Modell: Russian nuclear-powered icebreaker Project 22220 "Arktika"
Hersteller: Zvezda
Maßstab: 1/350
Material: Polystyrol (Spritzguss), Abziehbilder
Art.Nr.: 9044
Preis: 55 - 65 €

Das Original

Der russische Eisbrecher Arktika (Арктика) ist das Typschiff der LK-60Ja-Klasse (Projekt 22220), das erste von von fünf Schiffen, die die Eisbrecher der Arktika-Klasse (Projekt 10520, 1971-2007 gebaut) und der Taimir-Klasse (Projekt 10580, 1985-90 gebaut) ersetzen und in der Nordostpassage eingesetzt werden sollen. Die Eisbrecher sind deshalb so ausgelegt, dass sie sowohl als schwere Eisbrecher in tieferen als Ersatz für die ältere Arktika-Klasse als auch in flachen Gewässern als Ersatz für die Taimir-Klasse genutzt werden können. Hierfür sind Ballasttanks vorhanden, um die Verdrängung und damit auch die eisbrechenden Fähigkeiten in tiefen Gewässern zu erhöhen bzw. ohne Balast in flachen Gewässern eingesetzt zu werden. Die Klasse erhält wieder Reaktoren, die Turbogeneratoren antrieben, die den Strom für die Antriebsmotoren erzeugen. Die Arktika ist der stärkste bisher gebaute Eisbrecher.

Der Bau der Klasse wird dadurch verzögert, dass die ursprünglich in der Ukraine bestellten Turbogeneratoren wegen der Besetzung der Krim und der Ostukraine nicht geliefert wurden und durch in Russland hergestellte ersetzt werden mussten. Die Schiffe der Klasse sind Arktika, Sibir, Ural, Jakutia und Tschukotka. Das letzte Schiff soll 2026 in Dienst gestellt werden.

Arktika ist 173,3 m lang, 34 m breit und verdrängt 25.540 t (Zustand für flache Gewässer) bzw. 33.530 t (voll beladen). Der Antrieb erfolgt durch zwei Reaktoren, die zwei Turbogeneratoren antreiben, die den Strom für drei Elektromotoren produzieren. Der Antrieb leistet 80.000 PS, womit 22 kn erreicht werden und kontinuierliche Fahrt durch bis zu 2,8 m dickes Eis möglich ist. Die Besatzung besteht aus 75 Personen. Es ist ein Hubschrauberhangar- und deck vorhanden.

Arktika wurde 2013-20 von den Baltischen Werken in St. Petersburg gebaut. Bei den ersten Erprobungen in der Arktis im September und Oktober wurde der Nordpol erreicht, aber da das Eis zu dünn war, konnten die Fähigkeit des Eisbrechers erst später getestet werden. Zudem war während des Baus eines der Elektromotoren zerstört worden und konnte erst im September 2021 ersetzt werden.

Der Bausatz

Der Rumpf ist in zwei Hälften geteilt und wird mit einem einzusetzenden Spant verstärkt. Der weiße Wasserpass ist mit zwei Gravuren angedeutet. Eine Wasserlinienoption ist nicht vorgesehen. Die Ankertaschen werden als separate Teile von innen eingeklebt, um den entstehenden Hinterschnitt darzustellen. Im Bugbereich ist die Eisverstärkung angedeutet. Die Verstrebungen des Bugschanzkleides sind auf der Innenseite schön wiedergegeben.


Bei den Hauptdecks findet sich eine Mischung aus bereits angeformten Details und vielen als Taschen ausgeprägte Positionierhilfen für Winden, Poller, etc. Für die Seitenwände der Aufbauten sind Falze, Kanten und ebenfalls Taschen als Klebeführung vorhanden.


Der vordere Aufbau besteht im Wesentlichen aus vier Seitenteilen und einem abschließenden Deck. Schotten und kleinere Details, wie die Oberdecksbeleuchtung, sind erhaben geprägt. Wer mag kann die Schotten durch fotogeätzte Varianten ersetzen. Die Fenster sind vertieft ausgeführt, im vorderen, schrägen Bereich korrekt als senkrechte Gläser. Die Vertiefung sollte ausreichen, um sie farblich abzusetzen.


Der Spritzling „E“ mit den Kleinteilen ist dreimal vorhanden. Besonders fällt hier die Konstruktion der Propeller auf. Auf eine Welle werden vier Mantelteile, welche wiederum die einzelnen Fluken aufnehmen, und eine abschließende Halbkugel angeklebt. Das ist bislang die interessanteste Lösung zur korrekten Darstellung eines Schiffspropellers, welche bei mir auf dem Basteltisch lag.

Die Rettungsboote werden aus zwei Hälften zusammengesetzt. Hier sind die angedeuteten seitlichen Fenster und Zugangsluken sehr schwach ausgeführt und könnten bereits nach dem Grundieren nahezu verschwinden.

Die Rahmen der Rettungsnetzte um das Helodeck herum sind filigran wiedergegeben. Fotoätzteile legt Zvezda grundsätzlich nicht bei und das für solche Fälle in größeren Maßstäben übliche Netz wäre viel zu überdimensioniert. Deswegen bleiben die Rahmen leer.


Der Grundkörper des achteren Aufbaus besteht aus zwei Hälften mit angeformten seitlichen Details. Die Seitengallerien werden teils in vorhandene Nuten, teils in Falze eingeklebt. Allerdings entstehen bei Letzteren mitten auf den einzelnen Decklevels zu verspachtelnde Klebefugen. Wenn man sich von unter nach oben vorarbeitet sind diese Spachtelstellen mit Werkzeugen relativ gut erreichbar. Lästig wird es bei den beiden obersten rechteckigen Platten. An denen sind bereits Oberdecksdetails angeformt, was das Verschleifen behindert.


Der letzte graue Spritzling hält weitere Klein- und Ausrüstungsteile bereit. Interessant ist die einzuklebende Bugspitze. Dadurch wird die Bugklüse sauber dargestellt.

Für den Bordhubschrauber gilt Ähnliches wie bei den Rettungsbooten. Während Rotorkopf, Fahrwerksbeine und Abgasrohre sehr fein dargestellt sind, verschwimmt die angedeutete Verglasung nahezu komplett. Dankenswerterweise sind hierfür aber Decals vorhanden, welche zumindest schwarze Scheiben erlauben.


Einige wenige Klarsichteile liegen für die Verglasung der Brücke und Kontrollstationen über dem Helodeck und der Schanz bei. Diese sind schlierenfrei gesprizt. Leider sind die dahinter liegenden Bereiche nicht mit wenigstens einer rudimentären Einrichtung detailliert und somit eigentlich schon überflüssig, zumal die Fenster der Wohnbereiche auch nur durch Farbe dargestellt werden.


Zu guter Letzt ist der schnöde, bekannte Sockel als Modellständer vorhanden. An diesen werden, im Unterschied zu anderen Modellen, runde Stelzen zur Aufnahme des Modells geklebt.

Die Abziehbilder

Wie im Original halten sich Beschriftungen und Markierungen in Grenzen. Neben den üblichen Verdächtigen in Form von Wasserpass, Tiefgangsmarken und Namenszügen, ist noch ein großes Decal für das Helodeck sowie die angesprochene Verglasung des Bordhubschraubers vorhanden.

Bislang habe ich gute Erfahrungen mit den Decals von Zvezda gemacht. Schwierigkeiten hatte ich nur einmal bei dem dünnen Wasserpass.

Die Anleitung

Zvezdatypisch präsentiert sich die Bauanleitung. Nach einem einleitenden russisch/englischen Text über das Original und einer Teileauflistung, schließen sich die 40 Baustufen an. Neben den mit Rahmen abgegrenzten Baustufen finden sich Untergruppen. Manchmal ist es etwas schwierig die Untergruppen den richtigen Baustufen zuzuordnen. Erschwert wird das in diesem Fall, weil je Baufortschritt relativ viele Teile anzubringen sind.


Farbangaben und die Positionen der Decals sind auf einem extra beiliegenden DIN A4 Blatt dargestellt. Die Farbangaben beziehen sich auf das Sortiment von Tamiya.

Fazit

Ich gebe zu, dass ich in Bezug auf Zvezda etwas voreingenommen bin: ich steh' total auf die neuen Bausätze des russischen Herstellers. Diese sind ordentlich detailliert, wohl durchdacht, passgenau wie Tamiya und das zu einem vernünftigen Preis – und vor Allem: Zvezda traut sich etwas. Wer hätte zu träumen gewagt, einen Eisbrecher in 1/350 als Spritzgußmodell zu sehen?

Für eine Spitzenbewertung reicht es nicht ganz. So hätten die russischen Konstrukteure, wenn schon Klarsichteile beiliegen, den dahinter liegenden Stationen ein einfaches Innenleben geben können (vgl. die 1/144er Flugzeuge aus gleichem Hause). Als weiteres Schmankerl hätte ein offen darstellbarer Hangar dem Modell noch etwas mehr Leben eingehaucht.

Am meisten trüben das Bild die schwachen Fenster an den Beibooten sowie die ärgerlichen Spachtelstellen an den achteren Aufbauten.

empfehlenswert


Sven (Bausatzbesprechung) und Lars (Text über Original)

Wir danken Zvezda für das Bausatzmuster