Mora,ca.1066

Das Original

Als am 5. Januar 1066 König Eduard, der Bekenner von England, kinderlos starb, war die Krone von England Herzog Wilhelm von der Normandie zugesagt.

König Eduard der Bekenner folgte damit dem Beispiel, das König Karl der Einfältige in Frankreich gegeben hatte, als er den Wikinger Rollo zum Herzog der Normandie machte, um damit sein Land gegen die übrigen Wikingerflotten zu schützen. König Eduard war der Überzeugung, dass die Sicherheit und Zukunft Englands bei dem tatkräftigen Normannenherzog in besseren Händen war, als bei seinen ständig untereinander zerstrittenen, angelsächsischen Landsleuten. Da der mächtigste der angelsächsischen Fürsten, Harald, der Earl von Wessex, zwei Jahre vor Eduards Tod dem Normannen den Lehens- und Treueid geschworen hatte, schien einer reibungslosen und unblutigen Thronfolge durch Wilhelm von der Normandie nichts im Wege zu stehen.

Schon einen Tag nach dem Tod König Eduards ließ sich Earl Harald zum König von England krönen, wobei er sich auf einen letzten Willen des Verstorbenen berief. Herzog Wilhelm tobte, als er diese Nachricht erfuhr – mehr noch über den dreisten Eid- und Wortbruch als über die Tatsache, daß dieser ihn um die Krone Englands geprellt hatte.

König Harald war ein schwerwiegender Fehler unterlaufen, als er geglaubt hatte, Herzog Wilhelms Streitmacht umfasse nur jene in der Normandie stehenden Truppen, die er selbst zwei Jahre vorher gesehen hatte. Der Aufruf Wilhelms zum Zug gegen den eidbrüchigen König von England brachte die Normannen von Nowgorod und Kiew bis Estland, vom Nordkap bis Sizilien auf die Beine. Anfang September 1066 umfaßte seine Streitmacht rund 8000 Mann zu Fuß, 2000 Reiter und über 1000 Kriegs- und Troßschiffe.

Hunderte von Schiffen waren in diesem Sommer 1066 in der Normandie gebaut worden, darunter die „Mora“, Herzog Wilhelms Flaggschiff, ein Geschenk seiner Gattin, der Herzogin Mathilde.

Am 12. August lag die Flotte abfahrtsbereit vor der Mündung des kleinen Flusses Dives und wartete auf Südwind, um den Kanal zu überqueren. Am 12. September kam ein schwerer Weststurm auf und es ist hauptsächlich dem Grafen Eustac von Boulogne, nach Herzog Wilhelm und dessen Halbbruder, dem Bischof Odo von Bayeux, dem wichtigsten Mann der Invasionsflotte zu danken, dass die über 1000 Schiffe fast ohne Verluste im Sturm die Küste entlang segelten und schließlich in der Somme-Mündung bei St. Valéry vor Anker gehen konnten.

Schließlich in den späten Nachmittagsstunden des 27. Septembers orgelte der Südwind in dem Tauwerk der Schiffe und auf der „Mora“ wurde das Signal zum Auslaufen mittels einer Laterne gesetzt. In der Nacht überquerte die Invasionsflotte den Kanal und ging am Morgen des 28. Septembers 1066 in der Bucht von Pervensey vor Anker, die Armee landete. Am Morgen des 14. Oktobers trafen die Heere Herzog Wilhelms und König Haralds bei Hastings zusammen. Acht Stunden dauerte die Schlacht, die schließlich mit dem Tod König Haralds und der restlosen Vernichtung des angelsächsischen Heeres endete. Wenige Tage später wurde in London Herzog Wilhelm der Eroberer zum König Wilhelm 1. von England gekrönt.

Über das spätere Schicksal seines Flaggschiffs, der „Mora“, ist nichts bekannt, aber nicht anders als die „Santa Maria“, das Flaggschiff des Christofero Colombo, ist die „Mora“ ein Schiff, das Weltgeschichte gemacht hat .

 

Die Rekonstruktion

Die Rekonstruktion von Wolfram zu Mondfeld besteht aus 4 Planbögen und datiert von 1973. Grundlage ist der Teppich von Bayeux, ein fast 70 Meter langer und 50 Zentimeter hoher Tuchstreifen, der die Geschichte der Eroberung Englands durch Heinrich dem Eroberer erzählt /5/. Der Teppich ist möglicherweise in der Zeit zwischen 1077 und 1120 entstanden. Zu Mondfeld verwendete bei der Rekonstruktion des weiteren Veröffentlichungen der Universität Oslo über die Wikingerschiffe in Oslo und der Wikingerschiffshalle Roskilde /2/.

Mora, ca.1066

Quelle: Wikimedia

Die „Mora“ ist auf dem Teppich von Bayeux mehrfach abgebildet. In den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts veröffentlichte Linau Rekonstruktionsversuche über die Schiffe, mit denen Wilhelm und sein Heer über den Kanal fuhren /3/. Aufgrund der Darstellung von Pferden und Menschen als Ladegut leitet er Länge, Tiefgang und Freibord der Schiffe ab. Auf Basis dieser Annahmen rekonstruierte Fircks die „Mora“ als ein 24 m langes Langschiff mit einer geraden Plankenführung im Bereich der Steven, die wenig krumm gewachsenes Plankenholz verlangt.

 

Die Rekonstruktion von zu Mondfeld hingegen hat eine geschwungene Plankenführung im Bereich der Steven und hochgezogene Steven, ähnlich den Wikingerschiffen von Oslo, die von den auf dem Teppich erkennbaren Heck- und Bugfiguren gekrönt sind.

 

Meine Interpretation

Zunächst einmal muß ich bemerken, dass dies mein erster Bau eines historischen Schiffes in Holz ist. Wolfram zu Mondfeld selbst zitierend, traue keinem Plan, habe ich im Laufe meiner nun schon doch schon beträchtlichen Bauzeit diverse Bücher über die Wikingerschiffe angeschafft und die Museumshalle in Oslo mit dem Osebergschiff und dem Gokstadschiff besucht. Erwähnen möchte ich hierbei insbesondere das Buch „Das Gokstadschiff und seine Boote“ von Werner Dammann (Sonderdruck des Arbeitskreis Historischer Schiffbau) und die Museumsschrift des Museums in Oslo.

 

Basierend auf diesen Quellen habe ich diverse Änderungen gegenüber dem Plan vorgenommen:

  1. Die Decksbeplankung ist im Plan eine durchgehende Beplankung. Die Querspanten sind nicht sichtbar. Die gefundenen Wikingerschiffe haben alle auf die Querspanten aufgelegte Decksplanken, die Spanten sind sichtbar.
  2. Es fehlen Seitenspanten für die oberen Plankengänge.
  3. Der Mastfisch erscheint mir etwas schmächtig. Ich habe den Mastfisch des Gokstadschiffs eingebaut, insbesondere das Schlossholz als herausnehmbares Einzelteil hergestellt.
  4. Die Takelage ist an auf den Decksbalken befestigten Klampen vertaut. Da die Decksbalken herausnehmbar waren, kann das nicht sein und auch die Schiffe in Oslo zeigen die Klampen an den Querspanten bzw. an der Beplankung befestigt. Ich habe im Zuge dieser Änderung auch auf die Wantbefestigung nach Dammann zurückgegriffen, die untere Wantbefestigung durch Gatschen und die Wanten mit Wantnadeln steifgesetzt.
  5. Das Rahfall ist einfach ausgeführt und auf Deck an einer relativ schmächtigen Klampe befestigt. Wer schon mal selbst gesegelt ist, weiß, welche Kraft vonnöten ist, ein Segel zu fieren. Ich habe hier die Fallführung nach Dammann übernommen und das komplette Rig überarbeitet.
  6. Die Halterung für die Schilde erschien mir nicht zweckmäßig. Ich habe sie auf die Stützen bündig mit dem oberen Plankengang angebracht.
  7. Die Rojepforten haben keine Nase, um die Ruder von Innen durchzustecken

Das obige Bild gibt einen erster Eindruck vom fertigen Rumpf, Details folgen im nächsten Teil meines Berichts.

 

Literaturhinweise

 Bruno Schilli