Die Mutter der Schönheitskönigin
Vor einiger Zeit (Ende 2021) baute ich den B-Jäger von Naval Models, dargestellt als Hr.Ms. Rotterdam, und schrieb darüber einen Artikel mit dem Titel „Die Schönheitskönigin“. Als mich Michiel Woort von Naval Models bat, aus den ersten Gussformen des A-Jägers etwas zu bauen, musste ich natürlich einen Arbeitstitel für den späteren Artikel wählen: „Die Mutter der Schönheitskönigin“. Der Titel schien mir zwar etwas lang, aber da er vorerst nur provisorisch war, begann ich mit dem Bau des Modells. Es wurde ein schneller Bauprozess, und der Titel blieb bestehen – schließlich passt er auch sehr gut …
Der A-Jäger – Typ 47A Zerstörer oder Holland-Klasse
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg plante die niederländische Königliche Marine den Wiederaufbau ihrer Flotte. Dazu gehörte auch die Entwicklung neuer U-Boot-Jäger, die die sogenannten „Emergency Destroyers“ ersetzen sollten, welche aus Großbritannien übernommen worden waren. Im Rahmen des Flottenplans wurde unter der Leitung von Ingenieur K. de Munter der Typ (19)47A, die Holland-Klasse, entworfen. Die Basis des Designs war stark vom Vorkriegsmodell der Callenburg-Klasse inspiriert, ergänzt durch Elemente der britischen Tribal- und Daring-Klassen. Das gesamte Schiff wurde elektrisch geschweißt anstatt genietet, und Aluminium wurde in der oberen Strukturen verwendet, um den Schwerpunkt niedrig zu halten. Zu den neuesten Entwicklungen gehörten Raketen-Wasserbombenwerfer, die die Reichweite der A-Jäger im Kampf gegen U-Boote erheblich erhöhten.
Von diesem Typ wurden vier Schiffe gebaut, die zwischen 1954 und 1979 bei der Königlichen Marine im Dienst standen:
- Hr.Ms. Holland (D-808)
- Hr.Ms. Zeeland (D-809)
- Hr.Ms. Noord-Brabant (D-810)
- Hr.Ms. Gelderland (D-811)
Das Typschiff Hr.Ms. Holland wurde 1978 nach Peru verkauft. Die Hr.Ms. Gelderland wurde 1973 außer Dienst gestellt und lag von diesem Jahr bis 1988 als Schulschiff am Kai des Marineetablissements in Amsterdam. Während meiner täglichen Zugfahrten von Maarssen, wo ich damals wohnte, zu meinem Arbeitgeber in Amsterdam, sah ich das Schiff regelmäßig.
Der Bausatz
Naval Models Multimedia-Bausatz, 350-02RL B-Jäger Friesland-Klasse Relingsset
51 Resin-Teile, 49 Fotoätzteile, 19 zusätzliche Fotoätzteile in separat erhältlichem Relingset, diverse individuell anzupassende Kunststoffteile.
Preis des Bausatzes: 109,95 €, Preis des separat erhältlichen Relingsets: 18,95 €.
Der B-Jäger war einer der ersten von Naval Models eigenständig entwickelten Bausätze. Das Design stammte von Maarten Schönfeld, der auch die Entwürfe des eng verwandten, aber keineswegs identischen A-Jägers entworfen hatte. Der mir zugestellte Bausatz gehörte zu den ersten Abgüssen und bestand aus dem Rumpf und dem Aufbau. Später erhielt ich den Ätzteilsatz. Alle kleineren Teile habe ich aus dem B-Jäger-Bausatz entnommen oder selbst hergestellt. Eine Bauanleitung war noch nicht vorhanden, sodass ich zahlreiche Fotos des Originals und die Bauanleitung des B-Jägers als Leitfaden nutzte. Während des Bauens wurden Fotos für die spätere Erstellung einer Bauanleitung gemacht.
Das Modell der Hr. Ms. Gelderland
Ein Resin-Bausatz wie dieser, der mit Gummiformen hergestellt wird, benötigt eine spezielle Vorbehandlung. Das Gießverfahren erfolgt ohne Druck, was häufig kleine Lufteinschlüsse verursacht. Beim A-Jäger wurde jedoch ein Qualitätssprung gemacht. Dennoch ist es kein „Shake-and-Bake“-Bausatz wie von Dragon, Trumpeter oder Hasegawa. Er richtet sich an erfahrene und vor allem geduldige Modellbauer.
Es war daher notwendig, zu spachteln, zu schleifen und erneut zu spachteln und zu schleifen. Viele Teile ersetzte ich durch 3D-gedruckte oder Metallvarianten. Beispielsweise fertigte ich die Schraubenwellen aus Messingstäben an. Für den Bausatz wurde ein separater Fotoätzsatz entwickelt, da sich die Masten deutlich von denen des B-Jägers unterschieden. Leitern, Radargeräte und Davits waren enthalten, Relings jedoch nicht. Diese entnahm ich dem Ätzteilsatz des B-Jägers. Die Reling des Vorschiffs, das stark ansteigt, ist nämlich identisch, jedoch etwas kürzer. Die Qualität der Ätzteile war gut, jedoch etwas dick, weshalb sie sich nur schwer biegen ließen. Für die Produktionsserie wird dies in einer etwas dünneren Variante geändert.
Am Achterdeck des Rumpfes brachte ich zunächst die Schienen für die Wasserbomben an. Dabei verwendete ich jedoch Schienen aus einem Gold Medal Models-Satz für einen Zerstörer der Gearing-Klasse, da sie für mich überzeugender wirkten als die im Ätzsatz enthaltenen. Auf Fotos entdeckte ich eine Art Bedienpult, das im Bausatz fehlte.
Wie üblich brachte ich nach den Vorarbeiten zuerst die Reling des Hauptdecks an, bevor ich mit dem Lackieren begann. Ätzteile lassen sich nämlich viel besser auf einer unlackierten Oberfläche befestigen. Zuerst wurde der Unterrumpf rot lackiert, anschließend die schwarze Wasserlinie abgeklebt und lackiert. Danach wurde alles abgeklebt, um mit dem hellgrauen Anstrich des Überwasserschiffs fortzufahren. Das Deck wurde von Hand dunkelgrau lackiert – ich hatte keine Lust, es mit zahllosen Stücken Tamiya-Klebeband abzukleben. Danach wurde eine glänzende Lackschicht aufgetragen, um die Abziehbilder gut haften zu lassen.
Auch für die Abziehbilder griff ich auf den B-Jäger-Bausatz zurück: Da dort keine "Null" enthalten war, blieb mir nur die Wahl, die Hr.Ms. Gelderland (D-811) zu bauen. Die Abziehbilder waren sehr dünn und hafteten sofort, weshalb sie sich anschließend nicht mehr verschieben ließen. Präzises Messen und Anbringen war erforderlich. Die weißen Kreise auf dem Deck um die Geschütze entnahm ich einem Gold Medal Models-Satz, die Tiefgangsmarkierungen stammten aus meinem Ersatzteillager. Anschließend wurde eine matte Lackschicht aufgetragen, und der fertige Rumpf wurde auf seine Hartholzplatte geschraubt. Das ist ein weiterer Vorteil dieser Bauweise – man muss den Rumpf dann nicht mehr anfassen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Aufbauten bereits passgenau vorbereitet sind.
Aufbauten
Wie bei Resin-Bausätzen üblich, sind bereits viele Details mitgegossen, was den Bau erleichtert und beschleunigt. Auch hier gilt wieder, dass Füll- und Schleifarbeiten an den Teilen notwendig sind. Resin muss ohnehin gründlich gereinigt werden, um eine bessere Haftung von Farbe und Klebstoff zu gewährleisten. Ich habe die Bullaugen im Rumpf und in der Brücke so tief wie möglich aufgebohrt, ein Vorteil eines massiven Resinteils.
Der A-Zerstörer hatte ein einfacheres Brückenlayout als der B-Zerstörer. Es waren keine Anpassungen nötig, außer dem Entfernen der Boote an den Seiten: Ich wollte die Gelderland in ihrer älteren Erscheinung bauen, also mit traditionellen Carley-Rettungsflößen, von denen ich eine große Anzahl von Michiel erhielt.
Auch die Oberbauten folgten meiner Baumethode: zuerst Geländer und alle Treppen. Während des Baus stellte ich fest, dass die beigelegten Feuerleitgeräte für die Hauptgeschütze aus dem B-Zerstörer-Bausatz nicht geeignet waren: Der A-Zerstörer hatte ein R.T.F.9 von Hollandse Signaal, das ganz anders aussah. Mithilfe von Fotos baute ich zwei davon mit Ersatzteilen aus der Restekiste. Wer etwas aufbewahrt, hat eben was. Ich lieferte zudem zwei weitere an Michiel zur Abformung, die später dem Bausatz beigelegt werden. Auch die kleinen Mk.51-Feuerleitgeräte für das eine 40-mm-Geschütz stammten aus der Restekiste. Auf dem hinteren Oberbau fehlt die Brustwehr an der achteren Mastbasis: Mit Evergreen war das leicht hinzuzufügen.
Masten und Radare
Der Mast auf dem vorderen Oberbau bestand aus einem größeren Fotoätzteil, das dreieckig gefaltet und um den Schornstein platziert werden muss. Die obere Plattform und die Rahen stammen aus dem Fotoätzsatz des B-Zerstörers. Die Fotoätzrah war ziemlich dünn, aber hier half das Ankleben eines 0,2-mm-Nickelsilberdrahts dahinter. Auf Fotos ist auch deutlich eine Plattform in Höhe des Schornsteins zu sehen, die ich einfach aus Evergreen herstellte. Ebenfalls aus Evergreen fügte ich die gut sichtbare „Waveguide“ hinzu. Eine Waveguide ist ein Wellenleiter, ein quadratisches Rohr, das elektromagnetische Wellen führt, um Energieverluste zu vermeiden, da sich diese sonst in alle Richtungen ausbreiten würden. Mit 0,3-mm-Nickelsilberdraht befestigte ich drei Stützen am Mast und bohrte entsprechende Löcher ins Deck. So konnte ich später alles lackieren und auf dem Oberbau montieren. Die Oberseite des Schornsteins und die Plattform auf dem Mast wurden von Hand mit dünner schwarzer Farbe bemalt.
Der achtere Mast besteht ebenfalls aus einem Fotoätzteil, das rechteckig gefaltet wird, worauf eine Fotoätzplattform angebracht wird. Auch hier verlängerte ich die Maststützen mit 0,3-mm-Nickelsilberdraht und maß die Löcher auf dem Oberbau aus. Einmal platziert, sitzt das Ganze viel stabiler. Auch hier wurde eine „Waveguide“ hinzugefügt, und vor der Montage auf dem Oberbau wurde der Mast lackiert. Die richtige Planung der Bau- und Lackierabfolge ist unerlässlich!
Die großen LW-02- und die kleineren DA-01-Flugabwehrradare lassen sich relativ einfach aus mehreren feinen Fotoätzteilen zusammenbauen, und ich hatte durch den B-Zerstörer bereits Erfahrung gesammelt. Die Krümmung in den Radarschirmen erreiche ich, indem ich sie auf einer nicht zu weichen Unterlage mit einer harten Plastikkugel bearbeite, von denen ich ein Set in verschiedenen Größen im örtlichen Bastelgeschäft gekauft hatte. Einmal auf den Resinhaltern montiert, wurde der LW-02 (der auf dem achteren Mast platziert wird) schwarz und der DA-01 grau lackiert. Anschließend konnten sie auf den Masten angebracht werden.
Geschütze
Während des Baus von Rumpf und Oberbauten beschäftigte ich mich mit der Herstellung der Geschütze. Alle Rohre der 120-mm- und der 40-mm-Geschütze sind aus Resin gegossen. Kleinere Resinteile sind sehr zerbrechlich. Für die De Ruyter hatte ich jedoch Metallrohre von Master gefunden (Satz SM-350-081) mit zwanzig 40-mm-Rohren, von denen ich natürlich noch viele übrig hatte. Für die 120-mm-Geschütze verwendete ich vier Metallohre aus einem Master-Satz SM-350-078 (1/350 British 4.7-in). Die Resinrohre sind eigentlich gerade Stäbe ohne konische Verjüngung zur Mündung hin. Die Geschütztürme aus dem Bausatz wurden ausgebohrt, mit den Rohren versehen und lackiert. Für das 40-mm-Geschütz nutzte ich ein Rückteil (Verschlussstück) aus der Restekiste, da mir das Original zu schlicht erschien.
Der Bau schritt wie erwähnt sehr schnell voran: Nach anderthalb Monaten konnte ich bereits mit der Endmontage beginnen.
Endmontage
Diese besteht aus dem Zusammenfügen der vorgefertigten und lackierten Rumpf-, Aufbau- und Mastteile.
Nach der Lackierung wurden die Fenster des vorderen Oberbaus mit einem sehr kleinen Pinsel und stark verdünnter schwarzer Farbe ausgefüllt und anschließend mit „Glas“ aus Humbrol ClearFix versehen. Ich fügte eine Glaswindschutzscheibe auf der offenen Brücke hinzu: Aus dem Deckel einer durchsichtigen Verpackung wurde sie passend geschnitten und mit Humbrol ClearFix an der Innenseite der Brücke befestigt. Mit Sekundenkleber würde das Material trüb werden.
Zuletzt kamen die Beiboote auf das Modell, eine Edelstahl-Namensplatte wurde bestellt und angebracht, und ich konnte die Gelderland an Michiel und Maarten als fertig melden. Sie wurde mitgenommen zu einem Regionalabend in Noord-Holland und zur Scale Model World in Telford 2023, wo wir mit Naval Models immer einen Stand haben. Auch bei der letzten Hobby- und Modellbau-Messe in Urk war die Gelderland neben der Rotterdam und der De Ruyter präsent. Das Modell zog viel Aufmerksamkeit auf sich.
Fazit
Der Bausatz bildet eine gute Grundlage für ein beeindruckendes Modell dieses formschönen Zerstörers. Solche Modelle sind jedoch wirklich nur für Modellbauer mit viel Erfahrung im Bau solcher Bausätze geeignet. Außerdem muss man bereit sein, zusätzliche Recherchen zu betreiben – hier noch mehr als sonst. Das Fehlen einer Anleitung hat mich jedoch nicht gestört, da viele Fotos verfügbar sind. Diese waren hilfreich, als ich die Feuerleitgeräte genauer betrachtete und neu bauen musste. Meine Erfahrung mit dem zuvor gebauten B-Zerstörer und dem Kreuzer De Ruyter half natürlich ebenfalls.
Es ist kein „TamiHasegaTrumpy“-Bausatz, bei dem man etwas Kleber und Farbe hinzufügt, schüttelt und ein Modell in die Vitrine stellt. Viel Geduld, Schleifen und Füllarbeiten sind nötig, und ich bereue nicht, auch umfangreich neue Medien (3D-gedruckte Teile) und Metallrohre verwendet zu haben. Der Bausatz wird bald bei Naval Models verfügbar sein. Keine Sorge: Er wird eine Anleitung, passende Abziehbilder und die richtigen Feuerleitgeräte enthalten.
Dank an Maarten Schönfeld für die Beratung während des Baus!
Walter Sonderman