Diesmal geht es um einen Abschnitt, der Rucki-Zucki erledigt sein sollte. Die Betonung liegt hier eindeutig auf "sein sollte". Ich nehme es gleich vorweg, dies war ein fataler Irrglaube.
Ich spreche hier von den völlig unscheinbaren Bramwanten, mit ihrer sehr geringen Anzahl von sechs pro Mast (also drei pro Mast auf jeder Seite).
Der Verlauf der Wanten ist eigentlich nicht Spektakulär. Sie werden mit einem Auge über das Top der Bramstenge gelegt, wobei das hintere Spann an jedem Mast eine Paarung Want/Pardune bildet. Vom Top aus führen sie durch die Bohrungen an den Aussenkanten der Stengesalinge. Von dort dann durch die Spierwursten der Stengewanten, weiter zu den Marsen und werden hier festgesetzt.
Mir wurde erst so richtig bewusst, was auf mich zukam, als ich nachgelesen habe, wie diese befestigt werden. Hierzu diese unscheinbare Abbildung (abgewandelt aus Petrejus, "Das Modell der Brigg Irene"):
Nach genauerer Überlegung bedeutete dies: 28 Kauschen anfertigen und was mindestens genauso schlimm war, alles musste am Schiff direkt zusammengepfriemelt werden.
Alles Jammern half nichts, muss ja schließlich fertig werden. Mit meiner Methode (auf einem selbstgebauten Koordinatentisch) hatte ich unheimlich Probleme, bevor eine fertig war, waren mindestens 10 Ausschuss.
Die bedeutete, erstmal ein paar warme Gedanken machen. Das Ergebnis dieser Überlegungen war, die Schwachpunkte meiner Methode zu beseitigen.
Die erste Maßnahme bestand darin dem Koordinatentisch, die für einen späteren Zeitpunkt geplante Feinjustierung nötigen Änderungen, zu verpassen.
Mit der Gewindestange ist es nun möglich den oberen Tisch im Zehntel Millimeterbereich zu bewegen.
Ein weiteres Problem war, das dünne Rohr zu drehen (für die Nut) ohne dass es in Querrichtung verrutschte. Hier war die Lösung die Bohrmaschinenhalterung meiner Drechselvorrichtung, welche kurzerhand auf dem Koordinatentischen ein neues Zuhause fand.
Nun konnte das eingespannte Rohr mit Hilfe des Bohrfutters sauber gedreht werden ohne dass es verrutschte. Im nächsten Bild ist sehr schön die angefräste Nut zu erkennen.
Ein weiteres Riesenproblem war, dass mir viele Kauschen beim Abtrennen weggeflogen sind und dann unauffindbar waren. Dieses Problem hab ich durch ein Stück Kupferdraht beseitigt, welches vor dem Antrennen der Kausch einfach ins Rohr gesteckt wird.
Und zum Abschluss noch ein Bild, um sich der Dimension bewusst zu werden
So, nun zum eigentlichen Anbringen der Wanten. Die leichteste Übung gleich zu Beginn, das Herstellen und Einfädeln der Wanten. Dies war sehr easy, einfach nur in der Mitte kleiden und ein Auge binden. Dieses über den Top gelegt und einfädeln, fertig!!!
Danach wurde es etwas fummelig, die unteren Kauschen mussten an den unteren Jungfern der Stengewanten mit einem Stropp befestigen werden.
Der nächste Akt war nun das Festsetzen der Wanten mit den entsprechenden Taljen welches im nächsten Bild sehr schön zu sehen ist
Eine wunderschöne Arbeit, wenn man sooooo viel Platz hat und sooooo gut beikommt. Das Ganze bekommt noch eine Extrawürze, wenn man eh halb blind ist und ab und zu beim Entfernen der Enden auch noch die Taljen wieder durchzwickt. Herrlich!!!!
Nachdem die Hürde aber endlich genommen war, gab es wieder mal was zum Entspannen. An den vorderen Wantpaaren erfolgte nun noch das Einbinden von je einer Kausch und das Festsetzen der Pardunen
Und hier noch zwei Bilder vom jetzigen Aussehen der Irene
Bis zum nächsten mal.
Jürgen Nicklis