Deckelbild

Modell: SMS Fürst Bismarck 1906
Hersteller: NNT
Maßstab: 1/700
Material: Resin, Fotoätzteile, Gips
Art.Nr.: 70015
Preis: 71 €

Das Original

Die Fürst Bismarck war der erste deutsche Panzerkreuzer, d.h. der erste Kreuzer der Kaiserlichen Marine mit einem Seitenpanzer. Wie die Vorgängerklasse, die Geschützten Kreuzer der Victoria Louise-Klasse, war sie primär für den Auslandseinsatz vorgesehen. Sie sollte in Friedenszeiten als Flaggschiff des deutschen Kreuzergeschwaders (Ostasiengeschwaders) dienen, in Kriegszeiten zum Kreuzerkrieg gegen Handelsschiffe. Sie war bei Baubeginn als Kreuzer 1. Klasse klassifiziert, wurde aber schon während des Baus zum Großen Kreuzer umklassifiziert.

Die Fürst Bismarck fiel fast doppelt so groß wie die Vorgänger aus und war deutlich stärker bewaffnet. Die Panzerung wurde durch einen sehr dicken Seitenpanzer verstärkt. Aber dieser bedeckte nur einen sehr kleinen Bereich des Rumpfs nahe der Wasserlinie auf der Höhe des Panzerdecks, darüber waren nur der Kommandoturm und die Türme bzw. Kasematten der 24 cm- und 15 cm-Geschütze gepanzert. Die Mittelartillerie war hier noch nicht, wie bei den Nachfolgebauten, komplett auf eine Zentralbatterie mittschiffs konzentriert und konnte deshalb nicht durch einen einzigen Treffer ausgeschaltet werden. Im Vergleich zu zeitgenössischen britischen (Cressy-Klasse) und französischen (Jeanne d'Arc) Panzerkreuzern fiel die Bewaffnung und die Panzerstärken der Fürst Bismarck stark aus und die Seetüchtigkeit dürfte gut gewesen sein, dafür war sie für einen Kreuzer sehr langsam. Sie war kaum schneller als die zeitgenössischen Schlachtschiffe der britischen Canopus-Klasse und der deutschen Kaiser Friedrich III-Klasse, die 18 kn erreichten. Eventuell wegen der hohen Kosten, der geringen Geschwindigkeit und eventuell auch wegen geänderter Aufgaben (Eingliederung der Panzerkreuzer in die Schlachtflotte) wurde nur ein Schiff dieses Entwurfs gebaut. Die folgenden Panzerkreuzer (Prinz Heinrich, Prinz Adalbert-Klasse und Roon-Klasse) fielen kleiner aus, erst mit der Scharnhorst-Klasse wurde die Fürst Bismarck in der Größe übertroffen.

Die Fürst Bismarck war 127 m lang, 20,4 m breit und verdrängte voll beladen 11 461 t. Der Antrieb bestand aus zwölf Kesseln und drei Vierzylinder-Dreifachexpansionsdampfmaschinen, die drei Schrauben trieben. Bei den Probefahrten wurden 13622 PS und 18,7 kn erreicht. Die Besatzung setzte sich aus 621 Mann zusammen.

Bewaffnung
4 x 24 cm SK L/40 (zwei Zwillingstürme
12 x 15 cm SK L/40 (sechs Einzeltürme und sechs Kasematten)
10 x 8,8 cm SK L/30 (sechs hinter offenen Schilden, vier in Kasematten)
10 x 3,7 cm Maschinenkanonen (Einzellafetten)
6 x 45 cm-Torpedorohre (eines am Bug und vier mittschiffs unter Wasser, eines am Heck über Wasser)

Die Fürst Bismarck wurde 1896 bis 1900 auf der Kaiserlichen Werft in Kiel gebaut. Nach Fertigstellung wurde sie nach Ostasien geschickt, wo sie Flaggschiff des deutschen Ostasiengeschwaders während der internationalen Intervention in China gegen die Boxer wurde. Sie blieb bis 1909 Flaggschiff als sie von dem Panzerkreuzer Scharnhorst abgelöst wurde. Bei der Rückkehr nach Deutschland wurde sie außer Dienst gestellt. Sie sollte zum Torpedoschulschiff umgebaut werden. Dieser Umbau war bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs praktisch abgeschlossen. Sie wurde aber nicht entsprechend verwendet. Nach einer kurzen Zeit als Zielschiff für U-Boote diente sie als Exerzier- und Maschinenschulschiff. 1916 wurde sie entwaffnet, 1918 außer Dienst gestellt. Nach kurzer Nutzung als Büroschiff wurde sie 1919 gestrichen und 1920 in Rendsburg abgewrackt.

Der Bausatz

Der vorliegende Bausatz der Fürst Bismarck ist nach Bausätzen der Scharnhorst-Klasse von HP Models und Kombrig und der Blücher von WSW und Kombrig erst die dritte Klasse eines deutschen Panzerkreuzers, von der im Maßstab 1/700 ein Bausatz erhältlich ist. Es ist sehr erfreulich, dass NNT sich dieses Schiffs angenommen hat.

Der Bausatz ermöglicht den Bau eines Wasserlinienmodells. Die geschwungenen Formen des Rumpfs sind sehr gut wiedergegeben. Große Teile der Aufbauten sind bereits angegossen, aber so konstruiert, dass die Drehbereiche für die 15 cm-Türme trotzdem komplett offen sind. Der Linoleumbelag auf den Decks ist gut dargestellt.

Die wenigen restlichen Teile für die Aufbauten scheinen ebenfalls korrekt zu sein, was insbesondere in Bezug auf die Brücke nicht leicht zu beurteilen ist. Soweit ich es beurteilen kann, ist der Bausatz korrekt (und z.B. die Brücke des Modells im Deutschen Museum in München falsch).

Bei den Lüftern, Scheinwerfern und Bootskränen gibt es kleinere Unsauberkeiten (eingeschlossene Luftblasen), die aber mittels eines Tropfens Sekundenkleber oder mit einem Heißwachsspachtelgerät leicht korrigierbar sein sollten. Die Öffnungen der Bootskräne müssen noch versäubert werden. Sie scheinen mir beim Original auch ovaler gewesen zu sein. Die beigelegten Teile der Masten aus Resin werden viele wohl durch Metallteile ersetzen.

Das gilt wahrscheinlich ebenso für die Rohre der 24 cm- und 15 cm-Geschütze, eventuell auch der 8,8 cm-Geschütze (links). Zwischen den gut gemachten Türmen der 24 cm- und 15-Geschütze sieht man links auch die Gefechtsmarsen der beiden Masten mit den Ausbuchtungen, in denen die 3,7 cm-Maschinenkanonen standen. Auf den Fotos rechts sind die 8,8 cm-Geschütze zu sehen, die hinter Schutzschilden standen (Teile oben und unten). Schön, dass der Hersteller die Schutzschilde hinten offen dargestellt hat! Von den 3,7 cm-Maschinenkanonen (rechts mitte) ist eines zu viel vorhanden.

Da die Aufstellung der 3,7 cm-Maschinenkanonen aus der Anleitung nicht eindeutig hervorgeht, verweise ich auf das Modell im Deutschen Museum. Laut diesem, was mit den vorhandenen Fotos deckt, standen zwei auf dem Brückendeck über den 15 cm-Türmen, je zwei in den Gefechtsmarsen auf den Masten, zwei über den 15 cm-Türmen mittschiffs und zwei ganz hinten auf dem achteren Aufbau.

Es scheint sogar ein Beiboote zu viel im Bausatz enthalten zu sein. Das große Dampfbeiboot sieht gut aus, die beiden kleineren stimmen nicht ganz mit Plänen von solchen Booten der Kaiserlichen Marine überein. Die Ruderboote sind gut gemacht, es sind aber keine eindeutig als Gig identifizierbaren Beiboote enthalten (schlanker mit Rundheck).

Nach Die deutschen Kriegsschiffe 1815-1945 hatte Fürst Bismarck ein großes Dampfbeiboot, eine Barkasse, zwei Pinassen, zwei Kutter, zwei Jollen und drei Gigs. Laut dem Koop-Schmolke-Plan hingen zwei kleine Kutter (Jollen?) an Davits vorne an der Back; zwei Kutter, eine Pinasse, ein kleines Dampfbeiboot und zwei Gigs (eines davon auf der Pinasse) lagerten zwischen den beiden Schornsteinen; ein großes und ein kleines Dampfbeiboot sowie eine Barkasse, eine Pinasse (auf der Barkasse) und eine Gig lagerten neben dem hinteren Schornstein und eine Gig hing an Steuerbord neben dem achteren Turm. Bei Koop-Schmolke finden sich im Vergleich zu Gröner zwei zusätzliche Dampfbeiboote und eine weitere Gig. Im Vergleich zu Koop-Schmolke fehlt im Bausatz eine Pinasse (das zweit größte Ruderboot) und vier Gigs. Wie in sehr vielen anderen Bausätzen scheinen auch hier nicht alle Beiboote nach Plan gebaut worden zu sein.

Die Fotoätzteile

Die Platine mit Fotoätzteilen umfasst Davits, Ankerketten, Teile der Gangspill, Anker, Reling, Bugzier, Salinge, Leitern, Schraubenschutz und die Halterung für das Sonnensegel über der Heckgalerie. Die Reling muss man selbst ablängen.

Flaggen und Dioramabasis

Es liegt eine Flagge als Abziehbild bei:

Dazu ist eine Basis für ein Diorama aus Gips enthalten. Das stellt einen Kanal wie den Nordostseekanal (damals Kaiser Wilhelm-Kanal) dar, genauer die Wasserfläche des Kanals und eine der beiden Böschungen.

Hier noch ein von Norbert Thiel gebautes Modell der Fürst Bismarck. Man sieht auch gut die Dioaramaplatte (Fotos von Reiner Vögel):

Die Anleitung

Die Anleitung umfasst einen englisch-sprachigen Text über das Original inklusive technischer Daten, deutsch- und englisch-sprachige Angaben über die Bemalung, einer Teileliste und mehreren Fotos des zusammengebauten Modells, auf denen die Nummern der verschiedenen Teile markiert sind. Bei den Bemalungshinweisen, die erfreulicherweise auch auf Details wie die Bemalung der Beiboote eingehen, finden sich auch die Listen der Farben des Standard- und Tropenanstrichs (Auslandsanstrich). Für die Farben sind RAL-Nummern angegeben sowie, falls vorhanden, auch die Entsprechungen von Humbrol, Revell, Tamiya, Testor und Vallejo.

Es ist teilweise recht schwer zu finden, wohin welches Teil soll. Ein Beispiel sind die Positionen der 3,7 cm-Maschinenkanonen (siehe oben). Für den Farbverlauf kann man sich nur an dem Deckelbild orientieren. Es empfiehlt sich zusätzlich Fotos des Originals zu Rate zu ziehen. Wer noch die Bugzier farbig bemalen will, hier die Farben (Quelle): blauer Helm, silberner Kopf, goldene Ranken, rotes Schild um den Kopf, Wappenschild vorne blau, silberne Eichenblätter und goldene Eicheln. Dabei geht es aber um winzige Details...

Quellen

Fazit

Dieser Bausatz der Fürst Bismarck von NNT erlaubt den Bau eines detaillierten und vorbildgetreuen Modells des ersten deutschen Panzerkreuzers. Die einmaligen Formen des Schiffs sind sehr gut wiedergeben. Der Bausatz ist komplett und enthält die notwendigen Fotoätzteile. Allerdings wären (gedrehte) Metallteile für die Masten und Geschützrohre besser als die enthaltenen Resinteile gewesen, hätten aber auch den Preis in die Höhe getrieben. Für einige der Beiboote muss man passendere Exemplare finden. Die Anleitung macht den Zusammenbau zu einer Herausforderung, die aber, insbesondere wenn man selbst Material über das Original besitzt, lösbar sein sollte. Insgesamt finde ich, dass der Bausatz eine exzellente Basis für ein Modell darstellt und deshalb ist er

alt sehr empfehlenswert

Lars