Deckelbild

Modell: Poltava
Hersteller: Kombrig
Maßstab: 1/350
Material: Resin, Fotoätzteile
Art.Nr.: 3516 WL; 3516 FH
Preis: Waterline ca. 150 €; Vollrumpf ca. 215 € (NNT-Modell)

Kombrig bringt zurzeit einen Leckerbissen nach dem anderen auf den Markt. Russische Zerstörer aus dem 2. Weltkrieg, den britischen Kreuzer Kent aus dem Ersten Weltkrieg und nun gleich drei Schlachtschiffe; sogenannte Vordreadnoughts des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Und: Das waren noch lange nicht alle angekündigten Modelle!!!

Die Bausätze der Poltava und ihrer Schwesterschiffe, der Sevastopol und der Petrapavlovsk unterscheiden sich lediglich in einigen Details (z.B. bei den Lüftern) und sind mit diesem Bericht - quasi - gleich alle drei vorgestellt.

Das Original

Das nach einer Schlacht von 1709 benannte russische Linienschiff Poltava wurde 1892 in St. Petersburg auf Kiel gelegt und lief zwei Jahre später vom Stapel. Vor ihr lag eine abwechslungsreiche Karriere, in der sie versenkt und wieder gehoben wurde, unter russischer und japanischer Fahne fuhr, mehrfach unbenannt und umgebaut wurde und an zahlreichen Kämpfen teilnahm. 

Seit 1901 diente sie zusammen mit ihren Schwesterschiffen im Russischen Pazifikgeschwader. Nachdem sie im Februar 1904 den ersten japanischen Angriff auf den russischen Hafen von Port Arthur beinahe unbeschädigt überstand, erlitt sie im August des selben Jahres während der Schlacht im Gelben Meer erhebliche Schäden, konnte aber nach Port Arthur entkommen. Als Japanische Landungstruppen im Dezember 1904 schwere Haubitzen auf strategischen Höhen über dem Hafen in Stellung brachten und auf die Flotte feuerten erhielt auch die Poltava schwere Treffer und sank im seichten Wasser. Einige Tage später kapitulierten die russischen Truppen von Port Arthur.

Die Japaner hoben das Schiff, nannten es in Tango um und ließen es auf japanische Standards umrüsten. Ab 1909 fuhr es als Schulschiff und wurde 1912 - inzwischen veraltet - zum Küstenverteidigungsschiff zurückgestuft.

Da Japan und Russland im ersten Weltkrieg auf derselben Seite kämpften verkaufte Japan die Tango/ Poltava mit einigen anderen einst eroberten Schiffen zurück an Russland. In Wladiwostok erhielt sie nochmals einen neuen Namen: Tschesma. Über Singapur und den Seychellen verlegte sie im Herbst 1916 ins Mittelmeer und beteiligte sich dort an Aktionen der alliierten Flotte, bevor sie weiter nach Großbritannien beordert wurde. 1917 erreichte sie Murmansk. Nach der Oktoberrevolution wurde sie von britischen Truppen besetzt und als Gefängnisschiff verwendet. 1920 von den zaristischen Truppen nach Archangelsk verlegt, kam sie bald in sowjetischen Besitz und wurde 1923 zur Verschrottung verkauft.

Der Bausatz

Wer hier auf Modellmarine in den letzten Wochen die Vorstellungen der brandneuen Kombrig-Bausätze gelesen hat wird hier einige Wiederholungen finden. Aber es muss wieder einmal gesagt werden: Fantastisch, was Kombrig aus Resin zaubert.

Kombrig gibt die Poltava im ursprünglichen Bauzustand von 1896 wieder.

Rumpf

Der hohl geformte, gut 32 cm lange Rumpf ist bei der Vollrumpf-Version an der Wasserlinie in Über- und Unterwasserschiff getrennt; Bei Wasserlinienmodellen besteht der Rumpf aus dem einteiligen Überwasserschiff. Dieses ist absolut sauber hergestellt. Das Deck ist mit feiner Holzmaserung versehen, Details wie Oberlichter und Poller sind bereits mit angegossen. Allerdings fehlen dem Modell sämtliche Türen. Hier ist der Zurüstmarkt gefordert.

Das Unterwasserschiff ist ebenso sauber gegossen. Die Klebepunkte für das Ruder und die beiden Schraubengestänge sind gekennzeichnet. Die Schlingerkiele sind makellos. Wie auf den Fotos zu sehen ist wurde leider die Spitze des Rammbugs an meinem Modell durch den Transport abgebrochen. Ihr müsst sie Euch bei den Bildern einfach dazu denken…

Kleinteile

Als erstes fallen die unglaublich dünnen Schanzkleider des Oberdecks und der Plattformen auf. Während diese auf einer feinen Fischhaut sitzen, die sich leicht abschleifen lässt sitzen die anderen Kleinteile der Reihe nach auf ihren Angüssen. Auch hierbei ist das Entfernen der Bauteile dank gekennzeichneter Trennlinien problemlos möglich. Besonders gut gefallen mir die beiden großen „altmodischen“ Anker und die absolut filigranen Deckgeschütze (mehrerer Kaliber). Auch die Beiboote sind bemerkenswert sauber und vorbildsgetreu wiedergegeben.

Ätzteile

Kombrigs Ätzteilsatz bietet einige schöne Details, die den Bausatz optisch noch weiter aufwerten. Besonderheiten der Poltava sind vor allem die zahlreichen Streben, die das Oberdeck abstützen und die verlängerten Halterungen der Davits, die aufgrund der abgerundeten Deckoberkante nötig sind. Weitere Bauteile sind neben den üblichen Standards .u.a. geätzte Anker, Bug- und Heckzier des alten Schiffes sowie zwölf sternförmige Lafetten für die Deckgeschütze. Reling ist auf der Platine allerdings nicht enthalten. Hier ist wie bei den oben erwähnten Türen ebenfalls der Zurüstmarkt gefragt.

Bauanleitung

Gewohnheitsmäßig der Schwachpunkt eines Kombrig-Bausatzes. Die vier Seiten umfassen zwar die Geschichte des Vorbilds (auf Russisch und Englisch), einen Seitenriss samt Deckansicht und zeigen eine Übersicht aller zum Modell gehörender Teile. Auch die (aus Draht) selbst herzustellenden Masten sind aufgeführt. Jedoch fehlt jegliche Nummerierung oder Benennung, was beim Bau zu Verwechslungen führen kann. Auch fehlende Kennzeichnung der Ansatzpunkte und Klebeflächen kann problematisch werden. Der Bauplan selbst besteht beim Wasserlinienmodell aus nur einer sogenannten Explosionszeichnung. Beim Vollrumpfmodell ist eine zweite Zeichnung für das Unterwasserschiff beigefügt.

Quellen:

Fazit

Die Poltava ist ein toller Bausatz aus einer interessanten Epoche. Der Bau dieses Resinmodells, das Verarbeiten der Ätzteile, aber auch das Erstellen eigener Bauteile ist für den erfahrenen Bastler problemlos zu bewerkstelligen.

alt empfehlenswert

Wolfgang