Seitentitel

Modell: HMS Indefatigable
Hersteller: Kombrig
Maßstab: 1/350
Material: Resin/Fotoätzteile
Art.Nr.: 3531
Preis: 165,92 GBP WL, 204,21 GBP FH (WEM); 209,95 $ WL, 269,95 $ FH (Free Time Hobbies)

Kombrig arbeitet kontinuierlich an der Erweiterung der Produktpalette, wobei erfreulicherweise derzeit ein großes Augenmerk auf den Maßstab 1:350 geworfen wird. So sind nach SMS Seydlitz, HMS Tiger, HMS Lord Nelson, HMS Agamemnon uva. nun auch die drei Schlachtkreuzer der Indefatigable-Klasse, HMS Indefatigable, HMS Australia und HMS New Zealand erschienen.  Aktuell liegen Sven und mir die Bausätze der HMS Indefatigable und HMS New Zealand vor. Da beide Bausätze im Wesentlichen identische Bauteile enthalten, beschränken wir uns auf die Rezension eines Bausatzes und zwar dem des Namensgebers der Klasse – HMS Indefatigable.

Nach dem Öffnen des grauen Kartons fällt gleich die saubere Verpackung des Rumpfes mit Knisterfolie auf. Die Kleinteile sind, in Plastikbeuteln verpackt, auf zwei kleinere Kartons aufgeteilt im Bausatzkarton untergebracht. Die Fotoätzplatine liegt am Boden der Verpackung gut gegen Beschädigung geschützt. Sowohl in dem großen wie auch in den kleinen Kartons sind die Teile zusätzlich durch Styroporchips geschützt. Die Verpackung ist ein großer Vorteil und es scheint, dass der Hersteller die konstruktive Kritik der Modellbauer wahrgenommen hat. Bei den vorliegenden Bausätzen ist kein einziges Bauteil beschädigt!

Wie bei den bisherigen Bausätzen bietet der Hersteller eine sehr gute Gussqualität, wobei das Material aber spröde und damit bruchgefährdet ist – daher umso wichtiger eine sichere Verpackung! Neben ca. 175 Resinteilen liegt dem Bausatz eine Fotoätzplatine bei. Die wie bisher knapp gehaltene Bauanleitung rundet den Kartoninhalt ab. Leider hat es der Hersteller versäumt, die bei den Einheiten so markante Torpedonetzspieren beizugeben. Auch die Bauanleitung enthält keinerlei Angaben dazu. So ist der geneigte Modellbauer auf den Eigenbau angewiesen. Eventuell findet sich der ein oder andere Hersteller von After Market-Produkten hier Abhilfe zu schaffen. Gleiches trifft auch auf die markanten Dreibeinmasten zu, wobei hier zumindest Angaben über Durchmesser und Länge der Komponenten vorhanden sind. Bleibt hier noch auf das Fehlen jeglicher Reling sowie auf die verbesserungswürdige Bauanleitung hinzuweisen.

Das Original

Doch vorerst wenden wir uns dem Original zu. Für das Etatjahr 1908/09 wurde durch die liberale Regierung das Budget gekürzt. Somit sollte neben dem geplanten Schlachtschiff lediglich ein Schlachtkreuzer auf Kiel gelegt werden. In Anbetracht des Schiffbauprogrammes im kaiserlichen Deutschland wehrte sich die Öffentlichkeit vehement gegen die Kürzungen und letztendlich übernahmen die Dominions Australien und Neuseeland die Kosten für zwei weitere Schlachtkreuzer. Australien legte Anspruch auf Übernahme und Bereitstellung der Besatzung und sicherte Großbritannien die Verwendung des Schiffes im Kriegsfall zu. Neuseeland stellte bei seiner Einheit lediglich die finanziellen Mittel. Die politischen Ambitionen Kosten zu sparen und die fortlaufenden Diskussionen zur Flottenpolitik führten dazu, dass die beiden von den Dominions bezahlten Einheiten erst 1910 auf Kiel gelegt wurden. Zu der Zeit befanden sich die beiden Einheiten der nachfolgenden Klasse, Lion und Princess Royal, bereits im Bau. Dabei waren die drei Einheiten nur etwas vergrößerte Versionen der Vorgängerklasse. Bei identischer Bewaffnung und Panzerung wurde die Länge und Breite erhöht, um einen größeren Abstand zwischen den Flügeltürmen zu erhalten, um somit den Wirkungswinkel der Türme zu optimieren.

Die Einheiten maßen ca. 22.000 ts. voll beladen, die Länge betrug ca. 179 m ü.a., die Breite ca. 24 m. Die Bewaffnung bestand aus 8 Stück 12“ (30,5 cm) Geschützen in vier Türmen sowie 16 Stück 4“ (10,2 cm) Geschützen in Einzellafette. Die Panzerung im Gürtel betrug ca. 152 mm, die der Türme ca. 177 mm. Der Kommandoturm wies eine maximale Panzerung von 254 mm auf. Die Schiffe wurden von vier Parsons Turbinen angetrieben und erreichten bei einer Leistung von ca. 50.000 PS rund 26 kn.

HMS Indefatigable wurde am 23.02.1909 bei der Devonport Dockyard auf Kiel gelegt und stellte am 24.02.1911 in Dienst. HMS New Zealand, Kiellegung 20.06.1910 bei Fairfield, Indienststellung 19.11.1912. HMAS Australia, Kiellegung 23.06.1910 bei John Brown, Indienststellung 21.06.1913.

HMS Indefatigable

Nach der Fertigstellung und Übergabe an die Flotte wurde HMS Indefatigable der 1st CS (Cruiser Squadron) zugeteilt, aus der 1913 die 1st BCS (Battle Cruiser Squadron) hervor ging. 1913 verlegte der Schlachtkreuzer in das Mittelmeer als Teil der 2nd BCS. Dort nahm sie nach Ausbruch des 1. Weltkrieges an der Jagd nach den deutschen Schiffen Goeben und Breslau teil. Zu Beginn des Jahres 1915 nahm der Schlachtkreuzer an den Operationen vor den Dardanellen teil. Im Februar verlegte Indefatigable zurück zur Grand Fleet und bildete dort mit seinen beiden Schwesternschiffen die 2nd BCS. Am 31.06.1916 nahm Indefatigable an der Seeschlacht vor dem Skagerrak teil und wurde dabei am Nachmittag gegen 16 Uhr schwer von Salven der SMS von der Tann getroffen und explodierte. Es gab lediglich zwei überlebende.

HMS New Zealand

New Zealand führte im Jahr 1913 eine Weltreise durch, die sie natürlich auch in Ihre Heimat führte. Ablegend von Portsmouth am 06.02.1913 erreichte das Schiff nach diversen Zwischenstopps Wellington am 12.04.1913. Anschließend überquerte sie den Südpazifik in Richtung Panama-Kanal. Am 08.12.1913 machte New Zealand wieder in Portsmouth fest. Das Schiff nahm sowohl an der Schlacht auf der Doggerbank am 24.01.1915 als auch an der Schlacht vor dem Skagerrak teil. Als glückhaftes Schiff wurde sie dabei nur leicht beschädigt. Im weiteren Verlauf des Krieges kam es zu keinen weiteren Feindberührungen, lediglich zu langen Patrouillen durch die Nordsee. Nach Beendigung des Krieges wurde New Zealand für die Reise in die Dominions für den Flottenadmiral Sir John Jellicoe hergerichtet. Die Reise dauerte von Februar 1919 bis Februar 1920 und führte New Zealand abermals rund um den Globus. Im Anschluss an die Reise wurde der Schlachtkreuzer in die Reserveflotte überführt und 1922 ausgemustert und zum Abwracken verkauft.

HMAS Australia

Der Schlachtkreuzer war mit der Indienststellung das Flaggschiff der neu gegründeten australischen Marine. Von Portsmouth aus trat das Schiff die Reise nach Sydney an, wo Australia am 04.10.1913 an der Pier fest machte. Im folgenden Jahr lief das Schiff eine Vielzahl an Häfen rund um den Kontinent an, um den Stolz der Marine einem breiten Publikum zu präsentieren. Zu Beginn des 1. Weltkrieges operierte der Schlachtkreuzer im Pazifik und nahm unter anderem an der Jagd nach dem deutschen Ostasiengeschwader sowie an der Besetzung der deutschen Kolonien teil. Anfang 1915 verlegte HMAS Australia vom Südatlantik aus in die Nordsee und wurde in die Grand Fleet eingegliedert. Als Teil der 2nd BCS führte Australia gemeinsam mit Ihren Schwesternschiffen den eintönigen Patrouillendienst in der Nordsee durch. Aufgrund einer Kollision mit HMS New Zealand im April 1916 und dem folgenden Werftaufenthalt nahm der Schlachtkreuzer nicht an der Seeschlacht vor dem Skagerrak teil. Im März 1918 erfolgte von einer, auf einem der Geschütztürme errichteten Plattform der erfolgreiche Start einer Sopwith 1 ½ Strutter. Nach Beendigung des Krieges verließ HMAS Australia Europa und fuhr zurück nach Australien. Dort diente Australia wieder als Flaggschiff. Bereits am 12.12.1921 wurde der noch junge doch bereits überalterte Schlachtkreuzer außer Dienst gestellt. Drei Jahre später am 12.04.1924 wurde das ehemalige Flaggschiff 24 Seemeilen vor der Küste Sydneys durch Sprengladungen versenkt.

Der Bausatz

Wie bereits beschrieben hat sich einiges im Bezug auf die Verpackung getan, was das uneingeschränkte Lob des Käufers findet! Neben dem hervorragend ausgeführten Guss finden sich leider einige negative Seiten in Form der fehlenden Torpedonetzspieren und Reling. Da der Bausatz durchaus für den Experten gedacht ist, stellt das aber vor keine großen Schwierigkeiten, belastet allerdings den Geldbeutel durch den Zukauf von Zubehör. Ebenso lässt sich die knappe Bauanleitung durch Recherche kompensieren. Hier sei auf sehr gute Fotos des Baus der HMS Australia in Clydebank Battlecruisers von Ian Johnston verwiesen.

Das Überwasserschiff ist in einem Teil hohl gegossen. Das spart einerseits Material und vor allem Produktionszeit und Herstellkosten. Die Oberflächen sind sauber und scharfkantig ausgeführt. Die Struktur des Oberdecks wirkt für den Maßstab schon beinahe zu filigran. Auch alle weiteren Oberflächendetails zeugen von der Liebe zum Detail und somit der sauberen Arbeit der Modelleure und Gießer. Einzig die Bullaugen haben keine „Augenbrauen“.

Die Aufbauten bestehen im Wesentlichen aus drei Modulen für die Brücke, den Aufbau des mittleren Schornsteines und den achteren Aufbau. Die Module selber erfahren einen weiteren Ausbau durch diverse Komponenten wie Kommandostand, Schornsteine, Lüfter etc. und können durchaus separat zum Modell fertig gestellt und anschließend auf dem Rumpf befestigt werden. Vorher sollte allerding die exakte Position ermittelt und durch Passstifte in den Aufbauteilen fixiert werden. Hier zeigt sich auch eine Schwachstelle: die Umrandung an Oberdeck zur Positionierung der Aufbauteile ist bei dem achteren Aufbau zu groß geraten. Das wird sehr offensichtlich, da die Holzstruktur der Beplankung nur bis an die Umrandung reicht und in dem Fall bereits gut 2 – 2,5 mm vor dem Aufbauteil endet.

Das lässt sich schlecht kaschieren und so bleibt wohl nur die Verlängerung des achteren Aufbauteils. Bei der Handhabung der Bauteile ist äußerste Vorsicht geboten, da die angegossenen Wände extrem dünn sind und leicht brechen könnten!

Die weiteren Aufbau- und Kleinteile sind mit einem kleinen Anguss versehen oder befinden sich auf einer kleinen Platine. In jedem Fall ist Vorsicht beim Abtrennen geboten, damit die filigranen Bauteile nicht beschädigt werden. Das Material ist recht spröde, was einerseits die extrem filigrane Ausführung der Bauteile ermöglicht, gleichzeitig aber auch für einen schnellen Bruch bei unvorsichtiger Handhabung verantwortlich ist. Eine Schattenseite des Gussmaterials ist, dass es sich bei Temperaturschwankungen verziehen kann, was bei den Rohren der Mittelartillerie geschehen ist. Die meisten Modellbauer werden vermutlich auf gedrehte Rohre zurückgreifen, welche der Zubehörmarkt sicherlich in Kürze anbieten wird.

Die Qualität von Guss und Oberflächendetaillierung ist ausgesprochen hoch. Das fängt bei den Türmen der schweren Artillerie an, geht über die Beiboote bis hin zu den kleinen Geschützen und Scheinwerfern. Die Teile der Scheinwerferstände und Brückenaufbauten zeigen umlaufende Brüstungen. Wer möchte, kann diese abtrennen und durch eine geätzte Reling ersetzen. Für die Masten ist Messing o.ä. Rundmaterial zu verwenden, welches dem Bausatz aber leider nicht beiliegt. Positiv fällt in diesem Zusammenhang auch auf, dass die sechsstrahligen Mastplattformen einmal als Resin- und alternativ als Ätzteil vorhanden sind, wobei bei letztgenannter Variante die Unterzüge durchbrochen sind.

Ein kleines Gimmick sind zwei Flöße mit denen im Hafen die Außenhaut abgefahren werden kann und welche als Arbeitsplattformen für Pönarbeiten am Rumpf dienen.

Was bei der Betrachtung der Bauteile immer wieder begeistert, ist die sehr glatte und sauber gegossene Oberfläche sowie die extrem scharfen Körperkanten. Ein richtiges Schmuckstück des Bausatzes sind die Dampfpinassen und Beiboote, die von einer bestechenden Qualität sind.

Beim Besprechungsmuster der HMS Indefatigable ist am Bund des Turms „A“ ein Gussfehler auszumachen. Dieser wölbt sich an der Backbordvorderseite etwas hoch, so dass ein Spalt zwischen diesem und dem Deck entsteht und sich auch nicht durch Herunterdrücken beheben lässt. 

 

Die Fotoätzteile

Die Fotoätzplatine beinhaltet Leitern, Türen, Schornsteinkappen, Auflager für die Boote, Unterzüge und Kabeltrommeln. Die Teile auf der Platine sind sauber und in einer adäquaten Materialdicke (0,1 mm) umgesetzt. Einziges Manko: es fehlt die Reling!

Die Anleitung

Die vierseitigen Anleitung zeigt neben einer Drauf- und Seitenansicht mit teils englisch, teils russischen Hintergrunddaten und –informationen über das Original, einer Inhaltsangabe der Bausatzschachtel und durch den Modellbauer selbst anzufertigender Teile den Zusammenbau des Modells letztlich auf nur einer Seite. Dies ist zwar grundsätzlich ausreichend, durch mehrere Bauschritte wäre es dennoch übersichtlicher und die einzelnen Bauteile könnten genauer bezeichnet werden. Nur der Aufbau der Masten, Mittelartillerie und der Scheinwerfer wird in zusätzlichen kleinen Kästchen erläutert.
Der Takelplan kann man der Zweiseitenansicht entnehmen. Jedoch sollten Bilder des Original bzw. ausführlichere Planzeichnungen zu Rate gezogen werden, da beispielsweise nicht klar ist, auf welcher Stelle an welchem Deck die Flaggleinen belegt werden.

Die Unterschiede

Alle drei Schiffe der Indefatigable-Klasse werden jeweils als entweder Wasserlinien- oder Vollrumpfversion angeboten. Da sich die Originale bei Ablieferung (dieser Bauzustand ist jeweils im Bausatz dargestellt) nur in wenigen Details unterschieden, sind die Modellteile nahezu identisch. Lediglich die Brückenformen weisen Unterschiede auf. Dies wird durch Zugabe entsprechender Bauteile berücksichtigt.

Fazit

Kombrigs drei Schwestern der Indefatigable Klasse sind die ersten Bausätze dieses Typs im Maßstab 1:350. Die Umsetzung ist vollkommen gelungen, wobei sich neben viel Licht auch ein wenig Schatten zeigt. Raum für zusätzliche Detaillierungen oder Umbauten in einen späteren Bauzustand sollten den ambitionierten Modellbauer vor keine Probleme stellen. Wegen der Überschaubarkeit der Bauteile sowie deren hervorragenden bereits angeformten Details sollte der Zusammenbau problemlos und in einem überschaubaren Zeitrahmen von Statten gehen. Es sei angemerkt, dass der Bausatz dennoch nicht für den Einsteiger in den Bau von Resinmodellen geeignet ist!

alt sehr empfehlenswert

Christian Bruer (Text) und Sven Schönyan (Bilder)