Modell: HMS Kent 1976. County class guided missile destroyer
Hersteller: Starling Models
Maßstab: 1/700
Material: Resin (Guss, 3D-Druck), Fotoätzteile, Abziehbilder
Art.Nr.: STK12
Preis: 89,95 € (bei Starling Models)
Das Original
Der britische Lenkwaffenzerstörer HMS Kent (D12) gehörte zum ersten Los (Batch 1) der acht Einheiten der 1959-70 gebauten County-Klasse, den ersten Lenkwaffenzerstörern der Royal Navy. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es zahlreiche Entwürfe von Kreuzern, die aus Kostengründen nicht realisiert wurden - nicht überraschend, der letzte Entwurf hätte 18.450 t verdrängt. Letztlich entschied man sich die Sea Slug-Flugabwehrraketen nicht auf einem Kreuzer, sondern auf einem kleineren Schiff unterzubringen. Die neu entwickelte County-Klasse musste aber dennoch fast doppelt so groß wie die vorhergehenden Zerstörer der Daring-Klasse ausfallen, um die Flugabwehrraketen und insbesondere ihr Magazin unterbringen zu können. Im letzteren waren die Raketen horizontal angeordnet, das Magazin reichte vom Starter achtern fast bis vorne zur Brücke. Die County-Klasse verdrängte so ähnlich viel wie die Kreuzer der Dido-Klasse aus dem Zweiten Weltkrieg. Durch ihre Größe waren die Schiffe der County-Klasse auch als Flaggschiff geeignet und dienten als Geleitschiffe für die Flugzeugträger, konnten aber auch unabhängig operieren.
Die County-Klasse gehörte zu den frühen Entwürfen mit Gasturbinen, die hier mit Dampfturbinen kombiniert wurden. Die Gasturbinen dienten dazu, die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen oder im Notfall schnell den Hafen verlassen zu können (da sie sofort auf volle Leistungen gehen können, während bei Dampfturbinen erst entsprechender Dampfdruck aufgebaut werden muss, was lange dauern kann).
Die Hauptbewaffnung, die Sea Slug-Raketen, waren wie die meisten Flugabwehrraketen ihrer Generation nicht sehr erfolgreich, u.a. war ihre Leitstrahlenkung gegen schnellere bzw. tieffliegendere Ziele nicht optimal. Die County-Klasse veraltete deshalb schnell, weshalb die ersten vier Schiffe der Klasse nur 13-18 Jahre bei der Royal Navy dienten. Es gab Überlegungen das zweite Los der Klasse mit verbesserten Raketen auszurüsten, allerdings erhielt auch diese Schiffe nur eine verbesserte Version der Sea Slug, die gegen tieffliegende Ziele und Schiffe (etwas) besser geeignet war. Die ersten vier Schiffe wurden nicht einmal auf diese Variante umgerüstet. Die bessere Sea Dart-Rakete kam erst auf dem Typ 82 (HMS Bristol) zum Einsatz, die 1973 nur drei Jahre nach dem letzten Schiff der County-Klasse in Dienst gestellt wurde. Eine Modernisierung der County-Klasse mit den neuen Raketen erfolgte wegen des damit verbundenen Aufwands und Kosten nie.
Die restliche Bewaffnung bestand aus 11,4-cm-Geschützen vor der Brücke, die gegen Luft-, See- und Landziele gedacht waren. Die ursprünglich geplanten 4-cm-Geschütze als Nahbereichsabwehr wurden durch Sea Cat-Starter ersetzt, so dass die Klasse von Anfang an mit zwei Typen von Flugabwehrraketen ausgerüstet war. Zur U-Jagd war ursprünglich ein Limbo-Werfer gedacht. Dieser wurde im endgültigen Entwurf durch einen Wessex-Hubschrauber ersetzt, dessen Hangar sehr beengt ausfiel und die Besonderheit eines seitlichen Tors an Backbord aufwies.
1959-63 wurden vier Schiffe des ersten Los (Batch 1) gebaut: Devonshire, Hampshire, London und Kent. Wie schon erwähnt, dienten diese nur relativ kurz bei der Royal Navy. Lediglich Kent hatte bei der Royal Navy von 1980 bis 1993 noch eine zweite Dienstzeit als stationäres Schulhulk in Portsmouth. Die London diente 1982-93 noch ohne den Sea Slug-Starter für die pakistanische Marine als Babur. Diverse Umbauplanungen des ersten Los, u.a. als Minenleger oder mit einem größeren Hubschrauberhangar, wurden nicht realisiert. 1962-70 wurden vier Schiffe des zweiten Los (Batch 2) gebaut: Fife, Glamorgan, Antrim und Norfolk. Diese erhielten u.a. die erwähnten verbesserten Sea Slug Mk 2 sowie einen Typ 965M-Radar (im Endeffekt zwei Antennen des Typ 965 des ersten Los übereinander). Die vier Schiffe des zweiten Los erhielten ab 1972 statt des zweiten vorderen Geschützturms Exocet-Anti-Schiffsraketen. Diese Schiffe dienten 11-21 Jahre für die Royal Navy. Zwei Schiffe der Klasse, Glamorgan und Antrim, kämpften im Falklandkrieg. 1982-87 wurden diese vier Schiffe an Chile verkauft. Anfangs behielten die meisten der Schiffe den Sea Slug-Starter (Ausnahme wohl Blanco Encalada (ex Fife), die ohne Starter übergeben wurde). Zwei erhielten statt des Starters einen großen Hangar und ein stark nach achtern verlängertes Hubschrauberdeck für Cougar-Hubschrauber: Blanco Encalada (ex Fife) und Almirante Cochrane (ex Antrim). 2001 wurde auch auf Capitán Prat (ex Norfolk) der Sea Slug-Starter entfernt und der Hangar vergrößert, aber das Hubschrauberdeck wurde nicht im gleichen Umfang wie bei ihren Schwesterschiffen vergrößert. Das vierte Schiff, Almirante Latorre (ex Glamorgan), behielt den Sea Slug-Starter bis zum Ende, wurde aber auch als erstes 1998 außer Dienst gestellt. In den 1990ern wurden (bei allen vier?) Schiffen die beiden Sea Cat-Starter durch zwei Achtfach-Senkrechtstarter für Barak-Flugabwehrraketen ersetzt. Bei der chilenischen Marine fuhren die Schiffe des zweiten Los 12-24 Jahre und wurden zwischen 1998 und 2006 außer Dienst gestellt.
Kent war 158,7 m lang, 16,5 m breit und verdrängte voll beladen 6210 t. Der Antrieb bestand aus zwei Kesseln und zwei Dampfturbinen mit zusammen 30.000 PS und vier Gasturbinen mit zusammen 30.000 PS. Die Höchstgeschwindigkeit war 31,5 kn. Die Besatzung bestand aus 469 Mann.
Bewaffnung 1976
4 x 11,4 cm L/45 Mk 6 (zwei Zwillingstürme)
2 x 2 cm (Einzellafetten)
1 GWS-1-Zwillingststarter für Sea Slug Mk 1-Flugabwehrraketen (36 Raketen)
2 GWS-22-Vierfachstarter für Sea Cat-Flugabwehrraketen (60 Raketen)
1 Westland Wessex-U-Jagd-Hubschrauber
Kent wurde 1960-63 von Harland & Wolff in Belfast gebaut. Sie diente im Atlantik, Indischen Ozean und Pazifik als Geleitschiff für die Flugzeugträger. 1969-72 wurde sie modernisiert, wobei sie verbesserte Sea Cat-Starter und Typ 992Q- statt Typ 922-Radar erhielt. Sie wurde 1980 außer Dienst gestellt und wurde danach stationäres Schulhulk in Portsmouth als Ersatz für HMS Fife (die an Chile verkauft wurde und dort wieder aktiv genutzt wurde). Während des Falklandkriegs wurde erwogen sie wieder zu aktivieren, was aber wegen des Aufwands nach nur zwei Jahren außer Dienst (!) nicht durchgeführt wurde. 1993 wurde sie auch als Hulk außer Dienst gestellt und durch HMS Bristol ersetzt. 1998 wurde sie zum Abwracken nach Indien verkauft.
Der Bausatz
Von den Lenkwaffenzerstörern der County-Klasse gab es früher im Maßstab 1/700 mal einen Resin-Bausatz von Hi-Mold (Pit-Road) sowie Weißmetallbausätze von Skytrex. Starling Models hat inzwischen zwei Bausätze auf dem heutigen Stand der Technik herausgebracht: 2021 HMS Glamorgan des Batch 2 im Zustand des Falklandkriegs (siehe Bausatzbesprechung) und 2023 folgte der Bausatz der HMS Kent des Batch 1, der hier vorgestellt wird.
Der Bausatz der Kent stellt das Schiff im Zustand von 1976 nach der Modernisierung da, u.a. mit dem stabförmigen Typ 992Q-Radar auf dem Fockmast statt dem Typ 992 mit einer Antenne in "Käse"-Form.
Der Rumpf ist aus Resin gegossen. Der Rumpf wirkt vorbildgetreu, ist lediglich etwa 2 mm zu kurz. Die Gussqualität ist überwiegend sehr gut. Allerdings muss man einen Anguss entfernen und im Bereich der Wasserlinie vorne und auf dem Achterdeck etwas Grat entfernen. Auf dem Achterdeck ist etwas vor dem Sea Slug ein leichter Schaden, der aber wahrscheinlich kaum auffallen dürfte. Für die Aufbautenblöcke gibt es Erhöhungen bzw. Vertiefungen, um diese leichter positionieren zu können.
Die beiden Aufbautenblöcke sind aus Resin und gedruckt. Sie werden mit den Stützstrukturen geliefert und müssen noch von diesen befreit werden, was wahrscheinlich unproblematisch sein dürfte. Lediglich bei den Brückennocken und den Plattformen für die Corvus-Störkörperwerfer dürfte etwas Vorsicht angebracht sein. Die Detaillierung ist sehr gut. Die Abgassrohre in den Schornsteinen sind auch tief in den Schornstein hinein offen gezeigt.
Auch die beiden Masten sind, wie die restlichen Resinteile, gedruckt und werden in Rahmen geliefert. Beim Fockmast sind die Rahe und einige Antennen angedruckt, so dass hier besondere Vorsicht notwendig ist - aber andererseits auch ein aufwendiger Zusammenbau dieser Teile anfällt. Beim Großmast sollen die Rahe aus Fotoätzteilen bzw. Metallstäben ergänzt werden.
Ein sehr bemerkenswertes Teil ist der Typ 965-Radar. Statt dieses Teil aus haufenweise Fotoätzteilen zusammen bauen zu müssen, besteht aus einem Teil und sieht sehr gut detailliert aus. Auf den Rahmen findet man auch 11,4-cm-Rohre, wobei bei meinem Exemplar eines verschwunden ist - was kein Problem ist, da hier für die vier notwendigen Rohre sechs Exemplare gedruckt wurden.
Auf zwei weiteren Rahmen findet man die restlichen Teile. Diese sind von der Detaillierung sehr gut. Bemerkenswert ist z.B. der Sea Slug-Starter, die man so gut wohl nur drucken kann. Einige Teile sind mehr als notwendig vorhanden (2-cm-Oerlikon, Corvus-Störkörperwerfer, Typ 992Q-Radar), so dass im Falle von Bruch ausreichend Teile vorhanden sind. Diese Teile, wie z.B. auch der Westland-Wessex-Hubschrauber, demonstrieren den dramatischen Fortschritt der durch 3D-Druck möglich wurde.
Die Fotoätzteile
Dem Bausatz liegen auch zwei Fotoätzteilplatinen bei: einmal die Platine, die aus dem Glamorgan-Bausatz schon bekannt ist und einmal eine Platinen mit Teilen für den Wessex-Bordhubschrauber.
Es bleiben so einige Teile übrig, u.a. Rotoren und Fahrwerke für drei Wessex, aber auch viele andere Teile. Man findet hier auch alternativ einen fotogeätzten Typ 965M-Radar, den man zu einem Typ 965 halbieren könnte - falls man vorzieht, den Radar aus Fotoätzteilen zu bauen.
Die Abziehbilder
Die Abziehbilder umfassen Kennnummern, Namensschildern und Markierung für das Hubschrauberdeck für alle vier Schiffe des ersten Los: Devonshire, Hampshire, London und Kent. Außerdem sind die Warnkreise um die Sea Cat-Starter und Markierungen für den Wessex dabei.
Die Anleitung
Die Anleitung umfasst neben einigen allgemeinen Hinweisen und einer Übersicht über die enthaltenen Teile eine Erklärung für den Zusammenbau in 14 Schritten. Diese besteht aus perspektivischen Zeichnungen, auf denen die neu zu montierenden Teile farbig hervorgehoben sind.
Positiv zu erwähnen ist, dass es hier auch eine Anleitung für die Stabantennen und die Antennen sowie die restliche Takelage gibt. Hinten auf der Anleitung finden sich Angaben zur Bemalung und den Positionen der Abziehbilder. Die Farben sind nur allgemein angegeben, es gibt keinen Bezug zu Farben eines bestimmten Herstellers. Die Seitenansicht und Aufsicht in der Bemalanleitung ist sicher auch hilfreich, wenn es um die Positionen der Teile geht.
Quellen
- HMS Kent (D12) (Wikipedia)
- County-class destroyer (Wikipedia)
- British Destroyers and Frigates: The Second World War and After von Norman Friedman, London, 2006
- From Daring to Devonshire von George Moore in Warship 2005 von John Jordan (Herausgeber), London, 2005
- Rebuilding the Royal Navy : Warship Design Since 1945 von David K. Brown und George Moore, Barnsley, 2012
- County-Klasse (Hazegray.org)
- County class Guided Missile Destroyer (seaforces.org)
- H.M.S. London von Iain Ballantyne, Barnsley, 2003
- The Encyclopedia of Warships. From World War II to the Present Day von Robert Jackson (Herausgeber), Hoo, 2006
- Conway's All the World's Fighting Ships 1947-1995 von Robert Gardiner (Herausgeber), London, 1995
- The Royal Navy in Focus, 1960-69 von Mike Chritchley (Herausgeber), Liskeard, 1994
Fazit
Der Bausatz der HMS Kent des ersten Los (Batch 1) der britischen Lenkwaffenzerstörer der County-Klasse zeichnet sich durch eine tolle Detaillierung und eine gute Mischung aus Teilen verschiedener Materialien und Herstellungsmethoden aus. Er sollte den Bau eines sehr gut detaillierten Modells ermöglichen und durch die Nutzung von 3D-gedruckten Teilen sollte der Bau auch erleichtert werden. Insgesamt ist der Bausatz
sehr empfehlenswert
Lars