Modell: Dzhigit Russian Cruiser 1877
Hersteller: Kombrig
Maßstab: 1/700
Material: Resin, Fotoätzteile
Art.Nr.: 70005
Preis: etwa 26 € (bei NNT)
Modell: Razboinik Russian Cruiser 1879
Hersteller: Kombrig
Maßstab: 1/700
Material: Resin, Fotoätzteile
Art.Nr.: 70009
Preis: etwa 26 € (bei NNT)
Das Original
Die russischen Kreuzer Dzhigit (Джигит) und Razboinik (Разбойник) gehörten zur Kreiser-Klasse. Die Klasse gehörte zu einem Neubauprogramm, mit der die russische Marine in den 1870ern ihren Bestand an Kreuzern erneuern wollte. Es sollten insgesamt vier Korvetten und acht Klipper gebaut werden. Die acht Klipper wurden als Kreiser-Klasse realisiert. Als Klipper wurden in der russischen Marine kleinere Kreuzer klassifiziert. Die Kreiser-Klasse war eine vergrößerte Weiterentwicklung der Abrek-Klasse. Beim Entwurf wurde großer Werft auf Wirtschaftlichkeit gelegt, also niedrige Bau- und Unterhaltskosten. Wie bei Kreuzern damals üblich, erhielten die Schiffe sowohl einen Dampf- als auch Segelantrieb, um auch weit entfernt von Basen mit Kohlenachschub operieren zu können. Die Kreiser-Klasse wurde für die Ostseeflotte gebaut. Sie waren aber für den Einsatz im Pazifik vorgesehen, d.h. die Kreuzer wurden von der Ostseeflotte in den Pazifik geschickt.
Von der Kreiser-Klasse wurden acht Schiffe 1873-81 gebaut: Kreiser (Krejser), Dzhigit, Razboinik, Strelok, Najezdnik, Plastun, Vestnik und Opriznik. Opriznik wurde nach einem modifizierten Entwurf gebaut: sie erhielt zwei statt ein 15,2 cm-Geschütze vorne, die beide in Schwalbennestern angeordnet waren. Die Bewaffnung der Schiffe wurde mehrfach verändert, oft wurde die Zahl der 15,2 cm-Geschütze reduziert und dafür die Zahl leichter Geschütze vergrößert. Razboinik erhielt 1881 neue Kessel und einen größeren Schornstein. Die Kreuzer der Kreiser-Klasse veralteten wegen der schnellen technischen Entwicklung in den späten 1880ern und 1890ern rasch, wurden aber teilweise lange als Schulschiff oder in anderen Aufgaben verwendet. Alle wurden 1892 von Klipper zu Kreuzern 2. Klasse umklassifiziert.
Dzhigit und Razboinik waren 70,5 m lang, 10,4 m breit und verdrängten voll beladen etwa 1650 t. Der Antrieb erfolgte mit vier Kesseln und einer Zweizylinderdampfmaschine, die 1383 bzw. 1786 PS leistete, womit 12,0 bzw. 13,3 kn erreicht wurden. Die Besatzung bestand aus 188 Mann.
Bewaffnung Dzhigit 1892
3 x 15,2 cm L/28
4 x 10,7 cm L/20 (1892 ersetzten diese 8,7 cm)
1 x 6,4 cm (für Landungsoperationen)
4 x 4,7 cm (tatsächlich nur zwei?)
6 x 3,7 cm
Bewaffnung Razboinik 1892
2 x 15,2 cm L/28
4 x 10,7 cm L/20
1 x 6,4 cm (für Landungsoperationen)
2 x 4,7 cm
4 x 3,7 cm
Die Dzhigit wurde 1873-76 von der Werft Neue Admiralität in St. Petersburg gebaut. Sie diente danach immer wieder im Pazifik, kehrte aber für Reparaturen in die Ostsee zurück. Dazu wurde sie im Mittelmeer und im Weißen Meer eingesetzt. Bei Ausbruch des Russisch-Japanischen Kriegs befand sie sich in Port Arthur. Wegen des Alters wurde sie erst nur zum Wachdienst, danach als Teil der Küstenverteidigung eingesetzt. Im April 1904 wurde ihre Bewaffnung ausgebaut und in die Küstenbatterien eingebaut. Am 1. Januar 1905 wurde sie selbst versenkt. Das Schiff wurde von den Japanern gehoben und abgewrackt.
Die Razboinik wurde 1877-79 von der Newskij-Werft in Ochta gebaut. Auch sie diente oft im Pazifik, mit einzelnen Werftaufenthalten in der Ostsee, ab 1898 war sie nur noch im Pazifik. Im Russisch-Japanischen Krieg diente sie nur kurz als Wachschiff und wurde schon im März 1904 entwaffnet. Sie wurde auch am 1. Januar 1905 selbst versenkt und wie ihr Schwesterschiff von den Japanern gehoben und abgewrackt.
Die Bausätze
Kombrig setzt seine Serie der Schiffe aus dem Russisch-Japanischen Krieg mit zwei Bausätzen der Kreuzer (Klipper) der Kreiser-Klasse fort. Parallel ist auch ein Bausatz des Kreuzers Zabiyaka aus der gleichen Epoche erschienen, die nach einem anderen Entwurf gebaut wurde. Die Bausätze der Dzhigit und Razboinik stellen einen späten Zustand dar, die Bewaffnung entspricht den Listen von 1892. In diesem Zustand fuhren die beiden Schiffe mit schwarzen Rumpf, später mit weißen Rumpf. Dazu kann man sie auch im Russisch-Japanischen Krieg mit reduzierter Takelage (ohne Spieren und Rahe) olivgrün bemalt bauen. Aus dem Bausatz der Dzhigit dürfte man alle Schiffe der Klasse, abgesehen von der Opriznik, ohne größeren Aufwand auch in einem frühen Zustand bauen können. Im Science Museum in London wurde in der früheren Schifffahrtsabteilung ein entsprechendes Modell der Kreiser ausgestellt (siehe Fotogalerie, Fotos 27-30). Der Bausatz der Razboinik stellt sie mit größeren Schornstein dar, den sie wohl als einziges Schiff der Klasse hatte. Für die Opriznik müsste man die Schwalbennester und ein 15,2 cm-Geschütz ergänzen.
Der Bausatz: Dzhigit
Der Bausatz der Dzhigit stellt einen späten Zustand, also zwischen den 1890ern und dem Russisch-Japanischen Krieg dar. Der Rumpf ist in Bezug auf die Form und wahrscheinlich auch die Abmessungen vorbildgetreu. Die Breite ist schmaller im Vergleich zu den Angaben, die ich gefunden habe - die Form wirkt im Vergleich zu Plänen aber richtig. Die Stückpforten sind geschlossen dargestellt. Das Deck ist mit den Schienen für die Geschütze versehen, die Holzbeplankung ist etwas zu stark ausgeprägt. Die sonstigen Details sind gut gemacht.
Der Schornstein ist oben offen dargestellt. Die Brückendecks zeigen eine geschlossene Reling, beim Original waren hier offene Reling.
Die Bewaffnung ist gut dargestellt. Die 15,2 cm-Geschütze sind komplett mit ihren Pivotlafetten dargestellt, zwei Geschütze eingezogen und eines voll ausgerannt. Die Lafette der 10,7 cm-Geschütze ist etwas vereinfacht dargestellt, sollte aber gut wirken. Auch die Lafette der 4,7 cm-Geschütze ist vereinfacht, die vielbeinige Form kann man wohl nur mit Fotoätzteilen darstellen (und dann schwierig bauen), aber entsprechende Teile liegen nicht bei. Ob die 3,7 cm-Geschütze noch fünfrohrige Gatling waren, kann man auf den Fotos schlecht sagen - hier sind die Rohre vereinfacht als eines dargestellt. Hier gerät man aber wohl auch an die Grenzen des Machbaren.
Die sonstigen Kleinteile sind gut gemacht.
Das gilt auch für die Beiboote.
Die Masten muss man aus Metallteile selbst machen. Für die reduzierte Takelage während des Russisch-Japanischen Kriegs findet man auch die Abmessungen. Für die vollständige Barktakelage vor dem Krieg kann man sich an der Seitenansicht vorne in der Anleitung orientieren.
Der Bausatz: Razboinik
Der Bausatz der Razboinik ist weitgehend identisch mit dem des Schwesterschiffs. Kombrig hat aber unterschiedliche Teile für die Brücken und den Schornstein beigelegt. Razboinik hatte drei Brücken und einen höheren Schornstein (rechts ein Vergleich mit dem der Dzhigit).
Bei der Montage der Brücken sollte man beachten, dass auch diese beim Original offene Relings hatten und dass die vordere Brücke etwas höher über dem Schanzkleid angebracht war (siehe Quellen für Fotos unten). Bei der Razboinik bleibt ein 15,2 cm-Geschütz übrig - eventuell eine Anregung, um einen Dzhigit-Bausatz in die Opriznik umzubauen, die über vier 15,2 cm-Geschütze verfügte; genauer die vorderen beiden in Schwalbennestern.
Die Fotoätzteile
Beiden Bausätzen liegt eine identische Platine mit Fotoätzteilen bei. Diese umfasst Wanten, Niedergänge, das Steuerrad, Plattformen für die Bedienung der 3,7 cm-Geschütze (nur für Dzhigit benötigt) und eine alternative Plattform am Heck der Razboinik.
Die Wanten sind meiner Meinung nach relativ dick - haben aber natürlich den Vorteil, dass sie schon die richtige Länge haben.
Die Anleitung Dzhigit
Die Anleitung ist typisch auf dem heutigen Niveau der Anleitungen von Kombrig, d.h. deutlich umfangreicher als die ersten Anleitungen des gleichen Herstellers. Auf der ersten Seite findet man Informationen über das Original - aber leider nur auf Russisch - und eine Profilzeichnung, die hilfreich sein sollte, wenn man das Modell voll getakelt darstellen will. Es folgt eine Übersicht der enthaltenen Teile inklusive Angaben für die Länge der Masten, Spieren, Rahe und Gaffeln. Letztere Angaben beziehen sich aber auf einen späten Zustand mit stark reduzierter Takelage - eben, wie sie anfangs im Russisch-Japanischen Krieg aussah. Der Zusammenbau wird auf drei Seiten mit perspektischen Zeichnungen erklärt. Der Umfang der Anleitung sollte vollkommen ausreichend sein.
Soweit ich das Russisch mit einem Übersetzungsprogramm verstehe, fehlen die Angaben zur Bemalung. Ursprünglich hatten die Schiffe wohl einen schwarzen Rumpf, einen schwarzen Schornstein und weißen Innenseiten des Schanzkleids (wie das Modell, dass früher im Science Museum zu sehen war?). In den 1890er kam ein weißer Zierstreifen unterhalb der Oberkante des Schanzkleids hinzu, der Schornstein war wohl ocker gestrichen. In den letzten Jahren vor dem Russisch-Japanischen Krieg hatte sie einen weißen Rumpf und ockerfarbenen Schornstein. Im Krieg war sie wohl olivgrün über alles bemalt. Die Decks waren immer holzbeplankt. Von den Fotos ist es schwer abzuschätzen, um die Brücke auch holzbeplankt war. Das Modell im Science Museum zeigt es so und es ist für diese Epoche auch wahrscheinlich.
Die Anleitung Razboinik
Die Anleitung der Razboinik ist wie der Dzhigit aufgebaut.
Auch hier empfiehlt es sich Fotos zu konsultieren (siehe Links unten) und sich zu entscheiden, welchen Bauzustand man genau bauen will.
Quellen
- Винтовые клипера типа "Крейсер" (Klipper des Typs "Kreiser"), Morskaja Kollektija (Морская коллекция) 3/2006 von Yu.A. Likin (Ю.А. Ликин)
- Die russischen Kriegsschiffe 1856-1917, Band II Fregatten, Panzerkreuzer, Korvetten, geschützte Kreuzer von Bernhard Gromm, Wiesbaden, 1991
- Джигит (клипер, 1876) (Wikipedia)
- Разбойник (клипер, 1878) (Wikipedia)
- Клипер "Джигит" (Fotogalerie Dzhigit auf navsource.narod.ru)
- Клипер "Разбойник" (Fotogalerie Razboinik auf navsource.narod.ru)
- Conway's All the World's Fighting Ships 1860-1905 von Robert Gardiner (Herausgeber), London, 1979
Fazit
Es ist wirklich beeindruckend, wie Kombrig daran arbeitet, die russische Flotte der letzten 120 Jahre zu vervollständigen und dabei auch relativ unbekannte Schiffe wie die Kreuzer der Kreiser-Klasse berücksichtigt. Der Anlass ist natürlich, dass zwei der Schiffe noch im Russisch-Japanischen Krieg in Port Arthur stationiert waren. Es ist aber genauso möglich eine noch voll getakelte Version zu bauen oder die Bausätze mit wenig Aufwand in einen Bauzustand der 1870er umzubauen. Von einem Kreuzer mit Segeltakelage mit schwarzen und weißen Rumpf bis hin zu dem letzten Zustand in olivgrün und stark reduzierter Takelage ist hier viel möglich. Die Bausätze sind gut detailliert und vollständig. Kombrig hat die Unterschiede zwischen Dzhigit und Razboinik berücksichtigt und die jeweils notwendigen Teile beigelegt.
sehr empfehlenswert
Lars
Wir danken Kombrig für die Bausatzmuster