Ich fertigte Relingstützen aus 0,6mm Messingdraht an. Ein Ende und die Mitte wurden mit einer Zange flachgedrückt, gegebenenfalls etwas in Form geschliffen und mit einem 0,3mm Bohrer durchbohrt. Nachdem die Stützen entlang des Decks positioniert waren zog ich eine Gitarrensaite durch diese Löcher, richtete sie aus und verklebte sie im Deck. Diese Reling sieht nicht nur besser aus als die Revell- bzw. WEM-Variante, sie ist auch wesentlich stabiler.
Schon während des Umbaus der Torpedos habe ich eine Silikonform der Sprengköpfe hergestellt. Mit ihr goss ich nun zwei Torpedoköpfe. Nach dem Schleifen und Bohren wurden sie in die geöffneten Abschussrohre einklebt.Im Prinzip war das Boot fertig gestellt, allerdings wirkte es noch sehr steril und leblos. Zunächst wurde eine komplette Bootsbesatzung gebaut. Zum Bauzeitpunkt gab es noch keine Kriegsmarinefiguren in 1:72 und so wurden Zinnabgüsse aller gängigen Marinefiguren im72er Maßstab eingesetzt. Einige, wie z.B. die Brückencrew und der Entfernungsmesser, konnten unverändert übernommen werden, doch die meisten wurden in Frankenstein´scher Manier umgebaut. Spenderbausätze waren unter anderem das Airfix Vosper MTB, das E-Boat und das RAF-Rescueboat, die Snowberry von Revell und das Perkasaschnellboot von Tamyia. Viele Köpfe stammen von deutschen Panzergrenadieren und ein Großteil der Schwimmwesten wurde aus Aluminiumfolie „geschneidert“. Die Vorteile von Abgüssen in Weichzinn sind die hohe Beweglichkeit der Gliedmaßen und die Möglichkeit Korrekturen mit dem Lötkolben durchzuführen. Man kann somit eine Zinnfigur in den verschiedensten Posen darstellen, indem man Arme und Beine verbiegt, unterschiedliche Köpfe montiert usw. Die abgebildete Figur wurde z.B. 4x eingesetzt: als Richtschütze an der Bugkanone, als Ladeschütze und Richtschütze an der Zwillingsflak und als Munitionsträger an der Vierlingsflak.Abschließend wurden letzte Details in Form von weiteren Seilen und Planen hinzugefügt.
Im Bereich der Flakgeschütze, die sich szenisch in einem Gefecht befindet, wurden mehr als 40 Magazine verteilt und hinter dem Steuerhaus montierte ich zwei zusätzliche Maschinengewehre, eines davon abgeplant.Und als kleinen Farbtupfer habe ich aus zwei alten Dioden und etwas Garn ein paar Fahrwassermarkierungen gebaut. Die Bojenanker waren ursprünglich Transistorgehäuse.Zum Schluß noch ein paar Bemerkungen zum Altern und zum weathering von Schnellbooten.
Im allgemeinen wurden die Boote von ihren Besatzungen gut gepflegt. Rostklopfen und Malerarbeiten gehörten zur Tagesroutine. Starke Korrosion an den Aufbauten gab es kaum - zumal die meisten Teile aus Holz oder Aluminium bestanden. Die Rümpfe wurden dagegen nur geschrubbt. Neue Farbe gab es in der Regel nur bei Werftliegezeiten, und es war durchaus üblich nur die instandgesetzten Rumpfsektionen neu zu lackieren, um die Boote so schnell wie möglich einsatzklar zu bekommen.
Deshalb bekam das Boot im Bereich der Aufbauten nur ein sehr dezentes Washing mit hellgrauer, stark verdünnter Ölfarbe. Die Ersatztorpedos wurden auf die gleiche Weise mit gebranntem Sienna behandelt, um eine dünne Schutzschicht aus Fett darzustellen.
Das hölzerne Deck der S-Boote war mit kunstharzgetränktem Leinengewebe beklebt. Um die Struktur anzudeuten, wurde das Deck mit einem stark gestutzen Borstenpinsel unter Zuhilfename von Feuerzeugbenzin abgebürstet.
Die Holzplanken und Grätings wurden mit Weiß, Hellgrau, Schwarz und einer Spur Ocker trocken gemalt, um ihnen ein verwittertes Erscheinungsbild zu geben. Auf sehr dunklen Flächen, wie dem Rettungsfloß und den Torpedoköpfe wurde mit weißer Lasur eine dünne Salzkruste angedeutet. Der Rumpf wurde stärker gealtert. Zunächst wurde eine „Basisverschmutzung“ aus hellgrauer Aquarellfarbe aufgetragen. Ich trage dazu punktuell Farbe auf den Rumpf auf und wische sie einfach mit einem Papiertaschentuch senkrecht nach unten ab.
Abplatzungen/Abschürfungen auf den Scheuerborden entstehen durch aufgetupfte schwarze Farbe mit dem Borstenpinsel.Unterhalb der Scheuerborde und der Deckskanten habe ich mit dunkelgrauer und schwarzer Ölfarbe stärkere Verschmutzungen angelegt. Im Bereich der stählernen Kreuzpoller wurden dezente Rostspuren mit abgetönten Sienna aufgetragen und verwitterte Beschädigungen des Rumpfes wurden mit dunkler Ölfarbe angedeutet, die scharf konturiert aufgetragen wurde.
Resümee
Der Bausatz wird seinem Preis von rund 16 Euro bezüglich Bauteilezahl, Fertigungsqualität und Bastelspaß gerecht.
Nach Revellvorgaben gebaut und bemalt entsteht ein interessantes aber leider nur ausreichend genau detailliertes Schnellboot der Deutschen Kriegsmarine. Um daraus ein dem Vorbild entsprechendes Modell zu machen, sollte man auf jeden Fall von den Farbvorgaben des Herstellers abweichen und den Ätzteilesatz von White Ensign Models verwenden. Der schlägt allerdings mit 25,5 Pfund (ca.37 Euro/Stand 02.2005) ein tiefes Loch ins Portemonnaie, wodurch die Gesamtkosten auf das Preisniveau der sehr guten Tamiya-Schnellboote steigen.
Wem dieser Detaillierungsgrad noch nicht reicht, der kann noch etliche fehlerhafte Kunststoffteile modifizieren oder austauschen. Mittlerweile sind auch einige Aftermarket-Teile für diesen Bausatz erhältlich, und Revell hat für das 2. Quartal 2005 einen passenden Kriegsmarine Figurensatz angekündigt.
Die 20-seitige Bauanleitung ist gut verständlich und mit Ausnahme von Teil 121 fehlerfrei.
Meine Bauzeit von Nov. 2003 bis Mai 2004 betrug ca. 150 Stunden. Noch einmal soviel Zeit habe ich für Internet- und Literaturrecherchen und dem Ausprobieren verschiedener Bautechniken benötigt. Von den 140 Bauteilen habe ich 51 nicht verwendet und durch Eigenbauten, andere Bausätze (Vierlingsflak, Besatzung) oder PE-Teile ersetzt bzw. ergänzt.