unterwasserschiff. Leider sind alle Bauteile in einer Tüte untergebracht, so dass mit Bruch zu rechnen ist.
Die Details der einzelnen Gussäste sind gut und klar ausgeführt sowie auch entsprechend fein detailliert. Zwar mögen hier einige Hersteller mehr hinbekommen, allerdings kostet ein solcher Bausatz dann auch gerne das Dreifache. Der Bausatz ist dennoch auf einem sehr guten, angemessenen Niveau.

Großer Kurfürst

Spritzlinge A und A1 stellen das Unterwasserschiff bzw. die Bodenplatte der Wasserlinienoption dar. Das Unterwasserschiff ist sauber ausgeformt. Es gibt keinerlei störende Angüsse oder Auswerfermarken im Sichtbereich. Allerdings verläuft entlang der Mittschiffslinie eine Formentrennnaht die es zu verschleifen gilt. Es fällt auf, dass hier, wie auch bei den 350er Bausätzen die Öffnungen der Breitseitstorpedorohre fehlen.

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Der zweimal beiliegende Spritzling B umfasst die Teile der schweren sowie der mittleren Artillerie. Die Türme der 30,5 cm Geschütze weisen eine feine Nietenstruktur auf, die positiv zum Gesamteindruck beiträgt. Auch die Beiboote samt Barings und Davits sind sehr gut wiedergegeben. Alle Teile sind sauber gespritzt ohne irgendwelche Sinkstellen oder Fischhaut. Die Detaillierung überzeugt auf ganzer Linie.

Großer Kurfürst
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Am Spritzling C finden sich die Teile für die Aufbauten. Diese Teile werden ergänzt um den Spritzling G, welcher die weiteren Aufbautenteile enthält.
Gemäß Anleitung werden eineige Teile von C nicht benötigt und durch welche von G ersetzt. Allerdings hat man durch diese Teile die Option, S.M.S. Großer Kurfürst sowohl vor als auch nach der Umrüstung darzustellen. Das Überwasserschiff ist entlang der Mittschiffslinie senkrecht in zwei Hälften geteilt. Alle Teile sind sehr schön detailliert. Insgesamt erinnert der Aufbau des Bausatzes sehr an die 350er Version, inklusive aller Vor- und Nachteile.

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Das Oberdeck verteilt sich auf die Spritzlinge D und D1.
Die Teile sind sauber gespritzt und weisen keine unschönen Auswerfermarken oder Sinkstellen an den sichtbaren Stellen auf. Die Plankenstöße sind sehr gut wiedergegeben und dürften bei entsprechender Bemalung sehr gut zur Geltung kommen. Allerdings fällt auf, dass sich hier der Fehler der großen Brüder wiederholt:
Sämtliche Teile der Beibootsanlage sind falsch wiedergegeben.
So hat ICM auf dem Oberdeck zwei parallel laufende Schienen angespritzt, während eine versenkte, zentrale Schiene richtig gewesen wäre. Somit passen auch die Barrings nicht wirklich zum Original. Auch die Positionen der Kohlenbunkerluken stimmen nicht hundertprozentig. In wie weit sich dies beheben lässt, wird der Bau zeigen müssen.

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Am Spritzling E findet sich schließlich der Ständer des Bausatzes, welcher bei entsprechender Bearbeitung sicherlich sehr gut zum Gesamteindruck des Modells beitragen dürfte.

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Decals

Der Decalbogen ist sauber und randscharf gedruckt und umfasst die weißen Ringe der Fliegerkennung sowie Hoheitsflaggen und Admiralsstander. Ergänzt wird er um zwei auf Papier gedruckte Namensschilder für den Ständer.

Großer Kurfürst

 

Die Anleitung

Die Anleitung umfasst, inklusive Teileübersicht und Bemalungsvorlage 20 Seiten.
Die einzelnen Schritte sind übersichtlich gegliedert, logisch angeordnet und einfach verständlich. Somit kann auch ein ungeübter Modellbauer gut zu einem tollen Ergebnis kommen.
Die Farbangaben beziehen sich auf Revell und Tamiya.
Löblicherweise stellt die letzte Seite auch einen Takelplan zur Verfügung.

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Fazit

ICM hat hier einen tollen 1/700er Bausatz eines Linienschiffes der kaiserlichen Hochseeflotte auf den Markt gebracht. Der Bausatz ist aufgrund des überlegten Aufbaus auch für Anfänger geeignet, welche bereits direkt aus der Box zu einem schönen Modell kommen. Für fortgeschrittene Modellbauer stellt der Bausatz eine gute Ausgangsbasis dar.
Aufgrund des sehr guten Gesamteindrucks halte ich diesen Bausatz für

alt empfehlenswert

Quellen:

Grießmer - "Linienschiffe der kaiserlichen Marine 1906-1918"
Koop/Schmolke - "Nassau- bis König-Klasse"
Koop/Schmolke - "Vom Original zum Modell - Nassau- bis König-Klasse"
Staff - "German Battleships 1914-18 (2)"
Breyer - " Die Linienschiffe der KÖNIG-Klasse"
Archiv M.Carl

 

Mathias Carl

Wir danken ICM für das Bausatzmuster