Zusammenbau und Lackierung
Alle Hauptkomponenten des Schiffes waren inzwischen fertig. Auf den nächsten Bildern erkennt man die Einbaupositionen der nachgefertigten Teile sowie einige Detaillierungen: Handläufe aus Kupferlackdraht, Kästen und Schränke aus Evergreenprofilen - teilweise mit selbst geätzten Deckeln, die Brückenverglasung aus einem geätzten Leiterstück, Gischtabweiser entlang der Brücke aus zerschnittenen Relings usw.Viele Teile sind eigentlich gar nicht maßstäblich. So sind z.B. die Handläufe zu dick und die Staukästen simple Quader. Für jemanden wie mich, der eigentlich im Maßstab 1/72 u hause ist, einer sehr ungewohnte Art des Modellbaues. Aber das Auge ist bei 1/700 so unscharf, das diese einfachen Blöcke als stimmiges Schiffszubehör erkannt werden. Das nächste Bild zeigt die vielen unterschiedlichen Techniken, die ich beim Bau angewandt habe. Der Schornstein mit der verunglückten Sockelmanschette musste in mehreren Durchgängen gespachtelt werden, der Mast ist gelötet und die anderen Ätzteile sind geklebt.
Das PomPom-Geschütz gehört zum WEM-Satz (es erschien mir übrigens zu groß)und bekam „richtige“ Rohre und Munitionsmagazine, die aus Vierkantprofilen entstanden. Die geschlossene Lafettenrückwand habe ich entfernt und durch ein Stück Reling ersetzt – eigentlich nur, damit man etwas mehr von der Kanone sieht. Zwei überdimensionierte Fadenkreuzvisiere habe ich abgeschnitten und als Ankerspillköpfe verwendet. Nur die trichterförmigen Mündungsfeuerdämpfer habe ich nicht nachbilden können. Zwischenzeitlich hatte ich mir für meinen Proxxon-Bohrständer einen Koordinatentisch geleistet, wodurch das Bohren der restlichen Bullaugen zum Genuss wurde.
Während die nach Augenmaß angefertigten Löcher im Rumpf noch auf und ab tanzten, konnte ich jetzt auf 1/100mm genau bohren und fräsen.
Auf dem Foto wird gerade das Deckhaus auf dem Achterdeck bearbeitet. Ich hatte nicht mehr genug 0,1mm-Plattenmaterial um es komplett neu anzufertigen. Glücklicherweise war das Bausatzteil mit seinen schrägen Seitenwänden zu breit, so das es ausreichte die Seiten rechtwinklig (schmaler) zu fräsen und nur eine neue Decke aus Blech herzustellen. Die einzelnen Baugruppen wurden alle vor dem Zusammenbau lackiert. Meistens ist es günstiger zunächst die Decks zu lackieren, da es sich um relativ ebene Teile handelt, die beim nachfolgenden Lackieren der senkrechten Flächen leicht und sicher abgeklebt werden können.
Und da ich die Aufbauten bereits zeichnerisch erfasst hatte, konnte ich außerdem passende Lackierschablonen auf Klebeetiketten ausdrucken. Die Ausdrucke wurden einfach ausgeschnitten und auf das Schiff geklebt. Auf diese Weise konnte ich die Lackierarbeit sehr schnell und präzise durchführen.
Die Lackierung entspricht dem Bauzustand Ende 1942. Wenn man die HMS Onslow baut, sollte man sich nicht am Tamiya-Deckelbild orientieren. Dort sind die Farben Grau und Blau vertauscht, die vorderen Geschütze Weiß statt Dunkelgrau, und die Form der Flächen im Bugbereich stimmt auch nicht ganz.
Ganz falsch ist diese Tarnung aber nicht, denn das Schwesterschiff HMS Obedient fuhr zeitweise mit diesem Muster herum. Aber dann müssten andere Geschütze montiert sein, und der Torpedoladekran müsste auf die Steuerbordseite und, und, und…
Nachfolgend das Originalschema und zum Vergleich das Tamiyabild:HMS Onslow besaß ein Stahldeck, das weitflächig mit braunem Linoleum, dem sogenannten Corticene beschichtet war.
Die einfachste Vorgehensweise war, zunächst alles braun zu lackieren, anschließend die Corticene-beschichteten Bereiche abzukleben und die frei gebliebenen Bereiche dunkelgrau zu sprühen.
Wegen des kleinen Maßstabes benutzte ich hellere Farbtöne, sonst wäre das Deck ein einziger dunkler Streifen geworden, der viele Strukturen einfach „verschluckt“ hätte.Anschließend wurden die Decks abgeklebt und die senkrechten Flächen lackiert.
Sinnvollerweise fängt man mit der hellsten Farbe an und hört mit der dunkelsten auf. Also zuerst Weiß, dann Blau, dann Dunkelgrau und zum Schluss die schwarze Kante des Unterwasserschiffs.Es ist nicht grundsätzlich zweckmäßig zuerst alle großen Baugruppen einzubauen.
In der Regel macht es Sinn, die Teile von unten nach oben und von innen nach außen zusammen zu bauen. D.h. bevor man z.B. die Davits und Beiboote montiert, müssen die Leitern, Rohrleitungen und Abspannungen des Schornsteins fertig sein.
Zu einem späteren Zeitpunkt hat man kaum noch eine Chance, nachträglich etwas in die zugebauten Bereiche einzufügen. Da musste auch ich nochmal Lehrgeld bezahlen. Relings und Masten wurden ganz zum Schluss angeklebt.
Die weitere Montage war zeitraubende Fummelarbeit. Das Rigging im Brückenbereich und an den Davits wurde aus alten Gießästen hergestellt, die ich über einer Flamme dünn gezogen habe. Trotz unzähliger Versuche gelang es mir nicht, sie hinreichend dünn anzufertigen.
Aus diesem Grund wechselte ich bei den Antennenleitungen zwischen den Masten das Material und verwendete ein Polyethylen-Monofilament, auch als "Unsichtbares Nähgarn" bekannt.
Dann wurden allerletzte Kleinteile wie Positionsleuchten, Flöße, Semaphone angeklebt und die Figuren positioniert.
Das war übrigens eine ganz erstaunliche Erfahrung für mich: Ich habe 60! Männer auf die Decks gesetzt – und man hat trotzdem den Eindruck, das das Boot kaum bevölkert ist.
Ein nettes Gimmick am Rande sind die Rettungsringe. Dabei handelt es sich um die abgetrennten Bullaugen von Revells 1/429-Arizona, die ich seit einiger Zeit in Arbeit habe. Also: Nichts wegwerfen! Irgendwann kann man jeden Rest gebrauchen.