Das Original
Schiffsverlängerungen sind für Reeder oft eine preiswerte Alternative zu einem Neubau. Dass sich auch ein Modellschiff verlängern lässt, möchte ich hier aufzeigen.
Die Binnenschiffsklasse der Kempenaar ist typisch für die Kanäle im Grenzgebiet der Niederlande und Belgien und war ursprünglich auf die Dimensionen des Kempener Kanals abgestimmt. Die Schiffe hatten eine Länge von 50 m und eine Breite von 6,60 m bei einem Ladevermögen von 400 bis 600 Tonnen und waren als Schleppkahn konzipiert. Im Lauf der Zeit erhielten viele einen eigenen Antrieb und der ursprünglich offene Fahrstand mit dem waagerechten Steuerrad wurde durch ein geschlossenes Steuerhaus mit dem heute üblichen senkrechtem Steuerrad ersetzt. Auch Verlängerungen bis zu fünf Metern wurden im Zuge solcher Modernisierungen durchgeführt. Heute sieht man Kempenaars fast nur noch auf den kleinen Kanälen der Niederlande und Belgiens, die meisten wurden aber leider schon abgewrackt, da sie unrentabel geworden sind.
Mein Kempenaar habe ich Aaltje genannt, ein beliebter holländischer Name der 1930er Jahre.
Schiffsverlängerungen auch im Modellbau
Für die Verlängerung des Schiffes beschloß ich, ein passendes Stück aus der mittleren Ladeluke auszuschneiden, zu kopieren und hinterher beide Teile wieder zusammenzufügen (für den Ursprungsbausatz siehe hier; das gebaute Modell hier). Zum Abformen baute ich mir einen kleinen Kasten aus Legosteinen für die Silikonform. Das Silikon haftet nicht an den Steinen, man kann sie immer wieder auseinandernehmen und später für neue Formen verwenden. Nach gut zwei Stunden Trockenzeit habe ich dann das Teil entformt. Das Gießen (Resin und Härter 1:1) der neuen Sektion erwies sich als unproblematisch. Nachdem das Resin innerhalb einer Stunde vollständig ausgehärtet war, konnte ich das neue Gussteil aus der Form nehmen.
Ein erster Vergleich zeigte mir, dass alle Details sehr gut ausgebildet waren und nur kleine Ecken zum Nacharbeiten übrig blieben. Um dem ganzen Rumpf wieder seine Stabilität zu geben, bohrte ich die Stirnseiten der einzelnen Stücke an und klebte Metallstifte ein. Nachdem ich so alle Teile wieder miteinander verbunden hatte, drehte ich den Rumpf um und fräste zwei kleine Nuten über die verlängerte Stelle. In diese legte ich zusätzliche Stahlstifte und verspachtelte alles wieder.
Jetzt konnte ich endlich mit den Aufbau des Schiffes beginnen. Die kleinen Spalten zwischen den einzelnen Rumpfteilen füllte ich mit Wachs von Rai-Ro. Mit einem kleinen von 0 bis 200° C regelbaren Messingmesser wird das Wachs aufgetragen. Das flüssige Wachs läuft in die Ritzen und erkaltet innerhalb kürzester Zeit. Man kann das Wachs sofort sehr gut mit einem kleinen Spachtel (vom Zahnarzt) nacharbeiten. Das hat den Vorteil, dass man nicht Schleifen muss und so die Nietreihen erhalten bleiben. Auch lässt sich das Wachs gut überlackieren. Nach dem Grundieren und dem ersten provisorischen Aufstellen der Trennwände und Aufbauten ist deutlich die längere mittlere Ladeluke zu erkennen
Das moderne Steuerhaus baute ich so wie im Bauplan vorgesehen. Das neue Beiboot, ein Stahlruderboot von Artitec, stellte ich auf das Deck des Wohnraums und der Kran kam an einen entsprechenden Platz. Die Montage ging einfach vonstatten, wie auch die Bemalung mit Vallejo Farben. Gealtert wurde nur ganz wenig, da der Frachter ja frisch aus der Werft kam.
Im Vergleich zu meiner ersten gebauten Kempenaar sind die Veränderungen am jetzigen Modell auffällig. Nicht nur die Verlängerung, sondern auch die moderneren Aufbauten und weitere Kleinigkeiten geben dem Schiff ein neues Gesicht. Im Bausatz von Artitec sind sowohl der alte Steuerstand als auch das moderne Steuerhaus enthalten.
Thomas Sperling