Teil 1 - Der Schiffsrumpf


Wenn man über einen längeren Zeitraum Schiffsmodelle baut, sammeln sich zwangsweise eine Vielzahl nicht benötigter Bauteile und Bausätze an, die meistens in einem alten Schuhkarton ihre letzte Heimat finden.
Vor kurzem habe ich in meiner Restekiste herumgewühlt und ein kleines Zahnrad gesucht. Und wie allgemein üblich findet, man nie das, was man sucht…dafür aber jede Menge andere interessante Teile.
Bei mir sind das in erster Linie Teile und Bausatzfragmente im Maßstab 1/72: Relings, Waffen, Lüfter, Flöße, Fahrzeuge, Figuren usw. Und als ich darüber nachdachte ob ich das Zeug doch noch sinnvoll verwenden könnte, fiel mir ein, dass ich noch einen RC-Bauplan für einen Marinefährprahm des Typ D hatte.
Ein Prahm ist aufgrund seiner eckigen Struktur recht einfach zu bauen, und so reifte innerhalb weniger Minuten die Idee ein Landungsboot der Kriegsmarine zu bauen.
Bauteile

Kurz zum Boot, dem Marinefährprahm:


Als 1941 die Vorbereitungen zur Operation Seelöwe (Die geplante Invasion Großbritanniens) begannen, stellte man in den Planungsstäben ziemlich schnell fest, dass man überhaupt keine speziellen Seefahrzeuge zur Anlandung von Truppen besaß und man fing (viel zu spät) an, Landungsfahrzeuge zu konstruieren. Das Ergebnis waren unter anderem die Marinefährprähme (MFP) und die später davon abgeleiteten Fracht- und Artillerieleichter.
Zwar gab es keine großartigen Landungsunternehmen mehr, aber die Fahrzeuge waren so universell einsetzbar, dass annähernd 700 Stück in verschiedenen Versionen gebaut wurden.
Der seegängigste und "komfortabelste" MFP war der Typ "D". Diese Schiffe war ca. 50 m lang, 6,5m breit und verdrängten 230 ts. Es gab einen 18 m langen und 4,8 m breiten Laderaum, der über eine Bugklappe befahren werden konnte. Die maximale Ladefähigkeit betrug 140 to. Die Konstruktionsbewaffnung bestand aus einer 88 mm SK30 Kanone, einer 37 mm Flak und einem 20 mm Zwillings-Flak-MG.
Aufgrund der schwierigen Versorgungslage der Werften kam es allerdings häufig zu kleinen Abweichungen und Änderungen bei der Bewaffnung und den Aufbauten.
Umbauten und Reparaturen sorgten dafür, dass trotz der Standardisierung beim Bau, viele Prähme ihre individuellen Eigenheiten besaßen. Diese Umstände kommen natürlich dem Bau eines Modells, von dem man nicht mehr als eine Handvoll Fotos und einen groben Bauplan besitzt, sehr entgegen.

Abweichend vom abgebildeten Bauplan wird die Bewaffnung aus zwei oder drei 37mm Flak 40 und einem 20mm C38 Vierling bestehen. Die vordere Geschützplattform existiert auf keinem meiner Fotos, folglich entfällt sie auch beim Modell. Viele Details werde ich von anderen Prahmtypen, ohne Anspruch auf technisch/historische Korrektheit übernehmen.
Bauplan 1:50Zunächst wurden die Maße des abgebildeten 1:50 Bauplans auf 1:72 umgerechnet; anschließend wurde eingekauft.
Als Baumaterial für den Rumpf benutze ich Polystyrolplatten in den Dicken 1mm und 0,5mm, sowie diverse Evergreenprofile und –streifen.
Ein halber Quadratmeter 1mm Polystyrol kostet 4,51 Euro, 0,5mm ist etwas billiger und die Streifen liegen je nach Größe/Profil im 20-50 Cent-Bereich. Dieses Material reicht problemlos für den 70 cm langen Schiffskörper.Gesamtkosten: 9,70 Euro.
Die Verarbeitung von Polystyrol bis ca. 2mm ist übrigens kinderleicht.
Einfach die Umrisse der Bauteile aufzeichnen, ein Stahllineal anlegen und das Material entlang der aufgezeichneten Linie anritzen. Beim ersten Schnitt führe ich die Klinge mit sehr wenig Druck am Lineal entlang und achte nur darauf, dass das Messer exakt geführt wird, denn wenn man gleich mit Kraft ins Material schneidet, verläuft die Messerklinge gelegentlich. Diese schmale Kerbe führt dann das Messer beim zweiten Schnitt, der tiefer ins Material eindringt. Anschließend lege ich die Platte entlang der Schnittlinie an die Tischkante und knicke den Zuschnitt einfach nach unten ab.RumpfzuschnittUm bei symetrischen Teilen (z.B. linke und rechte Bordwand) gleiche Maße zu bekommen, werden die entsprechenden Zuschnitte aufeinander gelegt, mit Klammern fixiert, in einen Schraubstock eingespannt und gleichzeitig auf ihr endgültiges Maß gefeilt und geschliffen.
Dort wo Knicke oder Winkel erforderlich sind, werden auf der Innenseite einfach Kerben ins Material gefeilt und der Zuschnitt entlang der Kerbe geknickt.BordwändeZum Kleben der Platten eignet sich jeder handelsübliche Plastikklebstoff. Die PS-Platten sind verhältnismäßig weich und werden vom Klebstoff schneller und auch stärker angelöst als Bauteile von Plastikbausätzen.
Presst man die Teile beim Verkleben zu fest gegeneinander, kann es leicht passieren, dass man die Sollabmessungen um 0,2mm-0,3mm unterschreitet. Das ist auch mir stellenweise passiert, aber bei den großen Abmessungen spielt das keine entscheidende Rolle.
Der äußere Rumpf war nach weniger als 1 Stunde fertig.
Um den Schiffskörper ausreichend zu versteifen, ist ein stützendes Fachwerk unbedingt erforderlich. Aus diesem Grund habe ich im hinteren Bereich vier Querspanten und am Heckspiegel eine zusätzliche Horizontalplatte eingezogen. RumpfUm Spannungen in den Stoßfugen zu vermeiden, werden die Ecken der Versteifungsplatten zwischen Bord- und Laderaumwand im 45°-Winkel abgeschnitten.Fachwerk-BordwandDie Teile für den Boden und für den Laderaum entstanden auf die gleiche Art und Weise wie die Rumpfwände.
Die Breite der Seitenversteifungen wurde dabei gleich so gewählt, dass sie nach dem Einbau direkt mit dem Außenrumpf verklebt werden können. Im letzten Feld dient die Aussteifung gleichzeitig als Schiffsboden (dort wo die Türöffnung ist) und wurde entsprechend tiefer gesetzt.
Der Laderaumboden steigt bugseitig an und liegt dadurch über der Konstruktionswasserlinie.
Da das Kunststoffmaterial sehr biegsam ist, ist die Formgebung nicht schwer. Man wickelt einfach das vordere Ende des Bodens auf einen zylindrischen Körper mit einem annähernd passenden Durchmesser (Spraydose, Marmeladenglas etc.). Vorsichtiges Erwärmen mit einem Föhn oder einem Halogenstrahler hilft, aber wenn man zu lange heizt, verzieht sich die Platte unwiderruflich. Mit etwas Geduld geht es aber auch "kalt". LaderaumteileWenn man diese Bauelemente zusammensteckt, erhält man schon einen erstaunlich verwindungssteifen und leichten Rumpf.Testmontage
Ende Teil 1