09.09.1943 - 70 Jahre Fritz X-Angriffe

 

Deckelbild

Modell: Carlo Bergamini Italian FREMM Multi-Mission Frigate
Hersteller: Gwylan Models
Maßstab: 1/700
Material: Resin, Fotoätzteile
Art.Nr.: GM700-02
Preis: 50 Britische Pfund

Admiral Carlo Bergamini befehligte die italienische Flotte, als diese im Rahmen des Waffenstillstandabkommens zwischen Italien und den Alliierten an letztere übergeben werden sollte. Er starb - zusammen mit 1252 weiteren Mitgliedern der Besatzung - bei dem Untergang seines Flaggschiffs Roma, das am 9. September 1943 auf dem Weg zur Übergabe von zwei deutschen Fritz X-Lenkbomben getroffen wurde. Die italienische Marine benannte zwei Fregatten nach Bergamini: eine von 1959-62 gebaute sowie eine weitere von 2008-13 gebaute Fregatte des FREMM-Typs.

Das Original

Die Carlo Bergamini ist die erste italienische Fregatte des FREMM (Fregata Multi-Missione bzw. Frégate Multi-Mission) Typs. Nach der erfolgreichen Zusammenarbeit der französischen und italienischen Marine beim den auf Flugabwehr spezialisierten Lenkwaffenzerstörern (Fregatten) der Horizon/Orrizonte-Klasse wurde die Zusammenarbeit auch bei einer neuen Fregatten-Klasse fortgesetzt. Die französische Marine benötigt Ersatz für die U-Jagdschiffe der Tourville- und Georges Leyques-Klasse sowie den Flugabwehrschiffen der Cassard-Klasse. Die Fregatten der in den 1980ern gebauten Lupo- und Maestrale-Klasse müssen auf italienischer Seite ersetzt werden. Ursprünglich waren drei Varianten geplant: eine Mehrzweckvariante (GP), eine für den Angriff auf Landziele (AVT) und eine U-Jagd-Variante (ASM). Inzwischen ist auch für die französische Marine eine Flugabwehrvariante (FREDA) in Planung.

Die Fregatten haben einen gemeinsamen Rumpf. Dazu sind auch andere Baugruppen identisch, z.B. der Bugsonar und Teile der Bewaffnung. Erhebliche Unterschiede gibt es bei den Aufbauten. Bei den italienischen Schiffen werden diese von dem Turmfockmast mit dem phasengesteuerten (phased aray) EMPAR-Radar dominiert. Die bisherigen französischen Schiffe haben stattdessen einen deutlich niedriger angebrachten aktiven phasengesteuerten, pyramiden-förmigen Herakles-Radar. Bei den italienischen Schiffen fällt auf, dass im Gegensatz zur Horizon/Orrizonte-Klasse zur Ergänzung des kurzwelligen EMPAR kein zweiter weitreichender Suchradar vorhanden ist - lediglich SPS-791 für die Detektion von Schiffen und SPN-730 als Navigationsradar.

Für die italienische Marine sollten ursprünglich zehn Schiffe als Ersatz für die zwölf noch in Dienst befindlichen Fregatten der Lupo (Artigliere)- und Maestrale-Klasse gebaut werden: sechs der Mehrzweckvariante und vier der U-Jagd-Variante. Bestellt wurden bisher nur zwei Schiffe der Mehrzweckvariante (Carlo Bergamini (F 590) und Luigi Rizzo (F 595)) und vier der U-Jagd-Variante (Virginio Fasan, Carlo Margottini, Carabiniere und Alpino (F 591-594)). Beide Varianten ähneln sich äußerlich stark. Der auffälligste Unterschied ist das Buggeschütz. Die Mehrzweckvariante ist mit einem 12,7 cm-Geschütz ausgerüstet, das auch präzisionsgelenkte Vulcano-Munition mit bis zu 120 km Reichweite verfeuern kann. Damit können auch Landziele bekämpft werden. Die U-Jagd-Variante hat stattdessen ein zweites 7,62 cm-Geschütz. Die Mehrzweckvariante ist dafür ausgelegt, mit Sylver A-70-Senkrechtstartern für SCALP Naval-Marschflugkörper nachgerüstet zu werden, was die Offensivfähigkeiten weiter steigern würde. Mittschiffs sind bei der Mehrzweckvariante vier Zwillingsstarter für Teseo Mk2 Block IV-Raketen, die gegen Schiffe und Landziele gerichtet sind, aufgestellt. Bei der U-Jagd-Variante sind vier dieser Raketen durch Milas-U-Jagd-Raketen ersetzt. Diese Torpedo-tragende Rakete kann aus den gleichen Startern abgefeuert werden. Dafür hat die Mehrzweckvariante Drillingstorpedorohre, während die U-Jagd-Variante nur Zwillingsrohre hat - beide hinter Klappen in den Aufbauten aufgestellt. Ein weiterer äußerlich kaum erkennbarer Unterschied liegt darin, dass hinter der Heckklappe bei der Mehrzweckvariante eine Ausbringvorrichtung für zusätzliche Beiboote angebracht ist, während bei der U-Jagd-Variante dort der variable Tiefensonar aufgestellt ist.

Der FREMM-Typ folgt dem allgemeinen Trend der Größenzunahme bei Fregatten: die italienischen Schiffe sind mehr als doppelt so schwer wie ihre Vorgänger und wären früher mindestens als Zerstörer klassifiziert worden (die französischen Schiffe haben Zerstörer (D)-Kennnummern). Man kann auch hier wieder feststellen, dass die alte Einteilung in Fregatten, Zerstörer und Kreuzer heute keinen Sinn mehr macht und es wohl logisch ist, einfach alle diese Schiffe Fregatten zu nennen - wie es die deutsche, französische und italienische Marine macht. Eine Fregatte ist historisch gesehen eine Form von Kreuzer, auch wenn seit dem Zweiten Weltkrieg auch langsame U-Jagd-Schiffe (Geleitschiffe) so genannt wurden. Heute sind die Geleitschiffe und Kreuzer wieder in einem Typ fusioniert. Obwohl es auf bestimmte Aufgaben spezialisierte Schiffe, wie eben auch beim FREMM-Typ, gibt, sind doch auch diese in der Lage, für sehr verschiedene Aufgaben eingesetzt zu werden.

Bei den Probefahrten zeigte sich, dass die Schiffe zu schwer ausgefallen sind und dazu am Bug verstärkt werden müssen. Dazu sollen sie achtern um 3,5 m verlängert werden, um auch die Transporthubschrauber-Variante des Typs EH-101 problemlos einsetzen zu können.

Die französischen und italienischen Werften bieten ihre jeweiligen Varianten auch zum Export an. Bisher einziger Kunde ist Marokko, das eine französische U-Jagd-Variante, die Mohammed VI, kaufte. Der FREMM-Typ wurde dazu Algerien, Brasilien, Bulgarien, Griechenland (eventuell werden französische Schiffe geleast), Kanada und Saudi-Arabien angeboten.

Die Carlo Bergamini ist 140,4 m lang (oder 139 m?, verlängert auf 144,4 m?) und 19,7 m (19,4 m?) breit. Die Verdrängung beträgt 6300 bis 6670 t (je nach Quelle). Der Antrieb besteht aus vier Diesel-Motoren, die Strom u.a. für zwei Elektromotoren erzeugen, die zwei Schrauben antreiben. Für die Maximalgeschwindigkeit wird eine Gasturbine zugeschaltet. Insgesamt leistet diese Antriebsanlage 57 650 PS, womit 27 kn erreicht werden. Die Besatzung setzt sich aus 154 Mitgliedern (145?) zusammen.

Bewaffnung
1 x 12,7 cm L/64 LW Oto Melara
1 x 7,62 cm L/62 SR Strales Oto Melara
2 x 2,5 cm L/80 OTO Melara KBA
4 Zwillingsstarter für Teseo Mk2 Block IV-Antischiffsraketen (auch gegen Landziele)
1 16fach Sylver A-50-Senkrechtstarter für Aster 15 und 30-Flugabwehrraketen (Platz für einen zusätzlichen 16fach Sylver A-70 vorhanden)
6 x 32,4 cm-Torpedorohre (zwei Drillinge für MU-90-Torpedos)
2 NHIndustries SH-90A (NH90 NFH)-Bordhubschrauber oder ein SH-90A und ein WestlandAugusta EH101-Bordhubschrauber

Die Carlo Bergamini wurde von 2008-13 von Fincantieri in Riva Trigoso und Muggiano gebaut und hat ihren Heimathafen in La Spezia. Ihre fünf italienischen Schwesterschiffe sollen bis 2017 fertig sein, eventuell werden weitere Schiffe gebaut.

Der Bausatz

Der Bausatz von Gwylan Models ermöglicht den Bau eines Wasserlinienmodells. Wie bei den meisten heutigen Resinbausätzen moderner Schiffe ist der Großteil der Aufbauten bereits angegossen. Die Form des Schiffs ist sehr gut wieder gegeben, ebenso die Abmessungen - soweit ich dies aufgrund der Widersprüche zwischen den mir vorliegenden Quellen sagen kann. Auf dem ersten Blick wirkt der Guss auch gut...

... aber wenn man genauer hinschaut, sieht man Probleme, wie man sie von klassischen Resinmodellen gar nicht kennt. In diesen Fall wurde das Urmodell mit einem 3D-Drucker erstellt und anscheinend nicht nachbearbeitet. Entsprechend sieht man diverse Stufen, eben pixelige Strukturen. Das betrifft alle schrägen Flächen - und davon gibt es bei modernen, auf reduzierte Radarsignatur optimierten Schiffen viele. Besonders schlimm ist es am Bug und am Heckspiegel, wo man, wenn man die Flächen eben schleifen will, auch noch die dort vorhandenen Details wie diverse Klüsen bzw. die Heckklappe nach dem Schleifen wieder selbst anbringen dürfte.

Noch übler sieht es diesbezüglich bei den Kleinteilen aus. Insbesondere am Fockmast zeigen sich die pixeligen Strukturen sehr deutlich. Hier und bei vielen der anderen Kleinteile fragt man sich, ob die Oberflächen korrigierbar sind oder ob diese Teile neu gemacht werden müssen. Man muss bedenken, dass die abgeschliffenen Oberflächen wahrscheinlich dann an den Teilen fehlen, d.h. danach die Abmessungen und Form falsch sein dürfte.

Einige der Teile kann man durch Teile anderer Hersteller ersetzen, so den EH-101-Bordhubschrauber, der auch sehr pixelig ist. Diesen Typ gibt es alternativ auch von WEM und Orange Hobby. Auf dem Original sollen auch SH-90A (NH90 NFH) eingesetzt werden, die es im Maßstab 1/700 von Orange Hobby gibt.

Die Fotoätzteile

Die Fotoätzteile sind dafür gut gemacht und umfassen Rahe, Rotoren für den EH-101, einige Stabantennen, Tore der Beiboothangars, bereits abgelängte Reling sowie Gitter für das Hubschrauberlandedeck.

Lediglich die Antennen dürften mit dünnen Draht besser darstellbar sein.

Abziehbilder

Abziehbilder sind für die Flugdeckmarkierungen und die Kennnummer der Carlo Bergamini enthalten.

Leider fehlen die Markierungen für den EH-101 - laut Hersteller sind diese zu klein, um sie maßstäblich korrekt drucken zu können.

Die Anleitung

Die Anleitung besteht aus einer DIN A4-Seite und erklärt den Zusammenbau in acht Schritten. Wegen der wenigen Teile ist dies wahrscheinlich auch vollkommen ausreichend. Lediglich bei den Rahen dürfte es empfehlenswert sein, Fotos zu Rate zu ziehen.

Angaben über den Anstrich und die Position der Abziehbildern (genauer der Kennnummern) fehlen, so dass der Modellbauer auch hier sich an Fotos orientieren muss - was die meisten von uns aber wahrscheinlich sowieso machen dürften.

Der Bau eines der französischen Schiffe des FREMM-Typs aus diesem Bausatz dürfte nicht empfehlenswert sein, da die Unterschiede zu massiv sind und der Umbau wohl einem Eigenbau im Umfang entsprechen dürfte. Einfacher ist die Darstellung eines der italienischen Schiffe der U-Jagd-Version, da neben anderer Kennnummern nur das 12,7 cm-Buggeschütz (und dessen Unterbau) gegen ein 7,62 cm-Geschütz ausgetauscht werden muss - dieses müsste man sich aber wie die entsprechenden Kennnummern neu besorgen. Abziehbilder für Kennnummern moderner italienischer Schiffe gibt es von Delphis. Allerdings: auch bei einem solchen Umbau hat man das Problem der pixeligen Oberflächen, die korrigiert werden müssen.

Quellen

Fazit

Dieser Bausatz ist meiner Meinung nach ein Beispiel für den heutigen Stand der Technik bei 3D-Druckern. Dieser Bausatz beruht auf sehr guten 3D-Zeichnungen, die Qualität des 3D-Drucks des Urmodells ist aber unzureichend. Da dieses aber unbearbeitet abgegossen wurde, muss jetzt der Modellbauer überlegen, wie er/sie mit dem Problem der rauen (pixeligen) Oberflächen umgeht. Insbesondere bei einigen der Kleinteile dürfte dies größere Probleme verursachen. Dies hätte vom Hersteller des Bausatzes einfacher gelöst werden können, z.B. in dem erst die Oberflächen des Urmodells erst geglättet und dann die Details nachträglich hinzugefügt worden wären - und dann erst die Teile abgegossen worden wären. Eben wie es andere Hersteller machen... In dem Zustand, wie ihn der Hersteller jetzt anbietet, ist der Bausatz eventuell

alt brauchbar

Lars