03.10.1925 – 95 Jahre Erkundigung des Marianengrabens

 

Heute vor 95 Jahren, am 3. Oktober 1925, fand das japanische Vermessungsschiff Manchu die damals tiefste bekannte Stelle im Marianengraben: 9.814,6 m (siehe Jahrestage auf Modellmarine). Der Marinengraben war 1875 von einer britischen Expedition auf dem Forschungsschiff Challenger entdeckt worden. Damals wurde eine Tiefe von 8.184 m gemessen. 1899 ermittelte der Tender USS Nero eine Tiefe von 9.660 m, ein Wert, den die Manchu 1925 übertrumpfen konnte. Nur neun Seemeilen von der von den Japanern vermessenen Stelle fand das britische Forschungsschiff Challenger II 1951 die heute tiefste bekannte Stelle (damals mit 10.900 m gemessen). Die 1957 von dem sowjetischen Forschungsschiff Witjas entdeckte 11.034 m tiefe Stelle konnte später nicht bestätigt werden. 1960 tauchte das Forschungs-U-Boot Trieste auf 10.912 m. Der Marianengraben wurde seither mehrfach neu vermessen, so 1962 von dem US-amerikanischen Forschungsschiff Spencer F. Baird (10.915 m), 1984 von dem japanischen Forschungsschiff Takuyo (10.924 m) und 2009 von dem US-amerikanischen Forschungsschiff Kilo Moana (10.971 m). Auf den Tauchgang der Trieste von 1960 folgten 1996, 2009 bzw. 2020 die unbemannten U-Boote Kaiko, Nereus und Witjas sowie die bemannten U-Boote Deepsea Challenger (2012) und DSV Limiting Factor (2019). Der aktuelle Tauchrekord wurde mit der DSV Limiting Factor erzielt: 10.927 m.

Das Original

Das japanische Vermessungsschiff Manchu (満州) wurde ursprünglich als Passagierschiff Manchurija (Маньчжурия) für eine russische Eisenbahngesellschaft gebaut und fuhr zwischen Dalian, Qingdao und Shanghai. Sie war eventuell auch als Hilfskreuzer für den Mobilisierungsfall vorgesehen. Bei Ausbruch des Russisch-Japanischen Kriegs wurde das Passagierschiff von Japan erbeutet und fuhr danach während des Kriegs als Manchu Maru. Nach dem Krieg wurde sie offiziell von der Kaiserlich Japanischen Marine übernommen, 1906 in Manchu umbenannt und diente seither überwiegend als Vermessungsschiff. Die luxuriöse Inneneinrichtung wurde beibehalten und sie wurde deshalb auch zum Transport von höheren Offizieren und Gästen der japanischen Marine genutzt.

Manchu war 103,9 m lang, 13,2 m breit und verdrängte 3916 t. Der Antrieb erfolgte über fünf Kessel und eine Dreifachexpansionsdampfmaschine mit 5000 PS, womit 17,6 kn erreicht wurden. Die Besatzung bestand aus 169 Mann, die Bewaffnung setzte sich ursprünglich aus zwei 7,6-cm- ("8 cm") und zwei 5-cm-Geschützen zusammen, später wahrscheinlich nur noch aus zwei 7,6-cm-Geschützen.

Manchu wurde 1901 als Manchurija von Stabilimento Tecnico Triestino in Triest gebaut und fuhr für eine russische Eisenbahngesellschaft im Fernen Osten (die Russische Östliche Eisenbahngesellschaft?). Bei Ausbruch des Russisch-Japanischen Kriegs im Februar 1904 befand sie sich in Nakasagi in Reparatur und wurde dort beschlagnahmt. Als Manchu Maru, offiziell betrieben von der Reederei Osaka Shosen, diente sie während des Kriegs u.a. als Truppentransporter. 1906 wurde das Schiff offiziell von der Marine übernommen, in Manchu umbenannt und als Aviso klassifiziert. Danach wurde sie primär als Vermessungsschiff genutzt. 1912 wurde sie zum Kriegsschiff 2. Klasse umklassifiziert. Im Ersten Weltkrieg diente Manchu als Transporter und Vermessungsschiff. Nach dem Krieg wurde sie weiter als Vermessungsschiff eingesetzt, u.a. 1923 für Expeditionen in den Indischen Ozean und den Pazifik. 1923 half sie den Opfern des Erdbebens in der Sagami Bucht. 1925 fand die Manchu  die damals tiefste bekannte Stelle im Marianengraben. 1932 wurde das Schiff aus der Marineliste gestrichen und am 15. September 1933 als Zielschiff versenkt.

Das Modell

Auf die Manchu bin ich auf einem etwas originellen Weg gestoßen. In Welt der Forschungsschiffe werden einige japanische Schiffe erwähnt, die in den 1920ern und 1930ern für Forschungsexpeditionen genutzt wurden: Manchiu Maru, Shunpu Maru, Soyo Maru und Shintoku Maru. Ich versuchte also etwas über diese Schiffe herauszufinden. Jürgen und Hendrik machten mich dann darauf aufmerksam, dass Manchiu Maru das Schiff sein könnte, dass gerade von Kombrig als Depeschenschiff Manchu Maru als Bausatz herausgebracht worden war. Jürgen hatte auch gefunden, dass das Schiff als Vermessungsschiff diente und das hat mich dann auf einige japanische Seiten gebracht, auf denen die Geschichte des Schiffs etwas genauer beschrieben wird - u.a., dass sie von der japanischen Marine in Manchu (ohne Maru) umbenannt worden war und die einmal tiefste bekannte Stelle im Marianengraben gefunden hatte.

Kombrig stellt das Schiff in einem frühen Zustand dar - die Anleitung enthält übrigens praktisch keine Informationen über das Vorbild. Ich habe länger versucht, Fotos der Manchu aus den 1920ern zu finden. Bisher konnte ich den Tiefen des Internets nur wenige Aufnahmen von ihr entlocken, die meisten sind nicht datiert. Auf Wikipedia findet sich ein Bild, das dort auf 1916 datiert ist, und einige der anderen Fotos ähneln diesem Zustand. Dieser Bauzustand weicht leicht von dem Bausatz von Kombrig ab: Die Geschütze vorne und achtern haben keine Schutzschilde, die Geschütze neben der Brücke sind nicht sichtbar, es gibt keine Scheinwerferplattform auf der Brücke, es ist kein Beiboot auf dem Vorderdeck untergebracht, die Spieren sind hinter dem (Unter)Mast angebracht und die Rahe sehen etwas anders aus.

Der Bausatz ist gut. Er enthält nur Resinteile, die sich aber durch gute Gussqualität und Detaillierung auszeichnen. Aus jetziger Sicht würde ich empfehlen, die Decks dünner zu schleifen. Etwas aufwendig - zumindest aus meiner Sicht - ist das Anbringen der ganzen Decksstützen entlang der Aufbauten. Diese muss man aus Metallstäben selbst bauen. Die Anleitung enthält für diese nur Maßangaben in Bezug auf die Länge. Das gilt auch für die Dampfrohre, Masten, Spieren, Rahe und Ladebäume. Um das Modell dem Zustand der 1920ern anzunähern, orientierte ich mich an den oben genannten Fotos, die 1916 und eventuell später aufgenommen wurden. Die beiden Geschütze stammen aus der Restekiste, genauso die fotogeätzten Ankerketten. Die im Bausatz enthaltenen Davits kürzte ich etwas. Die Takelung erfolgte mit schwarzem 20-Dernier-Faden von UNI Caenis.

Bemalt habe ich die Manchu mit Farben von Vallejo Model Color. Für die vertikalen Flächen benutzte ich 161 Londongrau, für die Decks 110 Achatgrau und für den oberen Teil des Schornsteins 167 Anthrazitgrau.

Links die Manchu mit dem jüngeren sowjetischen Eisbrecher Krasin (1917), der auch in den 1920ern die Wissenschaft unterstützte. In der Mitte mit dem deutschen Geschützten Kreuzer SMS Frauenlob (1903), etwa gleich alt wie Manchu. Rechts mit dem japanischen Polarforschungsschiff Soya (1938), das in den 1950er für die Erforschung der Antarktis diente.

Quellen

Lars