Das ganze Projekt begann eigentlich mit einigen Besprechungsmustern von Swordfish, gedruckte Mehrfachtorpedowerfer, verschiedene Verkehrsboote etc im Maßstab 1/350. Nach der Sichtung und Besprechung hatte ich die Teile „auf Halde“ liegen und wusste nicht so recht, was ich damit anfangen soll. Irgendwann erlangt man allerdings die Weisheit, dass das Sammeln von Bausätzen und deren Zubehör blanker Unsinn ist wenn man nichts damit anfängt. Anscheinend schlummerte die Idee schon länger im Hinterkopf, denn wie ein Kastenteufel hüpfte sie aus irgendeiner Versenkung: Bei der Recherche nach einem anderen Mayflower-Projekt stieß ich auf das Video von British Pathe, Meeting Of HMS Ark Royal And Mayflower II At Sea von 1957, dem Jahr der Reise der Mayflower II von Plymouth, England zur Plimoth Plantation in Massachusetts. Das geht in 1/350… Dachte ich so einfach.


Ein Augenzeugenbericht zu diesem Treffen existiert ebenfalls. In seinem Buch Mayflower II Diary, Sketches from a lost Age berichtet Peter Padfield von dem beeindruckenden Ereignis am Freitag, den 7. Juni 1957 gegen 11:30. Padfield ist bekannt als Marinehistoriker mit beachtlichem Literaturauswurf.

Es gibt, oder gab, keine Baukastenmodelle aus Plastik zu den beteiligten Schiffen, der Ark Royal, mindestens zwei Zerstörern ( vermutlich HMS Daring und sicher die Diamond) und natürlich der „tiny little bark“ Mayflower II. Später fand ich dann doch einen gedruckten Träger für einen irrsinnigen Preis, von den Zerstörern der Daring-Klasse weiterhin keine Spur. Bei Mayflower erst recht Fehlanzeige. Der Airfix-Bausatz ist viel zu klein und sowieso nicht mit Bakers Mayflower zu vergleichen. Das bedeutete, allein aus Platzgründen, auf den Flugzeugträger zu verzichten und nur die HMS Diamond mit dem kleinen Segler zu bauen. Dies in Ermangelung von Bausätzen, also weitestgehend selbst gebaut, aus einem Haufen Holz, Plastik, Papier und Draht. Und einigen Teilen aus dem Swordfish-Drucker. Das Ergebnis kommt hier.

Die Pläne

Von der Mayflower lagen mir alle notwendigen Pläne in William A. Bakers Buch The Mayflower and other Colonial Vessels vor. Die auf die benötigte Größe zu skalieren war mit mathematischer Unterstützung der Clubkollegen auf einem modernen Kopierer kein Problem. Anders lag es bei dem Zerstörer. Nach einer Fehlinvestition in falsche Pläne fand ich die richtigen über einen Versender in England – allerdings auch hier nicht genau der Bauzustand zur Zeit des Treffens auf dem Atlantik, aber das war leicht über Fotos des Schiffes zu korrigieren. Aufgrund der Größe, der Plan der Diamond wurde in 1/100 geliefert, erfolgte die Skalierung im örtlichen CopyShop. Von allen Plänen machte ich mir wohlweislich 10 oder mehr Fotokopien.

Bau der HMS Diamond

Die wenigen gedruckten Teile von Swordfish aus den Besprechungen reichten bei Weitem nicht aus um den Zerstörer vollständig auszurüsten, einige Teile wurde also noch hinzugekauft, Rettungsmittel, die 4.5-inch-(11,4-cm)-Hauptartillerie, die Flak, der Squid-Werfer und Minenräumgerät. Als Basis für den Rumpf wählte ich vorhandenes Balsaholz, bei Schiffmodellbauern bestenfalls als Füllmaterial genutzt weil es sehr weich, grobspanig und schlecht zu schnitzen ist. Diese Nachteile sollte ich später noch sehr deutlich bemerken. Der Rumpf der Diamond entstand aus zwei länglichen Blöcken, dem Hauptrumpf und dem etwas höher liegenden Backdeck – der vorderen Schiffshälfte. Nach erstem groben zuschneiden der Decksaußenlinien kaschierte ich das Balsadeck mit einer 1 mm Polystyrolplatte, aus dem Schiffsplan heraus zugeschnitten. Die Form des Rumpfes erstellte ich durch hobeln und schleifen bei ständiger Kontrolle mit Spantschablonen. Der so fast in Form gebrachte Rumpf wurde nun mehrfach mit Porenfüller behandelt, wiederum gespachtelt und geschliffen. In den Kiel setzte ich zwei stabile Dübel um den Schiffsrumpf später in einen kleinen Schraubstock einzuspannen. Und bis fast zum Schluss wurde korrigiert, gespachtelt und geschliffen… Die kritischen Augen der Clubkollegen ließen nichts anderes zu.

Alle Aufbauten entstanden aus unterschiedlich starken Polystyrolplatten, die Seitenwände hatten alle die gleiche Höhe, die Decksrisse schnitt ich einfach aus den Plänen aus und klebte sie auf das Styrol. Großzügig ausgeschnitten wurden sie anschließend mit Feile und Schleifblock in die korrekte Form gebracht. Feste Schanzkleider entstanden aus dem Material tiefgezogener Plastiksegel, das dünnste Polystyrol das mir als Platte zur Verfügung stand.

Türen schnitt ich von Polystyrolleisten ab und rundete die Ecken, alles was an Schränken und Kästen an Deck steht schnitt ich ebenfalls von Polystyrolleisten zu oder suchte mir passende Teile aus meinem Restefundus.

Der Gittermast war eine echte Herausforderung. Im Plan waren drei Ansichten gezeichnet, diese schnitt ich aus und leimte sie auf Millimeterpapier und dieses wiederum auf die Bastelmatte. Aus Evergreenprofilen baute ich langsam eine Mastseite auf, mit Plastikklebern verbunden war es später leicht, die Konstruktion vom Papier zu lösen. Die hintere Seite sind nur wenige Streben, weil hier der Schornstein untergebracht ist.

Auch ein wenig kniffelig waren die Gestelle der Schlauchboote oder Rettungsflöße. Die Ständer und Sparren waren einfach aus geknicktem Polystyrolprofil in entsprechende Bohrungen in Deck und Wänden gesteckt und verklebt. Die diagonalen Verstrebungen entstanden aus gezogenem Gussast. Ähnlich dem Gittermast baute ich die Davits für den 20-Fuss-Whaler, auf Millimeterpapier gezeichnet, aus warm gebogenen Polystyrolstab mit Nadeln fixiert und die einzelne Stützstrebe angeklebt.

Der erste Versuch, Bullaugen in den Rumpf zu bohren, ging aufgrund des Materials Balsa nach hinten los. Lange nach einer Lösung gesucht probierte ich es mit Polystyrolrohren, deren Innendurchmesser dem Durchmesser der Bullaugen entsprach. Also Rumpf gespachtelt, neue, größere Löcher gebohrt, Rohrabschnitte eingesetzt und wieder gespachtelt. Insgesamt könnte es noch besser sein, da wird mir jeder beipflichten. Aber ein Schiffsrumpf ist bei genauer Betrachtung alles andere als glatt...

Mit Fast-Fertigstellung erfolgten die ersten Stellproben zusammen mit der parallel begonnenen Mayflower II auf einem nach dem Schnitzen der Wellen mehrfach lasierend gebläuten Balsablock.

Als Stabantennen hielten Akupunkturnadeln her, das ganze Radargedöns auf dem Mast und die restliche, recht übersichtliche „Takelage“ wollte ich erst anbauen, wenn beide Schiffe auf dem Diorama sind, allein um zu vermeiden das Garn abreißt und Masten etc verbiegen.

Die Mayflower II

Der Revell-Bausatz Man O'War von Revell, basierend auf den Plänen von Baker, wie alle anderen Mayflower-Bausatz von Revell auch, war so weit ich mich erinnere das erste Segelschiffmodell in meiner Jugend Maienblüte. Natürlich völlig überfordert mit dem Bausatz. Das Interesse im Besonderen an der Mayflower und ihrer Geschichte hat jedoch nie nachgelassen. Eins der ersten Bücher über Segelschiffe war dann auch Bakers oben genanntes Werk. Die hervorragenden Pläne waren gut zu kopieren und von etwa 1/200 auf die 350 fache Verkleinerung zu reduzieren. Eine gute Basis also.

Auch hier war der erste Schritt das Herstellen von Spant- und Wasserlinienschablonen aus Bristolkarton zum Kontrollieren der Rumpfformen.

Wie bei Diamond versuchte ich einen ersten Rumpf auch aus Balsa zu schnitzen. Ging völlig daneben, für solch kleinen Rumpf ist das Holz nicht geeignet. Also umschwenken auf die bewährte Brot und Butter-Methode, übereinander verleimte Polystyrolplatten, korrekt übereinander zentriert durch einen Messingstift. Die Stufen wurden ausgespachtelt und geschliffen, auch hier unter ständiger Kontrolle und Anpassung durch die Spantschablonen. Der Raum unter dem Kampagnedeck, direkt hinter dem Großmast, wurde durch vertikale Polystyrolplatten aufgebaut und mit einer bis zum Heck reichenden Platte abgedeckt. Das Bugkastell entstand wieder in Butterbrotweise, die achtere Hütte mit dem Käptnslogis in Senkrechten, etwas stärkeren Platten. Der aus dem Plan ausgeschnittene Vorsteven diente gleichsam als Schablone für die endgültige Bugform, die Gräting in der Kuhl ist eine geschlossene Platte da sie auf der Reise immer komplett mit einer Persenning bedeckt war.

Ein Bild zeigt das noch nicht weit gediehene Modell im Vergleich mit dem kruden Bausatz von Airfix.

Das Galion habe ich stark vereinfacht, wie bei den folgenden Schanzkleidern habe ich die entsprechenden Bereiche aus den Plänen ausgeschnitten, auf Polystyrolplatte oder Karton fixiert und mit passenden oder zugeschnittenen Polystyrolstreifen die Schanzkleider mit den Spantköpfen aufgebaut.

Das komplett unstrukturierte Deck sollte eine Beplankung aus Holz erhalten. In meinem reichen Fundus habe ich verschiedene, etwa 0,1 mm starke, selbstklebende Furniere die hervorragend hierfür geeignet sind. Nach dem Bau einer einfachen Schneidelade für die Planken waren schnell viele Dutzend Planken vorbereitet. Durch den schmalen Schnitt reichte die eigene Klebkraft des Furniers nicht mehr aus, also half ich mit Sekundenkleber nach. Erst als die Decksplanken fast vollständig aufgeklebt waren, baute ich die backbord Schanzkleider an und verspachtelte und schliff die Übergänge zum Rumpf.

Bereits jetzt legte ich wie auf der echten Reise Holzbalken auf die Kuhlgräting und formte mehrere Taubunschen aus Draht und klebte sie auf. Bei stehender Takelage wäre dies sehr schwierig geworden. Auch den Ruderstand, eine Kompasssäule und den Kompassschrank installierte ich jetzt.

Aus der britischen Modellbauliteratur kam der sehr gute Tipp zum Erstellen der zum Teil gestreift farbig gefassten Barkhölzer und Relingleisten. So einfach das es schon lächerlich wirkt. Auf einer sauberen Glasplatte klebt man ggf in mehreren Lagen zum Beispiel Abklebeband, ich benutze gern das gelbe von Tesa, schneidet mit einem wirklich scharfen Skalpell und Stahllineal einen feinen Streifen in der erforderlichen Breite der Barkhölzer oder Leisten, dann mit einigem Abstand den nächsten. Das dazwischen liegende Material wird entfernt, nur um zu gewährleisten, das die späteren Farbaufträge auch alle Kanten umschließen. Die farbigen Leisten werden weiß grundiert. Anschließend sind bei den zweifarbigen Bändern die Abstände nach Plan aufzutragen und mit der entsprechenden Farbe zu füllen. Die Barkhölzer sind deutlich dicker und hier in drei Lagen aufgebaut und schwarz gestrichen. Nach guter Durchtrocknung können die „Leisten“ dann wie ein Abziehbild von der Glasplatte genommen und am Schiff angebracht werden. Zum Fixieren empfiehlt sich eine Lage matter Klarlack. In kurzer Zeit entstanden so alle Leisten für das Maiblümchen. Botanisch im Übrigen der Weißdorn Crataegus, eine in England weit verbreitete Heckenrose.

Letzter Anbau am Rumpf waren die Rüstbretter für die Wanten. Die eigentlichen Bretter waren einfach anzupassen, die kleinen Zugstützen und die Püttingseisen aus Drahtabschnitten zeigten sich als etwas fummeliger.

Weiter ging es mit der Takelage. Zuerst hatte ich vor gedrehte Messingrahen zu benutzen, diese erwiesen sich jedoch als zu dünn. Also aus Holz drehen. Leider fiel im Garten sehr viel Buchsholz an, aus dem ich jetzt Modellbaumaterial herstellen kann. Die Büsche waren mir lieber. Masten aus Raminstäben, Salinge aus Polystyrolprofilen und die zwei Mastkörbe aus flachem Polystyrolmaterial zu einem Kegelstumpf geformt. Die sternförmig im Mastkorb angebrachten Leisten schnitt ich aus gefärbten und mit Sekundenkleber getränktem Papier aus.Der Bugspriet war der erste Mast und wurde wie beim Original auch mit zwei Zurringen befestigt, steckt aber auch tief im Rumpf. Die Wanten entstanden in bewährter Methode auf einem speziellen Rahmen aus dünnstem Kupferdraht und aufgeklebten 0,3-mm-Stahldraht als Hoofdtaue. Das stehende Rigg war noch recht einfach zu takeln hatte ich noch genügend Platz für dicke Finger oder zwei Pinzetten. Die fünf Stagtaue entstanden aus schwarzem Zwirn, die Wanten aus Draht wurden passig von ihren Baurahmen geschnitten und an die Masten gestellt. Gelegentlich erfolgte wieder eine Stellprobe.

Im Video sieht man die stark gewölbten Segel der Mayflower, prall im Wind. Das mit kleinen Papierschnipseln zu erreichen war nicht einfach – das Ergebnis könnte auch besser sein. Eine modifizierte Idee wiederum von den britischen Kollegen war die Lösung. Statt auf einem runden Gegenstand oder einem extra geschnitzten Brett formte ich meine Segel auf Plastillin. Ein kleiner Klumpen der Knetmasse wurde grob vorgeformt, in Cellophan eingepackt, in die gewollte Wölbung geformt und dort das in Leimwasser gebadete Segel aufgelegt und dies mit einer weiteren Lage Cellophan vollständig anliegend auf der Form fixiert und mehrere Tage liegen gelassen. Trocknen tut das Segel so freilich nicht, nimmt aber die Form an und behält sie nach Abnahme vom Cellophan bei und kann so trocknen. Das Cellophan ist sehr wichtig als Trennmittel und – noch wichtiger – als Isolation gegen die Fette und Pigmente im Plastillin!!! Der Segelsatz der Mayflower ist recht übersichtlich, die sechs kleinen Schnipsel habe ich auf einem Postkarten großen Stück Japanpapier gezeichnet, die Kleiderbahnen und die Bonnets an Groß- und Focksegel mit einem sehr spitzen Fallminenstift. Die Gordings und Geitaue sind dann wieder aus Garn aufgeklebt und auch die Schoten und Halsen mit ihren Blöcken an den Schothörnern befestigt bevor die Rahen an die Masten kamen. Erst danach takelte ich die Toppnanten aus dünnstem Zwirn und zum Schluß die Brassen.

Die Flaggen sind auf Orangenwickelpapier gemalt respektive der Union Jack als Decal in die Gösch geklebt. Um hier eine halbwegs natürliche Flatterung hinzubekommen trug ich die zusammengeknüllten Papierknäuel der Fähnchen tagelang in der Hosentasche herum und faltete sie erst kurz vor ihrer finalen Befestigung auseinander.

Bei Fotoaufnahmen unmittelbar nach Fertigstellung purzelte das Schiffchen vom Arbeitstisch… Bugspriet gebrochen, aber nicht durch und die Flaggleine am Großmast hat sich gelöst, zum Glück stabil gebaut…

Das Meer für die beiden Schiffe entstand mit der von mir präferierten Methode aus Balsaholz das für diesen Zweck gut geeignet ist. Als Vorbild diente hier wiederum ein Standbild aus dem Video, die schäumende Hecksee der Diamond mit AK Snow, kleinere Wellenkämme mit weißer Farbe. Um einen Restspalt zwischen den Rümpfen und dem Holzwasser zu schließen nutzte ich in verdünntem Weißleim getränkte Papiertaschentücher, die auch sehr gut zu Wellen formbar sind. Die Hecksee der Mayflower ist weniger spektakulär, obwohl ihr Skipper Alan Villiers sich darüber auslässt das man ihr Kielwasser über Meilen verfolgen kann.

Die Figuren sind zum Teil flache Männlein von Tamiya und 3D-Figuren vom Modellbauray.

Die Whirlwind

Das Treffen wurde über die ganze Zeit von zwei Whirlwind-Hubschraubern aus aufgenommen. Die Maschinen stiegen auf sobald der Verband die Mayflower gesichtet hatte und filmten aus der Seitentür die kleine Bark, den Zerstörer und zum Ende den vorbeirauschenden Flugzeugträge,r der über einige Minuten der Mayflower den Wind aus den Segeln nahm…

Clubkollege Klaus Rick bestellte die kleinen Quirle bei Shapeways, nach kurzer Zeit landeten sie auf seiner Arbeitsplatte und wurden hier von ihm erstklassig aufbereitet. Ob die Darstellung der Rotoren so bleibt ist noch nicht final entschieden. Die kleinen Kameraleute in der Schiebetür der Helis bleiben auf jeden Fall sitzen und filmen fleißig weiter. Auf einem 0,3-mm-Stahldraht schweben sie in maßstäblichen 30 Metern über dem Wasser.

Die HMS Diamond wurde 1981 in Rainham abgewrackt, die Mayflower II schwimmt noch (nach umfassenden Reparaturen) auf eigenem Kiel...

Quellen

Netz:

Literatur:

  • William A. Baker, The Mayflower and other Colonial Vessels
  • Peter Padfield, Mayflower II Diary, Sketches of a lost age


Frank Brüninghaus und Klaus Rick
Modellbauclub Koblenz