Schnellboot S-100 1/72 von Matthias Pohl
 
Im vergangenen Jahr gewann mein Sohn im Rahmen einer Modellbau-Ausstellung meines Vereins ( www.pmc-fritzlar-homberg.de )bei einer Tombola den Bausatz des S-100 Schnellbootes von Revell im Maßstab 1:72. Seit Erscheinen stach mir dieses Modell schon immer ins Auge - nun hatte ich es plötzlich auf dem Basteltisch liegen!
 
 
Die Überlegung stand an, was ich denn mit dem Kit des S-100 anfangen sollte. Nur den Bausatz zusammen pappen war mir zu wenig, also: Ein Diorama! Thema: Volle Fahrt? Optisch sehr reizvoll, gibt's aber schon zu Hauf. Hafen? Auch hier gibt's bereits geniale Dioramen, an denen man sich nicht satt sehen kann, so toll. Gerade hier im Modellmarine-Board bekomme ich immer wieder feuchte Augen...
 
 
Also mal etwas anderes? Das Aufgreifen abgeschossener Flieger! ja, DAS ist es! Mit einer Wassergestaltung nach der Silikon-Methoden wollte ich es schon lange mal probieren! Ich baue schon viel zu lange Motorsport-Modelle und wollte mal wieder zurück zu meinen Wurzeln, denn die liegen ganz klar im Marine-Modellbau! Also:
Grundplatte: Bilderrahmenleiste aus dem Baumarkt, Maße von 66 x 30 cm, passend für meine Vitrine, geklebt/getackert, eine 3mm starke Hartfaserplatte in die Mitte eingelassen und verklebt. Darauf Styropor-Reste von Deckenplatten, um die Höhe auszugleichen. S-Boot-Rumpf zusammen geklebt und die Positionen verteilt, im Vordergrund die Rettungsaktion der Flieger. Zeitlich-historisch wollte ich das Dio etwa gegen Mitte/Ende 1944 im Kanal ansiedeln, also nach dem D-Day. Insofern schränkt das den Kreis der in Frage kommenden Maschine, die das Opfer der S-Boot-Flak darstellt, ein wenig ein. Recht schnell entschloss ich mich für eine britische Beaufighter, hier für den Airfix-Bausatz. Ok, ok, das ist 'ne uralte Kamelle, ohne jegliches echtes Detail, aber sagt mal selbst: Wolltet ihr den teuren Hasegawa-Bausatz schlachten, nur um den Rumpf zu cutten, den Schwanz aus dem Teich gucken zu lassen und den Rest in die Grabbelkiste wandern lassen? War mir echt zu heftig! Also für diesen Zweck reichte mir der Airfix-Kit einer TF.X für 6,50 EUR bei Weitem!
 

Nachdem nun die Aufteilung geklärt war, habe ich die Umrisse des S-Bootes auf dem Styropor markiert und ausgeschnitten. Gleichzeitig habe ich mit einer groben Raspel den Schiffsboden geglättet, um das Boot noch tiefer in das Diorama eintauchen zu lassen. Dann machte ich mich ans Beizen des Rahmens, mehrmals, immer mit Zwischenschliff.
 

Der nächste Schritt war bereits die Gestaltung der Wellen. Auch hier machte ich mir Gedanken um die Umsetzung. Die schon oft propagierte Methode, mit Silikon das Wasser nachzubilden, greift hier nicht  direkt. Zum einen geht es im vorliegenden Fall um den Maßstab 1:72 und nicht um 1:700, zum anderen sollte man nicht in einen fetten Klumpen Silikon schauen , sondern ein möglichst "realistisches Wassegefühl" beim Anschauen haben. Insofern entschloss ich mich zu einer Kombination von Silikon- und traditioneller Gips-Methode. Also die Wellenstruktur einer nicht zu wild bewegten See in Gips entlang des nun wieder eingesetzten Schiffsrumpfes modelliert, keine Bugwelle, denn das Boot nimmt ja die Fahrt weg, um die baden gegangenen Tommies aufzunehmen. Im Anschluss farbliche Gestaltung mit Acrylfarben, unregelmässiges Bemalen in dunklen Blau- und Grün-Tönen, mal mit schwarz vertieft, entlang des Bootes mit weiß etwas aufgehellt.
 

Dann kam die Silikon-Kartusche zum Einsatz! Im ersten Versuch brachte ich es auf eineinhalb Tuben! Mir war bei der abschließenden Betrachtung an vielen Stellen das Silikon jedoch zu dick geraten, was einen realistischen Eindruck ziemlich trübte. Also wieder 'runter mit dem Gummi! Ging recht gut, ließ sich fast am Stück wieder abziehen. Neuer Versuch, diesmal dünner. Schon besser! So, nun konnte ich auch den Rahmen klarlackieren (ebenfalls mehrfach, mit Zwischenschliff). Den Namensschriftzug brachte ich zwischen zwei Klarlackschichten an und versiegelte ihn somit.
 
 
So, nun ist das Diorama nahezu fertig, die weißen Schaumkronen werden erst nach dem Einsetzen von Boot und Flieger  gestaltet. Mit dem PE-Teilen von Eduard wurde das REVELL-Boot nochmal stark aufgewertet. Genial, nochmal zusätzlich etwa 200 (!) Teile, superfein und toll zu verarbeiten! Schnell noch'n Bild vom aktuellen Bauzustand des Bootes, Nebelkannen, Torpedos, Schlitten und Besatzung fehlen noch:
Ziemlich heftig gealtert, vom ehemals "Schnellbootweiß" ist nach dem washing nicht mehr viel übrig geblieben! Dabei war es ein washing mit mittelgrauer Acrylfarbe, also im Ton bestimmt nicht zu dunkel. Aber die Acrylfarbe haftete extrem gut und dunkelte dadurch den gebrochen-weißen Farbton ziemlich ab...

Die Beaufighter erlitt einige Treffer im Bereich des Höhen- und Seitenleitwerks und wurde dadurch zur Beute des Flakvierlings. Die Besatzung konnte sich glücklicherweise schnell aus dem sinkenden Wrack befreien und wird nunmehr von der KM aufgegabelt. Der Lichtfunker mit der Klappbox gibt schnell noch Signal an das Führerboot, bevor man sich der eigentlichen Aufgabe, der Verminung des Kanals, wieder zuwendet.
Die ganze Szene lebt natürlich von den vielen Figuren, die größtenteils von Hecker und Goros stammen, aber auch einige Resine-Figuren von CMK sind mit dabei. Letztere ließen sich für die Rettungsszene auch gut umbauen, denn eigentlich waren es amerikanische U-Boot-Männer für das REVELL-U-Boot der Gato-Klasse, welche die Schlauchboot-Geschichte plus rettende Matrosen abgaben. Also galt es zumindest, die Kopfbedeckungen zu ändern bzw. Köpfe auszutauschen. War aber auch ohne Weiteres möglich und mit guten Erfolg, wie ich finde!
Ich konnt's mir natürlich nicht verkneifen, den HG-Matrosen mit  den Tellermützen ihre traditionellen Mützenbänder anzufügen! Sie bestehen aus dünnen Papierstreifen, die - in Form gebracht - mit Sekundenkleber befestigt, getränkt und abschließend bemalt wurden.Die Bemalung der gesamten Figurenschar erfolgte mit GW-Farben, so auch die Bemalung der Gesichter. Verschiedene Haut-Töne und ein Inking für die Vertiefungen lassen die sehr schön modellierten Gesichter plastisch hervortreten.
Einige Stahlhelme in 1:72 fand ich noch in meiner Grabbelkiste, aus dem Ätzteilesatz blieben auch noch einige Magazine für die Flak über, die nunmehr als zusätzliches Detail an Deck verarbeitet wurden. Die Kinnriemen der Helme sind Papierstreifen.
Für die Alterung des gesamten Schiffes habe ich neben der üblichen Washing-/Drybrush-Methode auch eine Alterung mit Pigmenten von TAMIYA durchgeführt. Funktioniert hervorragend, so ein kleines "Schminkkästchen" ist absolut empfehlenswert!Die G7A-Torpedos wurden mit Glanzlack gefinished, waren die "Aale" doch auf hoher See stark der Witterung ausgesetzt und wurden deshalb komplett mit Vaseline eingeschmiert, um ihre Funktionstüchtigkeit nicht zu beeinträchtigen.
 
 
Selbstkritisch muss ich jedoch sagen, dass ich insgesamt sicher zu viel Gischt auf die Wellenkämme gebracht habe, was den Einsatz bei starkem Wind vermuten lässt - auf jeden Fall hab' ich mir dabei einen Elfmeter von meiner Frau eingefangen, die die Gischt zu übertrieben fand... ok, sie hat Recht...
 
Alles in Allem hat dieses Diorama sehr viel Spaß gemacht, wenn auch die Verwendung aller EDUARD-Ätzteile eine echte Herausforderung darstellte! Aber im Ergebnis einfach unschlagbar und eine super Aufwertung des REVELL-Bausatzes!
 
Matthias Pohl