Baubericht: Britischer Zerstörer der O-Klasse HMS Onslow
Das Modell entstand im Rahmen des Modellboard/Modellmarine Schiffbauwetbewerbs 2005. Obwohl der Wettbewerb bereits im September 2005 begann, konnte ich mich bis zum November nicht entscheiden, welches Modell ich im Rahmen dieses Contest bauen sollte. Schließlich erbarmte sich ein Modellbaukollege und überreichte mir den Tamiya-Bausatz „O-Class Destroyer 1/700“ und eine Planmappe von „Profile Morskie“.
Eigentlich ist der Bausatz denkbar ungeeignet um daraus ein Modell für einen Wettbewerb zu bauen, denn die Bauteile sind ein ganz trauriges Kapitel japanischer Bausatzkunst. Die Formen stammen ursprünglich von Skywave aus dem Jahr 1977 und genügen heutigen Ansprüchen in keinster Art und Weise. Falsche Maße, falsche Abformungen und mangelhafte Detaillierungen charakterisieren fast jedes Teil. Nichts desto Trotz bietet dieser Bausatz viele Optionen britischer Zerstörertypen des Notprogramms zu bauen - entsprechende Umbaumaßnahmen vorausgesetzt.
Die HMS Onslow war der Flotttillienführer der O-Klasse, und somit Mutter einer ganzen Reihe ähnlicher britischer Zerstörertypen (P-,R-,S-,U-Klasse usw.) Von großer Bedeutung ist ihr Gefecht mit dem Kreuzerverband Admiral Hipper bei der Verteidigung des Eismeergeleitzuges JW 51 B am 31.12.42, die sog. Schlacht in der Barentsee.
Mehr Informationen zum Gefecht
Bei diesem Gefecht stellte sich die kräftemäßig überlegene Kriegsmarine so unfähig dar, dass Hitler in einem Anfall von Wut alle Kreuzer und Schlachtschiffe verschrotten wollte, Großadmiral Raeder seinen Hut nehmen musste und an seiner Stelle Doenitz Oberbefehlshaber der Kriegsmarine wurde.
Schon beim ersten Blick auf die Gießäste findet man etliche Probleme, schlecht abgeformte Teile und Vereinfachungen, aber erst wenn man die Bausatzteile mit Unterlagen des Originalschiffes vergleicht, offenbart sich das ganze Ausmaß der zu erwartenden Arbeiten. Neben vielen Fotos der O-Klasse und der oben erwähnten Planmappe stand mir noch ein sehr detaillierter 1/200 Kartonbausatz „HMS Onslow“ von Modelik zur Verfügung.
Nach einigen Stunden Recherche stand fest, das außer dem Rumpf und dem Schornstein kaum ein Bauteil zu gebrauchen war, und selbst an den brauchbaren Teilen musste man noch Hand anlegen. Als erstes wurde der Rumpf „in Form“ geschliffen, dessen Bug und Heckbereich deutlich von der tatsächlichen Schiffsform abwich. Die Verläufe der Unterdecks wurden angezeichnet und die Bullaugen gebohrt. Anschließend beschäftigte ich mich mit den Brückenaufbauten.
Alle Bauteile der Brückenaufbauten besitzen allesamt stark angeschrägte Flächen und die Konturen und Maße sind größtenteils falsch.
Im ersten Anlauf habe ich erfolglos versucht ihr Aussehen mit Feile und Schleifpapier zu verbessern und die Konturen mit Kunststoffplatten aufzufüllen. Im zweiten Versuch fräste ich neue Teile aus Kunststoff und scheiterte an den geringen Wandstärken und der verwinkelten Konstruktion. Ich entschied mich nach einigen Tagen, alle Aufbauten aus Blech herzustellen. Und um das Rad nicht ein zweites Mal zu erfinden, bestellte ich zusätzlich bei WEM den Ätzteilsatz für O-Class Destroyer.
Die benötigten Maße für die nachzufertigenden Teile konnte ich problemlos aus den vorliegenden Planunterlagen abgreifen und auf 1/700 umrechnen. Hier das erste Papiermodell ,noch im Maßstab 1:300 um Entwurfsfehler deutlicher zu erkennen.
Die Ätzteile entstanden später aus 0,1mm Neusilberblech. Das Bild zeigt Platine 1, hauptsächlich mit Teilen für die Aufbauten des Hauptdecks, den Beibooten und einigen Luken. Auf einer zweiten Platine (leider ohne Foto) befinden sich die Brückenaufbauten und die Schilde der schweren Geschütze. Die Deckshäuser bestehen aus einer umlaufenden Seitenwand, einer Deckplatte und einer Einlegeplatte, die dafür sorgt, dass Winkel der Seitenwände zueinander stimmen. Bei der Montage wird zunächst ein schmaler Polystyrolstreifen mit Sekundenkleber unter die Einlegeplatte geklebt. Dieser Streifen dient später als Kontaktfläche für die Verklebung mit dem Plastikrumpf. Dadurch, dass nur in der Mitte der Grundfläche Klebstoff aufgetragen wird, sieht man später auch keine Klebenähte oder hervorgequollenen Klebstoff. Danach werden die Seitenwände vorgebogen und mit dem Einlegeblech verklebt. Nun werden wieder schmale Plastikstreifen auf das Einlegeblech geklebt, bis die Oberkante der Seitenwände erreicht, bzw. leicht überschritten ist. Dann wird das Teil umgedreht und der überstehende Kunststoff auf einem Stück Schleifpapier bis zur Seitenwandhöhe abgeschliffen. Darauf kann jetzt problemlos die Deckplatte geklebt werden. Auf dem Bild sieht man die Seitenwand und das Einlegeblech für das untere Brückendeck.Außer der Brücke mussten die beiden Mittschiffsaufbauten für das vierläufige 2pd Geschütz (PomPom-Geschütz) und den Suchscheinwerfer/Notruderstand nachgefertigt werden. Das Achterdeckhaus ist in seiner ursprünglichen Form ebenfalls unbrauchbar gewesen, konnte aber verwendet werden, nachdem ich die Seitenwände plan gefräst hatte. Ein neues Dach reichte hier aus.
Auf dem nächsten Bild sieht man übrigens, dass die Geschützplattform mittschiffs aufgrund eines Skalierfehlers zu groß geraten ist, und noch einmal angefertigt werden musste.Mit den neu gefertigten Brückenteilen passte die Höhe des Schornsteins nicht mehr. Er war nun zu kurz. Ich fertigte für seine Basis – die sowieso zu schmal war – eine Manschette.
Aufgrund eines Umrechnungsfehlers war sie zu kurz und ich musste die Form mit Magic-Sculp Modelliermasse ergänzen. Der Schlot wurde aufgefräst und Rauch-/Dampfleitungen aus Hohlnieten und Spritzenkanülen eingebettet.
In den horizontalen Schlitz wird später ein Laufgang aus dem WEM-Satz eingelegt, der leider nicht richtig passt.Mittlerweile waren auch die PE-Teile von WEM eingetroffen, eine sehr gute Ergänzung aus 0,1mm Edelstahl der aufgrund seines Umfangs auch zum Bau weiterer Zerstörerklassen auf Basis des Tamiyabausatzes geeignet ist. Ich wählte alle benötigten Teile für die HMS Onslow aus, und begann danach mit dem Zeichnen den nun noch fehlenden Bauteile.Besonders wichtig für das Aussehen des Schiffes war die Überarbeitung der vier 4.7' (12 cm) Deckgeschütze und der 4' (10,2 cm) Flak in der Schiffsmitte. Sie entstanden aus Kanülen, Draht und Neusilberblech. Die Verschlussblöcke der 12 cm Kanonen gehörten zum WEM-Satz.Hier noch ein Vergleich zu den sehr einfach gehaltenen Bausatzteilen für die Hauptartillerie. Die Bausatzteile für die 10,2cm Flak und die PomPom-Kanone sind noch schlechter gespritzt und nur schwer als Waffen zu identifizieren.Das komplizierteste Teil habe ich mir für den Schluss aufgehoben. Es ist das Feuerleitradar auf dem Brückendeck. Zwar liefert WEM ein passendes Austauschteil, aber 1. habe ich es unsauber geknickt und 2. war es mir dann doch zu simpel gefertigt. Das größte Problem war , das ich nur ein unscharfes Foto dieses Radars hatte, und besonders beim Aussehen der Basisrückseite und der Antennen sehr unsicher war. Außerdem hat mir dieses Teil wirklich die Grenze meiner visuellen und motorischen Fähigkeiten gezeigt und mich jede Menge Nerven gekostet. Es besteht aus 24 Teilen, im Wesentlichen nur Blech- und Plastikabfälle. Nur für die Antennen zerschnitt ich einige 1/700-Relings von Eduard. Anschließend entfernte ich alle Strukturen des Vorschiffs und einen großen Teil der Strukturen des Hauptdecks. Der Sockelbereich um den Schornstein musste um 3mm verlängert und 1mm breiter angelegt werden, um die veränderte Schornsteinbasis aufnehmen zu können.Dann wurde es noch einmal richtig klein. Da mir das Aussehen der Beiboote nicht gefiel habe ich sie aus je drei Blechteilen nachgefertigt und zusammengelötet. Lediglich bei der Motorbarkasse habe ich den Kunststoffrumpf überarbeitet und nur ein neues Deck mit den Kajüten angefertigt.Der PE-Satz von WEM enthält eine beachtliche Anzahl an Austauschmasten, so dass man verschiedene britische Zerstörertypen in unterschiedlichen Bauzuständen darstellen kann. Ursprünglich besaßen die Schiffe Dreibeinmasten, die nach und nach gegen Gitterrahmenmasten ausgetauscht wurden. Während die geätzten WEM-Gittermasten über jeden Zweifel erhaben sind, wirkt der Dreibeinmast zu flächig (das klassische Problem, wenn Rohre mit Ätzteilen nachgebildet werden) und besitzt keine ausreichende Steifigkeit für das Rigging. Deshalb ersetzte ich den Mast durch eine Kanüle in die ein Stahldraht eingesteckt wurde und übernahm nur die geätzten Stützen und die Rahen. Leitern und Antennen stammen von WEM und der Mastkorb entstand aus einem IC-Sockel. Die horizontalen Verstrebungen sind Ätzteilabfall.