Im Teil 5 geht es ausschließlich um die 40mm Flugabwehrkanone die bei den späten 38er Booten auf dem Achterdeck stand. Ich gehe diesmal recht ausführlich auf dieses Detail ein, denn hier wird deutlich, dass geätzte Teile nicht immer das ultimative Mittel für eine präzise Darstellung sind. Begonnen hat alles mit dem Bausatz einer 40mm Bofors Flak, den ich bei der englischen Firma White Ensign Models (WEM) gekauft habe. Vorab noch ein Originalfoto dieser Waffe.
Der WEM-Bausatz besteht aus Weißmetallteilen für das Geschütz, die Lafette, dem Höhenrichtkranz mit angegossenen Ausgleicherfedern und einem Sockel, sowie einer geätzten Messingblechplatine. Auf ihr befinden sich der Tragrahmen, zwei Sitze, die Höhen- und Seitenrichtkurbeln, Fußstützen/Feuerpedal, ein Schutzgitter, die Visiereinrichtung und die Rutsche für den Hülsenauswurf.Obwohl WEM für ihre hochpräzisen PE-Sets berühmt ist, gehört dieser Bausatz nicht unbedingt zu den Meisterwerken des Unternehmens. Die Weißmetallteile besitzen relativ viele Grate und eine unebene, körnige Oberfläche. Die Formen sind sehr einfach gehalten und viele -durchaus gießfähige- Details fehlen.Besonders das Geschützrohr enttäuscht. In Bereich A fehlen auf beiden Seiten die Schlitze der Vorholfedern, im Bereich B ist der Guss sehr fehlerhaft und im Bereich C ist der Lagerzapfen nicht vollständig gegossen. Darüber hinaus sind die Seitenführungen der Munitionszuführung mit einem Quersteg verbunden und weder die Rohrmündung noch die Patronenzuführung sind ansatzweise geöffnet.Ich habe zunächst die Lagerzapfen entfernt und das Verschlussteil durchbohrt, um eine 2,5mm Messingachse einzusetzen. Der Mündungsfeuerdämpfer und das Rohrende wurden aufgefräst und der Quersteg im Patronenhalter entfernt. Fehlendes Material wurde mit Lötzinn aufgefüllt und in Form gefeilt.
Dabei habe ich mich zum x-ten Male über die pixelige und unebene Oberfläche des Waffengehäuses geärgert, dass in Wirklichkeit absolut glatt war. Außerdem sind beiden Seiten identisch dargestellt, obwohl die Waffe nur auf der linken Seite einen Sicherungshebel und einen Deckel zum Verschlussblock besaß. Die abgebildete rechte Seite war fast völlig glatt.
Der Hülsenauswurf der 40mm-Bofors befindet sich auf der Gehäuserückseite. Die ausgeworfene Hülse wird durch ein Leitblech in eine Rutsche befördert, die unter der Lafette hindurch führt und an der Vorderseite der Kanone endet. Der auf dem Bild erkennbare „Wurmfortsatz“ soll dieses Leitblech darstellen.
Das alles empfand ich sehr unbefriedigend und deshalb habe ich zuerst die Seitenteile plan gefeilt und passende Blechplatten aufgeklebt. Anschließend habe ich das angegossene Leitblech entfernt und durch zwei Blechplättchen und etwas Kupferdraht ersetzt. Zum Schluß wurden in die Rohrführungshülse beidseitig zwei längliche Schlitze gefräst, durch die man bei der echten Waffe die Vorholfeder sehen kann (das Foto wurde vor dem Fräsen gemacht).Zeitgleich habe ich mich mit dem Höhenrichtkranz auseinandergesetzt. Die Zähne sind unglaublich groß gegossen und ich habe nicht verstanden, warum sie dem Bausatz nicht als Ätzteil beilagen. Das Weismetallteil beherbergt aber noch ein viel größeres Problem: Die Ausgleicher. Das sind die beiden Rohre, die beidseitig des Richtkranzes etwas schräg angegossen sind. In diesen Rohren befindet sich ein unter Federvorspannung stehender Kolben, der das Anheben des Rohres erleichtert und das Absenken bremst. Aufgrund ihrer Lagerung stehen diese Rohre fast immer horizontal (bis auf eine geringe oszillierende Auf-/Abbewegung), egal wie hoch das Rohr gerichtet wird. Da beim Bausatz aber Rohr, Richtkranz und Ausgleicher ein einziges Teil sind, muss das Rohr so in die Lafette geklebt werden, dass es nur ca 15° nach oben zeigt. Das war mir entschieden zuwenig, und da außerdem die Befestigungspunkte falsch waren, habe ich die Rohre entfernt und aus Draht und Rohrstücken Nachfertigungen gebaut, die ich nur an der Lafettenvorderseite befestigt habe. In Verbindung mit der neuen Lagerachse kann das Rohr nun beliebig steil angestellt werdenAuch die Lafette kam nicht ungeschoren davon. Unterhalb des Höhenrichtgetriebes musste eine Menge Material zwischen den Wangen entfernt werden. Die Getriebedicke wurde reduziert und vorne wurde der Zinnwulst ( soll das Ende der Hülsenrutsche sein) abgefeilt.Der Rahmen, der die Bedienmannschaft trägt wurde bei WEM als Ätzteil entworfen. Er ist ganz ordentlich gemacht, aber so sehr ich Ätzteile für flächige Strukturen mag, so sehr sträuben sich meine Nackenhaare, wenn ich Rohre oder Stangen aus dem flachen Zeug bauen soll. Und besagter Rahmen bestand nun einmal aus Stahlrohr. Also habe ich einen neuen Rahmen aus 1mm Stahldraht gelötet, die Plattformen vom WEM-Teil abgetrennt und auf meine Drahtkonstruktion geklebt.Diese Problematik (Flaches Ätzteil zur Rohrdarstellung) hat mich dann auch konsequent weiterverfolgt, denn als nächstes waren die Richtkurbeln an der Reihe. Als Ersatz für die platten PE-Teile benutzte ich 0,4mm Draht, 0,8mm Rohr und kurze Messingstreifen. Die Bilder sind weitestgehend selbsterklärend. Zu Bild 5: Nachdem die ersten drei Teile verlötet sind müssen sie gekühlt werden, wenn der zweite Handgriff angelötet wird, sonst fällt alles wieder auseinander. Ich wickle dazu ein Stück nasses Papiertaschentuch um die bereits fertig gelöteten Teile. Zu Bild 6: Nach dem Löten sehen die Kurbeln noch ziemlich grobschlächtig aus. Ich glätte gelötete Teile deshalb stets mit einer Polierscheibe. Vorausgesetzt, das Lot ist richtig nach innen geflossen, kann das außen anhaftende Lötzinn komplett entfernt werden, ohne das dadurch die Verbindung geschwächt wird.Um den Sitzschalen für die beiden Schützen das erforderliche körperbetonte Profil zu geben, habe ich mit Hilfe eines Kugelfräsers erstmal ich eine Mulde in ein Holzstück gefräst (Bild 1). Die Sitzschale wird dann über diese Vertiefung gelegt, und mit einem Stahlstift (Nagel/Bohrerschaft etc.) der am Ende halbkugelig geschliffen ist, drücke ich den Blechsitz in die Vertiefung (Bild 2). Den Stift führe ich dabei in immer kleineren Kreisen vom Sitzrand zur Sitzmitte, und so entsteht mach und nach eine faltenfreie Kalotte (Bild 3). Um die beiden Schalen für die Oberschenkel zu formen, habe ich eine Messerklinge schräg in einen Klemmhalter gespannt, die Sitzfläche darüber gelegt und so lange gegen die Klinge gedrückt, bis eine ausreichend tiefe Kerbe ins Messingblech gedrückt war (Bild 4+5). Anschließend wurden die Rundungen noch einmal nachgerichtet. und die Rückenlehne über einem Bohrerschaft in Form gebogen. Die Verbindungsstange zum Hauptrahmen habe ich zum Schluss abgeschnitten und durch ein Stück Draht ersetzt.Danach entstanden die Figuren für das Geschütz. Am liebsten benutze ich eine Figur, die ich vom alten Airfix Schnellboot aus Zinn nachgieße. Aufgrund der abgespreizten Arme und Beine ist sie sehr vielseitig einsetzbar (Bild 1). Damit sich dieser „Universal soldier“ hinsetzt, säge ich ihm erst einmal beide Beine ab (Bild 2). Außerdem wurde der Kopf entfernt, um später eine behelmte Visage aufzusetzen. Die beiden Teile werden dann mit der „3. Hand“ neu ausgerichtet und zusammengelötet (Bild 3). Um die Schienbeine anzuwinkeln, reicht es aus, sie mit einer Zange vorsichtig nach unten zu biegen (Bild 4). Beide Arme sind noch seitlich vom Körper abgespreizt und müssen nach vorn gebogen werden. Dazu säge ich einen Keil aus der Achselhöhle heraus und drücke den Arm einfach an den Oberkörper (Bild 5). Der linke Arm ist bereits angelegt, rechts kann man den ausgesägten Bereich erkennen. Die dabei entstehenden Spalte und kantigen Stellen fülle ich mit 2k-Modelliermasse (Magic sculp) auf. Dann müssen nur noch Schulter- und Ellebogengelenk mit Hilfe einer Zange so gebogen werden, dass beide Hände an den Richtkurbeln aufliegen. Zum Schluss wird ein neuer Kopf montiert (hier WK2-Infantrie von Revell), und die vorher fertig gestellten Sitze werden angeklebt. Die dem Bausatz beiliegende Auswurfrinne der Munitionshülsen war fehlerhaft geätzt und entsprach mit ihrem rechteckigen Querschnitt auch nicht dem Vorbild. Um ein brauchbares Ersatzteil herzustellen, wurde zunächst ein Stück Messingrohr weichgeglüht. Dadurch lässt es sich wunderbar biegen ohne einzuknicken. Mit einer Minibohrmaschine habe ich anschließend die Innenseite aufgeschliffen und die Seitenwände mit einem Stahlstift, den ich in der Nut hin- und her gezogen habe, aufgebogen. Zum Schluss wurden die Grate entfernt und aus Blech und Draht kleine Befestigungsplatten angeklebt.Fast fertig. Als letztes wurden die Visiere überarbeitet. WEM liefert auch hier ein flach geätztes Teil um Rohre darzustellen. Der Umbau ist vergleichsweise einfach. Der Visierträger wurde aus 1 mm und 0,8 mm Messingrohr zusammengeklebt, und vom geätzten Visier wurden alle brauchbaren Elemente abgetrennt und an die Rohre geklebt, wobei sich aus den überzähligen Restteilen noch ein paar nette Halteklemmen herstellen ließen. Dann konnte endlich mit der Montage der Waffe begonnen werden. Bis auf die Soldaten in ihren Sitzen (die wurden separat angemalt und ganz zum Schluss angeklebt) wurden alle Teile mit Sekundenkleber zusammengefügt. Der abgebildete Sockel war allerdings nur eine Interimslösung (gehört zum Bausatz). Auf den Schnellbooten stand die Waffe auf einem runden Holzpodest, und die Lafette war auf einem Säulenflansch befestigt, der tief in den Bootsrumpf ragte. Ursprünglich wollte ich das Podest aus Blech ätzen, aber das wäre zu flach geworden und hätte zu gleichmäßig ausgesehen. Deshalb habe ich eine Papierschablone gezeichnet und das Podest aus Evergreenleisten zusammengeklebt. Eine exakt runde Form erhält man, indem man eine Achse im Kreismittelpunkt befestigt und das Podest vorsichtig an einem Fräser entlang dreht. Als Abschlussleiste wird einfach ein Streifen Evergreen hochkant um das Podest gelegt und verklebt. Danach wurden alle Teile lackiert, die Besatzung hinzugefügt und die Munition eingesetzt (1mm Messingdraht). Einen dummen Fehler habe ich beim Anbau der Fußpedale gemacht. Ich hätte damit warten sollen bis die Figuren montiert sind, damit sie richtig an deren Füßen anliegen. Dadurch, dass sowohl die beiden Schützen an den Kurbeln, als auch die Pedale in ihren Positionen festgelegt sind, hängen die Füße der Richtschützen jetzt ca. 1mm in der Luft.Soweit ich das abschätzen kann, war dies die letzte aufwändige Komponente des Bootes, und mit den nächsten Bauschritten komme ich hoffentlich etwas schneller voran.
Und bei aller Liebe zu WEM PE-Parts: Diesen Kanonenbausatz kann ich absolut nicht empfehlen. Mit dem alten Airfixbausatz „40mm Bofors gun + Morris tractor“ der ungefähr genauso teuer ist, ist man garantiert besser bedient.
Eine absolut hochwertige 1:72 Boforsflak wird es in Kürze von Mark Brown (MBM Models) aus Resin geben. Eines der ersten Muster durfte ich auf der Intermodellbau bewundern - und hätte ich das vorher gewusst...
Ende Teil 5