Das Original
Zum Original der F-4 wurde schon so viel geschrieben, dass ich es mir an dieser Stelle verkneife, euch eine erneute Kurzabhandlung zuzumuten. Über RF-4B-Aufklärungsvariante (ursprünglich F4H-1P) findet man u.a. hier und hier mehr.
Das Modell
Schon seit langem geistert in meinem Hirn die verrückte Idee, eine RF-4B der US Marines im Bonsai-Maßstab zu bauen. Die RF-4B-Version gibt es nirgendwo als Bausatz, wie meine intensiven Recherchen ergaben. Da ich in den letzten Monaten aber stark mit den vorlackierten F-4-Bausätzen von Tomytec beschäftigt war, lag es nahe, hier ein weniger genauer hinzusehen.
Selbstverständlich gab es diese Bausätze nur über den Direktbezug aus Japan zu erstehen, zu einem heftigen Preis, zu dem sich noch eine saftige Zollgebühr gesellte! Für die Gesamtkosten dieses kleinen Bonsai-Fliegers kaufen sich die Kollegen der großen Maßstabsfraktion eine F-14 von Tamiya!
Tomytec bietet diverse vorlackierte Kits der RF-4E an, die meisten in japanischen Sonderanstrichen. Ein uralter Micro-Scale Decalbogen der VMFP-3, den „Eyes of the Corps“, besaß ich noch in Teilen im 1/72er Maßstab – aus frühen Tagen, als ich noch riesengroße Flieger bastelte! Die Variante mit dem grünen Leitwerk und dem Fuchskopf sollte es werden, alle anderen Versionen waren mir ein wenig zu eintönig oder decaltechnisch zu schwer umzusetzen.
Für die Schiebebilder des Leitwerks habe ich die 72er Decals eingescannt, weiterbearbeitet, skaliert und ausgedruckt, bis ich die passende Größe hatte. Doch dazu später mehr. Zunächst der Umbau:
Als Basis dienten mir Tomytecs RF-4E (Nase/Cockpit, Kit-Nr. AC-125) und eine F-4B (Tragflächen/Rumpf, Kit-Nr. AC107). Die zu verwendenden Bauteile wurden vom Spritzling gelöst und einem Bad in Bremsflüssigkeit unterzogen, um die Vorlackierung zu entfernen. Aber ich wollte noch einen Schritt über den reinen Umbau hinausgehen. Eine kleine Vignette einer landenden RF-4B schwebte mir vor, die gerade mit ihrem Fanghaken das Seil auf einem Flugzeugträger erwischt. Also mussten sämtliche Klappen und Vorflügel in die korrekte Position gebracht werden. Da ich ein komplettes Tragwerk der RF-4E übrig hatte, schnitt ich kurzerhand deren Klappen und Vorflügel aus, bearbeitete sie so, dass sie in ausgelenkter Position an den vorbereiteten B-Flügel passte. Die ECM-Antennen unter dem Rumpf mussten entfernt werden.
Der Übergang von der Aufklärer-Nase zum B-Rumpf bedurfte ein wenig an Spachtelmasse, ebenso wie die verbliebenen hinteren Sparrow-Buchten unter dem Rumpf. Diese waren bei der RF-4B verschlossen. Auf den Fotos sieht man die Bauteile aus hellerem Plastik, die von der F-4B stammen, die dunkleren von der RF-4E. Das Cockpit habe ich komplett mit Besatzung und Detailbemalung versehen und mit der Haube verschlossen. Diese wurde mit Tamiya-Tape und Maskol abgeklebt und schon ging es ans Lackieren. Unterseite Revell sm 302 weiß, Oberseite stark aufgehelltes Vallejo Barley Grey 71051.
Während den Trocknungszeiten begann ich mit den Arbeiten für den Ausschnitt der Landezone eines Trägers. Ärgerlich war für mich, dass ich wohl schon einiges an Vorlagen für die Sockelgestaltung kleiner Vignetten und Dioramen habe, aber keine Landezone, der über ca. 15 cm halbwegs gerade verläuft! Alle meine Varianten sind sehr schräg angeschnitten oder angedeutet, für meine Zwecke also unbrauchbar. Nun denn – Selbermachen! Zum Glück bietet Brengun fotogeätzte Tie-Down-Points (Befestigungspunkte) im Maßstab 1/144 an:
Die hatte ich sogar schon in der Schublade liegen. Eine Schablone für die Abstände der Points untereinander hatte ich schon vor Jahren im Internet gefunden. Hierauf sind sogar die Maße vom Original bis hin zum Maßstab 1/72 angegeben. Für 1/144 also die Hälfte der 40 mm, die der 72er Maßstab beansprucht. Eine Kopie meiner Skizze diente mir als Bohrschablone für eine 0,5 mm Plastikplatte. Ein 0,75 mm-Bohrer schaffte die Vertiefungen, die winzigen Tie-Down-Points wurden mit Sekundenkleber befestigt.
Nach dem Lackieren des Decks stellte sich jedoch heraus, dass viele der Points ihre Tiefenwirkung verloren hatten, weil die kleinen Sternchen mit Sekundenkleber zugelaufen waren. Also musste ich das bereits lackierte Deck erneut bearbeiten und die Fotoätzteilchen wieder herausbohren! Anschließend wurden neue eingesetzt und mit extrem wenig Sekundenkleber fixiert, danach überlackiert. Schließlich konnte es zur Alterung des Decks gehen.
Nach diesem kleinen Intermezzo des Vignettensockels ging es wieder an die Phantom. Nach dem Anbringen der Kleinteile wie Fahrwerk und –klappen (die Tanks wurden ganz zum Schluss montiert) erfolgte meine übliche Arbeitsweise in diesem Maßstab: Klarlack von Tamiya, Decals aufbringen, Washing mit verdünnter Schminke-Ölfarbe, erneuter Klarlacküberzug, Mattlack von Revell. Dem Bausatz liegt im Übrigen ein vorbildgerechtes, ausgefedertes Bugfahrwerk bei – genau richtig für meine Zwecke!
Achja, die Decals… Nach meinen Probepassungen der skalierten Einzelbildchen schlug der Probedruck auf dem heimischen Tintenspritzer leider fehl: Der Fuchskopf, die Kennung RF und die drei kleinen Winkel sind im Original in einem goldbraun gehalten. Der Druck sah auf dem Decalpapier zunächst gut aus, auf dem grünen Leitwerk jedoch total blass und durchscheinend. Herbe Enttäuschung! Äußerst professionelle Hilfe und eine geradezu liebevolle Betreuung bei meinem Projekt fand ich bei Tailormadedecals.com! Ein dickes „dankeschön“ an dieser Stelle an Anke, die mich nicht hängen ließ, denn die „23“ der VMFP-3 sollte am 25./26.März auf der EME in Lingen zum ersten Mal das Licht der Öffentlichkeit erblicken! Da wurde es zeitlich für mich schon ein wenig knapp.
Zwar sind diese Decals, die ich vorher noch mit Tamiya-Klarlack gesichert hatte, extrem dünn, somit aber beim Aufbringen sehr mit Vorsicht zu genießen, weil sie schnell umklappen! Aber mit ein wenig Geduld war auch diese Hürde schnell gemeistert. Fantastische Druckschärfe, super Farbsättigung und –deckung, mit etwas Weichmacher (der übrigens mitgeliefert wird!) ein tolles Einfügen in die Sicken! Nur zu empfehlen – und das für verhältnismäßig kleines Geld. So reichten Anke meine jpg-Vorlagen in der richtigen Größe, um professionelle Decals zu produzieren!
Weitere Decals besorgte ich mir von MYK-Design, einen Komplettsatz für die Wartungshinweise. Auch diese Decals konnten mit einer Besonderheit punkten, die ich bislang noch nicht kannte: Decals um Revers-Druck! Hierbei erfolgt der Druck, also das Decals an sich, von unten an die Trägerfolie, die dann auf dem Papier mit dem Gleitfilm zum Liegen kommt. In diesem kleinen Maßstab sind mehrere Decals zu einem Größeren zusammengefasst, was das Aufbringen der Winzlinge und ihre korrekte Platzierung deutlich erleichtert. Nun kommt aber der Clou: Nach dem Antrocknen (Weichmacher kann hier ebenso verwendet werden wie bei „regulären“ Decals) lässt sich der Trägerfilm einfach abziehen, das Decal sieht aus wie aufgedruckt! Genial! Leider sind diese Decals von MYK-Design (Asu-Deca geannt), die es auch für andere Maßstäbe gibt, meist limitiert und daher schnell vergriffen – Nachdruck kaum in Sicht!
Die Schlußmontage der RF-4B auf dem Decksausschnitt war dann fast nur noch eine Formsache. Im Vorfeld hatte ich die Räder mit kleinen Messingdrahtstiften versehen, denn nur stumpf auf dem Deck verklebt, hätte die Maschine sicher den nächsten Transport nicht überstanden. So kam einschließlich des Fanghakens eine Dreipunkt-Befestigung zustande, die recht solide ist und doch unsichtbar wirkt.
Dem Aufklärer spendierte ich noch einen AN/ALQ-131 Self Protection Jammer Pod, wie er auf vielen Vorbildfotos dieses Flugzeugtyps zu finden ist. Ihn bezog ich aus einem Arii-Waffensatz.
Eine echte Rarität in diesem Maßstab, ich fand noch nirgendwo eine RF-4B in 1/144! Wahrscheinlich scheuen die meisten US Navy- und Marines-Fans die horrenden Kosten, die für diesen Umbau anfallen. Ich wollt es halt einfach mal wissen und freue mich über den Zwerg – und ignoriere geflissentlich das Riesenloch in meiner Hobbykasse!
Matthias Pohl
PMC Fritzlar-Homberg e.V.