Historischer Hintergrund
Nach Beendigung des zweiten Weltkrieges stellte sich recht schnell eine neue Weltordnung ein. Nachdem die USA das Atomzeitalter mit dem Abwurf der Atombombe auf Hiroshima und Nagasaki eingeleitet hatten, dauerte es nicht lange bis die damalige Sowjetunion nachzog. Erste Spannungen zwischen den beiden Blöcken zeigten sich 1948 während der Blockade Berlins und Anfang der 50er Jahre im Korea Konflikt.
Um gegen die Bedrohung durch mögliche Angriffe auf das Kernland eine ausreichende Frühwarnzeit zu haben, arbeiteten die US Streitkräfte ab 1949 an einem entsprechenden System bestehend aus festen Radarstationen und mit Radar ausgerüsteten Flugzeugen. Der Aufbau der „Distant Early Warning Line“ (DEW) genannte Kette wurde 1953 begonnen und 1957 abgeschlossen. Der Schutz umfasste die Küsten der Vereinigten Staaten und Kanadas. Für die Kontinentale Luftabwehr wurde 1954 CONAD „ Continental Air Defense Command ins Leben gerufen. Für die Organisation und Abwicklung der Frühwarnkette zwischen den USA und Kanada wurde als weiterer Stab 1957 NORAD „ North Amerikan Air Defense Command“ gegründet.
Um die Reichweite und Effektivität des Frühwarnsystems zu optimieren, erinnerte man sich unter anderem an die im Krieg bei der US Navy gemachten Erfahrungen mit den Schiffen der Picket Line. Schon 1949 wurde damit begonnen einige der eingemotteten DE’s der Buckley Klasse als Radar Picket Ships in die DEW zu integrieren. Zwischen 1951 und 1952 reaktivierte die Navy die ersten sechs Schiffe der Dieselgetriebenen Edsall Klasse. Insgesamt wurden 34 Schiffe der Edsall Klasse und 2 Schiffe der John C. Butler Klasse umgebaut. Den Dieselgetriebenen Edsall’s gab man dabei aufgrund ihrer Reichweite von rund 11.500 nautischen Meilen den Vorzug gegenüber den Turbinengetriebenen Schiffen der anderen Begleitzerstörer Klassen. Die Turbinengetriebene John C. Butler Klasse hatte z.b. nur eine Reichweite von 5.500 nautischen Meilen. Das war unter anderem auch ein Grund dafür, dass beide Schiffe bereits 1960 außer Dienst gestellt wurden. Die Umbauten an den Schiffen umfassten unter anderem die Erhöhung des Freibords Mittschiffs. Die Bordwand wurde hier bis zum Oberdeck gezogen um so mehr Raum für die Radaranlagen und Besatzungen für die zu erwartenden langen Seereisen zu schaffen. Die Brücke wurde umgestaltet und achtern auf dem Aufbaudeck wurde ein Deckhaus aufgebaut. Eine wesentliche Änderung war der Einbau von zwei Dreibeinmasten, einer zwischen Brücke und Schornstein, der andere vor dem achteren Deckhaus. Die Dreibeinmasten trugen die neuen Radargeräte, am vorderen Mast waren ein SPS10 Luftüberwachungsradar und eine SPS-28 Seeüberwachungsradar mir einem Schwenkbereich von 360° installiert. Am achteren Mast befand sich ein SPS-8 Höhenradar. Die Schiffe trugen noch weitere, teilweise unterschiedliche Radargeräte (SPS-4, SPS-12 und Leitradar für Flugzeuge), die auf dem achteren Deckshaus platziert waren. Bei den Edsall’s wurde die Bewaffnung von 5“/38 caliber auf Radargelenkte 3“ Geschütze umgestellt, lediglich die beiden Butler behielten die 5“ Geschütze samt Turm. Die Flak- und Torpedobewaffnung wurde vollkommen entfernt. Vor der Brücke wurde ein MK-15 Hedgehog Werfer um am Heck ein Ablaufgestell für Wasserbomben installiert. Im Zuge späterer Umbauten, wurden MK-44 ASW Torpedorohre an Oberdeck aufgestellt. Bei den DER’s dominierte die für die damalige Zeit immense Radarbestückung.
Die Einheiten waren in vier Escort Squadrons gegliedert wobei jeweils zwei im Atlantik und zwei im Pazifik stationiert waren. Heimathafen der meisten im Atlantik eingesetzten Schiffe war Newport, die im Pazifik eingesetzten Schiffe waren hauptsächlich in Pearl Harbor stationiert. Die Dauer der Einsätze variierte je nach den Patroullienbereichen wobei die zu patroullierenden Bereiche wiederum in Zonen aufgeteilt waren. Je nach zugeteiltem Bereich und Zone dauerten die Einsätze zwischen vier und acht Wochen. Die Schiffe hatten dabei zwei Aufgaben zu erfüllen, neben der Luftraumüberwachung wurde gleichzeitig auch das Seegebiet nach U-Booten abgesucht. Die Meldungen gingen direkt an CONAD bzw. U-Boot Kontakte an das Kommando der ASW Einheiten. Die Einsätze waren recht eintönig und nicht ungefährlich, so geriet die DER-336 Roy O. Hale im Februar 1962 mitten im Atlantik in einen schweren Wintersturm. 13 Männer der Besatzung wurden dabei teilweise schwer verletzt und das Schiff arg in Mitleidenschaft gezogen. Während der Kuba Krise nahmen unter anderem einige DER’s an den Überwachungsaufgaben der Flotte teil.
Die dem Modell zugrunde liegende DER-539 USS Wagner wurde am 8. November 1943 auf Kiel gelegt. Der Stapellauf erfolgte am 27. Dezember 1944. Aufgrund der Vielzahl an Escort Schiffen die bereits im Dienst waren, wurde die Fertigstellung des Schiffes aufgeschoben und im Krieg nie beendet. Im Februar 1947 wurde das zu 61% fertiggestellte Schiff in der Naval Industrial Reserve Shipyard in Boston eingemottet. Im Juli 1954 viel die Entscheidung die Wagner zu einem Radar Picket Schiff umzubauen. Die Umrüstung wurde in der Bostoner Navy Werft durchgeführt. Das Schiff stellte, rund 12 Jahre nach der Kiellegung, am 22. November 1955 unter Lt. Comdr. Edward A. Riley in Dienst. Am 4. Januar 1956 stach die Wagner von Boston aus zu ihrer Probefahrt in See. Anschließend wurde die Wagner der Escort Squadron 18 in Newport zugeordnet. Ihre gesamte Dienstzeit verbrachte sie im Nordatlantik. Zum Training und einfahren neuer Besatzungen verlegte das Schiff hin und wieder in die Karibik. Die Wagner war eines der beiden Turbinengetriebenen Schiffe der John C. Butler Klasse, aufgrund der fehlenden Reichweite und damit fehlenden Effektivität wurden beide Schiffe bereits 1960 außer Dienst gestellt. Die Wagner traf es am 31. März 1960, sie wurde nach Sabine Pass, Texas in Reserve verlegt. Die Außerdienststellung erfolgte im Juni des gleichen Jahres. Bis 1974 lag das Schiff weiterhin in Reserve für die Atlantik Flotte. Am 1. November wurde sie aus der Liste gestrichen und stand als Zielschiff zur Verfügung. Hierfür ist sie dann aufgebraucht wurden ich konnte nur nicht herausfinden wann und wo. Interessant wie schicksalhaft der Monat November für die Wagner war. Kiellegung, Indienststellung und Streichung aus der Liste fanden jeweils in einem November statt.
Das Modell
Seit mir das Heft Destroyer Escort aus der Heftreihe von Squadron Signal vorlag, wollte ich eines der Radar Picket Schiffe bauen. Nach einigen Recherchen musste ich nur leider feststellen, es gibt nichts in 1:700er am Markt. Nicht einmal bei JAG Modells, die sich ja auf die Schiffe der USN aus der Nachkriegszeit spezialisiert zu haben scheinen (FRAM II USS Sumner und Gearing usw.). Also blieb das Ganze erst nur einmal eine Idee für später. Irgendwann hatte ich dann doch keine Lust mehr zu warten, bis irgend jemand ein Einsehen hat und ein entsprechendes Modell herausbringt. Also, doch selber bauen. Der Gedanke kam,als ich die John C. Butler von Pit–Road baute. Da zwei der DER’s ja aus eben dieser Klasse umgebaut wurden, lag es nahe es ebenso zu tun. Da Rumpf und Bewaffnung im wesentlichen verwendet werden konnte, mussten nur die Aufbauten und Masten selber hergestellt werden.
Für die Radaranlagen etc. sollten sowieso Ätzteile Verwendung finden, hier gibt es genug am Markt. Nach einigem herumstöbern im Internet und in Büchern musste ich leider feststellen das es so gut wie keine Skizzen oder Risszeichnungen der Umbauten gibt. Um das ganze nun nicht zu verkomplizieren, sollte der Umbau nach den vorliegenden Fotos und einer Skizze aus dem Squadron Heft erfolgen. Alle Abmessungen wurden dabei nach „Gefühl“ ermittelt. Es konnte somit kein 100% Abbild des Originals werden, sondern nur dem tatsächlichen Aussehen nahe kommen. Doch nun genug der vielen Worte, beginnen wir mit dem Umbau.
Zuerst wurde der Rumpf mit der Grundplatte verbunden. Anschließend mussten diverse Gravuren und Aufnahmen an Oberdeck entfernt werden. Für die neuen Rumpfseitenwände die bis zum Oberdeck reichen, fanden Plastikplatten unterschiedlicher dicke Verwendung. Um ohne viel zu messen die richtige Deckhöhe zu bekommen, habe ich kurzerhand die Seitenwände des Deckhauses aus dem Bausatz aufgeklebt. So hatte ich die richtige Höhe und gleichzeitig eine Abstützung für das Oberdeck. Die Seitenwände schnitt ich grob zu und verklebte sie mit dem Rumpf. Hierbei ist auf eine bündige Passung zum Rumpf zu achten um sich nachher viel Schleif- und Spachtelarbeit zu ersparen. Wichtig ist auch, das dass Oberdeck zum Bug hin dem Decksprung folgt. Zum Heck hin wird das ganze mit einer über die Schiffsbreite gehenden Platte abgeschlossen. Die Aufbauten entstanden ebenfalls aus Plastikplatten, für die Brücke nahm ich das Grundgerüst der Bausatzteile welches mit den Platten verkleidet wurde.
Für den Schornstein kann das Bausatzteil verwendet werden, das gleiche gilt für die 5“ Geschütze. Das Deckhaus achtern entstand aus einem übrig gebliebenen Teil eines anderen Bausatzes und der besagten Plastikplatten. Die Masten erstellte ich aus Plastikrundmaterial, anfänglich wollte ich Messing Rundprofil verwenden, der einfacheren Bearbeitung wegen bin ich dann aber bei Plastik geblieben. Der Bau der Masten hat bald die meiste Zeit in Anspruch genommen. Nachdem so die Hauptkomponenten fertig gestellt waren, habe ich alle Teile sauber verschliffen, verspachtelt und noch einmal verschliffen. Die Bullaugen an Rumpfseite und den Deckhäusern habe ich mit einem Bohrer (0,5 mm) aufgebohrt. Anschließend konnten die Teile zusammengeklebt werden. Die weitere Arbeit umfasste die Detaillierung mit etlichen Kleinteilen.
Der MK-15 Hedgehog entstand aus dem Werfer aus dem Bausatz erweitert um einige Kleinteile wie Grundplatten und Gestellt. Der Stand für den Werfer entstand ebenfalls aus einem Bauteil aus dem Bausatz das ich aber entsprechend umgebaut habe. Die diversen Boxen, Luken, Türen und Niedergänge an Oberdeck entstanden aus Plastikmaterial und Ätzteilen (GMM Türen und Luken). Sämtliche Radarantennen stammen ebenfalls aus verschiedenen GMM Sätzen, dort finden sich SPS-8, SPS-10 und 28 Antennen. Die Radardome am Mast achtern fertigte ich aus Plastikprofil. Das Rundmaterial wurde in einem Schleifdremel eingespannt und vorsichtig mit Feile und Schleifpapier in Form gebracht. In meinem Fundus sind einige 700er Bausätze von Revell, dort sind netterweise die Spritzlinge so gut bestückt, dass ich ohne weiteres die Davids und das Beiboot entnehmen konnte. Die Davids müssen leicht gekürzt werden, das Beiboot fand direkt Verwendung.
Nachdem mir der Gesamteindruck soweit zusagte, konnte es an die Bemalung gehen. Das ganze Modell wurde mit Haze Grey aus dem Colourcoats Programm von White Ensign lackiert. Nach dem Durchtrocknen erfolgte die Bemalung der Decks mit Deck Grey mit dem Pinsel. Für die Alterung verwendete ich Acry- und Marabufarben, vor der Alterung habe ich einige Bereiche mit aufgehellter bzw. abgedunkelter Grundfarbe etwas abschattiert. Abschließend wurden die Vorlackierten Ätzteile, Reeling, Leitern, etc. angebracht. Die Nummern am Bug entnahm ich meinem Fundus. Zu guter letzte wurde das Display für die Wagner nach dem bewährten Muster aus einem Bilderrahmen, Silikon und etwas Farbe hergestellt. Alles in allem, ein recht einfacher Umbau, der einzig seine Schwierigkeit in der Größe des Modells hat. Etliche Teile sind bedingt durch den Maßstab doch recht fummelig, Betreff der Detaillierung sollte man halt seine Grenze setzten. Schade nur, dass ich keine Pläne bzw. Maßskizzen auftreiben konnte. So ist der Umbau letztendlich ein wenig Spekulation was die genauen Größenverhältnisse anbelangt. Vergleiche zwischen Fotos der Originale und dem Modell zeigen, dass ich zumindest nicht ganz falsch damit liege.
Christian Bruer
IG Waterline