Für den gemeinsam von Modellboard und modellmarine Anfang diesen Jahres ausgerichteten Wettbewerb habe ich mir diesen hübschen kleinen italienischen Zerstörer ausgesucht. Die rot-weiße Fliegerkennung auf der Back sowie die interessanten Tarnschemen machen diese Schiffe ausgesprochen attraktiv.
Das Original
Die Quellenlage im Internet zu diesen kleinen italienischen Einheiten ist sehr spärlich, meine nicht vorhandenen Sprachkenntnisse waren auch nicht gerade hilfreich. Am ergiebigsten war noch das Buch "Zerstörer im Zweiten Weltkrieg" von M.J. Whitley.
Zwischen 1913 und 1919 erfolgte die Kiellegung von vier nahezu baugleichen Zerstörerklassen für die Regia Marina, die italienische Marine. Charakteristisch für die vier Klassen Pilo (1913), La Masa (1916), Sirtori (1916), und Generali (1919) waren die drei markanten Schornsteine.
Verdrängung: 860 Tonnen (Einsatz)
Länge: 73,54 m (über alles)
Breite: 7,32 m
Tiefgang: 2,55 m
Antriebsanlage: vier Thornycroft-Kessel, zwei Sätze Tosi-Turbinen auf zwei Wellen.
Maschinenleistung: 15.500 PS,
Geschwindigkeit: 30 kn
Die Schiffe unterschieden sich in der Bewaffnung und der Ausrüstung teilweise erheblich; die Umbauten zwischen den Weltkriegen erhöhten die Vielfalt noch weiter. Alle vier Klassen wurden 1929 zu Torpedobooten umklassifiziert, im zweiten Weltkrieg aber letztendlich als Eskortzerstörer eingesetzt.
Die Angelo Bassini wurde als viertes Schiff der La Masa-Klasse am 2. Oktober 1916 in der Werft N. Odero & Co., Sestri Ponente auf Kiel gelegt. Der Stapellauf erfolgte am 28. März 1918, und die Indienststellung fand schließlich am 1. Mai 1918 statt.
Geschütze: vier 10,2 cm (4x1), zwei 7,6 cm Flak (2x1)
Torpedorohre: vier 45,7 cm (2x2)
Besatzung: 96 Mann
Ausrüstung (1943): Wasserbombenrack und Ottergerät (zum Minenräumen)
Die Schiffe der La Masa-Klasse sicherten Geleitzüge in der Adria, der Ägäis und nach Nordafrika ab. Die Angelo Bassini selbst wurde im April 1943 bei einem Luftangriff der USAAF im Hafen von Livorno versenkt.
Das Modell
Der Bausatz des italienischen Kleinserienherstellers "Regia Marina" besticht durch eine verwirrende Vielzahl möglicher Schiffe und Ausrüstungszustände der "tres pipa". Die leider nur auf italienisch vorliegende und durch händische Skizzen ergänzte Bauanleitung (Fotokopien) sollte man deshalb sehr genau studieren.
Die Qualität der Kleinteile ist sehr durchwachsen: "Fischhaut" überall, und viele dünnwandige Teile sind nicht ausgegossen. Die Rettungsboote waren völlig unbrauchbar und wurden deshalb durch Boote aus einem kanibalisierten Tamiya-Bausatz ersetzt. Die beiliegende Platine mit Fotoätzteilen war zumindest ein kleiner Trost.
Nachdem ich mich auf die Angelo Bassini wegen des interessanten Tarnschemas festgelegt hatte, konnte es losgehen. Dieses Modell war mein zweiter Resinbausatz und mußte für einige Experimente mit für mich neuen Bau- und Bemalungstechniken herhalten.
Zunächst wurden alle Resinteile gründlich mit Spüli gereinigt und getrocknet. Den Rumpf befestigte ich mit etwas doppelseitigem Klebeband auf einem Holzklotz, dieses erleichtert die Handhabung des Modells bei den späteren Bauschritten ungemein.
Als Farben verwendete ich "passende" Farbtöne der Royal Navy bzw. der Kriegsmarine aus meinem Sortiment Enamels von White Ensign Models. Lediglich die hellgraue Grundfarbe wurde mit der Airbrush gesprüht, der Rest folgte von Hand mit dem Pinsel.
Für die segeltuchbespannte Reling auf der Brücke probierte ich etwas Neues aus: In flach ausgewalztes Plastilin drückte ich ein Stück fotogeätzte Reling ein und zog sie vorsichtig wieder ab. In diese Negativform füllte ich nun eine dünne Schicht "Uhuh hart" (Weißleim hätte es vermutlich auch getan). Nach ca. 30 Minuten kann man die "Reling" vom Plastilin abziehen und mit dem Skalpell zuschneiden. Nach der Bemalung und einem Washing sieht das Ergebnis durchaus überzeugend aus.
Die taktische Kennung "BS" zeichnete ich am PC und druckte sie auf Decalfolie aus. Hier kam mir die schlecht deckende rote Farbe des Tintenstrahldruckers durchaus recht: Es entstand der Eindruck einer verwitterten Schrift.
Die Masten fertigte ich aus dünnem Stahldraht, das Rigg - ebenfalls ein Novum für mich - besteht aus feinster Kupferlitze (0,15mm). Dazu wird zunächst ein Stück Kupferlitze schnell durch eine Kerzenflamme gezogen. Der Schutzlack fackelt dabei ab und hinterläßt einen farblich passenden, schwarz oxidierten Draht. Nach dem Ablängen können die Drahtstücke am Modell mit Sekundenkleber festgeklebt werden ohne irgendeinen Zug auf Maste oder Bauteile auszuüben. Der Vorteil von Kupferlitze ist die Möglichkeit "durchhängende" Taue darstellen zu können. Sehr schön sieht man den Effekt am achteren Mast mit der Flagge.
Zum Altern verwendete ich erstmals Ölfarben, "Schwarz" für Rußablagerungen und "Englisch Rot" für den Rost. Die Ölfarben haben es mir sehr angetan, die Pigmentierung ist extrem fein und die lange offene Zeit ermöglicht es die Effekte sehr genau zu dosieren, man kann zuviel aufgebrachte Farbe mit einem Pinsel wieder abnehmen.
Die Fotoätzteile wurden noch durch bereits farbig bedruckte Matrosen von Eduard ergänzt, aber Vorsicht: Sekundenkleber löst die Farbe von den Eduard-Matrosen ab!
Die Wasseroberfläche besteht aus einem stabilen Karton der mit Acrylfarben bemalt wurde und mit Acryl-Strukturgel das Wellenmuster bekam.
Fazit
Dieser Bausatz von Regia Marina erfordert viel Nacharbeit und ggf. etwas Scratchbau. Das Ergebnis ist dafür ein sehr interessantes und farbenfrohes Schiff, welches man auf Ausstellungen nicht oft sehen wird. Ich habe beim Bau sehr viele neue Techniken kennengelernt und kann vor allem die Verwendung von Ölfarben jedem wärmstens empfehlen.
Stefan